Sapho
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Ein sepiabrauner Duft
Es fällt mir schwer, mich der indischen Duftwelt zu nähern und dies aus zwei
Gründen. Der erste ist, dass die Düfte, die ich gegenwärtig testen darf - und
hier ein herzlicher Dank an Floyd - so unvertraut und fremdartig für meine Nase
sind. Zum Zweiten war ich noch nie in Indien und hatte auch kaum Kontakt zur
indischen Kultur. Ich habe mich entschieden mit Attar Gulhina zu beginnen, da
auf der Seite des Herstellers für diesen Duft nur zwei Duftnoten angegeben sind,
nämlich Sandelholz und Hennastrauch-Blüte. Sandelholz kenne ich und so blieb
eigentlich nur noch die Farbholzblüte zu entdecken. Der Duft den ich wahrnam
war, nun ja, eigen. Ich würde ihn als erdig beschreiben, intensiv und fröhlich,
fast feierlich. Etwa so riecht für mich das trockene Herbstlaub, wenn man es an
einem kalten, sonnigen Tag zusammenkehrt. Ich empfand den Duft jedoch nicht als
sinnlich, wie man oft liest.
Ich begann nun, über Hennasträucher nachzulesen und erfuhr, dass der Duft ihrer
Blüten seit Jahrtausenden im Orient bekannt und beliebt ist, man nennt ihn sogar
'Mohammeds Lieblingsduft'. Bei den alten Griechen trug er den Namen Kypros und
mag der Kypris geholfen haben Ares den Kopf zu verdrehen. Rom lieh sich mit der
griechischen Kultur den Namen Cypros aus, und selbst, wer hätte es gedacht, der
Urprotestant Martin nennt Henna unter dem Namen Traubencopher in seiner
Übersetzung des Hohen Liedes Salomonis. Das aus den Hennablüten gewonnene Duftöl
wurde nicht nur um seiner olfaktorischen Qualitäten geschätzt sondern auch als
Heilmittel. Vor allem bei Lepra und allerlei Hauterkrankungen von Abszessen und
Tumoren bis hin zu den Windpocken kam es zum Einsatz. Über der Lektüre flohen
meine Gedanken in einen Tagtraum, in dem ich wieder jung war und in freudiger
Erwartung eines großen Festes. Ein Mollakkord klang aber leise im Hintergrund,
denn es wurden auch Gäste erwartet, denen man den 'Bösen Blick' nachsagte. Ich
war gewarnt und zauderte, ob ich mich dem aussetzen sollte, als ich wahrnahm,
dass ich nicht alleine war. Jemand strich mir über den Kopf. Eine Alte saß neben
mir. Die Zeit hatte Ihre Haut, die Haare und den Sari, den sie trug sepiabraun
werden lassen. Selbst ihre gütigen Augen hatten diese Farbe angenommen. Erst
dachte ich, es sei Shitala, die Göttin der Krankheit, die den Menschen oft in
dieser Gestalt erscheint, aber es war Parvati, die Muttergöttin, die mich da
anlächelte. "Ich werde Deine Handflächen und Fußsohlen mit Hennaöl einreiben,
das wird dich vor dem Bösen Blick schützen", sagte sie und ging ans Werk. Zum
Abschied hob sie wie segnend ihre Hand und tupfte mir mit dem Zeigefinger einen
Tropfen des schützenden Öls wie ein Kastenzeichen auf die Stirn. Der Duft der
Hennablüte umarmte mich, ich fühlte mich geborgen. Auf zum Fest!
Im Jahr 2024 wurde Henna von der UNESCO in die Liste des immateriellen
Kulturerbes der Menschheit aufgenommen.
Gründen. Der erste ist, dass die Düfte, die ich gegenwärtig testen darf - und
hier ein herzlicher Dank an Floyd - so unvertraut und fremdartig für meine Nase
sind. Zum Zweiten war ich noch nie in Indien und hatte auch kaum Kontakt zur
indischen Kultur. Ich habe mich entschieden mit Attar Gulhina zu beginnen, da
auf der Seite des Herstellers für diesen Duft nur zwei Duftnoten angegeben sind,
nämlich Sandelholz und Hennastrauch-Blüte. Sandelholz kenne ich und so blieb
eigentlich nur noch die Farbholzblüte zu entdecken. Der Duft den ich wahrnam
war, nun ja, eigen. Ich würde ihn als erdig beschreiben, intensiv und fröhlich,
fast feierlich. Etwa so riecht für mich das trockene Herbstlaub, wenn man es an
einem kalten, sonnigen Tag zusammenkehrt. Ich empfand den Duft jedoch nicht als
sinnlich, wie man oft liest.
