Medianus76

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16 - 20 von 30
Medianus76 vor 3 Jahren 45 29
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Duft
Was bin Ich? Das heitere Parfüm raten
Der Saal wartet gespannt auf den Beginn der Sendung. Als der Protagonist die Bühne betritt wird er mit Applaus empfangen. An der Tafel kurz innehaltend, nimmt der Gast ein Stück Kreide und schreibt seinen Namen darauf: “Mr. Creed”, und macht zeitgleich ein Kreuzchen bei “Selbstständig". Der Moderator der Sendung, Herr Johannes Bähre, begrüßt den Gast energisch und bittet ihn doch gerne Platz zu nehmen.
“So, dann wollen wir Sie erst einmal vorstellen” erklärt der Moderator, und lässt einen kleinen, neben ihm befindlichen Gong ertönen. Daraufhin wird am unteren Bildschirmrand folgender Text eingeblendet:

King Ave -Batch 20E01-ntus

Als der Gong ein zweites mal ertönt, ist der Text auch schon wieder ausgeblendet.
Die Rate-Jury, bestehend aus Frau Jasmin Birke, Frau Kasambra Van Ille, Herr Pat Chouli sowie Frau Anna Nass, kann diese Einblendung selbstverständlich nicht sehen. Dies zu erraten und heraus zu finden ist ja ihre Aufgabe, der Hauptbestandteil des Spiels. Die Jury darf nur Fragen stellen welche der Kandidat mit “Ja” oder “Nein” beantworten kann. Für jede mit “Nein” beantwortete Frage bekommt Mr. Creed 50 Parfumo Points. Bei 10 mit “Nein” beantworteten Fragen gewinnt der Gast. Sollte die Jury vorher herausfinden welches Parfüm hier sitzt, gewinnt logischerweise die Jury.

“Welches Schweinderl hätten´s denn gern?” fragt der Moderator den Gast Mr. Creed. “Ich nehme das Gelbe” antwortet dieser, und räkelt sich auf seinem Stuhl zurecht. “Dann wollen wir auch gleich beginnen. Aber zuvor darf ich Sie noch um eine typische Handbewegung bitten” fordert Johannes Bähre den Gast auf. Dieser greift daraufhin mit seiner Hand nach einem imaginären Knauf, und drückt diesen nach vorne, als ob er eine Türe öffnen würde...
“Vielen Dank” quittiert Herr Bähre die Geste, und bittet als gleich Frau Jasmin Birke mit der ersten Frage zu beginnen.

