Ronin

Ronin

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41 - 45 von 50
Ronin vor 13 Jahren 5 5
5
Flakon
7.5
Sillage
7.5
Haltbarkeit
5
Duft
Überraschung, ich mag dich nicht!
Zuerst einmal vielen Dank an Very für die großzügige Probe. Die würde für einen nicht zu kurzen Urlaub reichen. Nur werde ich Voyage ganz bestimmt nicht mitnehmen. Das vorweg. Ich testete den Duft jetzt mehrmals, um herauszufinden, was ich an den Duft nicht mag, so richtig ergründen konnte ich es nicht.

Vier Hermès-Düfte besitze und liebe ich: Terre d’Hermès, Kelly Calèche und Concentré d'Orange Verte aus der Ellena-Zeit und Eau d'Hermès. So unterschiedlich sie sind, von allen bin ich begeistert. Bei den Kommentaren hier vermutete ich einen Brückenschlag zwischen Sexy Kelly und Serious Terry (Terre), die wenigen Kritikpunkte der Granden der Community schreckten mich nicht. Die spielen eh in einer anderen Duftliga wie ich.
Beinahe hätte ich den Duft blind gekauft. Zum Glück ist er sehr weit verbreitet und steht in jeder Parfümerie griffbereit. Der Tester ist oft leer, was für eine gewisse Popularität spricht. Und populär ist er wahrlich. Keine Fahrt im überfüllten öffentlichen Nahverkehr ohne einen Hauch Voyage in der Luft. In solchen Situationen mag ich den Duft. Etwas undefiniert grün-fruchtig, etwas synthetisch, aber sympathisch.
Als ich den Duft erstmals auf meiner Haut testete, wusste ich endlich, welch durchaus charakteristischem Duft ich in letzter Zeit so oft begegnet bin. In der ersten Minute war ich begeistert, aber je länger der Duft auf meiner Haut war, desto penetranter empfand ich ihn. Dank Verys Probe hatte ich jetzt Gelegenheit, diesen Test oft zu wiederholen. Es ist immer das gleiche: Die frische Kopfnote hält und hält und hält und ich empfinde sie gar nicht mehr sympathisch, sondern vordergründig, laut, künstlich. Es ist noch schlimmer, mittlerweile reicht bereits der erste Hauch und ein unangenehmes Gefühl stellt sich ein. Normalerweise verfliegen Kopfnoten schnell auf meiner Haut, hier empfinde ich es anders. Was auch immer hinter dieser Kopfnote passiert, ich kann nicht an ihr „vorbeiriechen“, sie blockt alles ab. Ich habe vier mögliche Erklärungen für meine Eindrücke:

1. Die Komposition basiert auf einfacheren Ingredienzien oder ist weniger sorgfältig komponiert als die anderen Hermès-Düfte. J.-C. Ellenas Output ist beeindruckend, könnte ja sein. Dagegen sprechen eindeutig Eure Kommentare.
2. Ich habe beruflich ab und zu mit Chemikalien zu tun, möglicherweise ist meine Nase (nein, mein Hirn) da etwas empfindlich gegenüber einen Inhaltsstoff, empfindet ihn als künstlich.
3. Frühkindliches Trauma, was nie aufgearbeitet wurde.
4. Ha, ich ziehe ein As aus dem Ärmel: Hautchemie!

Das As würde ich der Harmonie in der Community willen gerne spielen, geht heute aber nicht. Ein guter, mir äußerst sympathischer Kollege verwendet unüberriechbar auch Voyage (keine Überdosierung, ist halt charakteristisch). Je länger eine unserer Besprechungen dauerte, desto penetranter fand ich den Duft. An ihm. Gut, auf Damenhaut mag das anders sein, zumindest entwickelte sich der Duft hier zweimal identisch.

Schade. So bleibt Lalique White meine Terre d’Hermès-Alternative fürs Büro und ich bin noch auf der Suche nach einer Unisex-Variante von Kelly Calèche.
5 Antworten
Ronin vor 13 Jahren 7 6
10
Flakon
8
Sillage
10
Haltbarkeit
8.5
Duft
Die Erinnerung ist wieder da
Es gibt Momente, die sind nicht planbar.
Momente, in denen alles stimmt.
Momente der Ruhe, Gelassenheit, Zufriedenheit.
Momente, die man nie vergessen möchte.
Was ist Glück? Solche Momente zu erleben. Und sich daran zu erinnern.

