FvSpee

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FvSpee vor 3 Jahren 28 25
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Duft
Im Colognisten-Café: Comme des Colognes
Dass das klassische Eau de Cologne mit seiner kurzen Haltbarkeit und meist zitrischen Frische schon lange nicht mehr als altmodisch und überholt belächelt wird, bezeugen nicht nur teure Nischenlinien, die mehr oder weniger ausschließlich der Pflege und Weiterentwicklung dieser Richtung gewidmet sind (wie La Manufacture oder in gewisser Weise Atelier Cologne). Noch bedeutsamer ist meiner Meinung nach der Umstand, dass auch Hipster-Marken, die an sich auf völlig andere Richtungen spezialisiert sind, offenbar sich und der Welt beweisen wollen, dass sie "auch Cologne können".

So fand ich es gleichermaßen überraschend, dass das schrille Label Etat Libre d'Orange 2014 mit einem schlicht 'Cologne' betitelten Duft auf den Markt kam (der auch ganz unschrill schlicht-klassisch riecht) und bereits lange vorher, nämlich 1996, die Weihrauchspezialisten von Comme des Garcons mit diesem 'Eau de Cologne' hier (auf das dann nach 2000 noch eine vierteilige Spezial-Cologne-Reihe draufgesetzt wurde). Da kann es dann eigentlich nicht mehr lange dauern, bis wir auch von A Lab on Fire und von Juliette has a Gun eine 4711-Konkurrenz begrüßen dürfen.

Aber zurück zu dem hier besprochenen Duft! Anders als etwa der minimalistisch-bescheidene (und damit, was den Preis angeht, schon wieder unverschämte) ELDO unternimmt es dieser Comme des Colognes, die Duftgattung des Kölnischwassers sehr neu zu interpretieren, allerdings ohne das Genre völlig zu verlassen oder zu verraten. Von der überwältigenden Liste von Zutaten darf man sich hier nicht irreführen lassen. CdC bleibt trotz des Ingredienzen-Stakkatos von Gewürzen (Nelke, Zimt, Muskat, Kardamom, Pfeffer) und Harzen-und-Holzen (Styrax, Weihrauch, Galbanum, Labdanum, Sandel, Zeder) eindeutig als leichter, erfrischender, im Herzen zitrischer Duft zu erkennen: Jedenfalls am Anfang.

Da hat man den Eindruck, die genannten Kracher-Zutaten wären allenfalls am Rezept vorbeigetragen worden. Neben der starken (feinen, nicht sauren) Zitrik aus Limette und Bergamotte nehme ich hier am glaubwürdigsten Honig, Magnolie, Koriander, Rose und Heunoten wahr, die, in ebendieser Reihenfolge, für eine herbsüße, cremige, füllige, bitterkrautige und - eben rosige und heuige Flankierung sorgen. Frau von Spee und ich empfinden das als sehr fein, ungewöhnlich und gelungen.

Schon recht bald wird es dann aber nicht nur ziemlich skinny, sondern auch deutlich muskatiger, pfeffriger und damit auch wärmer (fast heiß). Damit bringt dieser Duft das Kunststück zustande, von innerhalb einer Stunde den (von einer zarten, unaufdringlichen Cremigkeit und Süße zusammengehaltenen) Übergang von einem modernen Kunst-4711 (im Sinne von Kunst-Märchen) zu einem Nobel-Old-Spice zu schaffen (und dann diskret und charmant den Abgang zu machen).

Der Deutsche Mark Buxton ist als Parfumeur außerordentlich produktiv. Er ist bei Parfumo mit 161 Düften verzeichnet, darunter sehr viele Comme des Garcons und viele Düfte von sehr kleinen und sehr schrägen Labels, mit Namen wie "Taxi", "The Lobster" und (gefällt mir besonders) "Dreckig bleiben". Seit neuerem gönnt er sich ein eigenes Label (Mark Buxton Perfumes). Und auch diese Marke, so schließt sich der Kreis, meint nicht komplett zu sein ohne einen (mir bislang noch nicht bekannten), 2020 erschienenen, Duft namens 'Why not a Cologne'.

Vierter Besuch im Colognisten-Café. Blog wurde vervollständigt.
25 Antworten
FvSpee vor 3 Jahren 41 24
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Haltbarkeit
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Duft
Ein Hauch von Zartheit
Der 1971 in Taiwan produzierte Film "Ein Hauch von Zen" ist auch denjenigen zu empfehlen, die (wie ich) keine mit allen Wassern gewaschene Martial-Arts-Fans sind. "A Touch of Zen" hat mit dem Duft von Shiseido nichts und mit dem Ch'an- (Zen-) Buddhismus nur etwas mehr als einen Hauch zu tun. Es ist aber ein zeitloser Klassiker, der zu Recht als erster Kampfsportstreifen für eine Palme in Cannes nominiert worden ist; und er hätte es auch verdient gehabt, wirklich eine zu bekommen.

