Sapho

Sapho

Rezensionen
Sapho vor 8 Monaten 6 5
8.5
Duft
Cleopatras Reinkarnation
Ich lese gerne Bücher, die Bezug zu Parfums haben. Bei meiner Suche nach neuem Lesestoff bin ich auf einen Thriller gestoßen, dessen Titel mich angezogen hat: "The Book of Lost Fragrances" von M. J. Rose, in dem es um die ägyptische Königin Cleopatra und ihr Parfum geht. Dabei interessiere ich mich weder für Thriller noch für Reinkarnationen. Aber als ich herausfand, dass Titel und Handlung des Buches von dem Parfum "Aphrodisia" von Fabergé inspiriert sind, wollte ich diesen Duft kennenlernen. Und tatsächlich ist es mir gelungen, ein Fläschchen des reinen Parfums zu erwerben. Der Duft von Aphrodisia wurde im Verlauf der Jahre immer wieder verändert. Es gab eine Cologne-Version, einen Damen- und einen Herrenduft unter diesem Namen. Obwohl es schon in die Jahre gekommen ist, bin ich davon überzeugt, dass mein Flacon nichts von seiner ursprünglichen Intensität verloren hat. Von Anfang an umgab mich ein würziger, intensiver und süßer Blumenduft. In der Duftpyramide sollen Früche, besonders Zitrone die Kopfnote bilden. Für mich steht aber dieser Blumenduft im Vordergrund. Eine wunderschöne, süße, dunkle Nelke spielt hier die erste Geige. Ylang-Ylang und Rose begleiten sie im Hintergrund und lassen sie nicht düster wirken. Darunter eine Basis von Moschus, Eichenmoos und Amber, eine klassische, sehr weibliche, anziehende und erotische Kombination, die mich glücklich macht. Es handelt sich dabei um keine schwere, unsaubere Mixtur, sondern um eine dunkel strahlende Harmonie. Insgesamt haben wir es mit einem wunderschönen, komplexen Chypre-Duft mit der erotischen Wärme meiner geliebten Zibetkatze zu tun.
5 Antworten
Sapho vor 1 Jahr 5 3
10
Flakon
8
Sillage
10
Haltbarkeit
10
Duft
Amerikanisches Blattgrün mit französischen Wurzeln
Pauline Trigère war zweifellos eine interessante Persönlichkeit. Sie wurde 1908 in Paris geboren und träumte als junges Mädchen davon Chirurgin zu werden. Ihre Eltern hatten eine kleine Schneiderei. Schon im Alter von zehn Jahren war Pauline eine fähige Näherin, die ihrer Mutter zur Hand ging. Da ihr Vater nicht wollte, dass seine Tochter Medizin studiert, machte sie bei Martial & Armand eine Schneiderlehre.

Im Jahr 1936 verließ Pauline mit ihrem Mann und zwei kleinen Kindern auf der Flucht vor den Nationalsozialisten Paris und kam nach Manhattan, das zu ihrem Lebensmittelpunkt wurde. In den USA machte sie Karriere als Couturiere. Man nannte sie die „amerikanische Coco Chanel“. Pauline Trigère war ‚sophisticated‘, elegant und unverblümt. Sie war die erste amerikanische Designerin, die im Jahr 1961 ein afroamerikanisches Model fest anstellte.

Ein Jahrzehnt später, 1973, kreierte sie ihr eigenes Parfum. Bis dahin hatte sie Tag und Nacht ‚Shalimar‘ getragen, von nun an gab es für sie nur noch ‚Trigère by Trigère‘.

So weit möchte ich nicht gehen, aber in den letzten Tagen war es doch mein einziger Duft. Zu meiner Überraschung entwickelte er sich auf dem Papierstreifen ganz anders als auf der Haut - auf dem Papierstreifen elegante Noten von grünen Aldehyden, die relativ rasch in helle, blumige Herznoten übergingen. Diese blumigen Noten harmonieren sehr gut, so dass keine in den Vordergrund tritt. Danach bleibt eine warme, pudrige Holzbasis, wirklich sehr elegant. Auf meiner Haut wirkt Trigère eher verrucht, warm und blumig-exotisch mit einer deutlichen Moschusnote.

Das Flacon ist hübsch. Den Kristallwürfel schmückt am Hals eine kleine, goldene Schildkröte, Paulines ‚Totemtier‘.

