KnowThis30

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6 - 10 von 12
KnowThis30 vor 4 Jahren 9 1
8
Flakon
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Sillage
9
Haltbarkeit
10
Duft
Die gourmandigste Versuchung seit es Düfte gibt
Vorab, bevor ich diese Rezension beginne, möchte ich festhalten, dass sich mein Wissen um die indische Nachspeise Kulfi sehr in Grenzen hält. Bewandert über die Herstellung, die Historie und die verschiedenen Variationen hatte ich doch nie das Vergnügen eben jenes Dessert zu testen, werde also auch nicht in der Lage
sein zu bestimmen, inwiefern die Herznote tatsächlich dem Dessert Kulfi ähnelt.

Dieses vorweg genommen, habe ich vor meine Rezension in folgende Kriterien zu unterteilen und mit einem kleinen Fazit enden zu lassen: Duft (Kopf-, Herz- und Basisnote), Sillage, Projektion, Einsatz, Flakon, Preis, Vergleich.

Duft:
Anders als sich vermutlich annehme ließe, ist Tom Ford's Noir Extreme nicht der überborden süße Gourmand für den man ihn aufgrund seiner Duftnotenpyramide zuerst halten könnte. Nicht, dass hier Missverständnisse oder Fehlinterpretationen aufkommen: Noir Extreme ist noch immer süß, vermag es jedoch zu keinem Zeitpunkt - das klassische Problem des Übersprühen wird hierbei vollkommen außer Acht gelassen - erdrückend zu wirken.
Ganz im Gegenteil! Die Süße hält sich angenehm klassisch im Hintergrund und vermischt sich harmonisch mit den floralen und zitrischen Komponenten der Herznote, wobei insbesondere - für meine Nase - die Rose hier als gut bemerkbar hervorgehoben werden muss.
Doch selbst jene Würze aus der eigentlich nach wenigen Minuten verschwundenen Kopfnote scheint es mit in den Herzbereich des Duftes zu schaffen. Ob diese jedoch tatsächlich aus den enthaltenen, aber flüchtigen Gewürzen
wie Safran und Muskat, oder aber aus der maßgeblichen Kulfi-Note stammen, ist schwer festzustellen - beides scheint jedoch möglich.
Und während die Kopfnote wie bereits erwähnt nach wenigen Minuten verschwindet, haftet die Herznote mit ihrem Mix aus süßen, floralen und würzigen Komponenten ca. 1,5 - 2 Stunden, ehe sie angenehm abgerundet in eine sanfte Mixtur aus würzigem Sandelholz und sanfter Vanille abgleitet - süß zwar, aber auch sehr dezent zurückhaltend und mit 4 - 5 Stunden auf meiner Haut absolut ausreichend.

Sillage:
Kurz gesagt...die Sillage von Noir Extreme fällt auf! Nicht negativ, allerdings auch keineswegs positiv auf all jene, die unter Parfüms eher aquatische, hölzerne oder anderweitig zitrisch-frische Düfte verstehen und jeglichen Süßkram vermeiden - sei es auch nur jener für die Nase.
Der Rest des Umfeldes dürfte in froher Erwartung der vertrauten, aber - durch den Einsatz des Kulfi - dennoch andersartigen Komposition frohlocken. Noir Extreme ist kein Duft der - angemessen aufgetragen - einen Raum füllen kann, jedoch scheint er immer anwesend zu sein, sich dezent im Hintergrund haltend. Richtig verwendet
dürfte es vermutlich keinen Menschen geben, der sich an diesem Duft stört.

Projektion:
Von der bereits nach wenigen Minuten verschwundenen Kopfnote einmal abgesehen, projiziert Noir Extreme seinen Duft gemäßigt.
Dies sollte jedoch nicht falsch verstanden werden: Noir Extreme ist keineswegs schwach auf der Brust, scheint jedoch mehr den Plan zu verfolgen andere Menschen zu sich zu locken, statt sie wie manch andere Vertreter bereits auf vielen Metern Entfernung gegen eine olfaktorische Wand rennen zu lassen.
Weder zu schwach noch zu stark wandert Noir Extreme über den Großteil seiner Lebensdauer geschickt auf dezent mäandernden Pfaden.

Einsatz:
An diesem Punkt dürften sich die Geister vermutlich scheiden. Für meine Nase handelt es sich bei Noir Extreme um einen Ganzjahresduft, an dessen Benutzung lediglich die angemessene Anzahl von Sprühstößen gekoppelt sein sollte. Wie immer gilt: Je wärmer desto weniger Sprühstöße, und wer kein Problem damit hat aufzufallen ignoriert selbigen Hinweis einfach. Auch im Büro kann dieser Duft aufgrund seiner dezenten Süße und der einsetzenden hautnahen Wahrnehmung gut getragen werden.

