KJV

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1 - 5 von 6
KJV vor 2 Jahren 53 9
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Flakon
8
Haltbarkeit
9
Duft
Weniger ist Meer
Als 1988 "Cool Water (Eau de Toilette) | Davidoff" auf den Markt kam, wurden wir mit Bildern fast nackter, braungebrannter, muskulöser Männer geradezu geflutet, in der Kinowerbung, in den Zeitschriften, ja sogar im Fernsehen (!) sprangen sie bildgewaltig von Klippen, tauchten ein in überschäumende türkisblaue Fluten, durchpflügten strahlendblaue Wellen und erhoben sich wie Aquaman aus dem kühlen Nass, diamantengleich schimmernde Wassertropfen verspritzend...
Das war neu und schlug ein wie eine Arschbombe (sorry, den konnte ich mir nicht verkneifen).

Olfaktorisch sozialisiert von einer Omi, die exklusive Blumen- und Lederdüfte liebte und einer Mutter, die zu der Zeit vorwiegend die damals beliebten schweren Orientalen trug (aber auch den einen oder anderen klassischen Grünling im Schränkchen hatte) und die beide keinerlei Hemmungen hatten auch Herrendüfte zu tragen MUSSTE ich den Duft testen...
Und war natürlich bitter enttäuscht.
Das roch vor allem sehr künstlich-chemisch (heute würde man sagen "synthetisch") und irgendwie stechend.
Und es roch vor allem nicht nach Meer.
Damit war dann das Thema Aquaten für sehr lange Zeit für mich erledigt.

Und dann kam Parfumo... :-)
...
Während meine Sammlung über die Parfumo-Jahre zusehends Gestalt annahm und immer besser meine olfaktorischen Gelüste abdeckte, wurde mir klar dass das Thema Aquaten damit nicht erledigt sein konnte. Und fing an zu testen. Nur:

Wie riecht denn "Meer" für mich?
Und will ich so riechen?

Schnell war klar dass es mir dabei nicht um Sandstrand und Sonnencreme geht, auch nicht um Cocktails an der Strandbar, schon garnicht um Obstsalat. Meer riecht nicht nach "Batida de Coco"-Werbung. Da ist ja nicht mal Salz drin.

Meersalz ist natürlich eine Duftnote die im "Geruch nach Meer" unbedingt drin sein muß! Nur wie simuliert man diese Duftnote wenn reines Salz nach garnichts riecht?
Das schreit nach Algen...

Algen waren die härteste Prüfung für mich. Nicht dass ich diesen Geruch nicht kennen würde, sogar von gleich mehreren Weltmeeren, so ein bisschen bin ich ja doch auch rumgekommen. Ganz unschön riechen vor allem angeschwemmte Algen mit Moderfisch drin, egal ob am Bodensee oder auf Tahiti, im Hafen von Bergen oder auf einer Kykladeninsel, ob am Malibu Beach oder im Freibad von *passiertniemalsnichtnirgendwo*... oops, das war was anderes was da angeschwemmt wurde...

Nach Schwimmbad riecht Meer ganz sicher nicht, das sag ich mal so als ehemalige Leistungs-Schwimmerin die so einige Schwimmbäder kennengelernt hat inklusive Wettkampf-Begleitgerüchen. Lavit, hauteng anliegende Plastik-Badekappen, Fußpilz-Spray und Zitrus-Reinigungsmittel müssen es dann bitte nicht auch noch sein, der Chlorgeruch ist schlimm genug. Schwimmbadgeruch kombiniert mit Cocktailbar und Batida ist hart am Würgereiz. Oder drüber.

Lieber zurück zu den Weltmeeren an die mediterranen Küsten! Ja, doch, Kräuter mag ich. Sehr sogar. Sogar in Parfum! Und auch den Duft der wunderbaren Bäume...
Mit sowas wie "Pinienwald an der Küste der Toskana" oder "Korsische Macchia an der Felsküste" oder "Zedern bei Taormina" kriegste mich, da tun sich Bilder vor mir auf. Von wunderschönen Landschaften.
Aber nicht vom Meer.

