Aus dem Leben eines blinden Blindtesters
Ich kann nicht sehen. Es ist also nicht nur ein mittelguter sprachlicher Joke, sondern auch eine handfeste Tatsache, das jeder Sprüher aus einer Duftprobe ein Blindtest für mich ist. Ich habe meine Mittel und Wege, die Beschriftung von Duftproben zu erfahren (Leute fragen, bestimmte Smartphone apps), aber oft mache ich das ganz bewusst nicht und schaue, was passiert.
Ich bestelle meine Proben oft bei ALZD oder essenza nobile, weiß daher immer, was kommt. Nur nicht, was was ist. Und so passiert es wirklich oft, dass ich auf den Sprüher einer Probe drücke und felsenfest zu erkennen glaube, dass es sich hier um den wunderschönen, grünlich feigenfruchtigen Duft handeln muss, von dem ich so lange so viel gelesen und den ich mit Spannung erwartet habe. Und dann stellt sich bei der Gegenprüfung raus: Ja, ich habe den lange gespannt erwartet, aber es ist der dunkelrauchige Whiskeyfassknarzer. Und in meiner Wahrnehmung macht beides Sinn.
Auf diese, manchmal unfreiwillige Art, lerne ich immer wieder, wieviel Wahrnehmung mit Erwartung zu tun hat, wie sehr einzelne Noten oft Schall und Rauch sind. Der schönste Schall und Rauch der Welt, aber doch ganz schön wandelbar. Keine bahnbrechende Erkenntnis, ich weiß, aber ich finde es immer aufs Neue erstaunlich. Mich macht das bescheiden. Am Ende stelle ich auch nach vielen Jahren der Beschäftigung mit Düften immer wieder fest: Ich bin kein Experte, ich bin ein Begeisterter. Gibts Schlimmeres, finde ich.
Schöner Blogbeitrag!
Meine Blindproben gestalten sich oft so, dass ich mir in der Dunkelheit meine Abfüllungskiste vornehme und versuche, die Düfte wiederzuerkennen. Selbst das gelingt nicht immer und manchmal rätsele ich eine lange Zeit, bevor ich dann doch aufgeben muss.
Jedenfalls cool, dass Du dabei bist.
Wir lassen uns unbewusst sicherlich irgendwie lenken und wenn dies ausgeblendet wird, so empfindet man manch wunderbar angepriesenen Duft furchtbar oder anders herum.
Wer die Begeisterung verliert und einfach nur testet, um zu testen, ist nicht glücklich dabei.
Düfte transportieren Emotionen, Erinnerungen.
Es gibt noch viel zu entdecken und das mit Herz und Spaß!
Viel Freude bei deiner weiteren Schnüffelreise.
Meine Neugier ist auch nach anderthalb Jahren (ja, ich weiß, ich bin quasi ein Baby) Duftreise ungebrochen. Immer wieder gibt es Überraschungen und ab und zu hebt man gar einen Schatz 😊
Ich hab mir (bei Parfum) die Erwartung abgewöhnt, meine Vorstellung stimmt eigentlich nie. Die Neugier ist geblieben.