Flakon:
Die Form des Flakon ist eher klassisch quadratisch gehalten. Die Ecken sind angenehm abgerundet, die Initialen von Tom Ford sind sowohl dezent an den dunklen Seiten, als auch prominent auf dem Deckel vertreten und der Füllstand des Inhalts kann - insbesondere gegen das Licht gehalten - gut entnommen werden. Auch die Farbkombination aus seinem schwarz/braun dunklem Glas, sowie der goldenen Schrift und Deckel weiß zu gefallen. Im selbigen Farbton ist zudem auch der Sprühkopf im Inneren gehalten, wo dieser annehmbar seine Aufgabe wie gewünscht verrichtet, jedoch zu keinem Zeitpunkt an die Produkte aus dem Hause Dior oder Chanel heranreichen kann.
Wenn es denn überhaupt einen Grund zur Beschwerde gäbe, so wäre es vermutlich der Deckel selbst.
In wie weit man die Konstruktion und das Design eines Flakons in die Bewertung eines Duftes mit einfließen lassen will, soll jeder für sich selbst entscheiden. Dennoch kann ich durchaus nachvollziehen, dass - gerade in Anbetracht des Preises, zu dem wir jeden Augenblick kommen - viele diesen als wenig wertig betrachten. Die Farbe ist stimmig und die geriffelte Oberfläche passt in das gesamtheitliche Designkonzept des eigentlichen Glasflakons! Dennoch wirkt der Deckel gerade aufgrund seines geringen Gewichts und seiner Kunststoffoberfläche auf der Innenseite recht "billig".

Preis:
Wie man den Preis betrachten will, hängt sehr von der eigenen Ausgangsposition ab: Kommt man aus der Ecke der Nischendüfte bzw. der Private Blends aus dem Hause Tom Ford, so handelt es sich bei Noir Extreme um ein durchaus akzeptables Preis-/Leistungsverhältnis.
Betrachtet man das Ganze jedoch von Seiten der überall erhältlichen Designer, so bewegt sich dieser Duft definitiv am oberen Ende der Preisskala. Die gute Haltbarkeit und der doch recht eigene bzw. selten bis nie anzutreffende Duft können den angesetzten Preis zwar rechtfertigen, um einen günstigen Einkauf handelt es sich hierbei jedoch keineswegs!

Vergleich:
Einen direkten oder nahen "Klon" besitzt Noir Extreme meines Wissens nicht, wenn auch ich den hier angegebenen "Masculin 2 Gold Fever" von Bourjois nie testen durfte. Er ist definitiv süßer als das "Noir pour Femme" - von dem er sichtlich inspiriert wurde, und nicht von den anderen "Noir's" aus der Reihe der Herrendüfte.
Die Mandarine der Kopfnote lässt sich zu keinem Zeitpunkt der Dauer mit jener von Chanels "Allure Homme Sport Eau Extrême" vergleichen - vielmehr wirkt sie würziger denn frisch.
Und wer wissen will, in wie weit ihn die Vanillenote der Basis stören könnte, der stelle sich eine Qualität von Tom Fords "Tobacco Vanille" und eine leicht gedämpfte Ausstrahlung von Armanis "Code Absolu pour Homme" vor.

Fazit:
Für wen also ist Tom Ford Noir Extreme der richtige Duft? Keineswegs für Sparfüchse, so viel sei gesagt. Wenn auch kein hochpreisiger Nischenduft à la Parfums de Marly oder Roja, so handelt es sich hierbei ebenfalls auch nicht um eine Preiskategorie in der sich Standarddüfte von Versace und Co. aufhalten. In meinen Augen den Preis zwar wert, muss diese Frage jedoch jeder für sich selbst entscheiden.
Auch Verfechter der aquatischen, frischen oder holzigen Kategorien werden bei diesem Duft nicht fündig. Wer jedoch den Preis nicht scheut oder anderweitig günstiger ein Schnäppchen ergattert und süß-gourmandigen Düften mit einzigartigen bzw. seltenen Duftnoten etwas abgewinnen kann, der wird mit Noir Extreme glücklich!
Wenn auch nicht vom Preis, so ist Noir Extreme doch durchaus ein Duft, der in entsprechend angepasstem Flakon problemlos und ohne Kritik oder Veränderungen in den Bereich der Private Blends einziehen könnte.
1 Antwort
KnowThis30 vor 4 Jahren 26 6
9
Flakon
6
Sillage
7
Haltbarkeit
8.5
Duft
Duftende Kunst für den schmalen/passenden Geldbeutel
Bevor ich mit meiner Rezension für "Moustache" von Rochas beginnen möchte, ist es mir wichtig klarzustellen, dass ich vom Duft "Le Vestiaire - Tuxedo" von Yves Saint Laurent - welcher in den wenigen vorhandenen Online-Rezensionen immer wieder als Vergleich herangezogen wird (angeblich ca. 80-90% Ähnlichkeit) - keinerlei Kenntnis besitze!

So...dieses kleine Detail aus dem Weg geräumt, habe ich nun vor meine Bewertung an folgenden fünf Kriterien festzumachen: Duft, Sillage, Performance, Flakon, Einsatzmöglichkeiten und Preis.

