Esther19

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16 - 20 von 151
Esther19 vor 9 Jahren 8
7.5
Flakon
5
Sillage
5
Haltbarkeit
7
Duft
Grünmilchblütensmoothie
Nach langer Zeit habe ich das Fläschchen mal wieder hervorgeholt, das wirklich im Tiefschlaf lag. Unverdient?! Jedenfalls nicht so lange wie Dornröschen. Und ich bin nicht der Prinz. Ein merkwürdiger Duft. Ich würde auch keine Lindwürmer damit begießen.
Eine stumpfe Blättrigkeit, ich stelle mir wirklich eher samtige Blätter als ein glattes Bananenblatt vor, das ich mir hier im Gewächshaus ansehen kann. Daran gerochen habe ich aus verständlichen Gründen noch nicht - mir fehlen ein paar Zentimeter.
Schwer zu definierendes Grün, gar nicht sehr aromatisch oder würzig, sondern eher grasig - und das in schneller Liaison mit dem Koriander - und genau das verhindert ein zu starkes Ausholen der feinen und von mir sehr geschätzten Kügelchen, Kardamom - eher nicht. Tee? - Auch eher nicht. Nelke, Jasmin und YlangYlang geben Kraft und Geschmeidigkeit. Bevor ich jetzt die Zutaten las, grübelte ich, wie ich den Duft beschreiben soll: Gefrostet ist zu kühl , behaucht trifft es nicht, dann las ich: Kondensmilch. Lach! Obwohl ich mir den starken Kaffee nie durch Zutaten verderbe, trifft es doch zu: Kondensmilch hat eine gewisse Sterilität, die hier gemeint sein könnte. Kein richtiger Eigengeschmack und doch: sehr eigen. Etwas Ähnliches ist mir schon mit "Annam" begegnet, der auch eine milchige Note aufweist. Grünsämig-blumig- würzig. ein verhaltener Orientale? Später mildert Tonka etwas den Grünspelz.
Die blumigen Noten setzen Akzente, aber tatsächlich wirkt alles eher wie ein Shake und nicht wie ein klarer Drink. Bewertungen wie "Mit dem Duft kann man nichts falsch machen!" - Doch , kann man immer. Einfach, wenn er nicht zur Person oder absolut nicht zum Anlass passt - eher selten. "Amarinthine" passt meiner Meinung nach tatsächlich zu vielen Gelegenheiten, dabei ist er eben kein glatter 0815- Schönling, sondern eben durch das Grünschnäblige und Milchige eine sehr eigenständige Richtung. Entfernt erinnert er mich an klarere "Daisy", der ja alles andere als ein lieblicher Mädchenduft ist, wie der Flakon vorgaukelt. Alles in allem: Kein sensationeller, aber sehr eigenständiger Duft. Er könnte allen gefallen, die keinen zu schweren Orientalen mögen, aber einen nicht oft zu findenden Duft mit gemäßigter Stärke, aber leichter Extravaganz jenseits des üblichen Einheitsgebräus suchen.
8 Antworten
Esther19 vor 9 Jahren 12
7.5
Flakon
5
Sillage
5
Haltbarkeit
9
Duft
Tandaradei - (fast) ohne Mäkelei
Lindenblüten haben mich schon als Kind fasziniert, auf einem Spielplatz standen mehrere Bäume, und so als Jägerin und Sammlerin muss mir das schon in sehr jungen Jahren im Blut gelegen haben: Ich sammelte die Blüten und meine Mutter machte einen Tee, der mir bis heute erinnerlich ist.
Was Wunder, dass mich Lindendüfte interessieren. Zu DDR-Zeiten hatte ich mal ein teures Lindenblüten-Shampoo, so teuer, dass ich es nur sparsam verwendete. An ein solches Parfum wäre damals nicht zu denken gewesen.
Jetzt habe ich die Wahl, und nun kommt eine Stufenleiter der bisher von mir getesteten Kandidaten: "Zeta" - ist ja nicht schlecht, aber mehr Promotion denn Result, ich war ein bisschen sauer ob der Süße, der ich in Düften nun wirklich nicht generell abgeneigt bin, aber diese Süße streckte hier das, was ich an manchen Blüten eben mag: die fast erschlagende Opulenz an der Grenze der Erträglichkeit, erbarmungslos nieder.
"Tilieul" gefiel mir viel besser, edler, durchdachter.
