MrGaunt

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Rezensionen
11 - 15 von 30
Havanna Teil 1 - Cuba libre in der Zigarrenlounge
Ein paar der Statements komprimieren es schon in eine sehr ähnliche Richtung gehend.
Aber diesem interessanten Duft kann man trotzdem noch ein paar Wörter mehr widmen.

Über Jacques Zolty bin ich bisher nicht wirklich gestolpert, bei ALZD dann aber schon besonders aufgrund der zusammenhängenden Kuba-Thematik der 5 Düfte. Also quasi eine Pentalogie. Ist immer eine schwierige Sache so etwas, kann auch sehr bemüht wirken. Severo nenne ich mein eigen, 3 der 4 weiteren Düfte liegen als Probe bereit.

Starten wir also mit Severo.
Hier ist mehrfach von Cola die Rede. So ein Quatsch. Cuba Libre bitteschön, und zwar ein guter mit einem vernünftigem Rum und Limette. Vielleicht noch ein kleines Minzblättchen zur Garnitur.
So startet er. Cola alleine wird dem nicht gerecht. Zu einem Cuba Libre gehört Limette und die riecht man, nämlich durch eine leichte Herbe. So muss das, Ein wenig grün blitzt mit durch. Angenehmerweise ist die durchaus vorhandene Süsse des Cuba Libre nicht zu klebrig, man hat also auf gute Ausgewogenheit mit einem ordentlichen Rum geachtet.
Jetzt mag man denken warum sollte ein Duft nach einem Longdrink riechen wollen und das kann ja so nur als Themenduft klappen. Doch, klappt wohl. Und das ziemlich gut.

Nach einer Weile ziehen sich wie immer die Zitrusfrüchte zurück und die weichen Anteile des Duftes übernehmen. Eine ausgeprägte Herznote mit Pfeffer und/oder Birke kann ich nicht feststellen.
In der Basis sitzt man dann in einer schönen Zigarrenlounge in Havanna und schlabbert weiter an seinem Cuba Libre. Man muss sich nur den Rauchanteil etwas wegdenken, da merke ich kaum etwas. Was aber zum Vorschein kommt sind Ledersessel und irgendwie kann man sich vorstellen an guten (unangezündeten) Zigarren zu riechen.
Das Leder ist kein ganz feines aus dem englischen Herrenclub in dem nur diskutiert wird und wo als Frau nur die Queen hereingelassen wird, auch keine alte seit vielen Jahren genutzte Lederjacke. Es sind alte gute Ledersessel die man durchaus mit Bienewachs gepflegt hat, die aber als Sitzgelegenheit fleissig ihre Arbeit gemacht haben.
So sitzt man dort, schlürft weiter, im Hintergrund hört man Compay Segundo "Chan Chan" spielen. De Alto Cedro voy para Marcané... Llego a Cueto, voy para Mayarí
Aber ich schweife ab.
Die Basis ist also angenehmes Leder. Das steht nicht in der Pyramide, ist aber da. Ob man Tabak riecht darf jeder selbst entscheiden. Der Cuba Libre bleibt recht lange dabei, zieht sich mit der Zeit aber zurück und es bleibt eine leichte angenehme vanillige Süsse die sich wunderbar mit dem Leder vermischt und eins wird.
Tuscan Leather wurde hier als Bezug für einen Duftanteil genannt. Das passt bedingt, ich finde das Leder in Severo nicht so harsch.

Ein wirklich sehr gelungener Themenduft der toll zu Cuba passt.
Themendüfte können schwierig sein was die Tragbarkeit angeht. Ich finde diesen kann man sehr gut tragen, besonders wenn die Basis zum tragen kommt.
Tendenziell eher etwas maskulin nach traditionellen Einordnungen, aber durchaus für Frauen tragbar.

Ich bin sehr froh über diesen Blindkauf, er füllt eine noch nicht gekannte Lücke in meinen Lederdüften und lässt mich tatsächlich an Kuba denken wo ich unbedingt noch mal wieder hin muss.
6 Antworten
Thema getroffen
Pierre Guillaume schreibt auf seiner Homepage:
"A particularly silky fragrance, where Pierre Guillaume transformed the citrus acidity into a scented caress.
The Kumquat-Santal accord seems infused with sunlight and develops on the skin the charms of a melting cream, soft and fresh"

Das passt so.
Kommentar beendet.
Gut, ein paar Worte mehr müssen es wohl sein, sonst kommt der böse "nicht hilfreich"-Button gedrückt.

