Rebirth2014

Rebirth2014

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6 - 10 von 25
Rebirth2014 vor 4 Jahren 12 4
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Flakon
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Sillage
8
Haltbarkeit
9.5
Duft
Träume in der Schlossbibliothek
Durch den verwilderten Schlossgarten hatte ich mir meinen Weg gebahnt und nun stand ich vor dem Haupteingang des Schlosses, welches bizarr in der Abendsonne funkelte. Im Empirestil erbaut spiegelte dieser ländliche Palast all den widerlichen Kitsch dieser Epoche. Selbst eine stilisierte Totenmaske Napoleons hatte das Interieur zu bieten. Mit dieser – oder besser gesagt mit Napoleon – identifizierte sich offenbar der stolze Besitzer, der sich gerne selbst als Kaiser seines kleinen Imperiums bezeichnete.

An meinen letzten Besuch erinnerte ich mich noch all zu gut. Der Schlossherr führte mich durch die Räume des Schlosses, welche an Geschmacklosigkeit nicht zu übertreffen waren. Näher darauf einzugehen würde mir jedoch extremes Unbehagen bereiten, weshalb ich darauf verzichte.

Als Industrie-Mogul der Lederbranche kam Herr Knut – so der Name des eitlen Gockels - dem unangenehmen Drang gerne nach, seinen Reichtum unmissverständlich zur Schau zu stellen.

Doch mich interessierte weder dieser Herr Knut, noch sein hässliches Gebäude, in dem er sich aufgetakelt präsentierte. Zu meinem Glück war er ein paar Tage nach Paris gereist und hatte mir erlaubt weitere Nachforschungen in seiner Bibliothek anzustellen. Damit musste ich nur noch den protzigen Bau, nicht aber den eitlen Pfau in Menschengestalt ertragen.

Der betagte und schweigsame Verwalter öffnete mir das Tor und nickte abwertend in die Richtung der Bibliothek, die sich im einzigen Turm des Schlosses befand. Mit Büchern konnte dieser einfältige Kerl bestimmt nichts anfangen. Aus seinen Augenhöhlen drang spürbar die einsilbige Dummheit eines Neandertalers hervor.

Ich beachtete ihn nicht weiter und wandelte direkt, durch die verborgenen Gänge der Dienerschaft, zur Turmtreppe hinauf. Nun öffnete ich die schwere Tür und ein mysteriöser Duft drang in meine Nüster. Süßlich vergilbtes Papier, herbe Ledereinbände und das schwere Edelholz der Regale bildeten den olfaktorischen Rahmen, in dem meine Leidenschaft sofort aufzulodern begann.

Diesem oberflächlichen Industriellen war entgangen, welche Schätze sich in seiner wahllos zusammengewürfelten Bibliothek verbargen. Während er offensichtlich davon ausging, ich würde für ihn die Geschichte der Grundmauern seines renovierten Schlosses recherchieren, verhoffte ich mir tatsächlich eine seltene Ausgabe des Necronomicon unter den Nagel reißen zu können, von dessen Existenz dieser neureiche Narr noch nicht einmal etwas ahnte. Besonders lustig erschien mir hierbei, dass Herr Knut sogar ein berufliches Interesse an dem Buch haben müsste, da der Einband einst aus Menschenhaut gegerbt wurde. Durch Zufall war ich bei meiner ersten Begehung der Bibliothek direkt auf das Necronomicon gestoßen und wollte nun die Gunst der Stunde nutzen, um es zu bergen.

Das Innere der Bibliothek war ungewöhnlich asymmetrisch geformt. Der Blick zur Decke konnte verwirren, da weder ein Vordergrund noch ein Hintergrund eindeutig ausgemacht werden konnte. Zusätzlich betäubend wirkte dieser stickige Geruch des Staubes, der wie eine unsüße Zuckerkruste auf den Büchern lag. Es raschelte darin und manche der alten Bücher zeigten sogar Rattenfraß.

In diesem Moment huschte eines dieser grässlichen Nagetiere an meinen Füßen vorbei, blieb an einer Stelle des Regals stehen, als wollte es mir etwas zeigen. Schwerer und stickiger wurde die Luft um mich herum, als ich mich auf das Nagetier zubewegte. Vom Schwindel erfasst sank ich zu Boden und stellte fest, dass die Ratte ein menschliches Gesicht besaß. Die Kreatur sah aus, als hätte sie das Gesicht des Herrn Knut; nur verzerrt durch die wuchtigen Nagezähne, die einen großen Teil der Unterlippe bedeckten.