Die Handlung und die Charaktere sind differenziert und komplex, die Haltung des Films ist eher pazifistisch - und die Kampfsportszenen sind unglaublich ästhetisch choreografiert. Indem die Hauptheldin Yang (verkörpert von der bei Drehbeginn erst 19-jährigen, wunderschönen Hsu Feng) im Vergleich zum männlichen Protagonisten, dem vertrottelten Ku (Shi Yu) die wesentlich stärkere Persönlichkeit ist, weist das Werk auch eine, wie ich meine für die Zeit beachtliche feministische Tendenz auf. Ein Film, der in mancherlei Hinsicht an den heute 50 Jahre alten Film anknüpft ist der 2000 entstandene moderne Klassiker "Tiger and Dragon" (mit der damals genau doppelt so alten, aber genauso schönen Michelle Yeoh in der weiblichen Hauptrolle).

Ebenso verdient der 2014 erschienene Duft "Ein Hauch von Oud" (oudTouch) von Franck Olivier unbedingt Beachtung - auch bei denjenigen Duftfreunden, bei denen es sich (wie bei mir) um keine auf Herz und Nieren geprüften Oudisten handelt.

Wer Franck Olivier ist, ist mir ein Geheimnis geblieben, ich denke mal, es ist nicht der gleichnamige belgisch-kanadische, inzwischen wohl auch durchaus abgehalfterte, Schnulzensänger. Vielleicht klang der Name einfach nur gut (wie Häagen-Dasz) und es gibt gar keine derartige Person. Ich kenne auch keine anderen Düfte der "Touch"-Reihe von F.O., ja nicht einmal irgendeinen anderen Olivier-Duft. Ich habe mir lediglich, angeregt durch die begeisterte Rezension des geschätzten Carlitos, eine Abfüllung dieses einen Produkts zugelegt - und habe es nicht bereut.

Wie unser portugiesischer Freund bereits herausgestellt hat, enthält die Zutatenliste dieses kraftvollen, komplexen und extrem charakterstarken Duftes weder Oud noch irgendein anderes Holz. Sei es, dass es sich um ein spaßhaftes Verschweigen handelt, sei es, dass das namentlich unbekannte Parfumeurs-Genie hinter OudTouch das Holz durch andere Ingredienzen meisterlich nachgebaut hat: OudTouch riecht ganz massiv holzig. Es ist ein wuchtiges, massives, trockenes Hartholz, welches das Herz, die Seele und die Mitte dieses Werkes bildet. Der Duft ist ziemlich linear und trotz seiner Komplexität in höchstem Maße homogen, in dem Sinne, dass es keiner Note erlaubt wird, sich allzu weit oder eigenständig vom Hartholzbock im Zentrum von OudTouch zu entfernen.

Trotz der aufgeführten Noten "Toffee" und "Vanille" empfinde ich OudTouch mitnichten als gourmandig oder süß, trotz Weihrauch, Patschuli und Jasmin nicht als 'orientalisch'. Die Himbeere wird genannt, aber der Gedanke an ein banales Tuscan-Leather-Imitat stellt sich keine Sekunde ein.

Wenn die solide, kompakte, trockene Holzigkeit durch eine Ahnung von Zartem, Weicherem, womöglich erdiger Wurzeligkeit aufgelockert wird, so mag das allerdings den Veilchen zuzuschreiben sein, und wenn doch einmal eine Andeutung von opulenter Fülle und (allerdings dunkler, fast bitterer) Süße spürbar wird, dann mag das ein ganz atypisches Zitat von Rose sein.

Was sich mir demgegenüber aufdrängt, ist das geruchliche Bild eines starken, schwarzen, scharf gerösteten Robusta-Kaffees (Kaffee ist indes so wenig verzeichnet wie Holz). Zu erahnen (aber wiederum nicht aufgeführt) scheinen mir auch trockene, kräftige und warme, bisweilen fast heiße Gewürze wie Gewürznelke oder Muskat.

OudTouch ist für mich ein Geniestreich und ein Geheimnis. Ich nehme die Abfüllung immer wieder mal gerne zur Hand. Sie hält lange, da der Duft, ohne mörderisch zu sein, sowohl in der Abstrahlung als auch in der Ausdauer ein Leistungsträger ist. Zweifellos würde OudTouch in meine Sammlung einziehen, wenn nicht die Richtung der kraftstrotzenden holzigen Düfte mir generell eher fern und mit dem Geschmack von Frau von Spee sogar ausdrücklich über Kreuz läge.

