Reckoner

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11 - 15 von 19
Reckoner vor 12 Jahren 18 8
2.5
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7.5
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7.5
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7
Duft
Die Kunst der Intrige.
L'Eau Neuve - Figaro by Thomas Fontaine


Turandot, die Prinzessin, die jeden Freier köpfen lässt, der ihre Rätsel nicht lösen kann, hat es auf den Punkt gebracht.

Der Kammerdiener des Grafen Almaviva, überrascht, wie es einem Verführer ansteht.
Mal im ernst, bei einem Kerl, der Bergamotte, Grapefruit, rosa Pfeffer und Seekiefer auf der Stirn stehen hat, erwartet man doch Frische, durchaus Saueres, zumindest deutlich Herbes und Schärfe.
Niente.

Figaro entsprich voll und ganz der Figur Beaumarchais.
Er formiert Widerstand und entwickelt ein kompliziertes Intrigenspiel.

Wie auch Turandot empfinde ich den Duft zu Beginn auffallend geschmeidig. Woher kommt das? Was passiert da gerade?
Die Kiefer scheint hier noch die ehrlichste Note in diesem komödiantischen Intrigenspiel.

Figaro bleibt auch im Verlauf ein nach wie vor durchtriebener und intriganter Schmeichler. Zugegeben in durchaus kleidsamen, würzigem Gewand.

Und was wäre ein Kammerdiener ohne Puder. Ganz ohne Iris empfinde ich den Duft pudrig. Auch hier geht es mir ähnlich wie der Prinzessin. Ein würzig luftiges Puder, ja.

Ich weiß, ich wiederhole mich, aber die Prinzessin hat schon wieder Recht. Auch ich nehme Figaro ganz und gar nicht als einen typischen Vetiver-Duft wahr.
Das Gras bleibt hier lediglich im Hintergrund und rettet den Duft vor der klebrigen Süsse des Sandel-Styrax-Tonka Trios.
Gut macht es das.

Was schlussendlich nach all den Intrigen bleibt, ist ein sehr aromatisch, grün, holziges Eau de Parfum. Irgendwie schön.

Nebenbei sei erwähnt, dass im Theaterstück „Der tolle Tag“ von Beaumarchais, in welchem der Kammerdiener wütet, die Intrigen des Figaro komischerweise nicht so recht funktionieren wollen. Am Ende erweisen sich, wie so oft im Leben, die Frauen als die besseren Strategen.

Mich konnte Figaro, so clever und interessant er auch intrigieren mag, letztlich nicht überzeugen.

PS an Turandot:
„Prinzessin, die jeden Freier köpfen lässt, der ihre Rätsel nicht lösen kann“, das hast Du gut gemacht.
8 Antworten
Reckoner vor 12 Jahren 15 8
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7
Duft
"2 : 1 - und doch verloren!" oder "Die herzlose Welt des Tom Ford"
Grey Vetiver by Tom Ford

nachdem ich schon einige Fords insbesondere aus der Private Blend Reihe getestet habe, trat ich, zugegeben, Grey Vetiver eher voreingenommen entgegen, ja sogar ein wenig skeptisch.

Vieles, was ich bisher aus dem Hause Tom Ford getestet habe, hat mich anfangs über Gebühr beeindruckt, dann aber im Verlauf meist maßlos enttäuscht. Die Preis-Leistungs-Debatte will ich an dieser Stelle gar nicht eröffnen. Auch unabhängig vom Blick in den Geldbeutel trat Enttäuschung ein.

Obwohl Grey Vetiver zweifelsohne zu einem der besten Tom Fords gehört, nehme ich diesem Duft heute zum Anlass, einen Versuch zu starten, herauszubekommen, was es ist, was mich am Hause Tom Ford stört.

Gerade heraus, Tom Ford ist herzlos.

Tom Ford ist rein nach Gesichtspunkten des Marketings ein perfekt geführtes Label. Straffe Zielgruppen. Positionierungen stimmen. Konsistent und kreativ wird mit sämtlichen Marketinginstrumenten auf höchstem Niveau jongliert. Und Erfolg gibt Recht.

