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11 - 15 von 107
SchatzSucher vor 4 Jahren 68 40
6
Sillage
6
Haltbarkeit
9
Duft
In Frühlingslaune
Die Serie "Les Exclusifs de Chanel" stellt eine Hommage an Coco Chanel dar. Jeder Duft aus der Reihe stellt ein Kapitel aus dem Leben von Coco Chanel (1883 - 1971) vor:

Sei es z.B. eine Adresse (31 Rue Cambon, der Standort ihres 1918 eröffneten Haute Couture Salons),
sei es ein Name (Misia, nach Misia Sert, eine Mäzenin namhafter Künstler in Paris und enge Freundin Coco Chanels),
sei es eine Jahreszahl (1932, das Jahr in dem Coco Chanel in ihrer Privatwohnung ihre luxuriöse Diamantschmuckkollektion vorstellte),
sei es ein Stoff (Jersey, Coco Chanel verwendete häufig Baumwolljersey und verhalf diesem Stoff zum großen Durchbruch in der Modewelt, da Jersey zuvor fast nur für Unterwäsche verwendet wurde),
sei es eine Farbe (Beige, diese Farbe trug Coco Chanel am liebsten)
oder sei es eben auch ein Gebäude, Bel Respiro, der Name ihrer Frühjahrsresidenz in Garches, einer Gemeinde nah bei Paris.
Dorthin zog Coco Chanel sich im Frühjahr von Zeit zu Zeit zum Erholen und Inspirieren zurück.

Nun hat Jacques Polge versucht, diese Eindrücke einer malerischen Landschaft mit viel Grün, in einem Duft einzufangen.
Zunächst erschien Bel Respiro 2007 als Eau de Toilette, welches ich vor kurzer Zeit kennenlernen konnte. 2016 wurden die Düfte aus der Exclusif-Reihe überarbeitet und die Düfte als Eau de Parfum neu auf den Markt gebracht.
Manche Überarbeitungen fielen nicht zur vollen Zufriedenheit aus, wie ich hier und da lesen konnte. Bei den Edp-Versionen fehlt häufig das gewisse Etwas.
Nun möchte ich mich jetzt aber nicht weiter über das altbekannte Thema Überarbeitungen auslassen, das wird allmählich müßig und jeder hat da eine eigene Meinung zum Thema.

Das EdT habe ich vor einiger Zeit schon kennengelernt und als sehr gut bewertet. Es ist ein Duft, der voll und ganz meinen Geschmack trifft. Grüne Frische, Florales und ein sanfter und cremig wirkender Verlauf.
Der deutliche grüne Eindruck entsteht vor allem durch die Verwendung von Galbanum, einem Duftstoff, der mir ausnehmend gut gefällt. Galbanum wird aus sogenannten Steckenkräutern gewonnen, eine Gruppe von Doldenblütlern, die häufig sehr aromatische Gewürze hervorbringen (Fenchel, Anis, Petersilie, Kümmel, Angelika), aber auch sehr giftige Pflanzen (Schierling, Riesenbärenklau). Die Unterscheidung ist oft sehr schwierig, da diese Pflanzen sich in ihrem äußeren Erscheinen sehr ähneln.
Galbanum wird in einigen sehr berühmten und herausragenden Düften eingesetzt, wie z.B. in Chanel N°19, Vol de Nuit, Miss Dior (der von 1947 und 1992), Yatagan, um einige Beispiele zu nennen.
Der Duft hat etwas balsamisches, würziges und eine unverkennbare, leicht knarzige grüne Tönung.
Bel Respiro wirkt aber keinesfalls knarzig. Denn zum Galbanum gesellen sich noch milde Noten, die an frisches Gras erinnern, ein krautiger Eindruck tritt auf und eine gewisse Blumigkeit nehme ich wahr. Diese kann ich nicht näher definieren. Ich vermute aber mal, daß man eine Spur Weißblüher verwendet hat, Blüten, die im Frühjahr am besten zur Geltung kommen.
Später im Verlauf kommt noch eine feine Spur von Leder hinzu, doch ist diese so sanft und dezent, daß sie niemals im Vordergrund wahrzunehmen ist und mich so auch niemals stört. Denn Leder stößt in den meisten Fällen bei mir auf große Ablehnung. Hier ist es passgenau eingesetzt und völlig unaufdringlich.
Bel Respiro bleibt in jeder Phase seines Verlaufs heiter und freundlich. Düstere und ernste Stimmung würde auch kaum zu einem Frühlingsduft passen.