100 ml dieses Premiumtreibstoffs sind bei Notino derzeit für 17,55 Euro zu haben. Für mich ein weiteres Beispiel dafür, dass von einer regelmäßigen Korrelation zwischen Preis und Qualität bei Düften mitnichten die Rede sein kann. OudTouch könnte auch für 175,50 Euro mit Leichtigkeit Abnehmer finden (was kein Plädoyer für eine Preisanhebung darstellen soll).
24 Antworten
FvSpee vor 3 Jahren 58 34
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Flakon
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3
Haltbarkeit
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Duft
Euphorie und Aftershave
Was die Akzidentia, a.k.a. das Drumherum zu Trumpers 'Eucris' betrifft, sind schon mehrfach seine James-Bond-Bezüge erwähnt worden: Angeblich taucht er in einem Film als Bond-Duft auf; in einem Roman wiederum findet Bond Eucris im Badezimmer eines Bösewichts. Auch das über 100-jährige Alter des Rezepts und der blickdichte schwarze Flakon mit dem ungewöhnlichen Ausguss - einer Art Stahl-Hohlnadel - waren schon Thema.

Ich möchte mich daher heute, bevor ich zum Duft selbst komme, ein wenig mit seinem mysteriösen Namen befassen. What, by jingo, soll 'Eucris' bedeuten?

Irgendwo in den Tiefen des Netzes findet sich die Theorie, dass es sich dabei um die Verballhornung des Wortes 'Eucharistie' handeln soll. 'Eucharistie' bedeutet altgriechisch wörtlich 'Danksagung', und noch heute kann man sich beim Griechen seines Vertrauens für die aufgetischte Poseidon-Platte mit einem selbstbewusst geschmetterten "Evcharisto!" bedanken. Wenn man 'Eucharistie' sagt, meint man aber eigentlich meistens, insbesondere bei den Katholiken, die Abendmahlfeier.

Ich halte diese Theorie für abwegig. Erstens sind die Engländer (und 'Eucris' ist sehr englisch) so unkatholisch, dass dort heute noch kraft Gesetz kein Premierminister Papist sein darf, zweitens riecht 'Eucris' nicht nach Weihrauch, und drittens muss man schon sehr viele Hostien im Mund oder Messwein intus haben, um 'Eucharistie' als 'Eucris' auszusprechen.

Was also dann? Die griechische Vorsilbe 'eu' bedeutet 'gut' oder 'schön'. Sie ist bekannt aus Fremdworten wie Eurhythmie ('schöne Bewegung'; das Jugendhobby von Annie Lennox), Euthanasie ('schönes Sterben', in Deutschland aus naheliegenden Gründen nicht mehr unverfänglich) und Eudämonie (etwa: 'gute Lebensführung'). Oder auch aus Namen wie 'Eugen' ('von guter Herkunft') oder 'Eulalia' ('die schön Redende', außerdem eine spanische Duftmarke). 'Schön' ist ja werbetechnisch auch ein passender Wortbestandteil für ein Kosmetikprodukt.

Wer aber ist Cris? Der aktuelle Spitzenkandidat der FDP ist zweifellos der Überzeugung, dass mit "schöner Chris" nur er selbst gemeint sein kann, aber sowohl er, als auch Chris Howland, Chris de Burgh, Kris Kristoffersen und die (im Übrigen eher starke als schöne) Cris Cyborg waren 1912 noch nicht topaktuell und können daher von Geo F. Trumper bei der Namenswahl nicht ins Auge gefasst worden sein.

Die spannende Frage bleibt also heute Abend offen. Vielleicht werden spätere Rezensenten auf diesen bescheidenen, tastenden Vorarbeiten aufbauen können.

Eucris ist ein sehr schöner und ein ebenso unverwechselbarer Duft. Er ist so trocken, dass es staubt und so herb, dass man sich ab und zu bei der unmännlichen Schwäche ertappt, einen Löffel Zucker reintun zu wollen. Dabei ist Eucris zwar schwarz wie die Nacht, aber nicht finster. Es ist ein freundliches Schwarz, fast schon eines voller: Euphorie ('gute Stimmung'). Eucris ist ein extrem vegetabiler, fast schon veganer Duft, so wenig animalisch wie ein Herbarium. Ich empfinde dominierend trockene Gewürznelken (stehen in der Pyramide) und ebenso trockene Wacholderbeeren (sind nicht verzeichnet). Natürlich sind schwarze Johannisbeeren drin. Ihre adstringierende Bitterkeit kann man spüren (sie ist aber durch die floralen Noten so gemildert, dass sie nicht wehtut), ihre fruchtige Saftigkeit nicht. Eucris ist Johannisbeerstaub: es verhält sich zu Johannisbeersaft wie Milchpulver zu Vollmilch.