Duft:
Eröffnend mit einer ordentlichen Prise des rosa Pfeffer, vermag es der Duft zwar nicht mir die Mandarine so prominent und süß zu vermitteln wie z.B. Chanels "Allure Homme Sport Eau Extrême", jedoch glaube ich mir zumindest einzubilden, dass diese den Duft des Pfeffers ein wenig zähmt und bändigt. Andere Düfte, welche ebenfalls den rosa Pfeffer in der Kopfnote tragen, wirken hier auf mich sehr viel kräftiger. Allem in allem hält die Kopfnote jedoch nur wenige Minuten, geht anschließend relativ unbemerkt in die Herznote über und dürfte somit niemanden stören.
Wie bereits in meinem Statement geschrieben, ähnelt die Herznote - für mein Empfinden - stark der Herznote von Givenchys "Gentlemen Only" aus dem Jahr 2013. Beide bestehen zum größten Teil aus Zeder, tragen drumherum jedoch gänzlich andere begleitende Stoffe. Während Givenchys Duft mittels Vetiver für eine eher stechende Holznote sorgt, wirkt diese bei "Moustache" durch die eingesetzte Rose runder und weicher. Als würde man am selben Stück Holz riechen, beim "Moustache" jedoch aus größer Entfernung, was den Eindruck weniger drückend aber dafür stimmiger macht. Der Duft nach Zeder geht zwar anschließend noch eine Weile mit in die Basisnote über, die Herznote verlässt die Haut hingegen nach rund 1,5 - 2 Stunden.
Anders als zuerst vermutet, hält sich die Süße des Duftes selbst in der Basisnote mit seinem Patchouli und dem vanilleartigen Duft des enthaltenen Benzoe dezent zurück. Ja, "Moustache" endet durchaus in mehreren süßlichen Varianten, vermag es jedoch zu keinem Zeitpunkt mit dieser Süße überladen zu wirken, zügelt die verbliebene Zeder - wenn auch nur noch schwach wahrnehmbar - diese doch zu jedem Zeitpunkt. Und auf diese Weise verbleibt der Duft dann auch ohne jede weitere Entwicklung, ehe er die Haut nach weiteren ungefähr 2-3 Stunden endgültig verlässt.

Sillage:
Was die Sillage betrifft, so spielt der Duft diese Stärke insbesondere in der Herznote und beim Übergang in die Basis wunderbar aus. Die angenehme Holznote, verbunden mit einer langsam einsetzenden Süße sorgt dafür, dass man eine ausreichende und wahrnehmbare, jedoch niemals erdrückende Duftspur hinterlässt. Lediglich der Pfeffer in der Kopfnote könnte bei manch einem für ein kurzes Zucken mit der Nase sorgen, jedoch dürfte diese für alle anderen aufgrund ihrer kurzen Anwesenheit bereits längst verflogen sein. In der Basisnote und damit am Ende seiner Lebensdauer wird "Moustache" ein sehr eng anliegender "Skin-Scent", ist außer für die tragende und sehr nahe kommende andere Personen also kaum noch zu bemerken.

Performance:
Beim Thema der Ausdauer scheint es sehr geteilte Meinungen zu geben. Während "Moustache" auf meiner Haut nach rund 5 Stunden verschwindet, so soll er dennoch - zumindest laut den Online-Rezensionen - bei manch anderer Person problemlos 8 Stunden und länger durchhalten. Durchaus nicht schlecht, wäre in diesem Punkt meiner Meinung nach das größte Verbesserungspotential enthalten, zumal es sich bei diesem Duft um eine Eau de Parfum-Konzentration handelt.

Flakon:
Hier spielt "Moustache" bzw. Rochas mit den ganz Großen der Duftinduestrie problemlos mit bzw. überflügelt diese sogar noch. Der Flakon wirkt wertig und stabil, hat einen gut funktionieren Sprühkopf und eine (zumindest dem Gewicht nach) hochwertige Kappe aus Metall. Trotz oder vielleicht wegen der geriffelten Oberfläche des Glases liegt der Flakon (in allen Größen) sicher in der Hand. Die Optik (in meinen Augen schön anzusehen) ist hingegen wie immer Geschmackssache, lässt sich doch eine gewisse Reminiszenz an vergangene Zeiten - das ursprüngliche "Moustache EDT" stammte aus dem Jahr 1949 - nicht verleugnen.

Einsatzmöglichkeiten:
Dank der doch eher moderaten Süße dieses Duftes und der im allgemeinen eher zurückhaltenden Projektion (das Thema "Übersprühen" wird hierbei nicht berücksichtigt), kann "Moustache" sowohl wunderbar in der Freizeit, wie auch im Büro oder ähnlichen Lokalitäten eingesetzt werden. Auch der Einsatz in den verschiedenen Jahreszeiten (wovon ich ohnehin nichts halte - über einen guten Duft wird man sich nie aufgrund des gerade herrschenden Wetters beschweren) ist problemlos möglich. Wenn überhaupt gilt: je wärmer, desto weniger Sprühstöße sollten aufgrund der Süße eingesetzt werden.
Auch was das Alter der tragenden Person (und ja, auch diese Kategorisierung halte ich für Nonsens) angeht, sollte diesem Parfüm keine Grenze gesetzt sein. Lediglich den jüngeren Kandidaten unter uns sollte vor einem potentiellen Blindkauf gewahr sein, dass es sich bei "Moustache" um keinen - ich wiederhole: keinen! - Duft der Kategorie "Bleu" à la "Sauvage", "Bleu de Chanel" oder z.B. "Dylan Blue" handelt.

Preis:
Wenn man "Moustache" eines nicht vorwerfen kann, dann ist es wohl seine hervorragende Preispolitik bzw. das grandiose Verhältnis zwischen hochwertigen Duft, Flakongröße und Preis.
Genauso wie z.B. "Bentley for Men Intense" oder auch"Encre Noire" erhält man hier einen hochwertigen Duft mit einem mehr als großartigen Preisetikett, was einen so manches Mal wundern lässt, wie viel Aufschlag alleine der Firmenname manch anderer Marke kosten mag.
Allein zur Orientierung: ich konnte mir den 75 ml Flakon zu einem Preis von knapp unter 28 € sichern.