Nun habe ich hier das EdP, welches vor kurzem durch ein Sharing zu mir gekommen ist. Es gibt einige Unterschiede zum EdT, auch wenn diese nur minimal sind.
Das EdP ist insgesamt eine kleine Idee leiser als das EdT und wirkt im Verlauf auf mich lieblicher und blumiger, während das EdT insgesamt etwas herber und grasiger ist.
Der Auftakt ist bei beiden identisch. Beim EdT kommt die feine Ledernote etwas mehr heraus, während sie beim EdP noch dezenter bleibt bzw. kaum noch wahrzunehmen ist.
In der Haltbarkeit unterscheiden sich beide Varianten auch ein wenig. Da beide Düfte nicht von lauter und fordernder Natur sind, sind sie auch in der Haltbarkeit nicht rekordverdächtig. Das erwarte ich bei den leisen Vertretern aber auch nicht.
Das EdT ist bei mir ungefähr 7 Stunden wahrzunehmen und das EdP klingt nach gut 6 Stunden bei mir aus.

Mein Fazit:

Mit Bel Respiro hat man einen wirklich schönen Frühlingsduft geschaffen, der auf mich eine durchgehend heitere und angenehme Wirkung hat. Den Eindruck der Chanel´schen Frühjahrsresidenz hat man hier gut in einen Duft gefasst. Die Impressionen von einer schönen grünen Landschaft, die das Anwesen umgibt, manche Sträucher sind schon in voller Blüte, die Sonne schickt wärmende Strahlen, der Aufenthalt draußen macht einfach nur Spaß.
Als schönen unkomplizierten Alltagsbegleiter kann ich mir Bel Respiro also sehr gut vorstellen.
Und ich bin auch der Ansicht, daß der Duft gleichermaßen für Sie und Ihn geeignet ist. Der Ansicht bin ich allerdings auch bei einigen anderen Düften aus der Exclusif-Reihe.
Die Flakons habe ich bisher noch nicht in der Hand gehabt, außer einem Mini. Aber sie wirken auf mich chaneltypisch sehr schön in ihrer schlichten und geradlinigen Eleganz.


Ich bewerte beide Düfte gleich gut, auch wenn das EdT dadurch, daß es etwas facettenreicher ist, ein wenig die Nase vorn hat.
Mein Dank geht an Mefunx für die Probe des EdTs und an BeatriceA, die das Sharing für das EdP so toll organisiert hat.

Und mit diesen, hoffentlich für Euch erfreulichen, Zeilen wünsche ich allen ein schönes Osterfest. Auch wenn es 2020 doch so anders ist als gewohnt...
40 Antworten
SchatzSucher vor 4 Jahren 71 50
10
Flakon
8
Sillage
8
Haltbarkeit
10
Duft
Zuversicht und Hoffnung im Flakon
Momentan bin ich wie sehr viele von uns zu Hause zum Nichtstun verdammt und da ich nicht die geringste Lust habe, immer wieder darüber nachzugrübeln, ob mein kleines Ein-Mann-Unternehmen das alles übersteht, beschäftige ich mich lieber mit schönen Düften und einer kleinen Reise durch die Zeit und mit so manchen Gedanken, die mir durch den Sinn gehen.
Zurück in eine Zeit, die sich viele kaum vorstellen können, außer durch Reportagen und Erzählungen von älteren Verwandten und Bekannten, die das live miterlebt haben.

1948, eine Zeit, in der die Welt noch von den Folgen des Zweiten Weltkrieges gebeutelt war und man intensiv mit dem Wiederaufbau von Städten, Wirtschaft und politischen Strukturen war. Dem Wiederherstellen einer gewissen Ordnung. Eine Zeit, in der es in Deutschland alles andere als rund lief, da die vier alliierten Mächte, die Deutschland verwalteten, zunehmend in Konflikte gerieten, welche dann in die Berlin-Blockade und einer Währungsreform gipfelten.
Und wie wir wissen, teilte sich Deutschland wenig später für gut 40 Jahre in zwei Republiken.
Dennoch wollte man sich nicht nur mit ungemütlichen Themen beschäftigen, denn mit dem Wiederaufbau und der Neustrukturierung der Welt erwachte auch der Sinn für Schönheit neu.