Zehn Jahre ist es her. Urlaub mit meiner Freundin an Kaliforniens Westküste. Wir fahren Richtung Norden, zur Linken geht die Sonne im Pazifik unter. Es duftet nach Orangenblüten, süß, irisierend, lieblich, wunderschön. Vor uns in der Dämmerung blühende Orangenbäume, soweit wir sehen können. Die Fenster sind offen, unsere Haare flattern im Wind, es geht weiter in die Nacht …

Die Erinnerung ist wieder da. APOM pour homme.

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Dies ist der erste Duft, der von mir 100 % bekommt. Natürlich ist dies eine subjektive Wertung, weil ich Orangenblüten liebe. Ich habe noch keinen Herrenduft kennen gelernt, in dem diese Blüte so schön zur Geltung kommt. Die Duftpyramide ist sicherlich nicht vollständig, aber aussagekräftig. Die Orangenblüte steht im Vordergrund und hält – selbst auf meiner warmen Haut – mindestens 10 Stunden. Irgendein Fixativ muss wohl enthalten sein, kann Amber auch als solches eingesetzt werden? Von diesem ist jedenfalls nicht zu wenig zu bemerken. Ich finde diese Kombination sehr attraktiv, die „Blumigkeit“ wird eingefangen; Amber und eine Spur Zeder (wirklich wenig) dämpfen etwas die Süße, der Duft riecht trocken, rauchig, tief. Mein erster Verdacht war, dass noch andere rauchige Komponenten mit im Spiel sein müssen, bin mir aber nicht mehr so sicher.
Ich sehe Ähnlichkeiten in der Komposition zum ebenfalls hervorragenden „Cuir Fétiche“, in dem laut Duftpyramide ein ganzer Blumenstrauß von Amber und Zeder in Schach gehalten werden. Auch dort hatte ich vermutet, dass noch Weihrauch oder anderes Räucherwerk den rauchig-trockenen Eindruck verstärken müssten. Eventuell könnten die Amber-Experten mir hier weiter helfen.
Jedenfalls – zurück zum APOM pour homme - bleibt die Orangenblüte im Mittelpunkt, und das ist gut so. Amber und Zeder runden nur ab. Ich bemerke nur wenig Entwicklung auf der Haut, der Duft verändert sich kaum über mindestens 10 Stunden: die Proportionen Orangenblüte-Amber-Zeder bleiben erhalten. Während dieser Akkord statisch im Vordergrund bleibt, passiert im Hintergrund etwas, was sich mit erst bei mehrmaligem Test erschloss: ein augenzwinkerndes Zitat eines Fougère-Fragments. Zumindest macht der Duft eine Entwicklung von Lavendel bis Tonka durch. Ob auch Eichenmoos in der Basis ist, kann ich nicht beurteilen. Das finde ich sehr charmant: im Vordergrund ein monolithischer Dreiklang, modern in seiner radikalen Reduktion, im Hintergrund eine Reminiszenz an den klassischen Herrenduft.

Für Männer unbedingt tragbar, für Frauen auch – zumindest für alle, die Amber mögen.

Diese sehr aufgeräumte Komposition dürfte sich auch zum Layern eignen. Ich wüsste nur beim besten Willen nicht, warum man das tun sollte.