Und nun die bisherige Olympionikin. Hier ist DIE Lindenblüte, die meiner Lindenblüte so nahe kommt - authentisch, und doch nicht ganz. Und das ist der Trick. Die Betäubungspotenz wurde ein bisschen abgekühlt, nur minimal, ich möchte es mit einer hauchzartgrünen "Frost"note beschreiben, Die Kopfnote wie hier beschrieben: Vergesst es! Sofort kommt die Linde, schon für mich undefinierbar zitrisch, aber sofort lindig, lindig, lindig. Da steht noch Magnolie: Und das kann sein, ähnlich wie die Tulpe hat sie ja etwas zart stumpf-verhalten, natürlich Aromantisches, lieblich ohne in direkte Niedlichkeit abzugleiten. Wieder ein Mosaikstein, sehr stimmig. So ganz langsam gewinnt der Duft an blumiger Fahrt, mehr Jasmin als Rose.
Er wird seidiger, sanfter und gleitet weiter in die holzige, tonkaunterstützte Basis, bei der die Lindenblüten allmählich in die graugrüne Kugelform übergeht.
Meine Olympionikin bekommt aber ein paar Abzüge wegen der Haltungsnote: Die Sillage ist im mittleren Bereich, was ich auch in Ordnung finde, die Hautnähe passt. Die Haltbarkeit könnte durchaus länger sein.
Nicht desto trotz: Hier fällt mir der Witz ein, bei dem ein Mann Blumen im Laden betrachtet und die Verkäuferin fragt: Sind die künstlich oder natürlich?- Worauf diese antwortet: "Natürlich künstlich!"- Natürlich künstlich heißt hier : Ziemlich kunstvoll.
12 Antworten
Esther19 vor 9 Jahren 8
10
Flakon
5
Sillage
7.5
Haltbarkeit
8
Duft
Sirenen, Nixen, Wasserweiber
Sirenen sind bekanntlich jene Damen aus der griechischen Mythologie, denen Männer verzaubernde Gesänge zugeschrieben wurden.
Der gute Odysseus entkam der Gefahr nur dadurch, dass er sich Wachs in die Ohren stopfte. Und olle Orpheus hielt mit der Leier dagegen. Die beiden waren schlau, die anderen Dumpfbacken erlagen den Gesängen und ersoffen jämmerlich. Jammerlappen!
In der Romantik feierten solche Geschichten dann fröhliche Urstände. Wer kennt nicht "Undine", als Nixe ein schnippischer Wildfang, als Gattin eines Menschenmannes nur noch eine tragische Figur : Tonnenweise Gedichte über Wassernixen und die böse Lorelei.
Freilich, Heines Gedicht wird heute noch vielfach treuherzig gesungen, ohne eben die(Selbst)ironie dieses Liebesgedichts (!) zu erkennen.
Klar, an Sirenen, Nixen und solche Wasserweiber glauben wir heute nicht mehr, jedenfalls nicht so richtig. Aber der Duft interessierte mich natürlich, als ich den Karton entdeckte. Die Marke kannte ich damals nicht.
Zunächst: Die Farbe auf dem Foto stimmt nicht, der Duft ist eher gelblich. Er beginnt recht herb, ob es Rosengeranie ist? Ich weiß es nicht, rieche aber schon Jasmin, kräftig, singend mit starker Stimme, eher Bass als Weibchen. Hier wird schon dringlich gerufen. Ein interessanter Auftakt. Würzig kommt sie daher, mit etwa Moschus und Patchouli? Dunkel wirkt sie in dieser Phase, geheimnisvoll. Mehr Holz als Obst ist hier geladen, außer Bitter-Orangigem rieche ich nichts davon. Sirene ist wohlproportioniert, keine magersüchtige Arielle mir Barbiemaßen. Wobei ich mich natürlich schon frage, wovon sich die Damen eigentlich ernähren. Fisch kann es nicht sein, gottlob.
Diese kräftige Phase hält sich ziemlich lange, Holz-Jasmin- Dominanz mit einem Hauch von Gänsehaut: Minimalste Mengen Heliotrop vermute ich, genau der Hauch, der mich nicht stört und der Dame eine sympathische Unglätte verleiht. Er wird dann zwar allmählich doch seidiger, aber niemals so aalglatt, dass alles abperlen würde.
Wenn ich den Duft einordnen sollte: Er gehört in die Gruppe der Florientalen wie auch "Mata Hari" und " Cornubia". Damit soll keinesfalls gesagt sein, dass die Düfte identisch wären - ich meine die Richtung betörender , mehr oder weniger gewürzter und etwas pudriger Düfte.