“Herr Creed” startet die Birke. “Sind Sie schon lange im Parfüm Business?”
Der Befragte bestätigt mit einem klaren “Ja” die Frage.
“Lange ist ja ein relativer Begriff. Sind Sie länger als 10 Jahre am Markt?”
“Das wäre ich gerne, bin ich aber leider nicht. Also Nein” erwidert der Kandidat enttäuscht.
Daraufhin packt der Moderator 50 Parfumo Points in das gelbe Schweinderl, und deckt auf seinem Zählblock die Nummer 1 auf!
“Dann darf jetzt bitte Frau Anna Nass die nächste Frage stellen” fährt der Gastgeber fort.
“Gerne. Sind Sie denn ein fruchtiger Zeitgenosse” möchte die Anna Nass wissen, was ganz klar mit “Ja” bestätigt wird.
“Ist dann zufällig auch mein Name in Ihrem Duftpotpourri zu finden?”
“Logisch” kommt von Mr Creed wie aus der Pistole geschossen.
“Wie schön. Das freut mich sehr zu hören. Ich bin eben äußerst begehrt” sabbelt die Nass.
“Sind Sie eventuell ein Gourmand?” Entsetzt wird die Frage verneint, und es wandern wieder 50 Parfumo Points in die gelbe Sau. Nummer 2 erscheint auf dem Zählblock.
“Jetzt wäre Herr Pat Chouli an der Reihe” fordert der Johannes Bähre das Jury Mitglied auf.
“OK. Mr. Creed, sind Sie denn ein olfaktorischer Meilenstein?”
Kaum hat Pat die Frage gestellt, mandelt sich der Creed in seinem Stuhl auf und kontert:
“Ja selbstverständlich. Was denken Sie denn welche Persönlichkeit hier vor Ihnen sitzt”
“Alles klar. Demnach haben Sie der Menschheit einen besonderen Dienst erwiesen?”
“Aber sowas von! Was ist das für eine Frage” frotzelt der King zurück.
“Sind Sie ein Männerduft?”
“Logisch, maskuliner geht kaum”, grunzt er laut ins Studio.
“Kann es dann sein, dass Sie ein sogenannter Pantydropper sind?” fragt der sachlich und nüchtern wirkende Pat Chouli. Das hat gebatched! Der King sichtlich irritiert von der Frage, wendet sich hilfesuchend an den Moderator. Nach kurzem tuscheln der beiden, beantwortet der Kommentator die Frage ausweichend in der Art “das kann man jetzt so auch nicht sagen...also Nein”.
Zack, 50 Parfumo Points wieder dazu. Als nächstes kommt Frau Kasambra Van Ille zu Wort.
“Sind Sie dann ein Türöffner, Herr Creed? Ihre anfängliche Geste hat ja darauf schließen lassen.”
“Ja, auf jeden Fall” bestätigt der Gast arrogant die Frage.
“Und sind Sie zufälligerweise schon oft reformuliert worden?” fügt die Van Ille schnäppisch hinzu, mit einem fiesen Grinsen im Gesicht.
“Verdammt, ich hasse diese Frage”, so der Protagonist. “Aber ja, leider schon zu oft!”
“Insofern leidet ihre Qualität auch darunter?” möchte Kasambra wissen.
“Auf keinen Fall, Nein!” zetert der Creed. “ Sie müssen schon bei der Wahrheit bleiben”, ermahnt der Johannes Bähre den Gast harsch. “Diese Frage müssen wir bejahen” erklärt der Moderator der Jury, und gibt wieder an Frau Van Ille ab.
“OK. Herr Creed. Ich habe jetzt noch ein paar allgemeine Fragen. Sind Sie Raucher?”
“Ja”
“Birkenteer Raucher?”
“Ja genau” gibt der King schon fast entnervt zu.
“Sie sind also frisch fruchtig, rauchig und auch cremig holzig?”
“Das stimmt so alles” bestätigt Batch 20E01N.
“Das bedeutet Sie sind ein rundum gelungenes Parfüm, das gut duftet, gern getragen wird und vielen gefällt?!”. Der Protagonist, schon fast gebauchpinselt, bestätigt freudestrahlend alles mit “Ja aber darauf können Sie einen lassen”.
“Dann möchte ich jetzt eine Lösung präsentieren” jauchzt die Kasambra begeistert. “Vor uns sitzt der wahrhaftige, one and only King Ave-ntus!! Allerdings kann ich keine Batch Nummer nennen. Dafür sind Sie schon zu oft reformuliert worden...aber durch ihren hohen Bekanntheitsgrad haben wir sie eben recht schnell erkannt!”

Den geneigten und etwas älteren Lesern*innen ist sicherlich meine Anlehnung an das beliebte TV-Ratespiel aus den 70er und 80er Jahren aufgefallen. Des Weiteren habe ich diese Zeilen mit viel Augenzwinkern geschrieben, eher als kleine Hommage. Ich selbst kenne Aventus tatsächlich erst seit gut einem Jahr. Insofern ist dieses Parfüm für mich alles andere als abgedroschen, altbacken, beliebig, belanglos und charakterlos. Ich betrachte Aventus fernab all dieser ihm zugesprochenen Klischees, und nehme das Parfüm als gelungenes Werk wahr.
29 Antworten
Medianus76 vor 3 Jahren 42 23
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Duft
Go with the (green) Flow
Sich dem Fluss des Lebens hingeben und mitreißen lassen von dem was kommt. Eine sehr einladende Vorstellung, und in der heutigen Zeit wahrscheinlich für die meisten nur sehr bedingt umsetzbar. Zumindest in meinem Leben eine echte Herausforderung, da der Fluss immer wieder unterbrochen wird. Aber wie kommt man überhaupt in den rechten "Flow"?