Ich begann nun, über Hennasträucher nachzulesen und erfuhr, dass der Duft ihrer
Blüten seit Jahrtausenden im Orient bekannt und beliebt ist, man nennt ihn sogar
'Mohammeds Lieblingsduft'. Bei den alten Griechen trug er den Namen Kypros und
mag der Kypris geholfen haben Ares den Kopf zu verdrehen. Rom lieh sich mit der
griechischen Kultur den Namen Cypros aus, und selbst, wer hätte es gedacht, der
Urprotestant Martin nennt Henna unter dem Namen Traubencopher in seiner
Übersetzung des Hohen Liedes Salomonis. Das aus den Hennablüten gewonnene Duftöl
wurde nicht nur um seiner olfaktorischen Qualitäten geschätzt sondern auch als
Heilmittel. Vor allem bei Lepra und allerlei Hauterkrankungen von Abszessen und
Tumoren bis hin zu den Windpocken kam es zum Einsatz. Über der Lektüre flohen
meine Gedanken in einen Tagtraum, in dem ich wieder jung war und in freudiger
Erwartung eines großen Festes. Ein Mollakkord klang aber leise im Hintergrund,
denn es wurden auch Gäste erwartet, denen man den 'Bösen Blick' nachsagte. Ich
war gewarnt und zauderte, ob ich mich dem aussetzen sollte, als ich wahrnahm,
dass ich nicht alleine war. Jemand strich mir über den Kopf. Eine Alte saß neben
mir. Die Zeit hatte Ihre Haut, die Haare und den Sari, den sie trug sepiabraun
werden lassen. Selbst ihre gütigen Augen hatten diese Farbe angenommen. Erst
dachte ich, es sei Shitala, die Göttin der Krankheit, die den Menschen oft in
dieser Gestalt erscheint, aber es war Parvati, die Muttergöttin, die mich da
anlächelte. "Ich werde Deine Handflächen und Fußsohlen mit Hennaöl einreiben,
das wird dich vor dem Bösen Blick schützen", sagte sie und ging ans Werk. Zum
Abschied hob sie wie segnend ihre Hand und tupfte mir mit dem Zeigefinger einen
Tropfen des schützenden Öls wie ein Kastenzeichen auf die Stirn. Der Duft der
Hennablüte umarmte mich, ich fühlte mich geborgen. Auf zum Fest!
Im Jahr 2024 wurde Henna von der UNESCO in die Liste des immateriellen
Kulturerbes der Menschheit aufgenommen.
6 Antworten
Marilyn Monroe, nicht daheim in Beverly Hills
Ich habe dieses Parfum wegen seines Flacons gekauft, kitschig ohne Ende und deshalb unmöglich schön. Mit einem glitzernden Panther auf dem Verschluss, der mich mit seinen Kurven irgendwie an Marilyn Monroe erinnerte.