Aber wer ein wenig über Marketing nachdenkt, oder etwas davon versteht, wird bemerken, wenn auch nur unterbewusst, dass diese "perfekten", am Reissbrett inszenierten Phänomene oft doch wenig Geist, wenig Herz haben.

Erfolgsgeschichten, die eher rein zufällig entstehen, wo Menschen etwas intuitiv richtig gemacht haben, ohne es zu wissen, erreichen uns in einer anderen Dimension. Leidenschaften, Künste die plötzlich, planlos in meist faszinierender Eigendynamik wahrgenommen und ins Rampenlicht katapultiert werden berühren uns. Weil wir das Herz sehen.

Mir scheint, dass diese Betrachtung ein Sinnbild für die Düfte Fords ist.
So auch für Grey Vetiver.

Nach einem fulminanten Auftakt mit einer sehr speziellen, wirklich schönen zitrischen Vetivernote, die die Erwartungen auf das Kommende in schwindelige Höhen schraubt, kehrt große Enttäuschung ein. Wo ist nun das ebenso besondere Herz? Wo?

Klar ist dieses Vetiver-betonte Herz laut und kraftvoll und lang und nachhaltig. Aber Charakter vermisse ich vollends. Und was ist ein Herz ohne Charakter?
Bestenfalls langweilig.

Laute, kraftvolle und nachhaltige Langeweile ist schwer zu ertragen.

Ganz ähnliche Erfahrungen habe ich mit Jean-Claude Ellenas Vetiver Tonca gemacht, nur das dessen Vetiver zudem mit der kaum erträglicher Süße der Tonca verbandelt ist. Unter dieser Süße aber erkenne ich ein ganz ähnlich herzlos, lautes Vetiver wie auch hier bei Grey Vetiver.

Nach Stunden dann, wenn sich das Gras zurückzieht, offenbart sich noch einmal eine wirklich schöne Basis, in der ich mich so wohl fühlen könnte.
Das nimmt mich wiederum ein wenig für diesen Duft ein. Denn die meisten anderen Ford-Düfte konnten auch diesbezüglich bei mir nicht punkten.

Köpfe.
Ja, das kann er, der gute Tom und Regie führen.

Fazit: eine toller Kopf, ein schöner Bauch, kein Herz. Macht 2 : 1 und trotzdem verloren.
Denn, sorry Tom, ich hab kein Bock auf herzlose Angelegenheiten.
8 Antworten
Reckoner vor 12 Jahren 13 6
2.5
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9
Duft
Hassliebe bezeichnet eine starke emotionale Beziehung zu jemandem oder etwas, die sich mal in Zu-, mal in Abneigung äußert.
Red Vetyver by Pierre Montale

Das trifft es ziemlich gut, was mich mit Red Vetyver von Montale verbindet, Hassliebe.

Wie alles anfing.
Auslöser mich Red Vetyver zu widmen, waren die vielen Beiträge hier, die eine gewisse Nähe zum Blockbuster Terre d‘Hermès von Jean-Claude Ellena zusprachen.

Terre d'Hermès war einer dieser Düfte, die mir zwar gefallen, mir aber auf eine bestimmte Art und Weise schnell langweilig wurden.

Dass man es an jeder Ecke duften durfte und bis heute darf, war dabei eher zweitrangig.
Ich erinnere mich noch recht gut daran, wie froh, ja dankbar, ich war, dass man Ende der Achtziger nahezu tagtäglich z.B. Diors Eau Sauvage oder Chanels Pour Monsieur ausgesetzt war. Herrlich.
Nein, der Mangel an Exklusivität ist es nicht, der mich stört.
Es ist der Mangel an Individualität und ich fürchte auch der Mangel an Qualität.
Zuviel Zeitgeist, zu viel Iso-E Super.