Olfaktorisch betrachtet hat mich der Flow, was Düfte und Parfüms angeht, ganz unerwarteter Weise vor ein paar Wochen ereilt, als mir ein wertgeschätzter Parfumo Kollege Mousse Illuminee als Probe zukommen lies.
Als ich den Duft zusammen mit ein paar anderen Düften testete, fiel mir das Werk von Rogue erstmal gar nicht wesentlich ins Auge respektive in den Geruchssinn. Erst als ich nach verlassen des Raumes wieder zurück ins Zimmer kam, tja da schwebte er, dieser alles überlagernde Duftteppich...
Es glich dem ultimativen Erwachen, und ich dachte mir...Wow, das offenbart schon fast ein Stück weit das wonach ich olfaktorisch immer gesucht habe. Somit kam ich in den Flow - augenblicklich und voller Begeisterung!

Mousse Illuminee legt dich in Ketten im positiven Sinn, hält Dich fest und nimmt dich mit auf eine schimmernde Reise. Nicht der Träger trägt diesen Duft, sonder der Duft trägt den Träger! Ein wesentlicher Grundsatz! Denn sobald die Duftmoleküle den Zerstäuber passieren und in Kontakt mit der Umwelt treten, bedeutet das in ein grünes Lichtermeer voller atemberaubender Schönheit einzutauchen. Ätherisch grün leuchtende Frische kommt zum Vorschein, einem Smaragdwald gleichend voller Anmut und Zauberei. Aber Vorsicht, denn die anfängliche Schärfe, enorme Krautigkeit und der streckenweise beißende Geruch kann auch sehr schnell als unangenehm empfunden, beziehungsweise mit zu starker Animalik gleichgesetzt werden. Doch dazu später ein paar Worte mehr.
Mousse Illuminee braucht seine Zeit. Je länger man ihn trägt, umso schöner, authentischer und puristischer wird er.
Denn die eigentliche Magie, welche der Hersteller Manuel Cross souverän zeichnet, und den Duft für mich damit schon fast visionär macht, ist der innewohnende Geist des Waldes. Kennt ihr diese Bilder von Waldgöttern, deren Gesicht aus Blättern besteht, kreisrund angeordnet, mit gespitzten Lippen als ob sie Wind aushauchen? An genau solch eine Gestalt muss ich bei MI denken...mystisch, zauberhaft und geheimnisvoll!
Dieses Phänomen entsteht durch das Eichenmoos, welches hier so grandios in Szene gesetzt, dem Duft diese außergewöhnliche Aura einhaucht. Phantastisch!

Was das Thema Harnstoff beinhaltende Aromen im Duft angeht, so wird in den Statements oft von "anpinkeln", "Pisse", "markieren", "anbrunzen"...:-) gesprochen.
Das ist übrigens urbayerisch, sensationeller Begriff, und bedeutet das gleiche wie "a´gseicht", also angebieselt.
Aber nun genug dieser urinalen Begrifflichkeiten, sind sie doch nach meiner Meinung gehend für diesen wundersamen Duft mehr als unpassend und gänzlich ungeeignet!
Es liegt einzigst und allein im intensiven Auftakt von MI, der diese Annahme zulässt. Ich nehme diese Duftnoten so aber in keinster Weise wahr. Im Gegenteil. MI braucht diese Intensität um seine enorme Ausdauer auszuspielen. Er hält tatsächlich den ganzen Tag! Also ist hier beim dosieren vorsicht geboten, denn MI tapeziert im näheren Umfeld alles organische als auch anorganische mit seinen Molekülen...
Nein, das stimmt natürlich nicht. Aber zuviel gesprüht führt schnell zur sozialen Ausgrenzung!

Dem Labelinhaber Manuel Cross ist es hiermit gelungen einen genialen Oldschool Powerhouse Duft zu kreieren, mit einem modernen, und eben für mich fast schon visionären Twist. Meiner Vorrednerin Frau Holle pflichte ich deswegen uneingeschränkt bei: Bester Duft!
Allerdings muss ich ihr eine Sache abreden: sie hat nicht alle Flakons, einer steht bei mir...:-)

Ich bedanke mich bei meinem mittlerweile fast schon Mentor Floyd, der mich überhaupt erst auf dieses Label aufmerksam gemacht hat, sowie dem wertgeschätzten Mr. Bloodxclat, der mir vor vielen Wochen diese damals unscheinbare Probe hat zukommen lassen!