Für die Liebhaber von Vintage-Parfums eine echte Empfehlung.
3 Antworten
Sapho vor 1 Jahr 4 3
10
Flakon
8
Sillage
8
Haltbarkeit
10
Duft
Asyl für die Königin
Ein kleiner Miniaturflacon stand da. Er wirkte zierlich, wie aus der Zeit gefallen - und das war er auch. Dieser Flacon hat die Form einer Schachkönigin. Der Hersteller: Mary Chess. Dieser Name hatte mir bis dahin nichts gesagt. Man findet im Web auch nicht viel über diese Marke. In den Dreißigerjahren war dieser Name nicht nur bekannt, er war berühmt. Er stand für exklusive Frauenparfums. Mary Chess, die Gründerin des Unternehmens, die ihm auch ihren Namen gab, wurde 1878 in Kentucky geboren. Sie ging später mit ihrem Mann nach London und gründete dort im Jahr 1932 zusammen mit der renommierten Firma 'Taylor of London' eine zunächst kleine Firma. Ein Jahr später eröffnete Mary Chess ein Geschäft in New York, das schnell für die Parfums und Kosmetik-Artikel des Unternehmens berühmt wurde. Mary Chess soll ihre Parfums selbst kreiert haben, wobei sie vorwiegend auf natürliche Duftstoffe zurückgegriffen habe. Auf dem Fuß meiner Schachkönigin steht 'Gardenia'. Dieses Parfum wurde bereits im Gründungsjahr 1932 kreiert. Es war sehr beliebt, angeblich wurde es seinerzeit sogar von der Königin von England benutzt. Gesichert ist, dass Mary Chess Kosmetika und exklusive römische Badeöle an den Hof lieferte. Im Jahr 1938 hatte Mary die charmante Idee, den Flacons für ihre Produkte die Form von Schachfiguren zu geben, die sie von der Wheaton Glass Company of Millville produzieren ließ. Die für die damalige Zeit sehr teure Serie hatte einen großen Erfolg und ließ 'Mary Chess' zu einem Multi-Millionen-Unternehmen anwachsen.
Meine Königin stammt also aus einem guten Hause. Sie stand da stolz und aufrecht, wirkte aber etwas verunsichert, was aber verständlich ist, denn was ist eine Königin ohne angemessene Entourage. Erst einmal staubte ich sie ab, nahm vorsichtig ihre Krone ab und gab ein paar Tropfen der dunklen Flüssigkeit auf mein Handgelenk. Sie fühlte sich leicht ölig an, mysteriös. Sie erinnerte mich an eine Apothekentinktur aus alter Zeit. Dann kam er, der Duft. Der Duft von Gardenia jasminoides, intensiv, leidenschaftlich, keineswegs süß und leicht erdig. Dies war kein heller Duft, wie man ihn von Gardenia erwarten würde. Ich mag Gardenia und hier klang sie besonders schön. Der Duftverlauf war gradlienig. Mit der Zeit hat diese Gardenia nur an Wärme und Tiefe gewonnen. Wenn ich diesen Duft mit einem Wort beschreiben sollte, würde ich sagen, das es der Duft eines Kusses ist. Des Kusses aus dem Lied von Isolina Cardillo: 'Dos gardenias para ti', besonders schön zu hören auf der CD 'Buena Vista Social Club'; leidenschaftlich, ernst aber mit einem kleinen Augenzwinkern. Eine wunderschöne, tapfere, mutige, kleine Gardenienkönigin. Noch am nächsten Tag konnte ich ihren Duft an meinem Handgelenk wahrnehmen.
Ich gebe zu, die alten, großen Flacons in der Form von Schachfiguren von Mary Chess sind wunderschön, aber mir ist meine kleine Schachkönigin mit ihrem Kunststoff-Krönchen viel lieber. Sie hat Asyl bei mir, so lange es ihr beliebt zu bleiben. Sie wird angemessen hofiert und wird bestimmt zu besonderen Gelegenheiten präsentiert werden. Ich hoffe, sie hat sich schon bei mir eingewöhnt. Sie steht stolz auf einem Schachbrett, umrahmt von ihrem Hofstaat. Hoch erhobenen Hauptes weist sie nicht nur ihre Altersgenossen, sondern auch jüngere Königinen in ihre Schranken.
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