Weich-fruchtiger Start, durchaus zitrisch, aber ohne den leicht sauren Fensterreiniger-Effekt den viele Zitrusakkorde haben. Kumquat passt also von der Note durchaus. Ingwer-Scharfheit kommt nicht auf.
Dann wird es sehr cremig und bleibt so. Die Frucht tritt etwas in den Hintergrund, die Creme etwas hervor, beide spielen aber gleichwertige Rollen. Vielleicht mit ein wenig mehr Creme-Anteil. Die Weichheit des Zitrusduftes lässt einen durchaus an leichte Blumigkeit denken auch wenn nichts blumiges in der Pyramide zu finden ist. Die Cremigkeit kommt natürlich vom Sandelholz, es ist eins der hell-duftigen Sorte.
Die fruchtig-cremige Basis ist unaufgeregt, sanft, harmonisch und tut nur eins: einen wohlfühlen und an Sommer denken lassen. Der eine mag vielleicht eine hochwertige Sonnencreme riechen (nicht die der fiesen Sorte), der andere kann vielleicht auch an die von Strangelove schon erwähnte saubere Wäsche denken. Fein.
4711 rieche ich nicht.

Ja, der Duft ist unkomplex. Aber er macht was er soll. Insofern hat PG das Thema getroffen.
Wer nach einem Duft-Nobelpreis-verdächtigem Machwerk sucht das den Riechkolben ausreizt und das Gehirn an Grenzen bringt möge bitte weiter gehen.

Mir gefällt der Duft, ein Wohlfühlgenerator wie er offensichtlich angedacht war.
Unisex mit leichter Tendenz ins feminine.
4 Antworten
Wohlfühlduft mit Nischenanspruch
Tiziana Terenzi hat eine beachtliche Schlagzahl was die Einführung neuer Düfte betrifft, in verschiedenen Serien und damit auch Preiskategorien. Trotz der grossen Anzahl Düfte scheint die Qualität nicht zu leiden, jedenfalls bei den Düften die ich so unter die Nase bekomme. Klar, nicht alles nach meinem Geschmack, aber die Qualität stimmt.

Mit "Draconis" und "Arrakis" sind nun zwei Düfte aus der knackig teuren Luna Gold Collection neu dabei. Beide sind Sterne aus dem Sternbild des Drachen, wobei Arrakis für die Kinofreunde auch der fiktive Wüstenplanet aus den Dune-Zyklen ist. Aber auf den letzteren beziehen sich die Terenzis nicht.

Nun zum Duft:
Er öffnet mit einer zitrisch-medizischen Wolke, die Zitrusfrüchte sind dabei nicht einzeln identifizierbar. Nicht sehr zitronig, aber auch nicht extrem herb. Also gut gemischt. Ich denke die Bergamotte spielt die Hauptrolle, unterstütz vom Rest. Neben die Zitrusfrüchten spielt für mich eine Safran-Oud-Kombination die zweite Hauptrolle der Kopfnote, eher die medizinische Oudsorte. Auch wenn Oud hier nicht in der Kopfnote steht, für mich ist das da. Für die ungeübte Nase mag das etwas harsch sein, Nischenparfumfans erfreuen sich daran.

Der Kopf zieht sich zurück, das Herz kommt schnell mit einer geballten Menge Marzipan. Nicht gerade zurückhaltend, aber sehr lecker. Die Süsse glücklicherweise nicht zu klebrig, sondern gutes Qualitätsmarzipan. Das Qualitätsmarzipan wird unterstützt von Resten der Früchte aus der Kopfnote, dazu leicht herbe Untertöne die ich den ebenfalls eher unterstützenden Hölzern zuordne. Dieses Marzipanherz bleibt mit ca. 2-3 Stunden recht lange erhalten und bildet einen wichtigen Pfeiler für den Wohlfühlpart des Duftes. Offenbar hat sich die angeblich erst in der Herznote befindliche Tonkabohne doch etwas früher und sehr deutlich nach Vorne gemogelt und kreiert mit den harzigen Hölzern eine wirklich schöne Marzipankombi.