*Es ist Zeit etwas Neues zu beginnen und dem Zauber des Anfangs zu vertrauen*

Vielen Dank das hier alles zu lesen!
23 Antworten
Medianus76 vor 3 Jahren 18 14
8
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7
Sillage
8
Haltbarkeit
8
Duft
Quercia - Die Eiche
Die altehrwürdige knorrige Eiche. Steht sie doch seit Jahrhunderten auf der lichtdurchfluteten Anhöhe im sommerlich schimmernden Mischwald. Vieles hat sie in all den Jahren gesehen, und die Zeit hat sie gezeichnet. Tiefe Furchen in der festen Rinde, ausgehöhlt der Stamm von anderem Getier. Dennoch sind die starken Äste breit verzweigt, und das Wurzelsystem sich tief ins Erdenreich neigt.
Ihre Unverwüstlichkeit hat sie zu dem gemacht was sie heute ist. Mystisch und geheimnisvoll gilt sie als der König der Wälder. Seit jeher wird sie den obersten Gottheiten zugeschrieben, verkörpert sie doch Stärke, Macht und Beständigkeit in vollen Trieben
Viele sagenumwobene Geschichten ranken sich um ihre Gestalt, und ihre heroische Erscheinung zog die Menschen schon immer zu ihr in den Wald!
Die Eiche symbolisiert einen starken und autarken Ruhepol...

****
Quercia verkörpert für mich auch einen wunderschönen Ruhepol. Ein Duft der den Namen eines solch stattlichen Baumes trägt, das will schon was bedeuten. Allerdings ist Quercia sicherlich nicht mit einem klassischen Waldduft gleichzusetzen. Eher gar nicht! Dennoch lässt sich bei genauerer Betrachtung für mich sehr wohl eine olfaktorische Brücke zur Eiche schlagen...

Der frische und zitrische Empfang offenbart eine einvernehmende Präsenz. Authentisch ist der Auftakt, so wie eine Eiche eben auch. Kaum habe ich es mir unter der Baumkrone gemütlich gemacht, gesellt sich auch schon dieser herrliche, weich würzige Schleier von Quercia dazu. Er verleiht dem Duft anhaltenden Raum und die notwendige Tiefe. Das Holz des Baumes lebt, er atmet, was durch die hervorragend ausbalancierte herbe, leicht kantige Holzigkeit zum Ausdruck kommt. Gepaart mit einer morderaten Süße, entsteht der Eindruck eines in der Blütezeit befindlichen Baumes. Sicherlich spielt hier die Tonkabohne als auch der Kardamom ein paar Takte mit.
Der uralte Stamm ist bedeckt mit Eichenmoos, was dem Duft diese ganz spezielle und magische Aura verleiht. Eichenmoos haucht den Düften immer einen subtilen und unscheinbaren Zauber ein, und erweckt sozusagen den grünen Geist des Waldes...

Somit ist der Duft in der Lage, auf leichtfüßige und elegante Art, durch einzelne Aromen ein in sich greifendes Duftpanorama zu schaffen. Er wirkt dabei zu keinem Zeitpunkt künstlich oder gar aufdringlich. Die Haltbarkeit und Sillage sind angemessen, mehrere Stunden ist der Duft ein angenehmer Begleiter in so ziemlich allen Lebenslagen. Unkompliziert, gefällig und dennoch einzigartig und besonders!