Fazit:
Für wen also ist "Moustache" der richtige Duft? In jedem Fall darf man keinen lauthalsen Marktschreier erwarten, der das Umfeld zudem noch durch seine Einzigartigkeit in den Bann schlägt. Auch einen Duft der den Großteil des
Tages problemlos durchhält ist hier (vermutlich) nicht zu finden. Viel eher handelt es sich bei "Moustache" um ein dezentes - in manchen Momenten sehr ruhiges -, leicht an alte Zeiten erinnerndes Parfüm, welches im Vergleich zu seinem Eau de Toilette aus dem Jahre 1949 (bzw. der neuen Variante "Moustache Original 1949" von 2018) jedoch weitreichend verändert bzw. an heutige Nasen angepasst wurde um nicht altbacken zu wirken.
6 Antworten
KnowThis30 vor 4 Jahren 13 1
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Flakon
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Sillage
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Haltbarkeit
8
Duft
Eine süß/crèmige(!) Freude(?)
Da ist er also! Flanker Numero 12 in der Duftreihe der Herren (sofern man die Shave-Lotionen, die Limited-Editions und die mehrfachen Interpretationen der "Summer pour Homme"-Editionen nicht mitzählt)! Bevor ich jedoch mit meiner Bewertung und Meinung zu diesem Duft beginne, halte ich es für angebracht zusätzlich noch zu erwähnen, dass die folgenden Zeilen von jemanden geschrieben werden, der ein bekennender Fan des ursprünglichen (und einiger seiner Nachfolger) Armani Code war - aufgrund der Reformulierung und Haltbarkeit nur "war" - und somit
keinesfalls unvoreingenommen über diesen Duft schreiben kann und will.

Womit aber fange ich an? Wie einen Duft beschreiben, der gleichzeitig begeistern und enttäuschen kann? Der mit seinem Erscheinen eine allseitsbekannte bekannte Parfümreihe keineswegs nutzlos bereichert, dabei jedoch auch so gut wie keinerlei neue - oder zumindest unerwartete - Akzente setzt?

"Flakon":
Machen wir es uns also vorab ein wenig einfacher und beginnen mit der Beschreibung des Flakon! Hochgewachsen (je nach georderter Größe) und dank seiner schlanken Form wenig Grundfläche inmitten der Sammlung beanspruchend, liefert Giorgio Armani altbekanntes farblich neu arrangiert. Noch immer von der Silhouette eines Anzuges inspiriert, wurde für den eigentlichen Glaskörper eine champagnerartige Farbe verwendet - mancher würde mit der Farbe eventuell auch Verknüpfungen zur Bezeichnung "Crèmefarben" herstellen.
Der Flakondeckel wiederum besitzt die leidige Eigenschaft nur bei einigermaßen exakter Ausrichtung einzurasten". Hierzu eine kleine Vorwarnung durch Erfahrungen beim "Code Profumo", welches dasselbe Schließsystem besitzt: mag der Deckel anfangs noch fest und sicher halten, verliert das Schließsystem im Laufe der Zeit seinen Halt und sollte nicht mehr ausschließlich am Deckel angehoben werden.

"Kopfnote":
Auch wenn ich die hier vermerkten Duftinhaltsstoffe Mandarine und Apfel durchaus bestätigen kann, möchte ich noch hinzufügen, dass diese meinem Empfinden nach kaum auseinandergehalten werden können! Die Kopfnote riecht in den ersten Minuten süßlich-frisch und vermag es sogar die später omnipräsente Tonkabohne kurzzeitig fernzuhalten. Wie an einem Korb voller aufgeschnittener Obstsorten zu riechen: selbstredend riecht man das fruchtige heraus, ist jedoch zu keinem Zeitpunkt in der Lage explizit auf eine dominierende Sorte zu verweisen - nichts sticht heraus, sondern fügt sich wunderbar harmonierend ineinander.

"Herznote":
Die Herznote ließe sich am besten wie ein Soft-Opening der Basisnote ohne einen der eigentlichen Hauptakteure beschreiben. In einem angenehmen Übergang verliert sich das fruchtige der Kopfnote und räumt der Tonkabohne und dem Muskat den benötigten Platz frei. Für die Dauer von einer bis eineinhalb Stunden wird man von einem angenehmen süßlichen (Tonkabohne) und leicht würzigen (Muskat) Duft umhüllt.
Was die enthaltenen Möhrensamen angeht, so kann ich nur sagen, dass diese - ohnehin schwer vorstellbare Duftnote - keinesfalls aneckend oder anderweitig heraussticht! Vielmehr würde ich behaupten, dass die Möhrensamen mitsamt des Muskat ihren Teil dazu beitragen, die eigentliche Süße der Tonkabohne ein wenig in den gesetzteren Bereich zu regulieren.

"Basisnote":
Hier kommt nun die eigentliche Giorgio Armani-DNA, bestehend aus Tonkabohne und Vanille (mitsamt einem leichten Einschlag von Leder) zum Vorschein. Spätestens jetzt sollte jeder Duftliebhaber, dem süße Düfte nicht zusagen, Reißaus nehmen! Über viele Stunden anhaltend ist jedoch gerade dieser Notenbereich meiner
bescheidenen Meinung nach die größte Stärke von Code Absolu. Die Süße der Tonkabohne noch immer ein wenig gedimmt in Verbindung mit der wunderbar crèmigen - und keinesfalls bonbonartingen, übertrieben - Vanille ergeben einen angenehm "warmen" und anziehenden Duft.