Nachtrag vom 10.01.: Nach zwei Monaten besseren Kennenlernens bin ich weiterhin begeistert. Gerade im Vergleich zu „Lumière Noire pour homme“ fallen Gemeinsamkeiten und Unterschiede auf: Beide sind je einer Blume gewidmet, die mit kontrastierenden Noten in einen neuen, originellen Kontext gerückt wird. Während aber die Rose des „Lumière Noire pour homme“ eher diskret daherkommt und trotzdem deutlich präsent in Projektion und Sillage ist, ist es bei „APOM pour homme“ genau anders herum. Direkt auf der Haut ist die Orangenblüte lange sehr präsent. Der Duft strahlt aber kaum ab, ist extrem hautnah. Was für eine stimmige Umsetzung des Themas „A Piece of Me“, die sehr private Hommage Francis Kurkdjians an seine Großmutter und den Libanon mit der Stärke und Sanftheit von Orangenblüte und Zedernholz. Wie angedeutet aber nicht ausgeführt ist dieser Duft auch für mich sehr privat und mit Erinnerungen verknüpft, die ich nicht jedem mitteilen möchte. Wen ich am Dufterlebnis teilhaben lasse, ist mir so nahe, dass ich dies bewusst zugelassen habe.
APOM. A Part of Me. Ein Teil von Francis Kurkdjian. Ein Teil von mir. Für mich.
6 Antworten
Ronin vor 13 Jahren 18 11
Ode an einen Meilenstein der Parfümgeschichte.
Warnung: Der folgende Beitrag ist für Leser, die auf eine klare Trennung zwischen Ironie und Ernsthaftigkeit Wert legen, nicht geeignet. Dem Verfasser der folgenden Zeilen ist selber nicht immer ganz klar, wie er es meint.

Ich mag Cool Water nicht wirklich. Wenn ich in einem geschlossenen Raum den Duft wahrnehme, werden Fluchtreflexe ausgelöst. Auch wenn ich mich dafür schäme, es fällt mir schwer, Personen, die diesen Duft tragen und sich bei der Dosierung nicht zurück halten können, vorbehaltlos gegenüber zu treten. Wer jetzt aber auf ein weiteres borniertes Einschlagen auf diesen Duft hofft, den muss ich enttäuschen. Nein, Cool Water hat die Parfümentwicklung voran gebracht. Um das zu erläutern, möchte ich Euch, liebe Parfumo-Gemeinde, auf eine Zeitreise mitnehmen.

Wir schreiben das Jahr 1988. Teenager in der Pubertät haben es immer schwer. Das war 1988 nicht anders, vielleicht hatten sie es noch etwas schwerer. Die Pubertät ist eine Phase der Ungewissheit. Das Bedürfnis nach Orientierung ist groß. Aber wie sollte das damals funktionieren? Die großen Brüder taugten nicht als Vorbilder, sie waren ja ebenfalls total verunsichert. Die 80er Jahre, Zeit der Nachrüstung, „No future“. Zudem waren sie damit überfordert, dass das klassische Männerbild der 50-60er Jahre erodiert war. Der Feminismus der 70er Jahre hat diese längst überfällige Revision eingeleitet, was zweifelsohne beim Männerbild zu einer gewissen Übertreibung hin zum asexuellen, yogiteetrinkendem Frauenversteher führte. 