Landlord

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16 - 20 von 86
Landlord vor 6 Jahren 22 9
10
Flakon
6
Sillage
7
Haltbarkeit
8.5
Duft
Traumhaft trifft es besser!
Ups, das „Wasser der schwarzen Zitrone“ wird ja hier recht kontrovers diskutiert und so richtig scheint es nicht „einzuschlagen“. Erstaunlich! Während im zitrischen Eau-de-Cologne-Bereich ja viel Gleichklang herrscht, schlägt das „Eau de Citron Noir“ doch sehr angenehm aus der Art. Ach was, angenehm: Traumhaft trifft es besser!

Die allerersten Minuten gehören einem bissig-würzigen Zitrusauftakt. Der Duft der „Kalabrischen Zitrone“ ist mir leider nicht präsent, die Kopfnote erinnert mich aber an eine frische, reife Grapefruit, kräftig und krautig. Das ist gut, das ist schön, macht aber natürlich nicht den Clou dieses Parfums aus. Der blitzt auf, wenn sich nach wenigen Minuten die Teenote hinzugesellt, kein bitterer Ostfriesenteefix, sondern ein milder Schwarztee, der mit der Zitrone wunderbar changiert. Richtig spannend wird es allerdings, wenn nach etwa einer Stunde der Duft warmer, sonnenaufgeladener Hölzer reinschleicht - wobei in der Basisnote erstaunlicherweise jede der drei Komponenten erhalten bleibt, das Dufterlebnis einfach an Komplexität zunimmt. Das ist ein ganz eigenes Eau-de-Cologne-Erlebnis, dunkel und frisch, trocken und kühl, dabei kein bisschen kratzig oder biestig, stimmig, aber alles andere als gefällig und äußerst eigenständig komponiert. Für mich ein Duft mit echtem WOW-Effekt!

Gut, die Sillage ist nach dem dynamischen Auftakt „nur“ auf gutem EdC-Niveau, die Haltbarkeit von sechs Stunden aber durchaus beeindruckend und der Flakon von einem wunderschönen, dunklen und sehr passenden Nachtblau. Davon lasse ich mich eigentlich nicht beeindrucken, gebe aber zu, dass mich die Flakons der „bunten“ Eau-Reihe von Hermes in ihrem schlichten und doch außerordentlich markanten Design immer schon fasziniert haben, mich bis jetzt nur keiner der darin abgefüllten Düfte wirklich überzeugte!

Tja, und was hat es jetzt mit der „Schwarzen Zitrone“ auf sich? Wie andere Rezensenten vor mir schon erläuterten, ist sie eigentlich eine arabische Limette, die in Salzwasser gekocht und anschließend in der Sonne getrocknet wird. Dabei verfärbt sich die Frucht schwarz, die geschrumpften und Loomi genannten Früchte schmecken intensiv fruchtig, herb-rauchig und süßlich-erdig. Ich vermute, dass sich aus der Loomi nur schwerlich (oder im Zweifelsfall teuer!) ätherisches Öl extrahieren ließe und Madame Nagel dieses Dufterlebnis molekular nachgebaut hat. Aber so oder so, ein „Wasser der schwarzen Zitrone“ weckt traumhafte, südländisch-exotische Assoziationen, denen der Duft durchaus gerecht wird. Chapeau!
9 Antworten
Landlord vor 6 Jahren 11 7
10
Flakon
6
Sillage
7
Haltbarkeit
7
Duft
Keine Einladung zum gemeinsamen Geburtstag
Schon komisch dass ich diesen Klassiker aus meinem Geburtsjahr erst jetzt teste. Vielleicht habe ich bisher einen großen Bogen um ihn herum gemacht in der Befürchtung, er könne mir nicht gefallen. Denn sooooo viele 1966er Düfte sind schließlich nicht mehr erhältlich - und dann auch noch aus der Feder von Meister Roudnitska! Wie schön wäre es doch, allein aus nostalgischen Gründen das Bedürfnis zu verspüren, ihn meiner Sammlung hinzufügen zu wollen... hach...