Ähnlich ist es mit den Blümchen. Sie mögen noch so gerne ihre Duftbotschaften auf den Schwingen einer vermeintlichen "Meeresbrise" verbreiten, sie bleiben Blümchen und wachsen halt mal nicht im Meer. OK, auf die Algen will ich jetzt auch lieber nicht wieder zurückkommen... :-)

Das mit der Meeresbrise, das ist aber dann doch interessant für mich. Meeresbrise und vor allem auch Gischt und Felsen - da kommen wir der Abteilung "Meer" in meiner kleinen selbstgebastelten Geruchsbibliothek im Hirn dann schon näher...

"Eau des Merveilles Bleue | Hermès" hab ich mir blind gekauft weil ich über mehr als ein Jahr keine Probe auftreiben konnte. Und es war - maritim gesprochen - "Treffer versenkt".
Jetzt gibt es in meiner Duftgarderobe (die eigentlich nicht größer werden sollte) einen festen Platz für einen sogenannten "Aquaten". "Eau des Merveilles Bleue | Hermès" trifft fast genau auf den Punkt das, was ich mir unter einem Meeresduft vorstelle - in meinem Statement schrieb ich "Keine Sonnencreme, kein tropisches Fruchtgedöns, kein exotisches Geblümele - nur Meer, Gischt und Minerale - ganz ohne Algenmuff. Perfekt!" und je länger er in meinem Repertoire steht desto mehr wächst er mir ans Herz, ich bin geradezu verliebt.
Direkt unter der eigenen Nase erscheint er fast unscheinbar - tatsächlich ist er aber einer der wenigen Düfte auf die ich schon mehrfach positiv angesprochen wurde (was mir selten passiert), er scheint eine sehr angenehme Aura um einen zu entwickeln wenn ich dem Feedback glauben darf. Auf Textilien hält er ewig...

Wer Meer will und mehr braucht als "Eau des Merveilles Bleue | Hermès" der möge wahlweise ein Tröpfchen Caipi, Batida, Alge, gammliges Fischernetz, Chlor, Kräuter, Blümchen whatever layern, ich bin überzeugt das funktioniert super mit diesem Duft.

Aber weniger ist Meer.
Find ich.
Und das kann "Eau des Merveilles Bleue | Hermès".



9 Antworten
KJV vor 2 Jahren 7 10
8
Flakon
8
Haltbarkeit
9.5
Duft
Das Chamäleon
"Sparkling Sand" von Jacques Zolty war einer der ersten Düfte die ich mir auf die Merkliste gesetzt hatte, nachdem ich mich Anfang 2018 hier bei Parfumo angemeldet habe.
Bis ich ihn dann tatsächlich auch mal unter die Nase bekam vergingen 2,5 Jahre...
Ich wußte nicht mal mehr warum ich mir den eigentlich auf die Liste gesetzt hatte und auch die Duftpyramide lag deutlich neben dem, was ich bis dato als meine Vorlieben erkannt zu haben glaubte (tatsächlich sind da gleich mehrere Duftnoten angegeben die mir eigentlich garnicht liegen).

Als ich ihn mir dann bei brüllend heißen Temperaturen im Sommer 2020 ohne große Erwartungen (Aprikose? Leder? wenige, und dazu noch extrem unterschiedliche Meinungen bei Parfumo?) erstmalig aufgesprüht habe, hat er mich völlig überraschend direkt sofort "gekriegt" und als dann auch noch ein gutes Angebot über den heimischen Bildschirm flimmerte konnte ich einfach nicht anders als mir direkt einen Flakon zuzulegen. Selten war ich so kurzentschlossen wie bei diesem Duft!

Ursprünglich als Sommerduft gekauft (als Abwechslung zu meinen ansonsten vorwiegend grün-frischen Sommer-Freshys) - ein Job den dieser Duft übrigens ganz hervorragend macht - hat mich der Duft in den folgenden bisher rund 1,5 Jahren über alle Jahreszeiten hinweg begleitet und immer wieder mit neuen Facetten fasziniert und überrascht.