10 Jahre haben die Frauen diese Volte anfangs goutiert, später mit Langmut ertragen. In den 80ern platzte ihnen doch der Kragen, Ina Deter sang 1982 „Neue Männer braucht das Land“. Jetzt waren die Männer total verunsichert. Sie sollten gefälligst männlich wie vor 20 Jahren, aber vollkommen emanzipiert und den Bedürfnissen der Frauen empathisch zugewandt sein. Spätere Generationen sind mit diesem Rollenbild aufgewachsen, die um 1960 geborenen waren schlichtweg überfordert.
Düfte können da Halt und Richtung geben. „Identitätsstiftend“ wäre übertrieben, aber es geht in die Richtung. Und so waren die 80er-Jahre-Männerdüfte expressiv, testosterongeladen mit überbordender Duftpyramide. Diese in den Flakon gemeißelten Brusthaartoupets sollten die Männlichkeit ausstrahlten, derer sich die Träger nicht immer sicher waren. Dies waren die Düfte der „großen Brüder“ der Pubertierenden des Jahres 1988. Und was in aller Welt sollten die nun tragen? Ihr erster Duft? Nur ein zarter Flaum am Kinn und Kouros??? Ein geflügeltes Wort der Zeit war „Noch keine Haare auf der Brust, aber schon einen Kamm in der Tasche.“ Wenn die Düfte der 80er schon ein No go waren, die der 60er und 70er waren den Vätern vorbehalten. Wie Papa Riechen in Zeiten der eigenen Selbstfindung? Um Himmels willen.
Was eigentlich immer geht bei Noch-nicht-Erwachsenen sind frische Düfte. Die sind sympathisch und tun niemandem weh. Frisch in den 80ern. Da gab es eigentlich nur zitrische Noten. Aber: Alles roch nach Zitrone oder etwas undefiniert zitrisch, Geschirrspülmittel, Duschgel, Kloreiniger. „Frisch“ war „zitisch“ und wer wollte schon riechen wie eine Kaffeemaschine, die gerade entkalkt wird?
Die Lösung kam 1988 mit Cool Water. Die in einen Duftflakon eingefangene Meeresfrische wurde erstmals der breiten Öffentlichkeit präsentiert. Hey, das war die Lösung für die pubertären Jungs jener Zeit. Frisch zu riechen, ohne langweilig zu sein. Man mag es heute gar nicht mehr glauben, aber damals war es eine Offenbarung. Gut, es roch etwas synthetisch, aber was soll’s. Ähnlich wie die Einführung des VW Golf 1974 verband Cool Water alle Klassen. Sowohl massentauglich als auch Avantgarde. Ja, Avantgarde. In der renommierten Fachzeitschrift „Angewandte Chemie“ gab es eine umfangreiche Abhandlung über die Chemie der Düfte, in der Meeresakkorde einen breiten Raum einnahmen (ich denke, der Riechstoffchemiker Philip Kraft von Givaudan war der Autor).
Und jetzt? Der Vergleich mit dem VW Golf drängt sich weiter auf. Tausendfach kopiert, Avantgarde war gestern. Die Revolution frisst ihre Kinder. Ich kontrolliere mal: Mein Kloreiniger – Kraft des Meeres. Mein Geschirrspülmittel – meeresfrisch. Mein Duschwannenreiniger – Merresbrise. Bei allem, was dichter an meine Haut kommt, achte ich panisch darauf, dass es nicht auch noch so riecht …

