Viel Mut mußte ich aufwenden, um diesen Duft zu testen. Oud, die arabische Dufthype der letzten Jahre, war nie so meins, und vielen Oud-Düften konnte ich nichts positives abgewinnen. Dann kam Guerlain mit seinem Santal Royal, und der Name verhieß königliches Sandelholz und war somit eine orientalische Mogelpackung, denn ich roch praktisch keines, sondern stattdessen Adlerholz mit fruchtigen Anteilen, und zwar in ziemlich geballter Form. Geballt ist auch das Motto von Ambre Eternel gewesen, dem 2. Ableger der Reihe Absolus D'Orient, wie Guerlain die edlen opaken Flacons mal kurzerhand nannte, die angeblich hauptsächlich für das Land der Scheichs konzipiert worden sind. Der 2. Duft war Ambra hochdosiert, und damit machte er im Gegensatz zum ersten seinem Namen alle Ehre, und mir tat er damit auch keinen Gefallen, denn der Wal gehört ins Meer, und seine Ausscheidungen auch.
Nach diesen beiden Erfahrungen war ich nun vorbelastet, und der Name des Duftes weißt ja unmißverständlich auf seine Absicht hin.
Er sagt: "Wenn Du kein Oud magst, komm' mir nicht zu nahe."
Ok, dachte ich so...und trollte mich. Wollte nicht einmal den Flacon anfassen, falls er undicht ist, oder mich hinterrücks angreift und gegen meinen Willen einnebelt.
Dann kamen die ersten Aussagen über die Inhaltsstoffe, und der Tenor war, daß sie eben nicht Oud im Vordergrund haben. Ich wurde neugierig.
Als jemand sogar behauptete, die Rose darin wäre sehr präsent und wunderschön, fast wie die in Nahema, hatte er mich. Nun wollte ich es wissen. Nahemarose? Her damit.
Dann kam der Moment des Unboxing. Ich sprühte furchtlos los, und zwar direkt den halben Arm lang.
Das hätte ich besser sein lassen sollen, denn ein neues Phänomen stellte sich ein:
Ich war nicht auf diese grünholzige, würzige Attacke vorbereitet und vergaß für ein paar Sekunden zu atmen.
Doch als das Gehirn und die Atmung wieder einsetzten, empfand ich schnell eine wundervolle Entspannung.
(Aber vor der Kopfnote möchte ich zarte Gemüter dennoch warnen, stark ist sie, grün ist sie und allumnachtend.)
Was die Folgezeit angeht, so kann ich nur Gutes berichten:
Als ich einst zum ersten Mal nach Dubai kam, eilte ich behenden Schrittes in die Malls, da ihnen der Ruf vorauseilte, ein Paradies für Extremshopper zu sein. Ich wurde nicht enttäuscht. Natürlich gab es überall die landestypischen Düfte, viele bunte Farben und Dekorationen am Rande des Kitsches und Süßigkeiten, die schon vom Ansehen Karies verursachten. Ich betrat eine Passage, die sich Souk nannte, und damit auch jeder Tourist ein schönes Selfie machen könne, stand auch eine Plastik eines Kamels davor.
Während ich besagte Passage durchschritt, atmete ich die ganze Zeit den konzentrierten Duft des Souks ein, den ich nie vergessen werde, und dessen Andenken ich vor wenigen Monaten wieder auffrischen konnte, indem ich die gleiche Passage wieder besuchte.
Allerdings war beim letzten Mal mein Ehemann dabei, und der mag Rosen. Ich kriege dauernd welche, no lie!
Und so auch hier, denn es war ja unsere Hochzeitsreise und er mußte ausserdem etwas wiedergutmachen. Keine Details. So schritt ich nun wie die Rosenkönigin von Lottum einher, inmitten der trocken-gewürzduftlastigen Szenerie, und trug ein bißchen stolz einen mittleren frischgeschlagenen Rosenbusch.
Wenn ich die Augen jetzt schließe, bin ich wieder dort. Absolut Orient, dank Oud Essentiel.