Wer jetzt hofft ich könnte hier die Zusammensetzung und die einzelnen Duftnoten aufschlüsseln und analysieren, den muß ich leider enttäuschen - ich kann es immer noch nicht.
Dabei hat sich dieser Duft längst bei mir zu einem All-time-Favourite gemausert - ein "Immergeher" der immer besonders und immer ein bisschen "anders" ist, der sich zu jeder Jahreszeit und zu jedem Anlass sehr gut tragen lässt dabei aber den Spagat schafft einerseits gefällig und andererseits immer "unique" zu sein.

Ich versuche es garnicht erst mich entlang der Duftpyramide durch diese Rezension zu hangeln - zwar habe ich seit meiner Anmeldung bei Parfumo wirklich sehr viel gelernt, meine Nase auch durchaus erfolgreich "trainiert" und gelernt meine Dufteindrücke immer besser in Worte zu fassen (klar, da geht noch deutlich mehr), aber "Sparkling Sand" entzieht sich all dem einfach, denn er ist definitiv ein Chamäleon!

Zwischendurch hatte ich auch mal eine Phase (oder war's nur das Wetter? oder meine Laune?) in dem mir eine Bittermandel-Note bzw. Marzipan-Note in die Nase stieg die ich garnicht mochte (und die ich aktuell am ehesten mit dem Aprikosen-Kern in Verbindung bringen würde), aber auch diese winzige "Störnote" hat sich in meinem kleinen "Duft-Universum" längst relativiert.

Allen, die diesen Duft nur einmal getestet haben möchte ich dringend ans Herz legen diesen Duft nochmal ausgiebig zu testen - es könnte sein dass Euch dieses Chamäleon zu einer anderen Jahreszeit bei einer anderen Laune von hinten durch die Brust ins linke Auge komplett erwischt.

Der Name täuscht, wer einen Sandstrand-Sonnencreme-Duft erwartet wird enttäuscht sein, auch wenn der Duft ganz hervorragend zum Zolty-typischen lässigen hellen Leinenanzug mit Panama-Hut passt. Und entgegen dieser Assoziation ist der Duft definitiv unisex, nicht nur weil helle Leinenanzüge auch an Frauen toll aussehen.

Bei mir eine ganz große Duftliebe! Immernoch!
Und ich bin gespannt was wir beide noch miteinander erleben, denn ich bin sicher er wird mich auch weiterhin immer mal wieder überraschen und sich mir auf ganz neue Art präsentieren.

Ach ja, die Haltbarkeit ist selbst bei brüllend heißen Temperaturen hervorragend, der Flakon ist funktional und handlich, Magnet-Verschluß, kein Design-Highlight in meinen Augen (aber da ist mein Geschmack auch sicher kein Maßstab), das aktuell auf Parfumo gezeigte Foto davon stimmt nicht, die Flüssigkeit ist deutlich dunkler.
10 Antworten
KJV vor 3 Jahren 16 7
6
Flakon
9
Haltbarkeit
8.5
Duft
Times are changing...
Rund zwei Jahre ist es her dass ich bei einem AF-Kauf im Souk beim Durchstöbern des weiteren Angebots "Buddha Wood" sozusagen als "Beikauf" mitgenommen habe, der Name gefiel mir, Moleküldüfte fand ich spannend, Sandelholz (so dachte ich damals) geht immer, also warum nicht?
Alsdann, druff damit auf die Haut, aber nein, das war nicht "mein" Sandelholz, zu synthetisch, irgendwie säuerlich... Nö, muß nicht sein. Und so verschwand die AF im Pröbchen- und AF-Gewimmel in den Tiefen meines Parfümschränkchens.
Damals.

Neulich abends entschloß ich mich endlich mal ein bisschen auszumisten, alles kam auf ein großes Tablett um den Wust an Pröbchen und Abfüllungen in aller Ruhe am großen Tisch im Wohnzimmer zu sortieren, meine Aufzeichnungen zu prüfen, meine Listen und Ordner zu aktualisieren und Überflüssiges zu selektieren um es demnächst per Verlosung dem allgemeinen Parfumo-Kreislauf zuzuführen...
Und da gerät mir die "Buddha-Wood"-AF in die Finger. Nein ich hab nicht gesprüht, nur am Sprüher gerochen, aber irgendwie kam eine winzige Menge davon an meine Finger.
Und ich war geflashed. Aber sowas von!
Die Nacht verbrachte ich mit den Fingern in der Nase. OK, nicht ganz, aber ich kam einfach nicht los von diesem Duft...