Mit ebenfalls menschenähnlichen Händen zeigte diese grauenhafte Miniatur auf das Buch, welches nun direkt vor meiner Nase lag. Ein unbeschreibliches Grauen ergriff mich, denn alles Vertraute versank in einem Strudel aus Wahnsinn. Ich war verbunden mit einer uralten Welt, einem auf der einen Seite verzaubernden Geruch, der meinen Neigungen zu Abenteuern und unergründlichen Mysterien verheißungsvolle Versprechen machte - und auf der anderen Seite der reine visuelle Horror.

Umringt von dämonischen Gestalten und einer an meinem Körper nagenden Ratte, die unentwegt sagte: „Denkst Du wirklich ich habe Dich nicht durchschaut! Du bedauerliche Kreatur! Ich bin der Kaiser meines Imperiums!“, versank ich in einen tiefen Schlaf, welcher in süßwürzigen Woken aus Popcorn davongetragen wurde; gefangen in den Erinnerungen eines Eindringlings.

4 Antworten
Rebirth2014 vor 5 Jahren 18 6
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Flakon
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Sillage
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Haltbarkeit
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Duft
Nicht perfekt, aber perfekt für mich
In den letzten Monaten musste ich mich auf Parfumo in meinen Aktionen sehr zurückhalten. Dies lag weder an der hervorragenden Community, noch an meiner Liebe zu Parfums. Vielmehr gewann ich die Erkenntnis, dass die Wahrnehmung eines Duftes eine dermaßen subjektive Empfindung ist, die - bei allen Vorlieben - nicht immer zur eigenen Stimmung und ganz besonders nicht zum eigenen Lebensstil passt.

Primär verliebte ich mich in den letzten Jahren in Düfte der orientalischen Richtung (besonders Amouage), nur um dann festzustellen, dass es mittlerweile kaum noch Situationen gibt, in denen ich diese (er)tragen kann. Auch Fougeres, die in der Basis satt, waldig und grün stehen, gingen mir bei aller Zuneigung letztendlich auf die Nerven. Woran dies lag?

Vom Couchpotato, mit über 20 kg Übergewicht, fand ich zu einem aktiven Lebensstil zurück. Zunehmend musste meine träge und kuschelige Grundhaltung meinem wiederentdeckten Bewegungsdrang weichen. Anfangs hielten sich Ruhetage und Aktionstage noch die Waage. Rauchige, schwere Düfte oder wuchtige Fougeres begleiteten mich durch die gemäßigten Tage, sowie auf Wanderungen im herbstlichen Wald. Doch Jahr für Jahr erhöhte sich mein Sportpensum und damit auch die im gleichen Maße entstandene körperliche und olfaktorische Belastung.

Nachdem mich einmal die Reste von Amouage Interlude des Vorabends beim harten Intervalltraining fast zum Erbrechen brachten, als ob jemand neben mir räuchern würde, beschloss ich meine Duftschätze nur noch sehr selten und mit Bedacht einzusetzen (Festtage, Ausgehen usw.) und ich experimentierte gefrustet mit frischen Düften aus dem Mainstreamsegment. Kein Duft aus diesem Bereich wollte mir gefallen, da entweder die Kopfnote zu synthetisch frisch (Spülmittel) oder die Basis unglaublich klebrig süß (Tonka) eine innere Abwehr erzeugten. Es wollte einfach nichts mehr passen bzw. erzeugte jeder Duft im Tagesverlauf ein gewisses Ekelgefühl.

Irgendwann erinnerte ich mich an "Acqua di Parma Colonia Club" und ich kaufte mir in meiner Verzweiflung einen kleinen Flakon. Beim Sport getestet, begeisterte mich die unglaublich frisch-perlige Kopfnote sofort. Diese vermittelte mir das unvergleichliche Gefühl, das wahrscheinlich jeder kennt, wenn man seinen Durst mit Bitter Lemon, Orangina oder San Pellegrino löscht: Bitzelnde Kohlensäure, die ätherischen Öle der Zitrusfrüchte, mit den bitteren Anteilen der Schale und die kristalline, zuckrige Süße beleben sofort Körper und Geist.

Als Colonia neigt der Duft auch nicht dazu, sich in einer übersteigerten Sillage oder Haltbarkeit zu verlieren.

In der zweiten Phase entwickelt sich eine grüne Seifigkeit, die ein gepflegtes Gefühl vermittelt. Leichte Fougereankläge schwingen mit. Die Minze bleibt immer noch perlig und löst einen weiteren Frischekick aus.

