Norleans

Norleans

Rezensionen
16 - 20 von 65
Shut up and take my money! (Teil 4)
Wenn man Creed gegenüber nicht abgeneigt ist, sich durch die üblichen Verdächtigen getestet hat, landet man irgendwann einmal bei der Exclusive-Reihe. Spice and Wood war von der Duftbeschreibung ein No-Brainer, denn ich wusste, der wird mir gefallen. Pure White Cologne mit seinen Ingredienzen Birne und Reis konnte ich mir nicht wirklich als gut vorstellen, aber ich war damals so schön im Bestell-Wahn…. äh, Flow und so begab es sich, dass ich mir eine kleine Abfüllung ersoukte.

Mein erster Eindruck des Duftes war „frische Bettwäsche aus der Kindheit“. Genauer gesagt, im Bayrischen Wald auf dem Bauernhof der Familie F. Dort waren wir so ca. 1986, ich noch ein Pimpf, im Urlaub. Ich erinnere noch ein Foto, das mich mit der damals äußerst modischen „Rattenschwanz“-Frisur à la Anakin Skywalker, nur halt viel uncooler, auf dem Hof zeigt. Ist ja auch egal, aber genau an diese frische Bettwäsche erinnerte mich PWC beim ersten Kennenlernen.
Die kleine Abfüllung war dann auch sehr schnell leer und es wurde, aufgrund vieler anderer Abfüllungen die benutzt werden wollten, kein Nachschub bestellt. Vor ein paar Wochen erinnerte ich mich an diesen herausragenden Duft zurück und das sonnige Wetter schien sehr passend für diesen Duft. Ich wollte aber diesmal keine Abfüllung, sondern einen Flakon. Da man aber fast einen Bausparvertrag auflösen müsste, um sich solch einen Flakon zu leisten, versuchte ich mein Glück mit dem Start eines Sharings. Dieses füllte sich in Rekordzeit mit sehr netten Teilnehmern und der Duft wurde geordert.

Der Flakon ist eine Augenweide. Er steht da mit einer Form wie der kleine Napoleon. Der Deckel erinnert an einen Zweispitz, die Flakonform an seinen Mantel mit hochgezogenen Schultern, wirklich ein Hingucker. Für das nötige Bling-Bling, das haarscharf am Kitsch vorbeigeht, sorgen die Intarsien aus 10 Karat Gold (entspricht „416er“). Schon sehr besonders.
Beim ersten Schnuppern bereitete ich mich schon auf den Flashback in den Bauernhof vor. Aber der Flashback blieb aus. PWC riecht immer noch unheimlich rein und sauber. Aber auch edler und noch besonderer, als ich ihn in Erinnerung habe. Die zitrische Eröffnung wird schnell um die Birne bereichert, die für den besonderen Twist sorgt und die Zitrik etwas lieblicher und tiefer wirken lässt. Der Reis gibt zusätzlich einen speziellen und für mich seltenen Unterton, der lange nachwirkt. Für mich nicht nur der perfekte, edle und unaufdringliche Büroduft, sondern auch in der Freizeit an sonnigen Tagen mehr als passend.

Obwohl meine Haut nicht sehr hilfreich für eine lange Haltbarkeit ist, nehme ich PWC bis zum Feierabend an mir wahr, nicht stark, aber ich nehme es wahr. Das ist dann wohl etwas stärker als von einem Cologne gewohnt.
Klar, der Preis ist hoch. Ziemlich hoch. Dafür bekommt man allerdings ein besonderes Wässerchen, das man nicht alle Tage riecht. Der Flakon ist einer Augenweide und stützt den aufgerufenen Preis ein wenig.
Pure White Cologne ist mitnichten ein Must-Have. Ich bin froh, ihn in meiner Sammlung zu wissen und freue mich jedes Mal wenn ich den kleinen Napoleon da stehen sehe und noch mehr, wenn ich ihn aufgesprüht habe.

Aus der "shut up and take my money"-Reihe sind bisher erschienen

Roja Elysium PC
Original Vetiver
Green Irish Tweed

im Original geschrieben von William Habenborough, Kurzform Will Haben

Danke fürs Lesen
11 Antworten
Eine wunderbare, klassische Erfrischung
So, Freunde der frischen Unterhaltung. Pour Homme der spanischen Marke Loewe (spanischer kann ein Markenname ja auch kaum klingen, *hüstel) hat mir wirklich einiges abverlangt. Vor Monaten gab es hier einige Kommentare und Statements, die mich auf Pour Homme aufmerksam gemacht haben. Als ich den dann mal in einer Parfümerie gelangweilt rumstehen sah, hab ich zunächst auf einem Papierstreifen getestet. Da fand ich ihn dann leider so überhaupt nicht habenwollend (altherrenmäßig, eindimensional, ihr kennt das...) und das Thema war für mich abgehakt. Der gute ScentPhantom schickte mir dann irgendwann mal eine Abfüllung des Stoffes mit dem Hinweis, dass der an einem lauen Sommerabend so richtig seinen Auftritt haben würde. Erst mit der besagten Abfüllung erfolgte der erste Hauttest und siehe da! Da hat der liebe Pour Homme gleich einiges besser auf mich gewirkt. Obwohl immer noch kein lauer Sommerabend in greifbarer Nähe war, konnte ich das Potential förmlich spüren. Auch bei nasskalten präcoronalen Regen- und Sturmtagen vermochte mich PH zu überzeugen. ScentPhantoms Hinweis zu einer Aktion einer Parfümerie folgend, erwarb ich dann einen Flakon.