Entsprechend stand am nächsten Tag ein Volltest an.
Was haben wir da eigentlich?
Einen Duft aus einer dänischen Manufaktur für Molekül-Düfte. OK, Molekül-Düfte kenn ich ja schon ein bisschen, das berühmt-berüchtigte "Molecule 01" von Escentric Molecules steht als AF in meinem Schränkchen, angeschafft um ein bisschen damit herumzuspielen, letztendlich fand ich's aber dann doch recht langweilig, für sich alleine eher blass und als "Geruchsverstärker" kam's mir eher wie Glutamat im Essen vor. Kann man machen, kann man aber auch lassen, ich brauch's nicht.
Und was spricht der Kreateur von "Buddha Wood"?
Ahja, Duft entwickelt sich erst auf der Haut des Trägers, individuelle Aura, ganz eigene Duftsignatur jedes Individuums usw... bla bla bla... alles schon mal gehört, Molekül-Duft halt, Synthetik pur.

Ich hab ja nun eigentlich nichts gegen Synthetik, ich bin mir längst bewußt dass sich nicht mal in den Flakons derjenigen, die immer großartig mit "natürlichen Duftstoffen" Werbung machen, tatsächlich nur die reinsten natürlichen Essenzen befinden. Und natürlich weiß ich auch dass viele "synthetische Duftstoffe" reiner und klarer daherkommen als die Original-Essenzen, und Reinheit und Klarheit mag ich eigentlich immer sehr. Tatsächlich ist es mir sogar egal ob ein Duft synthetisch erzeugt wird - Hauptsache er riecht gut an mir.
Synthetik hat durchaus auch Vorteile, Zarkoperfume streicht sie heraus in dem ausdrücklich betont wird dass die Düfte 100% tierversuchsfrei sind, 100% vegan, nachhaltig und ressourcenschonend. Das ist mir sympathisch. Dass synthetische Duftstoffe für empfindliche Haut und Allergiker besser geeignet wären als natürliche ätherische Öle nehme ich zur Kenntnis, da ich so gut wie garnicht betroffen bin gibt's dafür aber keinen Extra-Punkt.

Genug der Theorie - wie duftet er denn nun, der Molekül-Duft, genauer: Wie duftet er an mir?
Was hatte ich mir vor zwei Jahren notiert? Wie habe ich den Duft damals kommentiert?
"Säuerlich-synthetisch-fluffig" schrieb ich damals, und dass es nicht "mein" Sandelholz sei.
Und heute, nach etlichen getesteten Sandelholz-Düften ohne "mein" Sandelholz gefunden zu haben?
"Synthetisch-fluffig", jawoll, und ich liebe es! Das strahlt, das flirrt, flimmert und glänzt, ich find's umwerfend! Keine Entwicklung schrieb ich vor zwei Jahren. Stimmt. Aber das muss sich auch garnicht großartig entwickeln, denn wie beim Iso-E-Super nehme ich es in wiederkehrenden Wellen wahr die mich umspielen, und ich mag diesen Effekt. Dabei ist es wirklich stark, obwohl ich nicht viel gesprüht habe fühlt es sich an als umgäbe mich eine wunderbare Wolke aus reinstem, hellem, lieblichen Sandelholz, ganz so als käme ich gerade aus einem buddhistischen Tempel in dem ich per Meditation wieder eins geworden bin mit dem Universum. Ich schwebe! Einfach schön...

Und was war jetzt mit diesem säuerlichen Unterton der mich damals gestört hat?
Den nehme ich heute so nicht mehr wahr, ob's daran liegt dass sich meine Nase, meine Wahrnehmung und Empfindung mit den vielen Tests weiterentwickelt hat? Da ist etwas neben dem Sandelholz, ganz klar - aber ich kann's nicht definieren, am ehesten geht es tatsächlich in eine obstige Richtung die ich aber nicht wirklich benennen kann, sogar schön finde obwohl Fruchtiges in Düften mir nur selten gefällt. Ich bin begeistert.