Meine Sirene zwinkert mir zu, denn sie kennt auch Heine, den genialen Spötter.

Auf den Wolken ruht der Mond,
Eine Riesenpomeranze,
Überstrahlt das graue Meer,
Breiten Streifs, mit goldnem Glanze.

Einsam wandl ich an dem Strand,
Wo die weißen Wellen brechen,
Und ich hör viel süßes Wort,
Süßes Wort im Wasser sprechen.

Ach, die Nacht ist gar zu lang,
Und mein Herz kann nicht mehr schweigen -
Schöne Nixen, kommt hervor,
Tanzt und singt den Zauberreigen!

Nehmt mein Haupt in euren Schoß,
Leib und Seel sei hingegeben!
Singt mich tot und herzt mich tot,
Küßt mir aus der Brust das Leben!

Nun, vor dieser Sirene braucht man keine Angst zu haben, auch vor zu viel Süße nicht! Wenn er noch produziert würde, könnte man sagen: Lasst euch rufen.
8 Antworten
Esther19 vor 9 Jahren 5
7.5
Flakon
5
Sillage
10
Haltbarkeit
9
Duft
Bistilla oder halb verschleiert
Encens Mythice dÒrient" klingt nach einem äußerst schweren orientalischen Duft. Und ich habe einen Hang zu solchen Vertretern, voll, würzig, dunkel. "Arabie" von Serge Lutens ist DER Vertreter schlechthin, einer meiner absoluten Favoriten. Aber wie das so istmit den Bildern: Es gibt nicht nur den Gewürzsouk oder die pralle, gewürzsatte Tajine - eleganter oder bäuerlich-deftig zubereitet und mit Fingern gegessen, immer ein Genuss. Ähnlich wie im Römertopf werden Fleisch, Gemüse und natürlich Zaubergewürze wunderbar miteinander verschmolzen. Aber: Nicht alles in der orientalischen Küche ist so opulent, es geht auf wundersame und zuweilen verblüffende Weise auch subtiler. Dazu später.
Und verblüffend auch, dass ich auf diesen Duft gekommen bin. Eigentlich wollte ich "Angelique noire" erstehen, doch erschien er mir im Sommer plötzlich zu süß. Und obwohl ich weder Rosen noch Aldehyden sonderlich zugetan bin - von Ausnahmen wie dem lasziven "Galliano"- abgesehen - und dann noch nicht einmal schwarz verpackt, gefiel mir dieser hier spontan. Eine ziemlich fette, helle Rose - nicht in Safran getunkt, die Episode ist zweifellos da, aber sehr kurz- und doch kein Zurückzucken vor der oft lästigen Penetranz dieser dicken Rosendinger, nichts schrillfarbig an Fächer Erinnerndes oder Stampfendes. Der Auftakt erinnert mich durchaus an "Ombre Rose original", auch mit heller Rose, aber stärker zitrisch abgemixt, später irisschmeichelnd und bis zum Ende rosenbetont.
Der EMdO verläuft eine ganze Oktave tiefer, ohne jemals ein dunkler Duft zu werden. Ganz allmählich und in wirklich übergangsloser Dimmung geht die Rose nach einer kurzen pfeffrigen Phase, die gern verlängert sein dürfte, in weiche Noten über: Patchouli und Vetiver sind wirklich diskrete Mitspieler und keine Stimmungsmacher. Mit Weihrauch wurde geknausert, eher dominieren die Hölzer. Aus dem Unterholz? Nun gut, auch wenn ich gerndurch den Wald streife, kommt es ja selten zu Bodenberührung oder Kriechtouren - ich mag Waldgeruch, Moos, Erde - aber das erkenn ich hier nun nicht. Nein, kein rustikaler Ton hier, keine biederen Eichenholzrahmen - sondern durchgehende Eleganz. Amber und in der Basis auch noch Koriander geben Wärme, aber keine Orientglut.
Orientalisch oder nicht- das ist hier die Frage. Ja, doch. Aber nicht die pralle Tajine, sondern eher die Bistilla, eine marokkanische Spezialität: Tauben-oder Hühnerfleisch wird mit Mandeln, Ingwer, Zimt ,übrigens auch Safran, und anderen feinen Sachen zu einer unglaublichen Überraschung., Diese nicht überwürzte, aber genial ge-würzte Kombination ist eben auch orientalisch - und wie!
