First

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11 - 15 von 225
First vor 2 Jahren 12 8
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7.5
Duft
Gut Duft will Weile haben
Manchmal ist man Dinge nicht mehr gewohnt. Hat man zum Beispiel jahrelang eine Kaffeemaschine benutzt und gießt nun wieder selbst mit einem Filter auf, kommt es einem komisch vor. Hatte man jahrelang ein Rennrad und fährt nun wieder ein einfaches Fahrrad mit Rücktrittbremse - man vergisst es und geht fast über den Lenker beim Bremsen aus voller Kraft nur mit den vorderen Handbremsen.

Ich sprühte also Accord N°4 Chypre und ging gleich über den Lenker: Das war ja die kombinierte Verdichtung aller traditionellen Langweiler-Düfte meiner Kindheit und Jugend! So einen Duft hatte ich ja jahrelang nicht mehr gerochen.
Im ersten Moment dachte ich also - oh, je, nichts als zurück zu meinem Rennrad und meinem Kaffeevollautomaten. Aber andererseits - das war ja schon faszinierend, so ein Duft, der alle Langweiler-Damendüfte der Erde aus den 70ern bis 90ern des letzten Jahrtausends in einem Duft vereinte. So langweilig, so allgegenwärtig erschienen sie damals, diese Noten, dass ich keinen solchen Duft jemals selbst besaß, aber ich hatte sie über viele Jahre eben überhaupt nicht mehr so unverfälscht gerochen.

Irgendwie war das schon wieder gut.
Irgendwie war das schon wieder liebenswert.
Und was roch ich denn da eigentlich?

Ich roch undefinierbare, ganz leicht stichelnde Blüten, so dass ich denke, dass auch Jasmin dabei ist. Der Duft ist insgesamt eher unsüß, eher leicht, ein wenig herb-frisch, aber ohne echte Kante, dafür sorgt schon eine Fruchtigkeit, die eben doch minimal süßlich ist. Diese unklare Frucht ist keine Frucht, wie sie in den modernen, heutigen Düften vorkommt, sondern sie ist sehr viel verhaltener und im Hintergrund, eben nur so wenig, dass der Duft nicht zu einem herben, echten, harzigen Chypre der frühen Siebziger wird, aber auch nicht zu einem üppigen, aldehydigen Duft der Achtziger, die wir heute einen Klassiker oder je nach Ausgestaltung auch Wummser nennen würden.
Nein. Dieser Duft bleibt eben etwas langweilig. Er wummst nicht, er betört nicht. Er ist in keiner Eigenschaft herausragend. Er vereint das kleinste gemeinsame Vielfache eines Mainstreamers der damaligen Zeit auf sich.
Aber er wirkt auch nicht synthetisch. Eine Basis scheint er zunächst nicht zu haben. Wirklich intensives Patchouli, kräftiges Eichenmoos oder üppiger Amber könnten dem Duft ja auch einen heftigeren Charakter verleihen, vielleicht gar einen Hippie-Anstrich geben, nein, er bleibt gesittet im Mittelfeld.

Nun klingt das hier schon ein wenig nach Verriss. Ich konnte mich von Accord N°4 Chypre aber dennoch nicht lösen. Ich trug ihn in der letzte Woche fast täglich. Es war recht heiß und ich empfand ihn als sehr gut tragbar, mit leichter Frische, nicht belastend, niemals nervend, weil überhaupt nicht synthetisch wirkend. Auch, dass er so leicht bleibt und ein wenig herb und seifig wie frisch gewaschen, ist für so ein Wetter gerade richtig.

Was ich beim Tragen des Duftes zunächst gar nicht so sehr bemerkte war, dass er doch auch deutlich Moschus bereithält. Ich merkte den größten Teil davon erst am nächsten Tag auf meiner Kleidung. Auch der Moschus hat einen Retro-Charakter und ist somit für mich viel besser tragbar als viele moderne Moschusnoten, da ich ihn nicht als stickig empfinde.

Nach einer Woche Tragen drängte sich immer mehr der Gedanke auf, dass diese Kombination an Noten mich doch entfernt an irgendeinen moderneren Duft erinnerte. Gestern fiel es mir dann ein: So wie Accord N°4 Chypre stelle ich mir eine herbere, ultraleichte Version von For Her (Narciso Rodriguez) vor.