Dieses Parfum ist seit 1990 erhältlich und wurde von Francis Camail kreiert, einem Parfumeur, der unter Anderem auch Eau d'Hadrien und Grand Amour für Goutal geschaffen hat. Bei Fragrantica findet man die detaillierte Aufzählung der Duftnoten. Kopfnoten: Ylang Ylang, Orange und Bergamotte; Herznoten: Gewürznelken, Gardenie, Tuberose, Zimt, Jasmin und Rose; Basisnoten: Zibetöl, Ambra, Benzoeharz, Sandelholz, Tonkabohne, Patschuli, Zeder und Eichenmoos. Die Duftnoten verraten uns, daß dieses Parfum alles hat, was man von einem klassischen Duft der Achtzigerjahre erwarten kann. Es beginnt mit einer zarten Ylang-Ylang-Note, der Citrus eine gewisse Herbheit verleiht, bis die Hauptakteure auf die Bühne treten. Die opulente Tuberose ist zwar präsent, wirkt aber zu keinem Zeitpunkt aufdringlich und verbindet sich harmonisch mit den anderen Blüten- und Gewürznoten zu einem berauschenden Akkord, in dessen Verklingen zarte Töne hervortreten, die ein blumiges Chypre verspricht, kurz, eine opulente Liebkosung. Auftritt die Diva, Marilyn Monroe. Wer diese Schauspielerin schätzt, und ich schätze sie sehr, weiß wohl, dass sie nirgends wirklich heimisch war. Als Kind einer psychisch kranken Mutter wurde sie von Pflegeeltern in ein Kinderheim weitergereicht und war ihr Leben lang auf der Suche nach einem zu Hause, und doch gleichzeitig immer auch auf der Flucht. Im Jahr 1949 hat sie der Star-Agent Johnny Hyde kennen gelernt, der für sie seine Ehefrau verließ. Er besaß in Beverly Hills, wo das Paar ein paar Monate lebte, eine Villa. Es war ein sehr großes Haus mit 548 qm, das alles hatte, was eine junge Frau sich wünschen konnte, große, helle Räume, einen parkähnlichen Garten, aber Marilyn fühlte sich dort nicht wohl und zog schließlich in das Beverly Carlton Hotel. War das Haus zu perfekt, scheint mir dieses Parfum auch zu perfekt zu sein? Eine alte japanische Vase wird erst durch einen Sprung vollkommen und ein Parfum braucht für mich eine feine Disharmonie, die den Akkord bricht, um interessant zu werden. Für Liebhaber von Düften der Achtzigerjahre sicher einen Test wert.
Dieses Parfum ist seit 1990 erhältlich und wurde von Francis Camail kreiert, einem Parfumeur, der unter Anderem auch Eau d'Hadrien und Grand Amour für Goutal geschaffen hat. Bei Fragrantica findet man die detaillierte Aufzählung der Duftnoten. Kopfnoten: Ylang Ylang, Orange und Bergamotte; Herznoten: Gewürznelken, Gardenie, Tuberose, Zimt, Jasmin und Rose; Basisnoten: Zibetöl, Ambra, Benzoeharz, Sandelholz, Tonkabohne, Patschuli, Zeder und Eichenmoos. Die Duftnoten verraten uns, daß dieses Parfum alles hat, was man von einem klassischen Duft der Achtzigerjahre erwarten kann. Es beginnt mit einer zarten Ylang-Ylang-Note, der Citrus eine gewisse Herbheit verleiht, bis die Hauptakteure auf die Bühne treten. Die opulente Tuberose ist zwar präsent, wirkt aber zu keinem Zeitpunkt aufdringlich und verbindet sich harmonisch mit den anderen Blüten- und Gewürznoten zu einem berauschenden Akkord, in dessen Verklingen zarte Töne hervortreten, die ein blumiges Chypre verspricht, kurz, eine opulente Liebkosung. Auftritt die Diva, Marilyn Monroe. Wer diese Schauspielerin schätzt, und ich schätze sie sehr, weiß wohl, dass sie nirgends wirklich heimisch war. Als Kind einer psychisch kranken Mutter wurde sie von Pflegeeltern in ein Kinderheim weitergereicht und war ihr Leben lang auf der Suche nach einem zu Hause, und doch gleichzeitig immer auch auf der Flucht. Im Jahr 1949 hat sie der Star-Agent Johnny Hyde kennen gelernt, der für sie seine Ehefrau verließ. Er besaß in Beverly Hills, wo das Paar ein paar Monate lebte, eine Villa. Es war ein sehr großes Haus mit 548 qm, das alles hatte, was eine junge Frau sich wünschen konnte, große, helle Räume, einen parkähnlichen Garten, aber Marilyn fühlte sich dort nicht wohl und zog schließlich in das Beverly Carlton Hotel. War das Haus zu perfekt, scheint mir dieses Parfum auch zu perfekt zu sein? Eine alte japanische Vase wird erst durch einen Sprung vollkommen und ein Parfum braucht für mich eine feine Disharmonie, die den Akkord bricht, um interessant zu werden. Für Liebhaber von Düften der Achtzigerjahre sicher einen Test wert.