Andere beschreiben 'Eucris' als haltbar, Frau von Spee und ich vertreten in seltener olfaktorischer Harmonie die Gegenpartei. Nach ein bis zwei Stunden ist der Duft bei mir perdu, trotz Splashens. Hatte ich Eucris daher zunächst weniger häufig benutzt als es der Schönheit seiner Aromen entsprach, kam ich dann auf das Ei des (Cris!) Kolumbus: Ich benutze Eucris jetzt als Rasierwasser. Es lässt sich durch den Stahlausguss perfekt in die Hand schütten, gibt dem Tag eine männlich-herbe und gleichzeitig optimistische Grundlage und allerspätestens nach dem Lunch ist Raum für den richtigen Tagesduft.
34 Antworten
FvSpee vor 3 Jahren 34 27
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Duft
Im Colognisten-Cafe: bitter-süß
Im Crellekiez ist Schöneberg wie Kreuzberg 61, ziemlich alternativ, aber inzwischen auch bürgerlich und eher schön als schrill. Und in seiner Magistrale, der Crellestraße, hatte so von 2014 bis 2018 etwa das Cafe bitter-süß seine Tür geöffnet, eines der liebenswertesten und familärsten Cafes, die ich in Berlin kannte. Sehr klein, und die Möblierung (schön, aber tendenziell wirr vom Sperrmüll zusammengesucht) ebenso unkonventionell wie das Angebot: Ich erinnere mich an selbstgebackenes Haferbrot schottischer Art zum Frühstück, exzellente englische Scones mit clotted cream zum Kaffee (es gibt sogar in Berlin nur sehr wenige Adressen, wo man das bekommt), kuriose Kaffeespezialzubereitungen (bitter) und Schokoladenspezialitäten (süß) aus aller Welt.

Die Inhaberin (mit kurdischen Wurzeln) hatte ihre multikulturelle Lebensgeschichte seinerzeit bekenntnisfreudig ins Internet gestellt: da war die Rede von einer Sozialarbeitertätigkeit in Großbritannien, von langen Wanderungen durch Südamerika mit einer Art Erweckungserlebnis unter einem Kakaobohnenstrauch und einer plötzlich erfolgten Rückkehr in die Berliner Heimat. Berührend fand ich es, wie die Chefin einmal zu früher Stunde eine traurig und ärmlich wirkende alte Frau fürsorglich bewirtete - ich vermute, es war ihre Mutter. Das bitter-süß war auf dem Weg zu einer Art Stammcafe von uns, als es so plötzlich wieder verschwand, wie es auftauchte. Mögen die Inhaberin und die alte Frau heute glücklich sein.

Bitter-süß geht es heute auch in unserem Colognisten-Cafe zu. 4711 hat inzwischen ja ein ganzes Imperium an den verschiedenartigsten Colognes in mehreren Serien aufgebaut, und vieles davon gefällt mir sehr gut! Da gibt es die Klassiker (neben dem Echt Kölnisch Wasser auch z.B. das eher orangige 'Portugal' und das etwas schräge 'Ice'), dann die Aqua-Colonia-Reihe, die Serie mit den Landschaftsimpressionen ('Scandinavian Woods' & Co) und hier die Remix-Reihe mit jährlich exakt einer Neuerscheinung. Ob diese Editionen wirklich limitiert sind, scheint mir unklar zu sein. Einen Flakon dieses Wässerchens hier habe ich jüngst regulär im Handel erworben, und unten auf dem Etikrett steht zwar "Limited Edition", aber nicht mehr, wie noch auf dem Parfumo-Bild "2018". Das sieht danach aus, als wolle man sich von einer bestimmten Jahreszahl lösen.

Die Ausgabe gehört zu den orangigen Produktionen aus dem Hause 4711. Sie ist aber anders als 'Portugal' oder auch anders als der 'Anniversary Remix' ziemlich weit vom klassischen Farina-Cologne entfernt und garantiert 100% kraut- und grünzeugfrei. Insbesondere fehlen die klassischen Zutaten Lavendel und Rosmarin komplett und werden auch nicht durch Ähnliches ersetzt. Fast alles bewegt sich hier im Bereich "bittersüße, orangige Zitrik". Demnach ist die Zitrik fast ganz ohne Säure (sogar die Zitrone kommt eher kandiert daher), und die grünen Noten sind allenfalls ein zitrisches Grün (wie die Schalen von Limetten oder noch grünen Pomeranzen). Auch Gewürze (wie in Mandarine Cardamom aus der Aqua-Colonia-Serie) fehlen.