Ich werde Accord N°4 Chypre behalten - für heiße Sommertage und zur Erinnerung an all die Düfte früherer Jahrzehnte, die ich oft roch, aber nie hatte, und die man heute kaum noch findet.
8 Antworten
First vor 2 Jahren 15 12
8
Flakon
5
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7
Haltbarkeit
9.5
Duft
Freundlichkeit

„A man wakes up to the sound of rain
From a dream about his lovers
Who pass through his room
They brush lightly by, these lovers
They pass. Never touching
These passing lovers move through his room
The man is awake now
He can't get to sleep again
So he repeats these words
Over and over again:
Bravery. Kindness. Clarity
Honesty. Compassion. Generosity
Bravery. Honesty. Dignity
Clarity. Kindness. Compassion“

Dieser Songtext und die faszinierende Musik des Stückes „Forgetting“ von Philip Glass (1986) haben mich seit jeher sehr berührt. Und so musste ich schon bei mehreren Düften an dieses Kunstwerk denken. Auch bei Ever Bloom Ginza Flower, denn Ever Bloom Ginza Flower ist für mich der Inbegriff für Freundlichkeit - Kindness.

Dieser Duft ist so freundlich, dass ich ihn in den wenigen Wochen, die ich ihn besitze, fast tagtäglich getragen habe. Erst zum Kennenlernen. Er zauberte ein Lächeln auf mein Gesicht. Da ist nichts anstrengend oder kantig, da ist nichts zickig, bissig, stinkig, herausfordernd - da ist einfach Freundlichkeit. Nun könnte man denken, das sei vielleicht auch etwas langweilig, aber nein, es ist einfach erholsam mit einem Lächeln zu Arbeit zu gehen und zu wissen, das ist ein Duft, der vielleicht auch andere zum Lächeln bringt. Und oft genug habe ich ihn abends nach der Arbeit erneut aufgelegt - nachdem ich nach einem Duft zum Herunterkommen von einem anstrengendem Tag gesucht hatte. Mein Blick blieb an Ever Bloom Ginza Flower hängen und die Entscheidung war gefallen.

Was macht diesen Duft denn nun eigentlich so ausgesprochen freundlich? Ich glaube, der wesentliche Faktor ist der weiche, milde, pudrig-blumige Duft von Alpenveilchen. Ich mag diese Note in vielen anderen Düften auch immer wieder sehr gerne. Hier ist sie mit noch anderen minimal süßlichen Blüten im Hintergrund verwoben, die ich aber weder als Orangenblüte, Lotus und schon gar nicht Gardenie ausmachen könnte. Ich empfinde Gardenienduft oftmals als etwas deprimierend träge, Lotus hingegen manchmal aquatisch-gammelig. Von Beidem merke ich hier gar nichts. Vielleicht handelt es sich um einen anderen Gardenienriechstoff, einen anderen Lotusriechstoff. Vermutlich ist es die Orangenblüte, die einen leichten, hellen, aber auch sanften Touch von Frische beisteuert. Vielleicht verhindert ein Lotusriechstoff, dass der Duft zu pudrig-trocken wird. Von Patchouli merke ich nichts, aber das soll bei mir nichts heißen. Ich liebe Patchouli sehr und es findet sich in vielen meiner Düfte. Sicherlich ist dies die Note, an die ich am meisten adaptiert bin, so dass ich es in geringen Mengen vielleicht nicht mehr wahrnehme.
So bleibt Ever Bloom Ginza Flower für mich ein Alpenveilchenduft auf dem ausgesprochen sanften Hintergrund einiger zurückhaltender Blüten, nur minimal süßlich, nur leicht frisch, dabei hell und sanft. Obwohl er pudrig ist, ist er nicht trocken. Erst am nächsten Tag, als die Blüten verflogen sind, rieche ich sehr deutlich Moschus auf meiner Kleidung. Obwohl die Art des Moschus‘ für mich o.k. ist, ist das für mich das einzige Manko an Ever Bloom Ginza Flower. Andere hingegen, würden sich sicherlich auch an der Moschusnote freuen können. Für mich heißt es aber nur, dass ich die Kleidung keinen zweiten Tag tragen mag. Halb so schlimm, das Wesentliche, nämlich die traumhaften Alpenveilchen, sind an Tag zwei zusammen mit den anderen Blüten sowieso verschwunden.