Und so ist auch der EMdO : halb-verschleierte Schönheit, floriental, leicht geheimnisvoll. Mit konsequenter, aber nicht übermäßiger Silage und sehr guter Haltbarkeit, ganzjährig tragbar.
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Esther19 vor 9 Jahren 11
10
Flakon
5
Sillage
7.5
Haltbarkeit
9
Duft
Nebelkleid
Viele Dichter haben sich dem Nebel gewidmet: "dicker Nebel dicht gedrängt" heißt es in Schottelius barockem, dabei erstaunlich modernem Gedicht "Donnerlied". Fast jeder kennt Goethes Eiche im "Nebelkleid, ein aufgetürmter Riese" aus den Sesenheimer Liedern, in dem er den nächtlichen Ritt zu Friederike Brion beschreibt. Und natürlich Hesse in seinem etwas eitlen Gedicht "Seltsam im Nebel zu wandern", " um mal die unkitschigen Beispiele zu nennen. Natürlich gibt es auch literarischen und musikalischen Gruselnebel.
Nebel kann sehr schön sein. Iris sowieso! Nebel schafft urplötzlich Begrenzungen und diffuse Ängste wie auch urplötzlich wieder neue Perspektiven. Der eher liebliche Bodennebel im Sommer auf einer Wiese wie der dicke Herbstnebel haben jeweils ihre sehr spezifische Schönheit.
Und so ist es auch mit meinen irisdominierten Düften.
"Hiris" von Hermès, meine erste bewusste intensive Iris-Erfahrung, hat eher etwas geradlinig Unbekümmertes: Ich bin Iris, hier bin ich, und ich bin schön! Und der "Irisia" -Chypre hat eine lange Vorglühzeit, bevor die erlesene Festivität beginnt. Am "Iris Poudre" von Malle arbeite ich mich noch ab.
Die beiden Serge-Iris-Kreationen vermitteln mir wirklich Jahreszeiten- Umsetzungen. Projektionen, die im Gebrauch nicht unbedingt als Vorschrift beachtet werden müssen "Bas de soie" überzeugt mich mit seiner Hyazinthen-Iris-Gestaltung, die eher blumig-zart und frühlingshaft wirkt, gleichwohl natürlich auch in anderen Jahreszeiten tragbar ist.
Nun zum dicken Herbstnebel: Die ersten Minuten verlocken nicht, sich dem Nebel zu stellen: Etwas merkwürdig technisch Riechendes, hier auch schon als medizinisch beschrieben. Seltsame Momente, die man aber bei Iris-Düften einkalkulieren muss. Wer sich vom "Vorwort" abschrecken lässt, was fast verständlich wäre, verpasst etwas. Dann aber, aber dann: Die Nelke kommt zu Hilfe und cremt den Spaziergang. Damit kommt ein für mich geliebte Mitspielerin zum Zug, in dieser Kombination noch nie erlebt.Geschmeidig, sanft und cremig. Ich sehe ein sehr gedämpft lila getöntes Grau vor mir, in dem aber die Iris stärker pulsiert. Der Weihrauch gibt zwar seinen Segen, aber er drängt sich hier nicht vor. Fast würde ich noch ein bisschen Leder vermuten, ebenfalls nobel, bis alles in einer holzigen Melange aufgeht. Wirklich eine in sich ruhende, stille Prachtentfaltung vieler Elemente. Mattes Silber. Kein Hochglanz.
Dieser Duft hat orientalische Elemente, ohne ein typischer Orientale zu sein, er entzieht sich klaren Kategorisierungen. Und: Er geht von leichtcremig in eine außergewöhnliche Pudrigkeit über, unsüß, - ja, geradezu aristokratisch. Ebenso wie "De profundis" gehört er in die Kategorie der eher subtileren Düfte.
Sollte ich jetzt abwägen, ob mir "Bas de Soie" oder "Iris Silver Mist" besser gefällt - so ist das schwer. Vielleicht so: BdS dürfte lieblicher und vielleicht eine Spur femininer empfunden werden, ISM ist unisex - und geheimnisvoller. Bestimmt kein Massenduft - eher für Entdecker. Mir soll es recht sein.
Nachtrag: Der Oktaeder-Taschenflakon in lackschwarz wirkt sehr edel und findet ausgesprochenes Wohlgefallen.
11 Antworten
16 - 20 von 151