1. Hinweis: Wie ich hier in den Beiträgen lernen konnte, war Creed mit „Green Irish Tweed“ schneller mit der Einführung des Meeres-Akkordes. Dafür liebe ich parfumo, für solche Erkenntnisse. Das schmälert natürlich etwas Cool Waters Beitrag zur Parfümgeschichte, aber nur etwas. Schließlich hat letzterer Duft diese aquatische Frische erst populär gemacht. Es mag uns gefallen oder nicht, auch geschicktes Marketing kann die Parfümgeschichte voran bringen. Apple hat weder mp3-Player, Smartphone noch Tablet erfunden. Mit Prince Charles auf der Bühne wäre „There´s one more thing“ irgendwie nicht überzeugend rübergekommen und Apple ein Nischenprodukt für Liebhaber.

2. Hinweis: Ja es gibt bessere, weniger künstlich riechende Interpretationen der Meeresfrische. Viel bessere. Nun haben Nachfolger es immer leichter als die ersten, sie starten ja nicht bei null. Die romantischen Sinfonien von Brahms sind auch raffinierter als die von Schubert.
11 Antworten
Ronin vor 13 Jahren 3 3
10
Flakon
7.5
Sillage
7.5
Haltbarkeit
7.5
Duft
Mutig
Sehr mutig von Il Profvmo, im Jahre 2006 so einen Duft herauszubringen: Zitrische Noten, Lavendel und Jasmin, Ambra, Vetiver und Leder. Das klingt altmodisch. Ist es aber nicht. Der Duft ist klar strukturiert, kein konzeptionsloser Griff in die Komponentenkiste, sondern mit wenigen Handgriffen wurde eine altbekannte Kombination ins 21. Jahrhundert gebracht. Seymours Kommentar, dass die Mischung von weißem Pfeffer und Absinth dem Duft Würze verleiht, aber auch Frische/Kühle (im Gegensatz zu den meisten anderen Würzkomponenten, die doch eher eine warme Aura verbreiten), empfinde ich genauso. Der Duft bleibt frisch und leicht. Und das ist dann doch eher selten: frisches Leder und Ambra. So etwas suche ich schon lange.
Dass Aventure „schwebend“ und „ätherisch“ ist, kann durchaus wörtlich genommen werden. Auf der Haut ist der Duft deutlich diskreter als mit etwas Abstand. Die Sillage ist nicht zu unterschätzen! Ich wartete auf die U-Bahn und wunderte mich, wer in meiner Nähe wohl eine neue, helle, glänzende Lederjacke trägt. Niemand. Das war Aventure an mir, mit einem leichten Luftzug zugewedelt. In der U-Bahn war es mir anschließend sehr unangenehm, das ganze Abteil in die Irre zu führen bezüglich des vermeintlichen Neukaufs einer Lederjacke. Es steht Eau de Parfum auf dem Flakon drauf und das ist ernstgemeint. Ich sage das nur, weil das Riechen am Handgelenk wenig Hinweise gibt auf die richtige Dosierung gibt.
Das ist auch das einzige, was mir nicht so gut gefällt: Die unaufgeregte Art des Duftes würde ihn eigentlich als täglichen Arbeitsduft prädestinieren – einfach „gut“ riechen, nicht unbedingt „interessant“. Haltbar scheint er auch zu sein. Aber ein Duft an mir, von dem mein Umfeld mehr wahrnimmt als ich. Hmm. Ansonsten aber ein toller Duft.
3 Antworten
Ronin vor 13 Jahren 12 7
7.5
Flakon
7.5
Sillage
10
Haltbarkeit
8.5
Duft
Ach, Kelly, mit Dir würde ich gerne Pferde stehlen …
Ein anderer möglicher Titel wäre „J.-C. Ellena hat den Schalk im Nacken.“ gewesen. Kelly Calèche ist etwas hinterhältig. Ich denke, Monsieur Ellena hat so einige Male gegrinst bei der Entwicklung dieses Duftes. Möglicherweise sieht er sich auch berufen, etwas gegen die Kinderlosigkeit typischer Hermès-Kunden zu tun. Denn der Duft ist so sexy, da kann man(n) schon mal die Verhütung vergessen. Nein, so explizit wollte ich gar nicht werden. Sorry. Neuer Start.