Shinrin-yoku steht für die japanische "Kunst" bzw Therapie des "Waldbadens". Das verweilen unter großen alten Bäumen bzw. der Aufenthalt in Wäldern führt nach diesen Überlegungen zu mehr Wohlbefinden und Stärkung des Immunsystems!
Insofern wäre dies ein perfekter Anlass Quercia zu genießen, und unter einer alten Eiche zu entspannen.
Voilá - der Bezug zu Duft und Baum wäre somit hergestellt.
14 Antworten
Medianus76 vor 3 Jahren 28 18
10
Flakon
7
Sillage
7
Haltbarkeit
8.5
Duft
Eine schöne Bescherung oder die weihnachtliche Tragödie des Willy Tonka
Der Brandy
Geschafft. Willy Tonka versank in seinem flauschigen Ohrensessel. Es war kurz vor Weihnachten. Deswegen war er beim Einkaufen, und hatte eine Tüte voller weihnachtlicher Leckereien und kulinarischer Köstlichkeiten erworben. Darunter auch seinen heißgeliebten Brandy. Das Weindestillat duftet mild und nussig, leicht süß sowie angemessen holzig. Sehr gehaltvoll und weich aufgrund der langen Reifezeit in den alten Eichenfässern.
Willy Tonka war ein kauziger und verschrobener Aristokrat. Er hatte kurzes, krauses Haar, eine Nickelbrille auf seiner Nase sitzen, und mehr Falten im Gesicht als ein verschrumpelter Apfel. Seine adelige Herkunft hatte ihm ein stattliches Anwesen beschert, sowie eine Menge Geld und Wohlstand. Zeitgleich aber auch viel Einsamkeit und soziale Isolation. Denn weil er so ein sonderbarer Zeitgenosse war, wollte niemand wirklich viel mit ihm zu tun haben.
Er kippte sich einen weiteren Brandy in das Nosing Glas, genoss das Destillat in vollen Zügen, und wiederholte das Ganze ein paar weitere male. Obgleich ihm der Alkohol schon ordentlich zu Kopfe stieg, füllte er den in seiner Tasche befindlichen Flachmann vorsorglich noch auf! "Man weiß ja nie" dachte er sich, und versank tief in seinem Sessel...

Die Seife
Einige Zeit später fiel ihm die Zigarre ein welche er von seinem Einkauf mitgenommen hatte. Seine Einkaufstasche stand direkt neben seinem Sessel, und so musste er nur den Arm ausstrecken und nach der Zigarre kramen. Leider waren seine sieben Sinne zu diesem Zeitpunkt vom Brandy schon so benebelt, als das er nicht einmal mehr bemerkte, anstatt der Zigarre seine Rasierseife aus der Tasche zu kruschteln...
Es war eine luxuriöse Seife. Sie roch weich und mild, und hatte ein unwahrscheinlich cremiges Aroma. Man konnte förmlich erahnen was für eine dezent und elegante Lavendelnote der Schaum der Seife verströmt. Frisch und würzig zugleich...einem Aristokraten gerade angemessen!
Er steckte sich also die falsche Zigarre zwischen seine Lippen. Kaute noch genüsslich auf dem Endstück, als ob er es griffig machen wollte, bevor ihm der alkalisch seifige Laugengeschmack ins Hirn schoss.
"Pfui Deifel"...in hohem Bogen sprotzte und spuckte er die Seife in die Luft. Er wischte sich hektisch über den Mund und das Gesicht, und sprang mit einem hohen Satz entsetzt aus dem Sessel! Leider wurde ihm das zum Verhängnis. Denn, wie sollte es auch anders kommen, landete er genau auf der Seife, welche exakt den Bruchteil einer Sekunde vor ihm auf dem Boden aufkam als er...
Es zog ihm mit Karacho die Füße weg, seine Beine flogen durch die Luft, und er knallte unbarmherzig und gnadenlos auf seinen alten und gebrechlichen Rücken! Autsch!
Der Aufprall war derart heftig, daß sich das über seinem Sessel befindliche Hirschkopfgeweih aus der Verankerung löste. Es stürzte auf den darunter stehenden Weihnachtsbaum, und brachte diesen zu Fall. Der Baum fiel auf Willy Tonka, und das Geweih fixierte die Tanne auf Willy. Die Spitzen des Zehnenders nämlich bohrten sich tief in den Holzboden. Damit war der Willy mitsamt Gehölz auf den Parkett getackert. Es gab kein Entrinnen...