13 Antworten
Das Parfum des Landes, wo Milch und Honig fließen
Judith Muller wurde in Ungarn geboren und verbrachte Kindheit und Jugend in der Obhut ihrer wohlhabenden, jüdischen Familie. Sie träumte davon, Parfumeurin zu werden, als der zweite Weltkrieg ausbrach und ihre Träume zunichte machte. Die Familie flüchtete nach Israel und die junge Frau diente zunächst eine Zeitlang als Sergeant in der israelischen Armee. Dort mangelte es an Kosmetik-Artikeln und so entschied sich Judith, eine eigene Kosmetikfirma zu gründen, um diese Armee zu beliefern. Nach den ersten Versuchen schrieb sie: "I found out I knew more than nothing but less than something aubout beautician's work." Sie entschied sich, nach Paris zu gehen und dort die Parfumeurskunst zu studieren. Im Jahr 1964 kehrte sie nach Israel zurück und eröffnete in Haifa ein Kosmetikinstitut und eine Parfum-Manufaktur. Bereits in Paris hatte Judith eine Strategie für ihre Arbeit als Parfumeurin entwickelt. Sie suchte die Inspiration für ihre Kreationen in den überkommenen Schriften der Juden, benutzte vorwiegend lokal gewonnene Rohstoffe, die sie mit modernen Methoden be- und verarbeitete. Diesem Konzept blieb sie ihr Leben lang treu. Dabei verfolgte sie den Ansatz, Parfums zu kreieren die im Bezug zu bestimmten Persönlichkeiten im Tanach stehen. So entstand auch 'Judith', und dieses Parfum ist keineswegs nach der Schöpferin benannt, sondern nach der mythologischen Rächerin, die den assyrischen Feldherrn Holofernes, erst verführte und dann massakrierte. Wer die hübsche Szene nicht vor Augen hat, mag sich gerne an dem Bild von Artemisia Gentileschi ergötzen, die sie in allen blutigen Details liebevoll widergegeben hat. Das Parfum kam 1975 auf die Welt, eine herbe Kombination aus Wüstenrose und Kräutern des Karmel mit einem Hauch von Eichenmoos und Moschus. Ich habe die Liste der Parfumnoten auf Cleopatra's Boudoir gefunden. Kopfnoten seien Aldhyde, fruchtige Noten, Bergamotte, Hyazinthe, Zitrone und Orange; Herznoten: Jasmin, Nelke, Orchidee, Iris, Wüstenrose, Alpenveilchen und Ylang Ylang; Basisnoten: Eichenmoos, Sandelholz, Moschus, Amber, Zeder, Benzoe, Karamell und Zimt. Ich muss zugeben, dass ich dies in den Einzelheiten nicht nachvollziehen kann. Für mich ist Judith eine orientalische Chypre, herb, gewaltig, überwältigend, nicht für schwache Nerven, eher für die eher blutrünstigen unter meinen Schwestern und wird so seiner Namenspatronin voll und ganz gerecht.
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Ein Inbegriff göttlicher Weiblichkeit
Edmond Roudnitska traf Marcel Rochas Ende 1943. Nicht nur dieses Jahr ging seinem Ende zu, auch der zweite Weltkrieg und eine schwierige Zeit für französische Parfums. Es mangelte nicht nur an Geld, sondern auch an Rohstoffen. Gerade damals wollte Rochas etwas ganz Besonderes, einen feinen, sinnlichen, femininen Duft für seine geliebte Frau Hélène kreieren lassen. Roudnitska war ein talentierter Parfumeur, damals allerdings ohne viel Erfahrung, was feine, feminine Düfte betraf. Er ließ sich von der berühmt-berüchtigten Schauspielerin Mae West inspirieren, mit der er befreundet war. Späterhin hat der Lalique-Flacon des Parfums ihrer Schönheit Tribut gezollt.
Als Hauptkomponente seines neuen Duftes benutzte der Parfumeur einen von ihm entwickelten Duft-Akkord auf der Grundlage von Prunol, der frisch und elegant nach Pfirsich und Pflaume roch. Kurz danach feierte man das Kriegsende mit ‚Femme‘. Dies war eine der ersten französischen Kreationen der Nachkriegszeit und ein Symbol für eine neu erblühende Weiblichkeit.