Nun bin ich seit zwei Tagen aus meinem alljährlichen Sonnenurlaub zurück. Durchschnittliche Höchstwerte so bei ca. 27°C. Abends, genau: Lau. Perfekte Bedingungen für Pour Homme. Ich hatte zwei Düfte dabei: Pour Homme und Aventus. Währed Aventus kurz nach dem Aufsprühen ziemlich schnell mit Abwesenheit glänzte, zeigte Pour Homme seine volle Loewen-Power. Die beißende, aber nicht zu saure Zitrik, die leichten floralen Noten und der unfassbar gute Moschus ließen mich jedesmal aufs Neue in einem Gefühl der Frische, Sauberkeit und Glückseligkeit dahincruisen. Ich bin kein Freund von allzu dominanter Zitrik. Die hat PH aber sogar in der ersten halben Stunde recht ausgeprägt. Aber sie ist so angenehm verwoben, dass mit ihr nicht diese typische WC-Reiniger-Assoziation einhergeht, sondern lediglich DAS Frischegefühl, das man sich leicht transpirierend in schwülem Wetter wünscht. Die Haltbarkeit empfand ich als überdurchschnittlich. Nachsprühen war- im Gegensatz zu Aventus- nicht notwendig.

Bin gespannt, ob der in ein paar Monaten im deutschen Sommer auch so gut rüberkommen wird (im quietschgelben Outbreak-Anzug soll bei der Umlufteinstellung des Atemgeräts ja eine bombasitische Sillage und Haltbarkeit herrschen). Spaß bei Seite. Pour Homme ist ein ausgezeichneter, klassicher, schnörkelloser Sommer-/Frischeduft mit überdurchschnittlicher Haltbarkeit.

Danke fürs Lesen.
8 Antworten
Creeds Hidden Champion
Wörtlich übersetzt bedeutet royal mayfair "königliche Maimesse". Im englischsprachigen Raum heißt unsere deutsche "Schlossallee" bei Monopoly auch Mayfair. Und hätte der gute AdAstra72 mich nicht mit einem Statement zu RM angefixt, wäre mir echt was entgangen. Denn die Duftbeschreibung "blumig-holzig" ließ mich gruseln.

Bei Herrendüften ist "blumig" in meiner Nase unerträglich. Sei es drum. Ich bestellte mir eine Probe und stellte überrascht fest: Blumig? Schei...äh, vermaledeit, ja!! Sowas von blumig. Aber der Eukalyptus, der Gin-Touch und die Hölzer machen daraus eine wunderbare florale, leicht maskuline und besondere Note, die ich mir nicht hätte ausmalen können. RM ist ein Stöffchen, das die Stimmung hebt, professionell und gentlemen-like daherkommt, bei Schmuddelwetter bis Frühling und Frühsommer (mindestens) sehr gut tragbar ist und mich immer wieder begeistert.

Für einen Creed ist die Haltbarkeit ganz passabel und ich habe einen ganzen Arbeitstag einen edlen Begleiter an mir. Aber auch in der Freizeit macht RM einen sehr guten Job, ist nicht aufdringlich, dafür aber wohlerzogen, edel und besonders. Jeden Morgen muss ich mich bremsen, damit ich RM nicht täglich aufsprühe.
Creed hat einen wahren Underdog kreiert, der bis dato stets unter meinem Radar geflogen ist. So froh ich auch bin, dass dies kein Duft ist der jedem Aventisten (klischeehafte Zusammenfassung derer bitte im Stillen) gefällt, würde ich mich freuen, wenn bei dem einen oder andere das Interesse geweckt werden konnte.

Danke fürs Lesen und kommt gut durch den Sturm.
8 Antworten
Die 90er haben gerade angerufen...
...und wollen die Großraumdiscos zurück.