Kindness ist verflogen.

Aber wie im Song kann ich die Worte wieder und wieder wiederholen. Es kommt ein neuer Tag und ich kann mich erneut für Freundlichkeit entscheiden..

12 Antworten
First vor 2 Jahren 13 9
3
Sillage
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Duft
Zeitverdichtung
Wanderbriefe und -pakete scheinen einer seltsamen physikalischen Zeitverdichtung zu folgen: Egal, wann man sich für sie einträgt, sie kommen immer gleichzeitig an.
Letzte Woche bekam ich die genau drei der vier einzigen Wanderbriefe, für die ich mich im letzten dreiviertel Jahr angemeldet hatte - auf einmal.
Nun ist das Testen aus Wanderbriefen ja generell eher kurz und sparsam, schließlich möchte man zügig weiterschicken und auch für die anderen noch genug übrig lassen. Ich handhabe es deshalb so, dass ich vorab am Sprühkopf, bzw. am Röhrchen rieche und damit eine Vorabeinteilung vornehme: Düfte, die ich auf der Haut testen möchte; Düfte, die mir wahrscheinlich nicht so gefallen, so dass ich sie nur kurz, erstmal nur auf Papier oder auch gleichzeitig mit einem anderen Duft testen möchte, und Düfte, die ich nur dann teste, wenn ich am Ende doch noch Zeit übrig habe.
So versuchte ich es auch mit dem Ayala-Moriel-Wanderbrief. Interessanter Weise funktionierte die Methode hier jedoch nicht. Die kleinen Fläschchen dufteten nach dem Öffnen nicht unterschiedlich genug, dass ich meine Einteilung hätte vornehmen können. So überließ ich es dem Zufall, welcher Duft einfach auf meine Haut kam und auch wo er auf meine Haut kam.
Dabei tat ich einen doppelten Glücksgriff: Erstens, ich wählte Ayalitta aus. Und zweitens trug ich Ayalitta nicht wie üblich auf meine Handgelenke auf, da ich dort morgens einen anderen Duft aufgetragen hatte und befürchtete, eventuelle Reste könnten bei erneuter Befeuchtung wieder erwachen und meinen Eindruck verfälschen. Ich trug Ayalitta im Dekolleté auf!

Ayalitta ist ein zeitverdichteter Traum, der aus der Welt der Feen zu stammen scheint: Anfangs deutlich herb und harzig ordnen sich die Noten nach wenigen Minuten zu einem bezaubernden, natürlichen Konzert der milden Kühle des Waldes und der Wiesen. Intensiv, dabei weich und grün, aber ohne jede Schärfe und ohne auch nur im geringsten modrig zu sein, scheint sich die Essenz der Natur harmonisch in tiefer Gelassenheit auf das Wesentliche zu konzentrieren. Ich rieche helles Eichenmoos sanft mit zarten und dennoch kraftvollen Harzen unterlegt, so transparent, dass ich das Bedürfnis verspüre, diesen Duft tief einzuatmen, durchzuatmen und mich fallenzulassen.

Ayalitta hält viele Stunden und ist erstaunlich intensiv. Wie schön, dass ich es im Dekolleté habe und so bei jedem Atemzug erneut inhaliere, genieße! Patchouli nehme ich nicht wahr, aber das mag daran liegen, dass ich viele Düfte mit Patchouli habe und bereits daran adaptiert bin, vielleicht aber auch, ist es einfach so perfekt in die grüne Zauberwelt eingebettet, dass ich es nicht erkenne. Sogar der Jasmin ist so fein und ohne jede Indolik auf die sanften Harze gebettet, dass ich ihn ohne die Pyramide zu lesen, nicht erkannt hätte.