"Szenario/Einsatz":
Anders als so manch andere Bewertende, bin ich keinesfalls der Meinung, dass Code Absolu (dasselbe würde auch für "Code Profumo" gelten) ein reiner Herbst- und/oder Winterduft ist. Zugegebenermaßen spielt er - gerade auch aufgrund seiner enorm langen Haltbarkeit - seine Stärken natürlich insbesondere in diesen Jahreszeiten am ehesten aus, kann jedoch unter entsprechenden Berücksichtigungen (Anzahl der aufgetragenen Sprühstöße) durchaus auch noch im Frühling und Sommer (hier jedoch wirklich mininmal einsetzen) getragen werden.
Selbiges gilt zudem auch für die über den Tag verteilten Aktivitäten: Während man ihn auf Arbeit sparsam einsetzen muss/sollte (auch aufgrund von Rücksichtsnahme der Mitarbeiter-/innen gegenüber), dürfen es am Abend in der Bar, dem Club, der Disco, etc... ruhig ein paar Sprühstöße mehr sein.

"Wie man riecht":
Zugegeben: natürlich ist diese Abschnittsüberschrift ein wenig plakativ, jedoch möchte ich noch einmal auf die gerade in Online-Reviews vorhandene Behauptung eingehen, dieser Duft wäre eher etwas für die jüngeren (U30) unter uns Parfümträgern. Mitnichten und keineswegs, möchte ich behaupten! Die Querverweise zum Clubduft in Verbindung mit Stichwörtern wie "Versace Eros" oder die "Stronger with You"-Reihe ist meiner Meinung nach irreführend, da die Armani-Code-Reihe (zumindest die meisten) seit jeher einen ruhigeren, gesetzten - und ich möchte fast sagen "gelasseneren", "entspannteren" - Eindruck hinterlassen. Selbstredend duftet man auch nach Einsatz von Code Absolu nach den verschiedensten süßlichen Stoffen, wirkt jedoch zu keinem Zeitpunkt so, als würde man den Duft herausschreien wollen.
Natürlich ist gerade Code Absolu ein geeigneter Kandidat für das sogenannte "Übersprühen", nur sollte dies eigentlich keinen Einfluss auf eine Duftbewertung haben, da dies nun wirklich mit jedem Duft jedweder Duftrichtung passieren kann. Zu viel des Guten ist nun einmal zu viel, wenn auch mit süßlichen Düften
diese Schwelle einfacher und schneller überschritten sein dürfte.

"Haltbarkeit":
Wie bereits manch einer vermutet haben dürfte, bin ich von der Haltbarkeit des Duftes mehr als begeistert. Wenn auch süßliche Düfte in der Regel "immer" länger anhalten als ihre aquatischen und hölzernen Pendants, so spielt Armani Code Absolu hier doch definitv in der obersten Liga.
Dies ist mit einer der wenigen Düfte, die - zumindest bei mir - problemlos über z.B. den Acht-Stunden-Arbeitstag und darüber hinaus reichen und zudem noch jederzeit gut erkennbar sind - wohlgemerkt bei moderatem Einsatz von ein bis zwei Sprühstößen!

"Zusatz":
Anmerken möchte ich noch, dass ich mit der bereits öfters gehörten Meinung, dieser Duft sei "obsolet", sollte man bereits die Profumo-Variante - bzw. vice versa - besitzen, definitv nicht d'accord gehen kann und möchte. Sicherlich ist vom Kauf abzuraten, sollte man nur einen "süßlichen" Duft in seiner Sammlung/Rotation besitzen wollen! Ist man jedoch ein begeisterter Anhänger dieser Duftrichtung, so unterscheiden sich Profumo und Absolu meiner Meinung jedoch ausreichend genug um beide abwechselnd tragen zu können, da insbesondere die Süße der Tonkabohne, der Wegfall der Vanille und die Verwendung von Kardamom einen signifikanten Unterschied entstehen lassen.
1 Antwort
KnowThis30 vor 4 Jahren 14 4
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Flakon
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Sillage
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Haltbarkeit
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Duft
Der Kopfnote sei dank...
Da ist es also! Jean-Claude Ellenas Meisterwerk! Beziehungsweise: da ist es schon recht lange, sollte man eigentlich sagen, und vor allem sollte es niemanden - der sich mit der Vita des Herrn Ellena ein wenig beschäftigt - überraschen, dass im Jahr 2006 ein Duft wie Terre d'Hermès das Licht der Welt erblickte. Machte er sich doch zuvor mit Herrendüften wie "L'Eau du Navigateur (1982)", "Déclaration (1998)" und "Rocabar (1998)" von sich reden - allesamt Düfte, die sich gemeinhin als "würzig-holzig" beschreiben lassen und vor Ingredenzien wie Vetiver, Zeder, Zypresse, Benzoe und Eichenmoos nur so triefen.
Dass also ein Duft wie Terre d'Hermès früher oder später aus dem Schatten des Meisters emporsteigen musste, war lediglich eine bloße Frage der Zeit - nicht aber des "ob"!

Aber ich schweife ab...