Nur mal so (hahaha!) schau ich bei Idealo vorbei, nur mal gucken was der so kostet... Ein orangenes "Sale" blinkt mich an. Vorsehung? Muss wohl so sein...
Mein Klickfinger schwebt rund eine Stunde überm Warenkorb während die Schwäbin in mir herumquengelt und lästige Fragen stellt. Letztendlich zuckt er - keine Sekunde zu spät, denn aus den 55% sind längst wieder nur 12% geworden während der Duft schon in meinem Warenkorb lag...

Vorhin kam die Mail dass mein Päckchen abholbereit im Paket-Shop liegt.
Jetzt steht er vor mir, in seiner weißglänzenden Pappröhre aus Recycling-Material, die ganze Aufmachung finde ich sehr schön, Form und Design gelungen auch wenn die Kappe nicht ganz mit dem ansonsten wertigen Eindruck mithalten kann.
Ich bin glücklich - und wenn ich gleich auch noch geknipst und gewogen habe werde ich wieder diesen wunderbaren Duft auflegen und den Rest des Tages in Einheit mit dem Universum vor mich hinschweben...

*

Nachtrag:
Meine Bewertung des Flakons muss ich bei näherer Betrachtung allerdings nach unten korrigieren.
Form und Design find ich sehr gelungen - die Verarbeitung leider weniger, dass es eine Pressnaht im Glas gibt hätte z.B. nicht sein müssen, dass das Etikett ausgerechnet da aufgeklebt ist betont das leider noch.
Da hätte ich doch ein bisschen mehr erwartet. Dem Duft tut das natürlich keinen Abbruch, aber es ist ein bisschen schade.



7 Antworten
KJV vor 4 Jahren 17 10
8
Haltbarkeit
9
Duft
Kristallklarer Bergsee
Das Enzianwasser hat mich sofort zurückgebeamt an die kristallklaren Bergseen meiner Kindheit. Mein Vater war leidenschaftlicher Bergsteiger und so haben wir schon als Kinder Bergwanderungen bis in beträchtliche Höhen gemacht, in Berghütten in Matratzenlagern geschlafen und tatsächlich auch in solchen eiskalten Bergseen gebadet.
Ich rieche reine, klare Bergluft - und glaube endlich zu verstehen was mit "ozonisch" gemeint ist.
Vielleicht finde ich "meinen" Aquaten oben in den Bergen?
Und was hat der Weihrauch damit zu tun, woher kommt dieses strahlend-leichte?

Ich bin schwer beeindruckt.
Von Klarheit.
Von Minimalismus.
Und davon dass dieser Duft mir gezeigt hat dass die Zeitmaschine "Duft-Erinnerung" auch umgekehrt funktionieren kann - also nicht nur wenn man einen Duft aus vergangenen Zeiten riecht sondern auch wenn ein moderner Duft den Daumen auf genau die richtigen Synapsen legt.

Ob man wirklich Enzian riecht? Ich kann's nicht beurteilen, der Enzian in unserem Garten riecht jedenfalls nach wenig bis garnichts.

Im Grünlings-Battle liegt das Enzianwasser auf jeden Fall sehr weit vorn - dabei gehört er nach meinem bisherigen Empfinden da garnicht hin sondern eher in die "blaue" Ecke.
Der Flakon ist schon von den Bildern her ein Traum.
Die Haltbarkeit übersteigt meine Erwartungen bei weitem - Bergseegeplätscher wallt auch noch nach 8-9 Stunden immer wieder auf.

Ob ich ihn tragen will?
Ob er ihn tragen soll?
Abfüllung muss her.


10 Antworten
KJV vor 4 Jahren 28 9
6
Flakon
9
Haltbarkeit
8
Duft
Geschwätz von gestern... oder die Ausnahme von der Regel?
Wie oft habe ich schon geschrieben dass ich um Neuauflagen der Duftlieblinge meiner Jugend einen großen Bogen mache, weil ich mir keine Erinnerungen kaputt machen lassen will?

Alles Geschwätz von gestern.
Gut getarnt in völlig neuem Outfit hat sich die Neuauflage von Magie Noire in unserem Kleinstadt-Müller auf mein Handgelenk geschmuggelt. Fragt mich nicht wie mir das passieren konnte, denn die Gebetsmühle die meine Lieblinge aus längst vergangenen Zeiten und die damit verbundenen Erinnerungen in meinem Hirn schützen soll rotiert eigentlich nach wie vor zuverlässig.
Eigentlich.