Ein wenig wirkt Ayalitta aus der Zeit gefallen: Solche Noten gab es früher ab und zu in hochwertigen Parfümölen, aber niemals in dieser erlesenen und meines Erachtens nahezu perfekten Komposition. Das heutige, künstliche Eichenmoos riecht anders und das alte Eichenmoos von damals, riecht, wenn es vintage und bis heute gealtert ist, in meiner Nase oft sehr unangenehm knarzig verändert.
Bei Ayalitta fühlt sich das Eichenmoos an wie früher, nicht knarzig und auch nicht künstlich. Die Harze fügen sich weich und milde ein.

Vielleicht mag Ayalitta für andere veraltet anmuten.
Für mich aber ist Ayalitta zugleich die Verdichtung der Zeit und der Natur, die Konzentration auf das Wesentliche, das Echte und damit der tiefenentspannte Königsweg zur Zentrierung.
9 Antworten
First vor 2 Jahren 11 9
3
Sillage
6
Haltbarkeit
9
Duft
In Tuberoseöl geschwenkte Pilze à la Schwarzkopf
Im ersten Moment einer alkoholischen und etwas männlichen, nach ältlichem Haarpuder oder Trockenshampoo (Assoziation: Schwarzkopf, 1980) duftenden Welle denke ich, der Duft sei nichts für mich.
Aber dann geht es los: das Haarpuder schwindet und ganz, ganz sanft wird es überlagert mit milder Würze, minimal rauchig, so wie wenn man eine Tüte getrockneter Shiitake öffnet. Es wird stärker und schon nach etwa drei Minuten beginnt sich langsam eine Blüte dazu zu blenden. Sie entpuppt sich als weiche, etwas träge, üppige Tuberose. Die Pilze bekommen nun einen salzigen Unterton und ich assoziiere eine gut gesalzene und leicht gepfefferte Pilzpfanne. Ein wenig Haarpuder ist weiterhin dabei.
Wenn man das liest, könnte man denken, hier passe alles überhaupt nicht zusammen, aber erstaunlicherweise ergibt diese Kombination mit diesen zwar verschiedenen, aber sehr weich und sanft ineinander vernetzten Noten eine ausgesprochen beruhigende Gesamtheit, die gleichzeitig außergewöhnlich und zurückhaltend ist. Ich fühle mich sehr wohl mit diesem Duft.

Es geht mir mit Naturdüften häufig so, dass sie mich entspannen. Sie sind für mich offenbar durch die Bank viel weniger anstrengend als Düfte mit vielen künstlichen Riechstoffen. Dabei gibt es durchaus Naturparfums, die mir überhaupt nicht gefallen, aber das ist dann einfach Geschmackssache. In obigem Sinne anstrengend finde ich auch Naturdüfte, die ich nicht mag, bislang nie.

Schizm bleibt nun über viele Stunden recht konstant. Ich rieche weiterhin Pilze, die je nach Momentaufnahme nun auch Steinpilze sein könnten, mit dieser minimal rauchigen Note, die getrocknete Pilze haben, Tuberose und einen Rest Haarpuder in etwas changierenden Anteilen.

Auch wenn Schizm über bestimmt 8 Stunden hält, ist die Sillage sehr schwach. Ich finde das hier recht angenehm: So kann ich dann und wann an meinen Handgelenken riechen, mich freuen, entspannen, und sicher sein, niemanden mit meiner haarpuderbestäubten Pilzpfanne in Tuberoseöl zu irritieren.

Normalerweise teste ich Düfte, bevor ich einen Kommentar verfasse, mindestens an drei verschiedenen Tagen. Schizm habe ich nur zweimal getestet, da es sich um eine 1ml-Probe aus einem Wanderpaket handelt und ich mich mit dem Verbrauch zurückhalten wollte. Ich denke aber, dieser außergewöhnliche Duft hat mehr als ein Statement verdient.