Die Tonkabohne
Voller Verzweiflung versuchte Willy sich zu befreien. Er zerrte und zurrte, riß und drückte an dem Baum wie ein Besessener. Aber keine Chance. Der Hirschkopf steckte tief im Boden!
Nach unzähligen Befreiungsversuchen kam ihm eine Idee. Ein Großteil seines Baumes schmückten Tonkabohnen. Er liebt Tonka - nicht zuletzt wegen seines Namens. Duften sie doch hocharomatisch und süßlich, elegant und leicht nach Vanille sowie feinem Waldmeister. Er pflückte viele der duftenden Bohnen vom Baum, und packte alle mit den restlichen Stücken der Seife in ein Jutesäckchen. Somit hatte er ein perfektes Wurfgeschoss. Er wollte damit, kühn wie er war, den Feuermelder auslösen. Sollte dieser Alarm schlagen, dann würde sicherlich schnell Hilfe herbei eilen. Aber wie einen Feuermelder auslösen ohne Feuer? Mal abgesehen davon dass es sich hierbei um eine ziemlich hirnverbrannte Aktion handelte.
Genau - sein Flachmann. Er fummelte das Fläschchen aus seiner Tasche, und kippte vorsichtig den hochprozentigen Brandy über das Jutesäckchen.
Wie das nun duftete! Eine wunderschöne cremige Melange. Leicht holzig-herb, frische Würze, süßlich untermalt mit dieser eleganten Lavendel Waldmeisternote. Herrlich!
Er entzündete die Duftbombe mit seinem Zippo und schleuderte den Feuerball gen Feuermelder. Selbstverständlich verfehlte er besagten Melder, und erwischte ein anderes lebendes "Ziel"! Sein armer Kater Lucky saß gelangweilt auf dem Fenstersims, als ihn mit voller Wucht das duftende Inferno traf...
"Miiiiiaaauuuuu" entwich es dem entsetzten Kater, der alsgleich in hohem Bogen und mit angesengtem Fell vom Sims sprang. Komplett verstört und unfähig den Sprung zu kontrollieren landete der Kater im offenen Aquarium. Das Wasser schwappte zu allen Seiten hinaus, der Kater tobte im Becken, die Fische spickten umher, und das Chaos war perfekt.
Plötzlich gab es noch einen mächtigen Knall! Funken sprühten, Geräte zischten und auf einen Schlag wurde es im ganzen Haus dunkel...sehr dunkel!
Das ganze Wasser aus dem Aquarium verursachte bedauerlicherweise einen enormen Kurzschluss an einer Mehrfachsteckdose. An der Stecke war so ziemlich die ganze Hauselektrik von Willy Tonkas Wohnzimmer angeschlossen!
Willy, noch immer unter dem Baum fixiert, drehte seinen Kopf zur Seite. Fix und fertig, vollständig entkräftet, resigniert und am Boden zerstört, blickte er durch ein Fenster hinab ins Dorf. Er sah wie auch dort die Lichter ausgingen, verursacht durch seinen kolossalen Kurzschluß.
Alles war nun dunkel!
Dafür kam wenig später auch endlich die ersehnte Hilfe in Form der Feuerwehr bei ihm an. Hallelujah...was für ein Weihnachtsfest!!

Diese Geschichte und Duftbeschreibung ist ein Gemeinschaftsprojekt meiner Kinder und mir! Vielen Dank für die tatkräftigen Ratschläge...

Ich wünsche allen Lesern und Leserinnen einen besinnlichen 4. Advent und ein Frohes Fest 2020!
In diesem sehr unruhigen Jahr war Parfumo, und die wundervollen Menschen welche ich hier kennenlernen durfte, eine echte Bereicherung und Erholungsoase für mich. Vielen Dank dafür und wir blicken voller Zuversicht in die Zukunft...

18 Antworten
Medianus76 vor 3 Jahren 27 19
9
Flakon
8
Sillage
8
Haltbarkeit
8.5
Duft
Sonnenfinsternis
Stille. Es liegt eine ganz außergewöhnliche Atmosphäre in der Luft. Es knistert förmlich! Wie ein schwarzes Band aus Teer schiebt sich der Schattenpfad langsam in unser Sichtfeld, während der Mond die Sonne sukzessive mehr und mehr verdeckt.
Die Vögel verstummen, die Blüten schließen ihre Kelche, und das Licht bricht sich magisch und geheimnisvoll am Horizont. Eine surreale Welt öffnet sich, befremdlich und faszinierend zugleich...