Ich nehme mal das Bild auf, was Luxuskatze skizziert hat: Der wohlerzogene, brave Teenager aus gutem Hause bekommt von ihren Eltern Kelly Calèche geschenkt. Getestet auf Papierstreifen entwickelt er sich mit einer spritzigen Zitrusnote und dem Blütenakkord zu einem jungendlich-braven, edlen, etwas altmodischen Duft. Genau das richtige für die Tochter, denken die Eltern. Gekauft. Verschenkt am Geburtstag zusammen mit dem Voltigierkurs. Und so geht die Tochter jetzt jede Woche zur Reithalle – ich bin immer noch im Bild von Luxuskatze -, mit zum Pferdeschwanz streng zurückgekämmten Haaren und hoch geschlossener Bluse. Natürlich mit einem Hauch Kelly Calèche parfümiert. Was die Eltern nicht ahnen: Auf der Haut kommt nicht nur Kopf- und Herznote durch, sondern wird durch die Iris-Leder-Basisnote ergänzt (hmm, die ist so animalisch-tiefgründig, fehlt da etwas in der Duftpyramide?). Und der Blütenakkord, der vorher meinetwegen kindlich, meinetwegen altbacken erscheint, strahlt eine betörende Sinnlichkeit aus. Und zwar keine Morgens-die-Sonnenstrahlen-scheinen-aufs-Bett-ich-möchte-aber-noch-nicht-aufstehen-und-mich-an-meine-Liebste-kuscheln-Sinnlichkeit, sondern die der Nacht davor. Beim Voltigieren dürfte sich die Basisnote noch schneller entwickeln. Tja, und so wird regelmäßig die Reitstunde eher beendet, die Haare werden schon längst offen getragen und die Bluse ist auch nicht hoch geschlossen. Lange bleibt die leidenschaftliche Affäre der Tochter mit ihrem Reitlehrer den Eltern verborgen.
Reitlehrer? Erinnert Ihr Euch noch? Ein gewisser James Hewitt war der Reitlehrer von Lady Di. Während Prince Charles creedmüffelnd zu Hause saß, vergnügte sich seine Frau mit Mr. Hewitt. Möglicherweise kennt Camilla Parker Bowles erotische Creed-Düfte, Lady Di kannte sie nicht. Das war alles weit vor dem Entstehen von Kelly Calèche, so können wir hier J.-C. Ellena von jeder Schuld frei sprechen.
Zurück zum Duft: Ich möchte ihn nicht auf den erotischen Aspekt reduzieren, das wird ihm nicht ganz gerecht. Ich empfinde den Duft als elegant, die Kopf-, Herz- und Basisnoten ergänzen sich ausgesprochen schön, modern, aber nicht modisch (womit gewährleistet ist, dass er auch nicht so schnell altmodisch sein wird). Ich kenne Calèche nicht, kann mir aber gut vorstellen, dass Kelly eine moderne Interpretation des Klassikers ist. Was sich mir aber aufdrängt ist der Verdacht (nein, die Ahnung), dass Monsieur Ellena (neben Déclaration) auch in diesem Duft eine Huldigung an Eau d'Hermès versteckt hat.
Dazu muss ich etwas ausholen: Ich habe jetzt mehrere Male Kelly Calèche auf der Haut gehabt, und er hat sich nicht immer gleich entwickelt. Meine Haut ist überdurchschnittlich warm, weiterhin eher trocken. Dementsprechend nehme ich Duftverläufe auf meiner Haut oft im Zeitraffer wahr im Vergleich zu Euren parfumo-Notizen. Oft überlagern sich Kopf-, Herz- und Basisnoten stärker als bei anderen, sind weniger getrennt wahrnehmbar (kein Triptychon, eher ein Mosaik; wenn es dumm läuft, braune Mischfarbe). Bei Kelly Calèche finde ich das ausgesprochen schön, es betont die Vielschichtigkeit. Der Blütenakkord ist immer schön eingefasst, zu Beginn von der Grapefruit, und bereits schnell kommen die Basisnoten hinzu, wie bereits ausführlichst erläutert. Einmal jedoch – keine Ahnung, was ich gegessen hatte oder was mit meinem Kreislauf war – nahm ich die Noten hintereinander, getrennt war. Und als ich bei der Basis angekommen war, hatte ich Eau d'Hermès ohne dessen Gewürzkopfnoten auf der Haut. Eine entfernte Ahnung des Blütenakkordes, ansonsten identisch. Zufall?

Ich schreibe schon viel zu viel, aber wenn ich schon zu Eau d'Hermès gekommen bin, kann ich ja auch noch das Thema anschneiden, für wen Kelly Calèche geeignet sein könnte. Bitte, bitte, Luxuskatze, überlege es Dir gut, ob Du diesen Duft wirklich Deiner Tochter im Teenageralter zukommen lassen willst. Wie DieNase könnte ich mir den Duft eher an Frauen ab 25 vorstellen, eine gewisse Souveränität im Umgang mit der eigenen Person scheint mir schon vonnöten. Eine obere Altersgrenze sehe ich natürlich nicht. Tja, an Frauen mag ich den Duft sehr. Auch an Männern? An mir eher nicht. Der Blütenakkord ist mir zu … weiblich.
So stellte sich für mich die Frage, ob ich den Duft layern könnte. Ich hätte es vorher wissen müssen, der Duft ist viel zu subtil zum layern, ich wollte es trotzdem ausprobieren, die Blüten „einzufangen“: „Infusion de Vétiver“ hat auch eine Grapefruitnote, die deutlich persistenter ist. Hätte ja die Frucht betonen können und die Vetivernote hätte ich mir als Kontrast in der Herznote vorstellen können. Konjunktiv … Nein, der Prada-Duft geht völlig unter, Kelly Calèche wirkt höchstens etwas verwaschener.
Wer noch Ideen hat, den Duft auf Unisex zu trimmen – gerne. Monsieur Ellena erfährt ja nichts von unserem kleinen Sakrileg.
7 Antworten
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