Trotz des im Grunde sehr begrenzten Notenspektrums, was die Hauptduftrichtungen angeht, ist der Remix 2018 für ein Cologne ziemlich komplex. Und obwohl er (bitter-) süß und weich ist, kippt er nie ins Kitschige oder Klebrige ab. Die blumigen Noten (Enzian) und die synthetischen Beigaben (Cashmeran und Moschus, die hier offenbar höchst zurückhaltend eingesetzt werden und mitnichten in den Fluffpuff führen) runden die Zitrik nur ab und geben ihr Tiefe und Originalität, ohne echtes Eigengewicht mitzubringen.

Insgesamt halte ich den Remix zwar nicht für einen Geniestreich wie den Anniversary-Remix. Trotzdem ist Nicolas Beaulieu, der nach zahlreichen eher preiswerten Designerdüften inzwischen immerhin auch einen Armani Prive in seinem Portfolio vorzuweisen hat, hier ein mehr als ordentlicher, ein schöner, gefälliger, runder bittersüßer Orangenduft gelungen, den alle Freunde dieser Richtung durchaus einmal nasal verkosten sollten.

Dritter Besuch im Colognisten-Cafe.
Blog wurde aktualisiert.
27 Antworten
FvSpee vor 3 Jahren 32 18
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Flakon
4
Sillage
1
Haltbarkeit
7.5
Duft
Im Colognisten-Café: Limettensorbet
Die seit 1923, also fast so lange wie die moderne Türkei, bestehende Firma Eyüp Sabri Tuncer vertreibt neben diversen Pflegeprodukten auch eine enorme Menge an Kolonyas. Das Sortiment ist ein wenig unübersichtlich aufgebaut. Im Kern lassen sich zwei Serien identifizieren: Eine mit einem etwas verspielten, vintage-mäßigen Flakondesign und Duftnamen, die sich meist auf Stadtteile und Sehenswürdigkeiten in Istanbul beziehen. Und diese hier mit einem eher sachlichen Design und (meist) ebenso schlichten Namen. (Ganz so einfach ist es aber nicht, es gibt auch allerlei Überschneidungen und Unklarheiten, z.B. scheint es in beiden Serien einen Duft "Weißer Tee" und "Tabak" zu geben).

Die "schlichte Reihe", zu der dieser Duft gehört, wartet mit einer wenig überzeugenden Traditionszitrone (Klasik Limon) auf, die an Erfrischungstücher vom Wienerwald erinnert, dazu auch mit einem Cool-Water-Verschnitt (Okyanus), einer Lavendelvariante (Lavanta), einem weißen Tee (Beyaz Cay, habe ich schon kommentiert) und mehreren Düften, die nicht colognetypisch sind, wie Kirschblüte oder Amber. Meine Favoriten aus dieser Reihe sind Tütün, eine bei türkischen Kolonyas offenbar sehr beliebte Richtung (Variation auf Tabac Original), Bodrum Mandalinasi (ein Mandarinenduft) und dieser Duft hier, Çeşme Limonu, die Zitronen aus Çeşme.

Was das besondere an den Zitronen aus Çeşme ist, weiß ich nicht. Çeşme ist jedenfalls ein kleines Städtchen an der türkischen Ägäis in der Nähe von Izmir und wohl ein ziemlich mondäner Badeort. Der Begriff bedeutet "Brunnen", denn die Stadt soll seit jeher besonders viele davon gehabt haben.

Auch Çeşme Limonu ist ein ganz simples, unprätentiöses Gebrauchskolonya mit entsprechend niedriger Haltbarkeit und Sillage, sein Duft ist aber ungleich schöner und auch ein wenig komplexer als z.B. der von Klasik Limon. Hier stehen die herbgrünen, ein wenig bitteren Noten der Zitrone im Vordergrund: evoziert wird am ehesten das Bild einer abgeriebenen grünen Limettenschale - das allerdings gezuckert, denn ein kräftiger Schuss Süße ist auch dabei.

Insgesamt ein einfaches, schnelles und preiswertes grün-limoniges Vergnügen.

die Rezension ist die Neuauflage eines vier Jahre alten Kommentars, den ich nach Verbrauch eines Pröbchens geschrieben hatte, inzwischen habe ich auch einen ganzen Flakon durch, allerdings meistens nur zum Desinfizieren der Hände.

Zweiter Besuch im Colognisten-Cafe.
Die Liste im Blog wurde aktualisiert.
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