Herzlichen Dank an Birdee, dass ich bei der kleinen Testrunde für die außergewöhnlichen Düfte von Ayala Moriel dabei sein durfte.
9 Antworten
First vor 2 Jahren 11 6
7
Flakon
6
Sillage
7
Haltbarkeit
10
Duft
Eine glückliche Verwechslung, eigentlich zwei davon
* Diesen Kommentar habe ich hierhin verschoben, nachdem der "richtige" Duft im "richtigen" Flakon dankenswerter Weise von Sweetsmell75 hier bei Parfumo aufgenommen worden ist. Zunächst hatte ich meinen Flakon für den anderen Classique der Airline Edition gehalten, nämlich denjenigen, der hier zu dem Zeitpunkt bereits gelistet war, hatte dann aber meinen Irrtum noch vorm Schreiben des Kommentars bemerkt. Gepostet hatte ich den Kommentar dann aber dennoch falsch, nämlich unter dem Classique Pin Up. Irgendwo hatte ich gelesen, dass mein Flakon eine Sonderedition von Pin Up sei. Aber nun zeigte sich, dass auch das nicht stimmte.
Es ist ganz schön verwirrend mit den vielen Classiques! Und eins muss ich vorab ergänzen, Jasmin-Sambac ist hier sogar für mich so sehr im Hintergrund, dass ich ihn gar nicht bemerke. Das heißt vermutlich, dass auch kaum jemand anderes ihn bemerken wird. So, genug der langen Vorrede. Hier der alte, unveränderte Kommentar an neuer, richtiger Stelle:*

Bekanntermaßen spiele ich gern in den verschiedenen Tauschspielen im Forum mit. Gibt es dort doch die Möglichkeit, Restflakons, Proben und Abfüllungen von Düften zu ertauschen, die ich schon immer mal langfristiger und ausgiebiger testen wollte als es im Rahmen eines Wanderbriefes möglich wäre. Manchmal weckt auch ein besonders gestalteter Flakon oder die Pyramide eines mir bis dato unbekannten Duftes mein Interesse.
Kaufen würde ich solche "Katzen im Sack" nicht, aber der Tausch gegen Düfte, die bei mir ein Schattendasein fristen, passt dann wunderbar.
So sprang mir also im Tauschspiel der Classique Airlines Edition ins Auge, limitierte Edition, nicht in dem oben abgebildeten, sondern in einem Flakon mit blauer Corsage.
Sowohl die Classique Urmutter wie auch viele ihrer Nachfolgerinnen hatten mich fasziniert und ich war schon oft kurz davor, sie zu erwerben, aber bei den meisten von ihnen störte mich letztlich doch irgendetwas leicht Stechendes, das auf Dauer nervte - mal wieder hatte ich die Kombination von Jasmin und Orangenblüte als Ursache in Verdacht.
Dennoch, irgendetwas Tolles hatten die meisten eben auch, und so hin- und hergerissen ertauschte ich den mir unbekannten Classique aus dem Spiel. Vielleicht würde dieser Classique mich vollends überzeugen können? In der Pyramide zum blauen Corsage-Flakon fanden sich Ingwer, Zitronen-Sorbet, Zuckerrohr, Tiaré, Orangenblüte, Jasmintee, Labdanum, Moschus und Vanille.
Vielleicht würde der Zusatz -tee hinter dem Jasmin ja mein Classique-Problem lindern?
Als der schöne blaue Flakon ankam, musste ich ihn selbstverständlich sofort testen: Kopfnote - oh, ja, sehr intensive Orangenblüte der natürlichen Art! Sofort werde ich an den herrlichen Frischekick erinnert, den meine Oma immer mit sich trug, wenn sie ihr 4711 gerade aufgetragen hatte. Das sind fröhliche Erinnerungen an milde Orangenblüte ohne jegliche Indolik, für mich also die schönste Version von Orangenblüten überhaupt. Auch Zitrone und Ingwer geben meiner Instant-Gute-Laune Drive. Schnell gesellt ist nun pudrig Wärmeres dazu, ohne dass der Duft seine Leichtigkeit und Frische einbüßt. Trockene, ganz leicht gesüßte Vanille kommt dazu, aber das ist nicht alles. Ist es der Ingwer, der noch sein besonderes Aroma beisteuert? Vielleicht ein Hauch von nicht benanntem Heliotrop mit den Anfängen eines glücklicherweise trockenen und nicht stickigen Moschus'? Ich meine, auch einen Hauch von Benzoe wahrzunehmen. Nun wird der Duft immer faszinierender, leicht und schwebend und auf transparente Art pudrig-fein, wie ganz leichtes, zartes Gebäck, ohne Fett, ohne künstliche Geschmacksstoffe.
So bleibt der Duft über viele Stunden, wobei das Zitrische nach und nach etwas zurücktritt, auch der Benzoe-Eindruck geht mit der Zeit, besonders in der Projektion etwas zurück und fügt sich weicher ein, bis dieser Classique eher anmutet wie ein Chanel: milde, edel, zurückhaltend und in jede Chefetage passend, ohne dabei zu freudlos zu sein.
Am nächsten Tag duftet meine Kleidung himmlisch nach erlesenem, federleichtem Zitronengebäck.
Sofort muss ich den Duft wieder tragen. Ich trug ihn Heiligabend, am ersten Weihnachtstag, am zweiten....und irgendwann fiel mir auf, dass ich Jasmin überhaupt nicht bemerkt hatte, wirklich gar nicht, auch keinen Jasmintee. Sollte da nicht auch Tiaré drin sein? Hatte ich ebenfalls nicht bemerkt. Das allerdings, war sehr verwunderlich. Tiaré ist so charakteristisch, dass es doch selbst in kleinsten Mengen bemerkbar wird. Und wenn ich als Jasminkritikerin einen Jasminriechstoff nicht bemerke, dann stimmt vielleicht mit mir etwas nicht?
Irgendwas war doch komisch mit der Pyramide, komischer als Pyramiden ansonsten schon manchmal sind.
Also guckte ich mir die Parfumoseite mit dem blauen Airline-Flakon nochmal genauer an. Meiner hatte auch eine blaue Corsage, limited Edition, Airline-Variante. Aber auf meinem stand doch nicht Eau Fraîche? Und dann sah ich es: Bei dem blauen Flakon der Website stand unten auf der Packung: Eau Fraîche. Und auf meiner stand: Pin-Up Eau de Parfum - Natural Spray.
Genauer betrachtet sehen auch die Flakons etwas unterschiedlich aus: Meine blaue Corsage hat einen Gürtel mit einem Flugzeug auf der Schnalle. Der Eau-Fraîche-Flakon hat keinen Gürtel und dafür am oberen Rand der Corsage eine weiße Einfassung. Was besonders irritierend ist, ist, dass auf der Eau-Fraîche-Seite auch ein Userfoto mit meinem Flakon ist - offensichtlich eine weitere Verwechslung.
Nun hat sich für mich alles geklärt, natürlich rieche ich keinen Jasmin(tee), wenn keiner drin ist, und auch kein nicht vorhandenes Tiaré. Mit Marshmallow kann ich hier wesentlich mehr anfangen, trocken, pudrig, milde gesüßt und mit leichter Vanille ohne Fett kommt das doch meinem Edelgebäck nahe.