Nina Ricci (1883 - 1970, unter dem richtigen Namen Maria Adélaide Nielli) gründete zusammen mit ihrem Sohn Robert 1932 ihr Modehaus in Paris. Als eine der wenigen konnte sie sich bereits kurz nach der Weltwirtschaftskrise 1929 in der Modewelt mit ihren romantischen und femininen Designs behaupten.
1946 wurde unter ihrem Namen der Duft Coeur Joie auf den Markt gebracht. Doch wesentlich größere Berühmtheit errang das 1948 erschienene L´Air du Temps, das sich noch heutzutage großer Beliebtheit erfreut.
Und das zu vollem Recht, möchte ich behaupten.
Übrigens ist Romano Ricci, der Gründer von Juliette Has A Gun, der Urenkel von Nina Ricci.

L´Air du Temps ist ein pracht- und gehaltvoller blumig-würziger Duft, dem ein ganz besonderer Zauber innewohnt. Es beginnt schon beim Flakon, der im Original nach einem Entwurf von Marc Lalique gestaltet wurde.
Und der Flakon symbolisiert mit den Friedenstauben diese unruhige und widersprüchliche Zeit mit ihren Irrungen und dem Wunsch nach Frieden und Zufriedenheit perfekt. Auch wenn der Deckel mittlerweile aus Kunststoff besteht, bewundere ich diesen bezaubernd schön gestalteten Flakon immer wieder.
Ebenso bezaubernd ist auch der Duft.
Schon der Start ist sehr blumig, die Herznoten treten gleich zusammen mit den Kopfnoten auf, ein wenig Bergamotte ist bemerkbar in der Blumenfülle, dazu viele Gewürze, ich meine u.a. etwas Zimt wahrzunehmen, denn ich spüre eine schöne Wärme. Die Blüten entfalten sich immer mehr, tonangebend ist allerdings die Gartennelke mit ihrem unverwechselbaren Duft, der stets auch eine leichte Schärfe mitbringt. Ein wenig Lilie und Ylang-Ylang nehme ich noch unterstreichend wahr. Diese Blumigkeit ist ohne jede Süße und wirkt auf mich sehr erwachsen. Doch kann ich ihre Anmut und Freundlichkeit erkennen.
Später vertieft sich der warme und würzige Eindruck noch durch Spuren von Holz und einer Ahnung vom Harz und Moos. Das könnte eine Andeutung von Chypre sein, doch L´Air du Temps ist für mich kein Chypre im engeren Sinn. Dazu ist das Moos in der Basis nicht ausgeprägt genug, es fehlen der typische Chypre-Knarz und diese gewisse Strenge, die Chypredüften innewohnt. Und L´Air du Temps macht auch eher einen etwas seifigeren Eindruck.

Der Duft ist wunderbar komponiert, da keine Note stört oder unrund auf mich wirkt.
L´Air du Temps ist für mich ein sehr berührender Duft, da in der gesamten Komposition eine gewisse Wehmut mitschwebt. Eine Wehmut, die aufkommt, wenn man über vergangene Zeiten sinniert und in eine ungewisse Zukunft blickt. Das verkörpern Duft und Flakon in meinen Augen auch sehr gut.
Diese damalige Zeit, die Irrungen und Wirrungen auf der Welt, die Unsicherheit, viele Einschnitte und Verluste, die die Menschen hinnehmen mußten. Vieles das auf drastische Weise beendet wurde und ein Zeichen für einen völlig neuen Beginn, verbunden mit der großen Hoffnung auf bessere und schönere Zeiten.

Dazu ist auch der Name perfekt gewählt, Zeitgeist, so lautet die wörtliche Übersetzung. Der damalige Zeitgeist war voll von Hoffnung und damit ist eine Brücke zur heutigen Zeit geschlagen. Denn irgendwie wiederholt sich alles auf die eine oder andere Weise.
Momentan schwanken wir alle zwischen Hoffen und Bangen, hoffen daß diese nervenaufreibende und zermürbende Zeit möglichst bald ein Ende hat.
Draußen herrscht gerade schönstes Frühlingswetter und die ersten Frühlingsblüten sind schon hier und da zu sehen. Und doch ist da immer diese nicht zu greifende Bedrohung, gesundheitlich, wirtschaftlich, persönlich. Und ich ertappe mich immer wieder dabei, daß ich da an andere Zeiten denke. Auch wenn es damals auch immer wieder unruhig gewesen ist und man mitunter nicht wußte, wie alles weitergehen sollte.
Und dann hilft oft auch ein Duft, der schwere Zeiten zwar nicht wegzaubern kann, aber für eine Weile etwas Trost und Zuversicht spenden mag. Und in diesen Momenten wünscht man sich, daß die Zeit für einen Augenblick stillstehen möge.
In das Jahr 1948 möchte ich jetzt nicht zurück, aber 2020 macht gerade auch keinen besonderen Spaß und das werden wir uns wohl auch anders vorgestellt haben...
Dennoch bleiben uns Hoffnung, Zuversicht und positive Gedanken. Und keiner vermag zu sagen, wieviele schon in gerade diesem Duft ein wenig Zuflucht gesucht haben und Freude hatten in diesen nunmehr 72 Jahren, die der Duft schon auf dem Markt ist.
Hier kann ich nichts anderes als die volle Punktzahl für diesen Seelenduft vergeben.