Eine eigentliche Basis gibt es nicht. Gut so, denn diese würde bei sportlichen Belastungen wieder ein gewisses Ekelgefühl bei mir auslösen. Vetiver, Moschus und Ambra erzeugen (wahrscheinlich durch das Harz in der Herznote) nur einen trockenen und weichen Kontrast zur Frische. Nach zwei Stunden zieht sich der Duft hautnah zurück.

Bewerte ich den Duft als Komposition im klassischen Sinne, so muss ich ihm den Vorwurf machen, dass er eindimensional und ohne Drydown wesentliche Elemente der Parfumkunst verschenkt. Doch in meinem Fall ist dieser „Fehler“ ideal und beschert mir einen Alltagsduft, der zu meinem Leben und meinem Empfinden perfekt passt.

Wer ähnliche Erfahrungen, wie die von mir geschilderten, machen musste, dem sei "Acqua di Parma Colonia Club" zum Testen empfohlen. Alle anderen werden sich vermutlich an der überzeichneten Minze und der fehlenden Basis berechtigt stören.

In die gleiche Richtung (der perlende Effekt) ging übrigens auch der Duschschaum von "Rituals Samurai Yuzu", der leider eingestellt wurde.
6 Antworten
Rebirth2014 vor 6 Jahren 7 1
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Flakon
10
Sillage
10
Haltbarkeit
9.5
Duft
Ein olfaktorisches All Hallows' Eve
Weshalb fühlen wir uns von morbiden Themen oft stark angezogen? Widersprechen diese doch allem, was das Leben uns versüßen könnte und an Schönheit bietet. Gerade jetzt, zu Halloween, lassen sich viele Menschen von den phantastischen Kreaturen der Nacht (ob Legende oder reine Fiktion) inspirieren und stellen sich dem vermeintlichen Schrecken.

Psychologisch gesehen ist dies ein Spiel mit der Angst, das uns in der Konfrontation um so mehr verdeutlicht, wie schön es doch ist, den Komfort und die Geborgenheit unserer aufgeklärten Welt jeden Tag genießen zu dürfen.

Der Verlauf der Menschheitsgeschichte birgt Geheimnisse, die auf einer Prägung mehrerer Kulturen bzw. Zeitalter resultieren. Der Ursprung unseres heutigen Gruselspaßes „Halloween“ geht auf das irische „All Hallows' Eve“ zurück.

In der Nacht vom 31. Oktober auf den 1. November vereinen sich im "All Hallows' Eve" keltische Bräuche mit dem christlichen Glauben. Genaue Abgrenzungen und Herleitungen sind kaum möglich, doch in allem schwingt die Urangst vor der eigenen Vergänglichkeit und dem unausweichlichen Lebensende mit.

Auch Gerüche können dieses Thema bewusst oder unbewusst aufgreifen. Amouage Interlude ist ein solches Parfum - bei dem mehr Wirkung erzeugt wird, als man vermutlich ursprünglich plante. Bestimmt sollte erneut ein orientalisches Parfum komponiert werden, bei dem nun Opoponax die Hauptrolle spielen sollte. Doch Prägungen und Assoziationen erzeugen ihre eigene Wirkung:

Frisch aufgesprüht blitzt kurz die zitrische Kopfnote auf, die jedoch nur einen Moment den Sturz in den olfaktorischen Abgrund verhindern kann. Schnell verbindet sich eine krautige Note mit dem sofort in Szene gesetzten Opoponax.

Jeder, der schon einmal einen Leichengeruch in der Nase hatte, wird bestätigen können, dass dieser eine unerträglich stechende, faulige und modrige Penetranz besitzt, die jedoch mit einer schwer zu vermittelnden süßen Duftnote eingeleitet wird. Das Baumharz Opoponax besitzt im Ansatz diese süße Komponente des Leichengeruchs. Einzig das anschließende Ekelgefühl stellt sich (zum Glück) nicht ein.

Wie bei Amouage üblich, wird das Hauptthema in der Duftentwicklung kunstvoll umspielt. Weihrauch, Patchouli und Sandelholz gestalten das Wechselspiel aus Rauch, Würze und schwerer Süße.

Trotzdem kann Interlude seine morbide Wirkung selbst in der Basis – dann dominieren der waldige Patchouli und das liebliche Sandelholz – nie ganz ablegen. Das Bild einer welkenden Rose, welche die Vergänglichkeit veranschaulicht, passt hier sehr gut.

Während solche Assoziationen im Alltag bei unserem Umfeld meistens nicht besonders gut (bis befremdlich) ankommen dürften, verzaubert die schwere Seele des Duftes den Träger in ruhigen Momenten und kann durchaus eine sehr starke Faszination auslösen.