Denn obgleich der weit über hundert Kommentare und ebenso weit über 1.000 Bewertungen, möchte auch ich meinem Duftherzen Luft machen, werde dabei jedoch auf die schnöde Aneinanderreihung von ausgetretenen Pfaden wie: 1. Duft, 2. Sillage, 3. Dauer, 4. Kosten, 5..., 6... weitestgehend verzichten - andere haben und werden dies besser als meine Wenigkeit formulieren. Vielmehr möchte ich mich stattdessen einigen Schlag- bzw. Stichwörtern nähern und versuchen diese nach meinem Gusto zu begründen, welche meiner bescheidenen Einschätzung nach viel zu inflationär bei der Beschreibung dieses Duftes verwendet werden, sei es nun in Test, Online-Reviews, Youtube-Kommentaren oder auch in themengebundenen Foren wie diesem hier.

Schlag- und Stichwörtern die da wären: "Verrottend", "Alt-Herren-Duft", "Iso E Super", "Flakon", "Sillage und Kopfnote"

"Verrottend"
Wer bereits schon einmal Tests zu Terre d'Hermès gelesen oder gesehen hat, dem dürften unweigerlich die Wörter "verrottende Orange" oder schlicht "rotten" zu Ohren (bzw. Augen beim lesen) gekommen sein. Da die Art und Weise wie wir Düfte für uns selbst wahrnehmen nun einmal glücklicherweise sehr unterschiedlich ausfällt, lässt es sich natürlich nicht gänzlich ausschließen, dass manch einer Person die aufsteigende Orangenote tatsächlich verrottet vorkommen mag - wie gesagt: "manch einer Person". Dem Rest sage ich freilich: "Das ist Schwachsinn"! Stellt euch vielmehr eine reife, ja, beinahe schon überreife Frucht vor, deren Schale mal mehr mal weniger sanft geöffnet wird und dessen bis dato gebundener Fruchtsaft sich über die jeweilige Oberfläche sprühnebelartig verteilt. Dieser noch immer leicht süße, dabei jedoch schon leicht in der Nase kitzelnder, beinahe sogar schon minimal stechender Duft ist es, dem man sich in der Kopfnote entgegenzustellen hat!

"Alt-Herren-Duft"
Um zu beantworten, ob sich hinter Terre d'Hermès ein gescholtener(?) Alt-Herren-Duft verbirgt, sollten wir zuerst gemeinsam klären, was denn einen solchen Duft ausmacht!? Ist ein Duft alt, weil er schlecht riecht? Ist
er alt, weil er Duftnoten enthält, welche bereits vor Jahrzehnten aus der Mode gekommen sind? Oder ist er alt, weil man ihn vielleicht aus dem persönlichen Umfeld häufig bzw. zu häufig an älteren Herren gerochen hat?
Oder aber - und dies halte ich im Falle von Terre d'Hermès für die tatsächlich Lösung - kann ein Duft bereits bei seinem Erscheinen "alt" wirken, nur weil er in dem vielleicht denkbar ungünstigsten Moment den Weg in
die Regale finden durfte? Denn während die Chypre- und Powerhouse-Düfte der vergangenen Jahrzehnte nur noch in Ausnahmefällen produziert wurden, waren es insbesondere die süßen, aquatischen und teils auch leicht
synthetischen Düfte, welche das erste Jahrzehnt des neuen Jahrtausends dominierten. Welchen Duft hätte ein/eine Verkäufer-/in denn schon anderes empfehlen sollen, wenn eine Dame gesetzeren Alters ihrem Gatten einen
"neuen" Duft zu Weihnachten oder Geburtstag schenken wollte. 1 Million? Armani Code? Dior Homme? Chanel Allure Homme Sport? Ich denke die Duftwelt wäre ein seltsamer (oder zumindest anderer) Ort, wenn dies die Düfte
wären, mit denen wir heutzutage ältere Herren jenseits der 50 in Verbindung bringen würden! Wäre der Duft hingegen neben Chanel Antaeus, Dior Fahrenheit, Aramis oder Polo Green erschienen: wir hätten ihn für einen
Duft für junge Spunde und Heranwachsende gehalten.

"Iso E Super"
Iso E Super. Dieses ominöse Molekül, welches Terre d'Hermès seinen Duft nach Zeder gibt. Viel möchte ich nicht darüber verlieren, lediglich jedoch erwähnen, dass Terre d'Hermès bei weitem nicht der einzige Duft auf dem Markt ist bzw. war, welcher dieses synthetische Molekül in seinem Duft verwendete. Zwar faulenzt Iso E Super bisweilen in vielen Duftkategorien, findet sich zumeist jedoch häufig in den "holzigen" Düften wieder. Während die Konzentration in Düften wie Diors Fahrenheit (25 %) und Lancômes Trésor (18 %) noch recht niedrig erscheint, finden sich in Düften wie Lalique Encre Noir (48 %) und eben Terre d'Hermès (55 %) weitaus höhere
Konzentrationen wieder. Bei "Molecule 01" soll es sich zudem um eine 100-prozentige Konzentration dieses Duftmoleküls handeln.