Ich freue mich riesig über meinen Tausch inclusive Verwechslung und danke Schokololly sehr herzlich für den wundervollen Gaultier mit Flugzeug-Gürtel und Chanel-Vibe!

*Und natürlich muss es auch noch einen Nachtrag geben: Mein Marshmallow ist vermutlich Tonka mit etwas Vanille, vielleicht einem Hauch von Sternanis und Papyrus, eben ein Edelgebäck. Es erscheint mir auch stimmiger, dass in der nun richtigen Pyramide oben, noch mehr gelistet ist als in dem normalen Pin Up. Ich hatte vermutet, dass im Pin Up nicht alles angegeben ist, denn der Duft erschien mir komplexer als die Pyramide, auch wenn die Pyramide von Pin Up schon wesentlich besser passte als die von dem anderen Airline. Und nun habe ich Euch vielleicht komplett verwirrt. Sorry!
Dennoch lasse ich den Kommentar so, denn ich empfinde ihn als ein Lehrstück für beides: dafür, dass man durchaus merken kann, wenn eine Pyramide nicht stimmt (weil man den Duft verwechselt hat), aber auch dafür, dass man es nicht merken kann, wenn die zentralen Duftstoffe in beiden Düften vorhanden sind. Und nun ist wirklich Schluss :-) *
6 Antworten
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