Aber nein, mein liebes "Eau Sauvage", leider ist meiner Nase in deinem Falle offenbar nicht nach Nostalgie zumute! Gut, ja, ein schöner, zitroniger Auftakt, unterlegt mit anfänglich nicht näher zu bestimmenden leicht pudrigen Noten... ein bisschen lavendelig und nelkig... im Laufe der Zeit weicher werdend, nach drei Stunden aber schon erheblich nachlassend und hautnah werdend, bis Du Dich nach etwa fünf Stunden leicht süßlich verabschiedest - und mich etwas ratlos zurücklässt ob der sich mir nun so gar nicht erschließenden Klassiker-Qualitäten... Oder haben die Reformulierungen Dich so sehr deformuliert und Du bist den starken Einschränkungen bei der Verwendung von Eichenmoos zum Opfer gefallen?

Wie dem auch sei, ein ganz "ordentlicher" Duft bist Du, ja, und sicher im Zeitkontext zu huldigen als erstes Dior-Männerparfum, das offenbar viele andere Düfte inspiriert hat. Goutals "Eau du Sud" von `97 habe ich sofort in der Nase, der das Thema "Dunkle und weiche Zitrone" für meine Begriffe dann aber markanter, charmanter und erstaunlicherweise auch haltbarer umsetzt - zumindest auf meiner Haut.

Immerhin hat der Test des "Originals" mich dazu animiert, das hier vielgerühmte EdP von 2017 auf meine Merkliste zu setzen. Vom EdC gleichen Namens rate ich vollständig die Finger zu lassen, es sei denn Ihr steht auf synthetisch-grasige Wühltisch-Qualität.

Jetzt aber genug "gedisst", Ihr lieben Eau-Sauvage-Fans. Genießt Euren Favoriten weiterhin, ich wäre so gern zu Eurem Club dazu gestoßen... Aber immerhin ist das graphische Werbevideo zum 50. Geburtstag (s.o.) wirklich cool und sehr schön anzusehen...
7 Antworten
Landlord vor 6 Jahren 18 10
8
Flakon
9
Sillage
10
Haltbarkeit
6.5
Duft
Oud - Sirup
Normalerweise versuche ich zu vermeiden, dass meine Kommentare allzu nüchtern daherkommen. Aber, lieber "Oud Wood", Du machst mich einfach fertig! Mit letzter Kraft schaffe ich es, meine Testnotizen hier zu veröffentlichen...:

- Los gehts: Puh, der geht in die Vollen! Frisches Leder, animalisch, neu gekaufte Schuhe
- 4 Stunden später: Oudig-ledriger Eindruck bleibt, Pfeffer gibt Frische, kräftige Sillage, schöne Entwicklung
- 6 Stunden später: Der Duft wird weicher. Amber, Tonkabohne und Vanille? Schönste Phase bisher
- 7 Stunden später: Hm, hat wohl den Zenit überschritten, rieche irgendwie nur noch Schuhcreme
- 8 Stunden später: Jetzt übertreibt er es, zu dick, zu sämig, verursacht Kopfschmerzen, wird mir langsam zu viel
- 16 Stunden später (am nächsten Morgen) : Nach der Dusche noch 50% der Ausgangs-Sillage! Ist das ein Parfum oder Kleb-Sirup?
- 24 Stunden später: Verschwinde endlich, Du nervst!
- 30 Stunden später: Wehe, Du bist morgen früh immer noch da!!

"Oud Wood" ist ein gutes Beispiel dafür, dass zu lange Haltbarkeit den schönsten Duft zerstören kann... *Luft schnapp* ... Tom-Ford-Düfte sind ja oft eher deutliche Statements als sanfte Schmeichler... *Röchel* ... Aber man muss es auch nicht übertrei... übertr.... übe... ü...
10 Antworten
Landlord vor 6 Jahren 21 6
9
Flakon
7
Sillage
7
Haltbarkeit
8.5
Duft
Vertrauen, Kreativität und kleine Hüpfer
Orange schafft Vertrauen (achtet mal darauf, wie viele Politiker orangefarbene Krawatten tragen, wenn sie im Untersuchungsausschuss aussagen müssen). Und Orange macht wach und kreativ. Auf diese aromatherapeutische Wirkung setze ich meist, wenn ich meinen bisherigen Orangenduft-Favoriten auflege: „Orange Sanguine“ von Atelier Cologne. Schon der erweckt und erhellt wunderbar. Aber wir wissen ja, dass es den „Heiligen Gral“ für die Nase nicht gibt. Es kommt immer noch einer daher, der es ein Tickchen besser kann. Und der heißt in diesem Fall schlichtweg „Orange“ von Parfum-Individual Harry Lehmann, Berlin.