Ganz ehrlich? Was für ein Zeitreiseduft! Ich schnupperte das erste Mal lediglich am Sprühkopf und war sofort Ende der 90er, ca. Abizeit, samstags in der KuFa in Saarbrücken oder im A65 in Kandel. Die Tieftöner verteilten den Sound von Westbam mit Druck auf den Tanzflächen. Die Cargo-Hosen (ohne Beintasche warst Du ein Loser) wurden durch Stoffgürtel mit austauschbarer Klemmschnalle (meist von Carhartt oder Burton) gehalten, der dünne Lederriemen um den Hals (entweder mit Mini-Holzsurfbrett oder einer kleinen Muschel) lag eng am Hals, die blondierten Spitzen (wegen Offspring, nicht wegen HP) waren obligatorisch
Die Flasche Deperado kostete damals so um die 3 DM, Vodka Red Bull wurde auch warm getrunken und wir hatten die Nächte unseres Lebens.
So einen Flashback hatte ich noch nicht mal mit Nightflight. Dabei besaß ich damals überhaupt kein Sculpture. Aber dieser Duft, oder diese Duftfamilie, repräsentiert für mich alles, was damals gut war.

Nach dem sehr frischen, fast scharfen Start, wird Sculpture schnell etwas schwächer und etwas süßer. Ich werde dabei an eine Schüssel voller Skittles erinnert. Was ich nicht negativ meine. Riecht echt gei..., äh, klasse! Danach schlägt bei mir das Amber so richtig zu und der Duft wird angenehm warm. Die Sillage hält sich in akzeptablen Grenzen. Bei dem Preis ist häufiges Nachsprühen aber kein Problem. Moment, hier sollte ich den Konjunktiv verwenden. Also häufiges Nachsprühen wäre kein Problem, wenn ich ihn aufsprühen würde. Denn Sculpture ist zwar für mich der Trigger in meine Jugend, aber heute möchte ich ihn nicht mehr an mir haben. Trotzdem wird der Tauschflakon behalten, um ab und an mal wieder in die alten Zeiten zu versinken.... schön wars! :-)

Danke fürs Lesen
9 Antworten
Ein Nachruf
Ich muss mich mit dem Schreiben beeilen, bevor die Erinnerung verblasst ist, denn Fucking Fabulous muss mich leider verlassen. Schuld ist mal wieder meine Frau. Nein, falsch. Schuld bin wieder ich, da ich gleich einen kompletten Flakon des Stöffchens erwerben musste (habe ich mir selbst zu Nikolaus geschenkt), ohne die Verträglichkeit mit meiner bessern Hälfte zu prüfen.

Gestern waren wir in den Vorbereitungen uns zu einem jährlich stattfindenen Anlass in Hamburg festlich zu kleiden. Die Dame im Abendkleid, der Herr im Smoking. Ich fragte die Dame, ob ich etwas Frisches oder etwas Schweres auflegen solle. Frisch wäre Aqaysos geworden, schwer eben FF. Ihre Wahl fiel auf schwer. Zack, einen halben Spritzer auf die Brust, einen halben Spritzer auf den Hinterkopf. Unterhemd angezogen und die Treppe runter ins Wohnzimmer, um das bereitgelegte Hemd anzuziehen. So war der Plan, der dann aber ad hoc verworfen wurde und darin mündete, dass ich noch einmal unter die Dusche musste, samt Haarwäsche des bereits gestylten Haares. Was die Abweichung vom zeitlichen Ablauf des durch mich festgelegten Zeitplans bis zur Abholung durch das Taxi anging und den damit verbundenen ehelichen Dialog, will ich hier nicht wiedergeben. Auf jeden Fall fand meine Frau den guten Tom Übelkeit auslösend und so etwas von nicht tragbar. Wenn ich mit ihr in einem Auto säße und den ganzen Abend im Ballsaal neben ihr, würde sie den Abend nicht überleben....

Dabei ist Tom Ford mit FF ein Duft gelungen, welcher mir die schwülstige Orientalistik etwas leichter daherbringt. FF lässt sich nicht so richtig beschreiben, ich rieche Lakritz, etwas Haschisch, Leder, Gewürze und Holz. Nichts was ich besonders mag, aber in diesem Flakon eingefangen einen sehr besonderen und aus meiner Sicht gut tragbaren Duft für viele Gelegenheiten ergibt. Ich kenne nichts, das Ähnlichkeit mit FF besitzt. Aber Achtung! Wenn man mehr als zweimal auf den Abzug drückt, benötigt man in der EU eine Waffenbesitzkarte, da er dann richtig reinhaut und sogar bei mir Kopfschmerzen auslöst. Die Haltbarkeit ist mit der Halbwertszeit von Plutonium vergleichbar. Wirklich überirdisch.

Leider wird mich der gute Fucking Fabulous nun verlassen müssen und ich kann mich guten Gewissens auf die Suche nach einem neuen Duftstoff begeben. Wobei ich ihn schon vermissen werde.

Ach ja, als "Ersatz" kam dann Royal Mayfair zum Einsatz- auch ein genialer Stoff und sehr verträglich mit Frau Norleans.

Danke fürs Lesen
12 Antworten
16 - 20 von 65