"Flakon"
Wenn es denn aus meiner Sicht überhaupt etwas über diesen Duft auszusetzen gebe, so wäre es denn vermutlich der Flakon! Der ganze Flakon?, mag jetzt manch einer fragen. Natürlich nicht! Von der eigentlichen Form einmal
abgesehen, gibt es wohl nur wenige andere Behältnisse, welche ein so dickes und stabil wirkendes Glas besitzen! Man mag fast - aber auch nur fast - meinen, der Flakon könnte sogar problemlos die tiefsten Stürze auf die härtesten Fliesen unbeschadet überstehen. Auch die Drehkappe verrichtet - wenn auch manchmal etwas wackelig wirkend - seine Aufgabe über die gesamte Lebensdauer des Flakons mit Bravour. Nein, wenn ich mich über etwas am Design des Flakons beschweren möchte, dann ist es die unangenhme Handhabe bei Flakongrößen von 100ml und jenseits davon! Selten bis vermutlich nur zuvor musste die Eleganz und Benutzbarkeit eines Flakons so sehr unter der nicht erweiterten Tiefe (stattdessen wachsen die Flakons stets in die Breite und Höhe) leiden. Während 50ml noch problemlos vom Otto-Normal-Verbraucher zu händeln sind, wirkt alles darüber wie ein ungelenker Tanz um die beste Handposition zum Sprühen zu finden. Wohl der Person, die mit großen Händen gesegnet ist!

"Sillage und Kopfnote"
Schließen möchte ich meinen Kommentar über einen der besten Düfte allerzeiten mit einer genaueren Beschreibung der Besonderheiten in der Sillage und Kopfnote, womit ich gleichzeitig den Brückenschluss zu meinem - zumindest vorerst - seltsam gewählten Titel schlagen möchte.
Denn auch wenn bei der Beschreibung des Duftes oftmals zu viel über die anfängliche Kopfnote berichtet wird, so ist es bei Terre d'Hermès doch tatsächlich die wunderbare Sillage, welche den Duft selbst aus der Masse der
"würzig-holzig" Düfte empor hebt. Weder zu aufdringlich, noch zu zurückhaltend vermittelt sie eine ungemein angenehme Würze!
Und die Kopfnote! Die Kopfnote erst! Ihrem für ungeübte Nasen seltsam anmutenden Duft ist es zu verdanken, dass noch immer viel zu viele Menschen diesen Duft unbeachtet, naserümpfend und teils sogar angewidert in den Regalen der Boutiquen stehen lassen! Denn Terre d'Hermès ist etwas ganz besonderes! Und besondere Dinge sollten nicht tagtäglich und inflationär genutzt werden!
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KnowThis30 vor 4 Jahren 14 5
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Flakon
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Duft
Wenn ein Duft der Zeit die Emotionen schenkt...
...dann muss es einer sein, mit dem man auf die ein oder andere Art und Weise etwas verbindet, vorzugsweise natürlich etwas durch und durch positives. Vielleicht aber auch nur so ein Gefühl, eine Erinnerung, ein schwacher Schatten auf dem Gebilde der eigenen Gedanken - fernab im Hintergrund und jenseits des greifbaren, jedoch stets zum richtigen Zeitpunkt nah genug um mit dem Finger darauf zeigen, es benennen zu können. So oder so ähnlich würde ich Tom Fords Grey Vetiver (EDP) beschreiben, würde jemand von mir verlangen diesen Duft mit einem Gefühl gleichzusetzen.

"Sauber, irgendwie sauber und rein."
Vermutlich wären dies die Worte eines/einer Tester/in, dem/der man zuvor oder vielleicht auch zeitgleich einen Duft wie Vetiver von Guerlain (allerdings auch aus dem Jahre 1959 und somit exakt 50 Jahre älter als der hier beschriebene Duft) zum Vergleich gereicht hätte. Anders als in den meisten (zum größten Teil oder hauptsächlich) auf Vetiver basierenden Düften hat der Parfumeur Harry Frémont hier mittels Einsatz von Grapefruit und Iris den famosen Kniff bewerkstelligt, dem ursprünglich aus Asien stammenden Süßgras die "Härte", das "Kratzige" oder, wie viele sagen würden, das "Muffige" zu nehmen.
Nicht, dass sich ein Klassiker wie der von Guerlain als "Muffig" bezeichnen lässt, nur ist es gerade in einer Zeit von synthetischen und süßlichen Düften oftmals genau diese Eigenschaft, die Düfte mit einem zu starken Einschlag von Vetiver als "Old-School" oder - und dies ist der eigentliche Frevel - "Alt-Herren-Duft" brandmarken. Harry Frémont hingegen schafft es die - ja, vermutlich hat der/die Tester/in durchaus nicht Unrecht - sauberste Variante von Vetiver in diesem Duft zu binden.
Scheinbar neckisch gaukelt es einem den frühmorgendlichen Gang durch einen von Nebel bedeckten Pfad abseits der asphaltierten Straßen vor. Die Luft scheint still zu stehen und doch den feinen Geruch der umliegenden Wiesen und Gräser in den winzigen Wassertröpfchen des Nebels konserviert zu haben.