Nun könnte man mit dieser Situation zufrieden sein, denn sie hält bei mir recht lange an. In meinem Kopf war der Duft schon gedanklich einsortiert, da überrascht er mit einer wie ich finde recht späten Basisnote. Die kommt dann zudem ungewöhnlich plötzlich, meist schleichen sich die Basisnoten ja eher langsam an. Das Marzipan zieht sich - wenn auch nicht ganz - zurück und überlasst Leder und Tabak den Vortritt. Der Tabak sollte sich eigentlich schon im Herz gezeigt haben, ich finde er kommt eher spät. Für mich kommt auch Leder mit ins Spiel, auch wenn das nicht in den Noten genannt ist. Das Herz bildet somit eine von Tabak und Leder dominierte sehr warme und ganz leicht süsse Duftkombination, die eine schöne Fortsetzung des auch angenehmen aber etwas lauteren Herz-Marzipans ist. Amber macht das sicherlich auch einen Teil fleissige Unterstützerarbeit.

Ein sehr schöner Duft, der mich mit der Entwicklung zum Schluss doch etwas überrascht hat. Bis zum Herz ist er etwas lauter und (unklebrig) süsser, dort könnte er vielleicht der Damenwelt etwas mehr gefallen. Die Basisnote ist fast schon etwas maskulin mit dem ledrigen Tabak. Auch wenn ich mehrfach Marzipan genannt habe, der Duft ist nicht quietschig-süss sondern wirklich gutes Marzipan. Marzipanfans werden wissen wovon ich rede.
Diesen Duft sollten aber nur Leute nutzen die kein Problem mit Tonka haben. Ohne Tonka gäbe es hier das Qualitätsmarzipan nicht und auch um die Restsüsse in der Basis kümmert sich die fleissige Tonkabohne. Oud in der leicht medizinischen Variante gibt es hier auch, ist für mich aber - abgesehen von den ersten Kopfnotenwolken - eher in einer zurückhaltenden Nebenrolle dabei und nicht im Vordergrund. Also keine Panik wer Oud nicht mag.

Für mich ein Kaufkandidat als toller Wohfühlduft, in der Basis zurückhaltend dosiert möglicherweise sogar arbeitstauglich. Die Noten kommen aus meiner Sicht/Nase zeitlich etwas anders als in der Pyramide vorgegeben, aber so wie sie kommen funktionieren sie ganz wunderbar.
2 Antworten
Erstaunlich komplexer Grenzgänger der überrascht.
Als erklärter Widian-Fan habe ich mich sehr auf den Duft gefreut. Der Schwesterduft London zählt zu meinen liebsten Düften, ist er doch etwas allgemeintauglicher und westlich-moderner als die schwarzen und goldenen Widians die eher den Freund der arabischen Duftkunst ansprechen. London macht als Modernist einen klasse Job ohne dabei langweilig zu sein (ganz im Gegenteil).
Nun dachte ich, die pulsierende Metropole New York als Vorbild wird einen ebenfalls eher modernen Duft ergeben. Denkste.

New York startet mit einem kurzen Hauch Mandarine-Bergamotte, die Zitrusfrüchte müssen halt immer nach vorne spurten. Der Spurt ist kurz und hält nicht mehr als eine Minute, dann übernehmen andere Noten das Kommando.
Im Herzen wird New York plötzlich erstaunlich dreckig, es kämpfen animalische Bestandteile recht erfolgreich um die Vorherrschaft, die Mandarine versucht sich immer wieder durchzukämpfen. Zart schafft es mal ein wenig Rose durch. Man könnte meinen es ist ein Oud-Duft, ich bin maximal verwirrt. Leichte Süsse ist dabei. Richtig zuordnen ist schwierig. Meine Annahme ist, das hier ein relativ dreckiges Patchouli mit ebenfalls etwas herberem Vetiver die Vorherrschaft übernimmt. Die restlichen Noten untermauern das aber mit einer leicht süssen Cremigkeit, den Karamellanteil kann man auch ausmachen. Und immer wieder kämpfen sich die Früchte und Rose nach vorne. Klingt etwas unruhig und unharmonisch, ist es aber gar nicht so sehr.
Irgendwie fühle ich mich in dem Stadium etwas an "Chimaera" von Tiziana Terenzi erinnert, der das Wechselspiel aber noch in ganz andere Sphären treibt. Wer einen sehr ruhigen Duft sucht der sollte hier vorsichtig sein.
Mit der Zeit legt sich der Trubel, die dreckige Front zieht sich erstaunlich weit zurück, der Duft wird noch weicher. Aha, da isser, der Tabak. Konnte man im Herz irgendwie vermuten und hat sicher einen Teil Animalik beigetragen, konnte sich dort aber nicht in den Vordergrund stellen. Ein sehr angenehmer, weicher Tabak. Er wird unterstützt von Tonka/Vanille und cremigen Anteilen (wird wohl der Moschus mit der Iris sein). Die 2. Hauptrolle in der Basis spielen aber die Blumen. Rose kann man noch erahnen, ich finde aber Jasmin bleibt präsenter. Der Duft wird sehr ruhig, sehr entspannt, hier passt er also gar nicht mehr so zum niemals schlafenden New York. Die Süsse ist gut dosiert und unterstützt, der Tabak ist natürlich und kein überaromatisierter Kopfschmerzpfeifentabak.