Und dann schmuggelt sich dieses Luder auf mein Handgelenk und der herb-dunkle Duft auf direktem Weg in mein Hirn und ich seh sofort den alten Flakon vor mir (den ich damals schon scheußlich fand), im Badezimmer meiner Eltern zu Zeiten zu denen ich noch nicht mal Teenie war. Zeitreise pur. Ich war noch nicht alt genug für diesen Duft, das musste meine Mutter mir garnicht erst sagen. Vielleicht ist es das, was mir den Duft ins Heute rettet - ich habe ihn selbst nicht getragen, im Gegensatz zu den Düften die "hip" waren als ich dann ein echter Teenie war wie Opium und Poison und mit denen ich dann vom Elternhaus getrennte eigene Erlebnisse hatte.

Ob ich ihn wiedererkannt habe?
Es fühlt sich mehr wie eine satte Ohrfeige an - dafür, dass ich diesen Duft vergessen konnte, dass mich nicht mal der Name hat stutzen lassen...
Die satte Ohrfeige hab ich mir verdient, denn Magie Noire beweist zumindest mir, dass es eben doch Neuauflagen gibt die es schaffen in meinem Hirn Bilder und Gefühle abzurufen, die ich nicht mehr in der bewussten Erinnerung habe.

Das war vor knapp einem Jahr. Nach dem heissen Sommer 2019 war's Ende September so weit dass ich mir einen besprühten Streifen mit nachhause genommen habe wo dieser dann schussligerweise im Nirvana zwischen Sofalandschaft und Wand verschwand und satte 2 Tage lang das Wohnzimmer beduftet hat bevor wir dann mal wieder Großreinigung gemacht haben und ihn im üblichen "schwarzen Loch" zwischen gefühlt Tausenden von Katzenspielzeugen herausgefischt haben. Er durfte dann andernorts weiterduften, und tatsächlich habe ich mir 13 Tage nach Sprühdatum (!!!) noch notiert dass der Streifen immernoch phantastisch duftet.
In meinen eigenen Notizen red ich zu dem Zeitpunkt immernoch auf mich ein dass es moderne, neue Düfte gibt und ich mich damit nicht aufhalten sollte, zumal ich zu der Zeit ja auch wirklich 'ne Menge exklusive Düfte zu testen hatte. Aber ich begann zu zweifeln, zumal mich viele "exklusive" Düfte tatsächlich enttäuscht haben und ich diese dunkel-herbe Kante noch nicht wiedergefunden hatte.

Der nächste Haut-Test war unumgänglich. Und wieder hat mich Magie Noire komplett abgeholt. Jetzt nicht mehr als Erinnerungs-Duft, vielmehr als Orientale mit Kante und dem klein bisschen Animalik das einen Duft erst so richtig erotisch macht. Was all die Pröbchen und Abfüllungen die ich zwischenzeitlich in der Richtung getestet hatte nicht erfüllen konnten - aber vielleicht war ich ja bei der Suche auch auf der falschen Spur?

Jetzt ist es soweit. Eine 10ml-Abfüllung ist bei mir angekommen und ich kann kaum die Finger davon lassen, obwohl die Abfüllung eher ein "Beikauf" war.

Um aus dieser rein emotionalen persönlichen Situationsschilderung jetzt noch einen einigermaßen anständigen Kommentar zu machen sag ich noch:
Ja, das ist ein "Wummser" alter Schule mit hoher Komplexität, vielleicht sogar ein typisches Beispiel für einen orientalischen Chypre (das zu beurteilen steht eher Chypre-Fans zu), die Animalik ist soft aber reizvoll, alles sehr schön austariert.
Haltbarkeit ist super, Sillage kann ich nicht beurteilen.
Auch für die aktuelle Version empfehle ich eine niedrige Dosierung - könnte am Arbeitsplatz immernoch einen Ticken zuviel Erotik versprühen.

Fazit: Toller Duft, auch in der Neuauflage. Dezent dosieren bitte - sonst wird's schräg bis billig.
9 Antworten
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