Der Duft selbst ist auf Parfumo schon ausgiebig beschrieben worden, und so erwartete ich, saftige Pfirsiche und reife Pflaumen zu riechen, die seltsam blumig-verstaubt sind und im Verlauf eine scharfe, fast verdorbene erotische Note wahrzunehmen. So ist es aber nicht, ich merke nur eine wärmende Wolke, die mich umarmt und vor der ganzen Welt schützt. Das Parfum flüstert mir zu, ich sei schön und in diesen Augenblicken glaube ich ihm auch. Dies ist ein Duft, auf den eine Frau sich verlassen kann, nicht protzig, sehr intim, ein Parfum für sie allein. Viele fragen sich, wie der Name, ‚Femme‘ zu deuten sei, für mich ist er Ausdruck göttlicher Weiblichkeit. Diesen Begriff findet man zum Beispiel im Hinduismus. Die Hindu-Göttin Shakti repräsentiert die göttliche, weibliche Energie und ist die kreative Kraft des Lebens. Als Kriegerin Durga reitet sie einen Löwen oder einen Tiger. Passend dazu finden wir Zibet in den Duftnoten. Als furchterregende Kali symbolisiert sie den Tod und befreit zugleich die Seelen von ihren Leiden. Dazu passt für mich perfekt eine staubige Iris. Als sinnliche Parvati, die nach Moschus und Ambra riecht, steht sie für Liebe und Hingabe, als Lakshmi mit kostbaren Blumen in der Hand für Opulenz und Überfluss. Als intellektuelle Sarasvati liebt sie Immortelle und ist höchst kreativ. Und da ist dann noch Tripura Sundari, die höchste Schönheit. Sie kann nicht beschrieben werden, man muss sie spüren. Wenn ich ‚Femme‘ an meinem Handgelenk trage, dann trage ich Tripura Sundari in meinem Herzen.
Mein Dank geht an Midnights für die Möglichkeit, diesen Schatz zu besitzen.
Eine kleine Ergänzung noch, meine Rezension gilt dem Duft aus der Zeit vor 1989. In diesem Jahr hat Oliver Cresp dieses Parfum überarbeitet. Wie wir von Roudnitskas Sohn wissen, hat sein Vater dies sehr bedauert und geklagt, man habe ihm sein ‚Femme‘ gestohlen.
Als Hauptkomponente seines neuen Duftes benutzte der Parfumeur einen von ihm entwickelten Duft-Akkord auf der Grundlage von Prunol, der frisch und elegant nach Pfirsich und Pflaume roch. Kurz danach feierte man das Kriegsende mit ‚Femme‘. Dies war eine der ersten französischen Kreationen der Nachkriegszeit und ein Symbol für eine neu erblühende Weiblichkeit.
Der Duft selbst ist auf Parfumo schon ausgiebig beschrieben worden, und so erwartete ich, saftige Pfirsiche und reife Pflaumen zu riechen, die seltsam blumig-verstaubt sind und im Verlauf eine scharfe, fast verdorbene erotische Note wahrzunehmen. So ist es aber nicht, ich merke nur eine wärmende Wolke, die mich umarmt und vor der ganzen Welt schützt. Das Parfum flüstert mir zu, ich sei schön und in diesen Augenblicken glaube ich ihm auch. Dies ist ein Duft, auf den eine Frau sich verlassen kann, nicht protzig, sehr intim, ein Parfum für sie allein. Viele fragen sich, wie der Name, ‚Femme‘ zu deuten sei, für mich ist er Ausdruck göttlicher Weiblichkeit. Diesen Begriff findet man zum Beispiel im Hinduismus. Die Hindu-Göttin Shakti repräsentiert die göttliche, weibliche Energie und ist die kreative Kraft des Lebens. Als Kriegerin Durga reitet sie einen Löwen oder einen Tiger. Passend dazu finden wir Zibet in den Duftnoten. Als furchterregende Kali symbolisiert sie den Tod und befreit zugleich die Seelen von ihren Leiden. Dazu passt für mich perfekt eine staubige Iris. Als sinnliche Parvati, die nach Moschus und Ambra riecht, steht sie für Liebe und Hingabe, als Lakshmi mit kostbaren Blumen in der Hand für Opulenz und Überfluss. Als intellektuelle Sarasvati liebt sie Immortelle und ist höchst kreativ. Und da ist dann noch Tripura Sundari, die höchste Schönheit. Sie kann nicht beschrieben werden, man muss sie spüren. Wenn ich ‚Femme‘ an meinem Handgelenk trage, dann trage ich Tripura Sundari in meinem Herzen.