Eine Alternative in genau diese Richtung klang also vielversprechend für mich.
Auf die Pirsch. Eine Abfüllung war schnell besorgt.
Und ja, die beiden Düfte waren sich nah, wenn gleich ich nicht so weit gehen würde, wie der hoch geschätzte Apicius, hier gleich die „Entweder-Oder-Karte“ zu ziehen. Die Unterschiede beider wurden hier schon ausgiebig besprochen. Die trockene Schärfe des Pfeffers, die herb-fruchtige Schönheit der Grapefruit, die kühle Dezenz des Holzes.

Aber vor allem unterscheiden sich beide Kompositionen hinsichtlich ihrer Anmutung und Komplexität. Die Dame im roten Kleid besitzt deutlich mehr Tiefe und Charakter, hat es so gar nicht nötig stylish wirken zu wollen. Sie will nicht individuell, eigenwillig erscheinen. Sie IST individuell uns eigenwillig. Bis ins letzte Haar.
Unzähmbar. Ungewollt, unbewußt, ganz selbstverständlich. Femme Fatale.

Ich liebe diese weltfremden Erscheinungen.
Leidgeprüft weiß ich, dass es für einen Mann besser ist, solch Wunderwesen aus der Distanz zu bewundern. Ihnen zu verfallen, sich Ihnen hinzugeben, führt fast immer zu Chaos und Zerstörung.

Es gibt keine Zukunft mit Ihr. Kein langweilig, schöner Alltag, kein partnerschaftliches Selbstverständnis, keine tiefe Vertrautheit. Nach der ich mich doch auch so verzehre.

Wir würden uns lieben, schlagen, hassen.
Immer wieder aufs Neue.

Ja, ich hassliebe Sie, die Dame im roten Kleid.
6 Antworten
Reckoner vor 12 Jahren 20 10
5
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Duft
Wenn die Druckdifferenz zwischen Amberieu und Toulon mehr als 5 hPa beträgt, muss man besonders in der Provence und in der Camargue mit signifikanten Windböen rechnen.
Maestrale von Profumi di Pantelleria

Maestrale ist ein leicht veralteter Ausdruck für das Wort Mistral.
Hier hat Profumo di Pantelleria dieses Thema lakonisch und doch so perfekt in Szene gesetzt. Uns wird hier die Geschichte eines Windes erzählt.

Mächtig und stark übermannt der trockene Wind die südfranzösische Küste.

Eine wirklich turbulente Kopfnote bei der Bergamotte, Lavendel und Rhabarber wie in einem Strudel sich trudeln und drehen. Dabei ringen die drei kampfeslustig wer gerade das Sagen haben darf. Auf der Haut ist das sehr schön. Diese virile Frische erfindet sich immer wieder aufs Neue. Ich mag das sehr.

Im Zusammenspiel der Drei entwickelt sich mit zunehmend sanft durchbrechender Herznote eine ausnehmend schöne und sehr besondere, sanfte Frische, fern der altbekannten und weit verbreiteten zitrischen Ouvertüren.

Dann weißer Rum. Die See.
Die Luftmassen wehen jetzt stetig, verlässlich in gleichmässigem Strom und tragen dezent die über dem Land aufgenommene Würze aufs Meer hinaus.
Sie verlieren ihr Tempo. Wolkenlos ist der Himmel, Spiegelglatt wird die See, Stunde um Stunde. Schiffsplanken von Zedernholz und etwas Gras treiben an uns vorüber.

Eine ungewöhnlich Ruhe kommt auf. Meditative Harmonie.
So faszinierend. So positiv.

Übrigens:
Die Meteorologen sagen, dass ein Mistral nicht nur eine weite, weite Fernsicht mit sich bringt, sondern dass sich in der darauffolgenden Nacht ein beeindruckender Sternenhimmel offenbart.

Ich bin gespannt.
10 Antworten
Reckoner vor 12 Jahren 7 5
2.5
Flakon
5
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5
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6
Duft
ICH WOLLTE EUCH MAL GEFÄLLIG SEIN:
Da ich gebeten wurde, mich knapper zu fassen,
versuche ich mich mal an einer Kurzversion.

Das ist alles sehr schön, sehr dezent, sehr rund, sehr gefällig
und sehr langweilig.
5 Antworten
11 - 15 von 19