Welch monumentales Ereignis! Es gibt wohl nichts vergleichbares und kein "mir läuft ein kalter Schauer über den Rücken" auslösenderes Ereignis, als das kosmische Naturschauspiel einer totalen Sonnenfinsternis. Anmutend und majestätisch! Wer die totale Finsternis Ende des letzten Jahrtausends verfolgen durfte bzw konnte, kann meinen Gedanken sicherlich folgen.
Wir schreiben den 11.8.1999, und ich befinde mich in Ungarn auf dem Solipse Festival. Das Festivalgelände befindet sich exakt auf dem schmalen Streifen der vollständigen Sonnenfinsternis, und wir haben einen wolkenfreien Himmel - klare Sicht auf das anstehende Spektakel...

Black Tar ist nun eine dieser beeindruckenden olfaktorischen Kreationen, welche mit der Wucht und Nachhaltigkeit einer Full Solar Eclipse verglichen werden kann.
Schon im ersten Moment, wenn die Geruchsrezeptoren mit den Molekülen benetzt werden, lässt sich die tiefschwarze, rauchig-teerige Struktur erkennen. Bedingungslos und unaufhaltsam wird die Fahrtrichtung erklärt. Eine intensiv würzige, aber auch trocken sandige Aura verdunkelt den Horizont, so wie sich bei der Eclipse der Mond unentwegt vor die Sonne schiebt.
Begleitet wird das Ganze durch einen medizinisch antiseptischen Unterton. Eine leicht bittere Facette flankiert die Wahrnehmung, ähnlich dem Geruch in z.B. einer alten Apotheke. Auch der hier schon erwähnte Bezug zu Salben passt sehr gut. Vergesellschaftet mit dem Wacholder ergibt diese Kombination einen äußerst gelungenen Auftakt. Phantastisch!

Wenn sich dann im weiteren Verlauf der Duft wie ein Mantel ausgebreitet hat, kommt diese wunderschöne, leicht süßliche Projektion dazu. Betörend blumig und honig ähnlich, latent und ganz im verborgenen, reiht sich die Tuberose in das Schauspiel mit ein. Es entsteht der Moment der vollständigen Verdunkelung...
Ein kleiner Strahlenkranz aus Licht aber bleibt bestehen - die Korona. Passt zwar zum aktuellen Zeitgeschehen, steht aber in diesem Fall, respektive olfaktorisch betrachtet, für süßliche und holzige Wärme.

Black Tar fühlt sich für mich tatsächlich wie eine Sonnenfinsternis an...

Geheimnisvoll und magisch
dunkel und düster
lichterfüllt und strahlend

Die Tragbarkeit ist meiner Auffassung nach hervorragend. So wirkt BT nie aufdringlich oder lästig, und obgleich seine Ingredienzien kräftiger Natur sind, generiert er stets eine angenehme Aura und Sillage. Die Haltbarkeit finde ich beachtlich, und selbst Stunden später ist der Duft immer noch recht passabel wahrnehmbar.
Für mich ist Black Tar ein weiterer Meilenstein auf meiner olfaktorischen Entdeckungsreise. Ich kann diesen Duft nur jedem ans Herz legen und weiterempfehlen, der Zugang zu derartigen Duftrichtungen hat.
Zu guter Letzt ist auch der Flakon eine Augenweide, dem meiner Meinung nach das Symbol einer Solar Eclipse sehr gut stehen würde...

Ich blicke hinter das Zentrum,
In die Schatten deiner Vergangenheit,
So erkenne ich Licht, gleißendes Licht,
Welches die Dunkelheit besiegt...

Ich widme diese Zeilen und diesen Kommentar meinem ältesten Sohn. Er wird heute 14 Jahre alt!
Herzlichen Glückwunsch mein Großer, und das die Sonne für Dich immer scheinen möge...

Lieben Dank für´s lesen und bleibt mir gewogen


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