Mein Dank geht an Midnights für die Möglichkeit, diesen Schatz zu besitzen.
Eine kleine Ergänzung noch, meine Rezension gilt dem Duft aus der Zeit vor 1989. In diesem Jahr hat Oliver Cresp dieses Parfum überarbeitet. Wie wir von Roudnitskas Sohn wissen, hat sein Vater dies sehr bedauert und geklagt, man habe ihm sein ‚Femme‘ gestohlen.
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Eine verlorene Erinnerung
Glaubt man der offiziellen Version, so wollte Mathilde Laurent eine Duftsymphonie
komponieren, bei der aus rein synthetischen Duftstoffen eine natürliche Melodie
wird. Viel professionelles Können, ein angeborenes Talent und eine Prise Magie –
et voilà, vor uns entfaltet sich ein Gemälde im Stil von Claude Monet, in
meisterlich impressionistischer Manier ein Tanz von Licht- und Farbnuancen.
Dieses Gemälde lebt, atmet, changiert. Ein unbeschreiblich hübsches Duftbild,
das beweist, dass rein synthetische Kompositionen luftig, lebendig, natürlich
und herzerwärmend sein können. Wenn ich eine taktile Metapher finden sollte,
dann würde ich diesen Duft als sehr feine, weiche und kostbare Seide
beschreiben. Eine Seide die zugleich kühlt und wärmt, die zum Träumen einlädt.
Riecht Vanillin so 'seidig'? Es enthüllt sich als einzige Note in der
Duftpyramide, alle anderen Zutaten bleiben verborgen, und das erscheint mir auch
gut so, denn es gibt jedem die Freiheit, sie mit seinen eigenen Zutaten zu
vervollständigen. Dies ist ein Parfum, das unsere Phantasie anregt. Sein
Geheimnis liegt nicht nur in den Duftnoten, sondern auch im Namen: die elfte
verlorene Stunde. Warum verloren? Luca Turin, der diesen Parfum sehr schätzt,
deutet dies als einen Duft wie eine Erinnerung, die man nicht genau einordnen
kann, die aber mit Sicherheit ein reales Erlebnis evoziert.
komponieren, bei der aus rein synthetischen Duftstoffen eine natürliche Melodie
wird. Viel professionelles Können, ein angeborenes Talent und eine Prise Magie –
et voilà, vor uns entfaltet sich ein Gemälde im Stil von Claude Monet, in
meisterlich impressionistischer Manier ein Tanz von Licht- und Farbnuancen.
Dieses Gemälde lebt, atmet, changiert. Ein unbeschreiblich hübsches Duftbild,
das beweist, dass rein synthetische Kompositionen luftig, lebendig, natürlich
und herzerwärmend sein können. Wenn ich eine taktile Metapher finden sollte,
dann würde ich diesen Duft als sehr feine, weiche und kostbare Seide
beschreiben. Eine Seide die zugleich kühlt und wärmt, die zum Träumen einlädt.
Riecht Vanillin so 'seidig'? Es enthüllt sich als einzige Note in der
Duftpyramide, alle anderen Zutaten bleiben verborgen, und das erscheint mir auch
gut so, denn es gibt jedem die Freiheit, sie mit seinen eigenen Zutaten zu
vervollständigen. Dies ist ein Parfum, das unsere Phantasie anregt. Sein
Geheimnis liegt nicht nur in den Duftnoten, sondern auch im Namen: die elfte
verlorene Stunde. Warum verloren? Luca Turin, der diesen Parfum sehr schätzt,
deutet dies als einen Duft wie eine Erinnerung, die man nicht genau einordnen
kann, die aber mit Sicherheit ein reales Erlebnis evoziert.
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