"Also für die Arbeit kann ich mir den schon vorstellen! Aber ansonsten...naja..."
In der Tat und durchaus nicht ohne Grund wird Grey Vetiver sowohl in den Foren als auch in den entsprechenden Videos auf YouTube als "Saubermann"- und als "Office"-Duft beworben und indirekt versucht somit an den Mann zu bringen.
Gerade eben weil dem tonangebenden Vetiver sämtliche (oder zumindest so gut wie alle) herausstehenden Splitter und Kanten genommen wurden, scheint er bei niemanden anzuecken. Nichts verfängt sich, nirgends scheint eine Nase gerümpft oder gar ein abschätziger Kommentar vorgebracht zu werden. Vetiverdüfte auf der eigenen Haut scheint man entweder zu lieben oder zu hassen - in der Luft bzw. an anderen scheint sich hingegen ein jeder mit ihnen zumindest arrangieren zu können.
Was aber ist mit der Orangenblüte und der Grapefruit?, mag sich jetzt manch einer fragen. Nichts!, sollte hier die ehrliche Antwort lauten.
Zwar sind sie bei jedem erneuten Sprühen sofort und wunderbar harmonisch in den Duft eingebettet, doch ist ihre tatsächliche Präsenz nur von sehr kurzer Dauer. Schon nach wenigen Minuten bis zu einer Viertelstunde machen sie den Kräutern, den Hölzern und der klärenden Iris in Kombination mit dem Muskat den Weg frei, welche ihrerseits aber auch lediglich die Wegbereiter für das namens gebende Gras zu sein scheinen. Wenige Arbeitswege dürften (ein Nachsprühen im Laufe des Arbeitstages unberücksichtigt) kurz genug sein, um den
Kollegen/innen die so herrlich einleitenden Duftnoten zu präsentieren. Dennoch dürften sie in keinem Fall fehlen, geschweige denn bei der Beschreibung des Duftes außer Acht gelassen werden. Erst in gemeinsamer Harmonie mit dem Vetiver vermachen sie diesem Duft eine Geschichte, einen Start und ein Ende - kein schnödes Sein. Wer die Herz- und Kopfnote miterlebt, der genießt sie, die Basisnote hingegen lässt das bereits vergangene zumindest noch erahnen.

"Schon ziemlich emotionslos und kühl."
Wohl wahr. Grey Vetiver ist definitiv kein Duft für den Club, die Disco oder ähnliche Lokalitäten! Nicht, weil ihm die nötige Kraft und die Ausdauer für derartige Rennen zu fehlen scheint, nein, vielmehr möchte er an derlei Orten ohnehin nicht mit seiner Anwesenheit glänzen oder anderweitig Präsenz zeigen. Geradlinig und durchaus ein wenig unterkühlt scheint er an vielen Tagen nicht aus dieser Zeit zu stammen. Ein unbedarfter Beobachter würde vermutlich kaum das richtige Jahr - ach iwo, wohl nicht einmal das richtige Jahrzehnt - erraten, müsste er diesen Duft ohne jeglichen anderen Hinweis auf einem Zeitstrahl zeitlich fixieren.
Ein Duft, der aus einer Ära zu stammen scheint, in der der Anzug, die Oxfords, Budapester und Krawatte in den
meisten Berufen nicht nur zum guten Ton gehörten, sondern feste Vorgaben, ja, klare Anweisungen waren. Eine Zeit, in der eine Meinung nicht sofort kommentiert, getweetet oder gehashtagt wurde - und das nicht nur, weil die
entsprechend technischen Möglichkeiten noch gar nicht verfügbar waren. Grey Vetiver scheint beinahe zur Gänze aus einer ruhigeren Zeit zu stammen, in welcher die Zurückhaltung, die Reserviertheit aber auch die Nachdenklichkeit der Empörung, dem Aufschrei und der Brandmarkung vorgezogen wurden. Eine Epoche mit genauso vielen - wenn auch mitunter vollkommen anderen - Ungerechtigkeiten und Fehlern wie heutzutage, aber auch mit ebenso vielen Eigenschaften die dem Zahn der Zeit wahrlich unnötig zum Opfer zu fallen scheinen.

"Irgendwie rieche ich den nur so kurz."
So oder so könnte ein Tester den Duft aufgrund seiner Haltbarkeit beschreiben. Und keinesfalls hätte der/die Tester/in damit Unrecht. Grey Vetiver gehört zu jenen Düften, die nicht viel wert darauf zu legen scheinen, ein großes Umfeld mit seiner Sillage zu beeindrucken. Relativ schnell auf Armlänge weiß der Duft dennoch sich zu halten und darf auch weiterhin zu Recht die Bezeichnung "Eau de Parfum" tragen. Selbst wenn die eigene Nase aufgrund des Umfeld oder Übersättigung ihn nicht mehr wahrzunehmen scheint, so haftet er dennoch weiterhin, weiß durchweg zu gefallen und erhascht sich selbst dann noch ein seltenes Kompliment, wenn man schon längst glaubte den Duft verflogen zu wissen.

"Die Flasche finde ich aber schon schick!"
Selbstredend. Der auf das absolute Minimum reduzierte Art-Deco-Stil, das milchige Glas mit seiner geriffelten Oberfläche, das kühle Metallplättchen an der Front und der beinahe einsam wirkende Silberring am Hals des Flakons - sie alle strahlen mit Bravour jenes aus, was Grey Vetiver versucht zu sein: ein unaufgeregter, zurückhaltender, aber keineswegs reservierter Duft der beinahe aus der Zeit gefallen zu sein scheint.
In einer Zeit, in der das Laute, das Bunte, das Aufgeregte und Polarisierende die Richtung vorzugeben scheint und wir manche - nur beinahe - vergangene Tugend vermissen werden, sollte sie uns gänzlich verloren gehen.
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