So herbfruchtigfrischwürzig tief und reif ist mir bisher noch keine Orange in die Nase geschossen - und dabei so dermaßen natürlich, dass sofort mein Herz zu hüpfen beginnt. Ja, diese „Orange“ weckt Lebensgeister! Und sie tut das lang und ausdauernd, besonders intensiv natürlich in den ersten 90 Minuten, mit ordentlicher Sillage für vier bis fünf Stunden und ist hautnah auch noch nach acht Stunden zu erschnuppern. Das liegt zum einen womöglich ein bisschen an meiner Hautchemie, die gut gemachten Zitrusdüften oft eine vergleichsweise hohe Ausdauer beschert, zum anderen vermutlich auch an der für einen Zitrusduft höchst überraschenden EdP-Konzentration.

Eine durchkomponierte Entwicklung im Laufe der Tragezeit bietet „Orange“ natürlich nicht. Aber das wäre auch kontraproduktiv, wünscht man sich doch, dass der orangige Frische-Splash gar nicht nachlassen möge. Trotz aller frischen Fruchtigkeit ist es aber auch der Duft einer gereiften Frucht, unterlegt mit einer leichten, dunklen Krautigkeit in tieferen Lagen… Das lässt mich vermuten, dass „Orange“ sich auf reifer, männlicher Haut am wohlsten fühlt.

Da ich bei unserem Erstbesuch am letzten Wochenende bei Lehmanns in der Berliner Kantstraße 106 noch nicht sicher war, wie groß das Durchhaltevermögen von „Orange“ ist, habe ich vorsichtigerweise erst einmal nur 50 ml (zum Preis von 26,50 €!) abfüllen lassen - ein lustiges Pläuschchen mit Herrn Lehmann juniorjunior inklusive. Ich hätte ruhig mutiger sein können…!
6 Antworten
Landlord vor 6 Jahren 6 3
10
Flakon
7
Sillage
8
Haltbarkeit
7
Duft
Die Tür zum Club bleibt zu!
Der „Elite“ von Floris ist der zweite Duft meiner Testreihe britischer Gentleman-Düfte. Er startet wie erwartet „zitrisch“. Grapefruit, Petit Grain und Bergamotte sind in der Kopfnote gut erriechbar und auch eine leichte Lorbeernote gesellt sich zügig hinzu. Das Ganze ist schon im Köpfchen rund und tief. Ein sehr gelungener Auftakt, der mich ich immer wieder schnuppern lässt. Zwei Stunden später haben sich die verschiedenen Zitruskomponenten zu einer schönen sanften Melange weiterentwickelt, erste dunkle Töne (Tannenbalsam?) gesellen sich hinzu, aber „frisch-fruchtig“ ist immer noch die Marschrichtung…

… Und bei der bleibt es überraschenderweise auch. Auch nachdem ich vier, sechs und acht Stunden wartete: Amber, Zeder oder Leder stehen zwar auf dem Papier, es bleibt in meiner Nase aber bei den fruchtigen Noten, die ich – je länger sie meiner Haut entströmen – zunehmend weicher und damit leider auch süßlicher wahrnehme. Leider keine Spur vom „verrauchten englischen Herrenclub“, den mein Vorrezensent und freundlicher Probenspender „Parma“ verlockenderweise verhieß. Es bleibt bei der Obstschale auf dem Empfangstresen, die ledergepolsterte Tür zum Club eröffnet „Elite“ nicht – und wird damit natürlich auch seinem Namen nicht ganz gerecht. Mit viel Phantasie kann ich allenfalls im sehr hautnahen Drydown nach immerhin zehn Stunden Amber, süßliches Leder und Patchouli vermuten. Vielleicht dringt auch ein wenig Rauch sehr milden Pfeifentabaks in meine Nase. Die Gentlemen verlassen den Club – doch ich bin außen vor.

Fazit: Ja, auch Floris „Elite“ kommt mit angenehmem britischen Understatement daher. Hier ist nichts aufdringlich, der zitrische Kopf und das fruchtige Herz haben ihre Qualität. Auf Dauer wird er mir in seiner Fruchtbetontheit allerdings zu süß und verliert an Charakter.
3 Antworten
16 - 20 von 86