New York macht für mich eine spannende Entwicklung durch. Garantiert nicht jedermanns Sache, ich mag das. Die Basis ist enorm entspannt, im Gegensatz zum moderner und sogar leicht synthetisch (nicht negativ gemeint) wirkenden London finde ich New York sehr natürlich. Ein toller Duft, ich hatte ihn nur ganz anders erwartet.
Widian-Fans der schwarzen und goldenen Serie die mit London vielleicht etwas fremdelten können hier durchaus auf ihre Kosten kommen, auch wenn die starke Oud-Note hier fehlt.
5 Antworten
MrGaunt vor 7 Jahren 18 3
Spannender Orangenkracher mit weicher Seele
Als Zugabe einer ALZD-Bestellung erreichte mich dieser interessante Duft. Die Memos sind ja eher bekannt für die verschiedenen Lederdüfte, einer davon befindet sich in meinem Besitz. Aber irgendwie hat es mich selten zu dieser Marke hingezogen, so dass ich nur sehr wenige Düfte getestet habe. Es waren vielleicht 4 oder 5, ich bin nicht konsequent mit der Dokumentation besonders wenn ich im Geschäft teste.

Nun denkt man bei dem Namen "Winter Palace" wahrscheinlich erst einmal an orientalische Gewürze, vielleicht auch gemütliches Leder mit Amber. Der Kandidat hier ist aber anders.
Er startet mit einem kräftigen Schwung ätherisches Orangenöl. So wie man es kennt wenn man eine Orangenschale ausdrückt. Wirkt sehr natürlich. Hat aber auch den Effekt dass man zuerst an Orangenöl-Reiniger denkt, ich denke ihr wisst was ich damit meine. Eher medizinisch mit einem Hauch Möbelpolitur. Nicht unangenehm, aber diese Assoziation schwingt einfach mit weil es wirklich sehr orangenölig daherkommt und anfänglich natürlich noch den Alkohol dabei hat.

Die medizinische Putzmittelnote zieht sich dann zurück und es wird alles weicher. Auch wenn in den Noten nicht angegeben spielt für mich eine leichte Holznote mit, eher von der hellen Sorte. Es kann aber auch sein dass diese durch Mate und Tee mitverursacht wird. Dieses Hauptthema hält sich länger: Viel Orange, dazu Tee und/oder Holz zur Abrundung. Das ist sehr gut gelungen und eigenständig. Auch wenn auch Bergamotte dabei ist und Orange ansich natürlich auch eine Zitrusfrucht, empfinde ich den Duft als weniger typisch zitrisch. Mit zitrischen Düften verbindet man eher eine deutliche Frische. Die Orange lässt mich aber eher an Weihnachten denken, die Zeit in der die Mandarinen wieder auf dem Tisch liegen und Bienenwachskerzen angezündet werden.
Interessanterweise erinnert mich der Duft sogar ein wenig an einen Ayurveda-Tee den ich eine zeitlang immer mal wieder getrunken habe, da spielen neben Orange und Tee auch noch Gewürze mit.

Dies bringt uns dann zur Basis. Eine grosse Entwicklung macht der Duft nicht durch. Der Orangenteil tritt etwas zurück, insgesamt wird er weicher und es zeigt sich leichte Süsse. Nicht quietschig, eher die typische vanillige Amber-Süsse wie sie in vielen Düft unaufgeregt mitspielt. Nicht laut, eher sanft. Die Hauptstimmen spielen weiter die Orange mit leichtes Holz/Tee.

Für mich absolut kein zitrischer Frischeduft, aber leicht dosiert sicherlich auch gut an einem schönen Sommerabend zu tragen. Richtig passend sehe ich ihn eher im Herbst und Winter, da kann man auch etwas mehr auftragen und seine weichen Anteile besser zur Geltung kommen lassen.
Eine schöne sehr eigenständige Kreation, das mag ich immer wenn man Düfte sofort erkennt. Vielleicht nicht der komplexeste und umwerfenste, aber ein sehr schöner Wohlfühlduft bei dem ich überlege ob er bei mir einzieht.
3 Antworten
11 - 15 von 30