Trotz oder gerade wegen seiner olfaktorischen Abgründe besitzt Interlude zu Recht eine große Fangemeinde (zu der ich mich selbst zähle). Dies liegt vielleicht (in meinem Fall sogar mit Sicherheit) an den eingangs beschriebenen Gründen, einem olfaktorischen „All Hallows' Eve“ immer begegnen zu können, wenn uns ein morbider Kontrast einmal wieder verdeutlichen kann, was das Leben – in seiner unabdingbaren Vergänglichkeit - alltäglich bietet.

In diesem Zusammenhang passt dann sogar der Name „Interlude“ (Zwischenspiel) sehr gut.

Noch ein paar abschließende Worte möchte ich über die übermäßige Sillage und Haltbarkeit verlieren. Diese passen nicht zur dargestellten Thematik und springen jeden im näheren Umfeld an. Das sollte man bei einem Kauf im Hinterkopf behalten. Ein bis maximal zwei Sprühstöße halten mitunter bis zu zwei Tagen an (wenn versehentlich etwas an die Kleidung kommt auch deutlich länger). Wer davon 100 ml besitzt, hat für ein Menschenleben ausgesorgt. ;-)

1 Antwort
Rebirth2014 vor 6 Jahren 20 7
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Flakon
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Sillage
9
Haltbarkeit
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Duft
Elementar und nahezu perfekt.
Mit meinem Rennrad fahre ich am Rhein entlang. Mitten auf der alten Hafenstraße drücken sich Wildkräuter durch den porösen Asphalt. Auch die Uferböschung ist von Pflanzen überwuchert, die den Duft ätherischer Öle verströmen. Ringsherum herrscht hektisches Treiben. Die Arbeiter der Malzfabrik beladen gerade ein ankerndes Schiff. Über eine Rinne perlen Körner auf die Ladefläche. Es staubt ein wenig und duftet dabei malzig süß. Die Sonne wärmt den Rhein, der kontrastreiche, frische Akzente verdunstet. An diesem Ort vereinen sich die Elemente: Süß-staubige Luft, frisch-kühler Wasserdunst, krautig-blumige Erde und trocken-wärmende Sonnenstrahlen. Mit allen Sinnen erfasse ich das Szenario und ich fühle mich unendlich frei und glücklich.

Amouage "Reflection Man" entspricht diesem Szenario. In der Kopfnote dominiert kurz der rosa Pfeffer im Zusammenspiel mit dem grünen Rosmarin. Damit wird die krautige Natur betont. Doch sehr schnell kommt ein Kontrast aus weißen Blüten hinzu. Durch das Zusammenspiel des milden Pfeffers mit der hellen Orangenblüte, entsteht die Illusion von kühlem Wasserdunst. Die Basis, mit ihrer pudrigen Süße, arbeitet sich langsam ins Zentrum des Duftes vor. Doch waldiger Patchouli und holziger Vetiver verkörpern erneut eine Facette der Natur. Der Kreis schließt sich. Alle Kontraste gestalten einen äußerst harmonischen Spannungsbogen. Im Gesamteindruck wirkt dies sehr hell, offen und trocken. Man kann hier schlecht von festen Duftakkorden sprechen, da sich die einzelnen Duftnoten immer wieder neu anordnen.

Mazzolari „Hartley“ und Bond No. 9 „Chinatown“ gehen in eine ähnliche Duftrichtung, erreichen aber nicht die Perfektion von Amouage "Reflection Man", da sie eine starke bis aufdringliche Sillage besitzen und damit verschiedene Akkorde im Duftverlauf einzeln betonen und strukturieren. Die Freiheit, die Refelction bietet, ist nach meiner Meinung eine Meisterleistung. Dass dies auf Kosten der Sillage geht, sollte nicht verwundern.

Ein weiterer Nachteil, neben der schwachen Abstrahlung des Duftes, liegt im Gewöhnungseffekt, der sich mit der gefälligen Harmonie einschleicht. Wenn ich Reflection zwei Tage hintereinander trage, dann nehme ich ihn kaum noch wahr. Dies liegt daran, dass mich absolut keine Duftnote stört. Nichts sticht merklich hervor und damit wird der Duft wohl sehr schnell vom Gehirn als unbedenklich bzw. ungefährlich eingeordnet und total ausgeblendet. Bei Hartley und Chinatown wirkt eine leicht stechende Duftnote (nicht unangenehm, eher etwas – im positiven Sinne - fordernd) und eine „dickere“ Basis dem Gewöhnungseffekt sinnvoll entgegen. Deshalb stellt Amouage "Reflection Man" für mich keinen Alltagsduft dar, sondern bleibt in seiner harmonischen Perfektion ein Ideal für besondere Momente; und für manchen Kritiker vielleicht auch nur (als Analogie) ein Traum, aus dem sie aufzuwachen versuchen:

"Haben Sie sie jemals genau betrachtet, bestaunt wie makellos und schön sie ist? Milliarden Menschen leben einfach vor sich hin, und haben keine Ahnung. Wussten Sie, dass die erste Matrix als perfekte Welt geplant war, in der kein Mensch hätte leiden müssen? Ein rundum glückliches Leben! Es war ein Desaster. Die Menschen haben das Programm nicht angenommen. Einige von uns glauben, wir hätten nicht die richtige Programmiersprache, um euch eine perfekte Welt zu schaffen. Aber ich glaube, dass die Spezies Mensch ihre Wirklichkeit durch Kummer und Leid definiert. Die perfekte Welt war also nur ein Traum, aus dem euer primitives Gehirn aufzuwachen versuchte.“ (Zitat von Agent Smith, aus dem Film Matrix)



7 Antworten
Rebirth2014 vor 7 Jahren 23 4
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Flakon
8
Sillage
8
Haltbarkeit
9.5
Duft
Nur für Damen oder da men???
Auf irgendeiner Familienfeier (ich erinnere mich nicht mehr so genau), brachte meine Tante einen amerikanischen Freund mit. Nach kurzem Smalltalk – in gepflegtem Denglisch - verkniff der schon etwas betagte Mann das Gesicht und meinte: „Oh, I have to go to the toilette. Immediately!“. Offensichtlich hatte er den „German Sauerbraten“ nicht so ganz vertragen. Schnurstracks lief er zur Damentoilette und öffnete die Tür, als ihm meine Tante entsetzt hinterher rief: „Not of this Toilette gehen! It's only for the Frauen!“ Er schnaubte, als sei nun ohnehin schon fast alles zu spät, und fluchte: „Frauen? What the hell?“ Er zeigte erbost auf das Schild und las lautstark vor: „Da men!“ Dann trat er ein und erledigte, was er zu erledigen hatte. Natürlich echauffierte sich die Festgemeinschaft: „Ein Mann auf der Damentoilette! Das geht doch nicht!“

Nach der hier auffindbaren Kategorisierung von Bond no. 9 Queens, ergeht es mir ähnlich. Von der Manufaktur selbst noch als Unisexduft vermarktet, lassen sich Händler und Kunden nicht täuschen: „Der Duft ist blumig, fruchtig, süß und buttrig. So etwas, also bitte, tragen nur Damen!“

Auch ich würde gerne in Unkenntnis verweilen und erbost: „Da men!“, rufen. Doch stimme ich zu, dass die Mischung wohl eher feminin zugeschnitten ist. Die Brombeerenote, welche einer Marmelade gleicht, feinwürziger Kardamom und ein Fond aus cremigem Sandelholz, Amber und Moschus, ist dermaßen lecker, dass ich sofort an Muffins und Biskuit erinnert werde. Das ist natürlich nichts für echte Männer, die Bier und Bratwurst zelebrieren; schon klar.

Ein heller Blütenduft durchzieht zusätzlich die Komposition und verleiht ihr einen feinen Kontrast. So wirkt der gourmandige Anteil noch reizvoller: Eine feine Biskuitrolle, direkt aus dem Ofen!

Jungs! Erzählt mir bitte nicht, dass ihr den Sonntagskuchen nur wegen eurer Frau, Mutter oder Oma in euch hineinzwängt und euch in diesem Moment ein Steak in kräftiger Biersoße lieber wäre! Auch wenn ihr danach wieder auf eurer Harley den harten Mann markiert, die Krümel kleben euch immer noch verräterisch im Mundwinkel!

Legt man also die Konventionen erst einmal ab oder ignoriert sie in vermeintlicher Unkenntnis, entfaltet sich ein blumiger Gourmand, der ganz unisex schmeichelt und gefällig ist. Gleiches gilt übrigens für Chinatown, der einen ähnlichen Charakter aufweist und sogar noch feiner verwoben ist.

Unbelehrbare Vollmachos und Gegner/innen meiner Argumentation dürfen sich natürlich gerne der einleitenden Metapher bedienen und meinen Kommentar als absoluten Griff ins (Damen)Klo bezeichnen. Ich gebe es ja zu: Letztendlich suchte ich nur nach einer Berechtigung für mich selbst, um diesen Duft nun auch als Mann tragen zu können. :-D
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