Und mit ganz vielen positiven Gedanken wünsche ich allen lieben Schnuppernasen herzlich das Allerbeste! Mögen wir diesen Alptraum möglichst rasch und möglichst ohne große Blessuren überstehen.

Danke für´s Lesen.

50 Antworten
SchatzSucher vor 4 Jahren 49 33
8
Flakon
7
Sillage
8
Haltbarkeit
9
Duft
Ein schönes Rezept gegen Wetterblues
Die letzten Tage oder eher schon Wochen waren wettertechnisch eine ganz schöne Herausforderung. Man mußte sich wirklich fragen, ob man im Neoprenanzug und mit Bleigewichten an den Füßen das Haus verlassen soll oder nicht doch lieber den Schrank vor die Tür schieben, um das Elend völlig abgeschottet vorüberziehen zu lassen. Dazu gab es beim Aufenthalt an der frischen Luft immer wieder neue kostenlose Frisurenvorschläge, Sturmfrisur konnte man wirklich mal wieder wörtlich nehmen. Dazu gefühlt endlose bleigraue Dämmerung, die sich wie Mehltau über die Gemüter zog. Und bei den Regenmengen war man schon versucht zu denken, ob man ersäuft werden soll...
Nun ist gerade heut einmal dieses komische helle Ding am Himmel zu sehen, wie hieß das noch gleich... Lampe???
Und schwupp ist die brachliegende Laune mal wieder um einige Grade gestiegen, parallel zu den Temperaturen. Ich vermag keinen passenden Begriff für diese Jahreszeit zu finden oder besser gesagt zu diesem Zustand. Eigentlich hat es bitteschön zu dieser Zeit kalt zu sein. Meinetwegen darf es auch schneien. Aber offenbar kann man da oben kein Wetter mehr oder die alten Herrschaften können mit der modernen Technik nicht umgehen. Wer weiß das schon...

Nun sehnt man sich in so einer jammervollen Zeit entweder nach fröhlich hellen Frühlingsdüften, die uns ein wenig Sonnenschein in unsere Gemüter zaubern und uns mit lieblichen Blütendüften und/oder zartem frischem Grün schmeicheln, oder man ergibt sich und schaut aus nach wohlig wärmenden Kuscheldüften, die uns mit warmer Würze, Gourmandanklängen und süßen Tönen umgarnen.
Ich habe mich jetzt mal für die zweite Variante entschieden. Und was konnte mir da Schöneres passieren als Stardust von Frau Neuffer?
Ein Duft wie geschaffen für Schietwetter, Windstärke 11, Wolkenberge und Trübsal.
Ich habe die Gelegenheit zum intensiven Kennenlernen erhalten, indem mir ein Flakon leihweise zur Verfügung gestellt wurde.
Und dieses Kennenlernen ist höchst erfreulich verlaufen.

In den Düften von Frau Neuffer läßt sich sehr gut eine ganz eigene Handschrift erkennen. Diese meine ich hauptsächlich im Auftakt zu identifizieren. Und ich habe mittlerweile schon eine Menge Düfte aus dem Hause Neuffer kennengelernt.
Es ist diese gewisse Note aus Bienenwachs, Würze, Zitrusnoten und harziger Süße. Mir gefällt diese Note nicht in allen Neuffer-Düften. Mitunter wirken diese mir zu schwer und ölig und ich fühle mich oft an diese Orientläden erinnert, mit Räucherstäbchen, Duftölen und vielen Gewürzen, die schwer in der Luft hängen. Oder an weihnachtliche Aromen, die sehr in die kalte Jahreszeit passen, mir aber als Parfum nicht so ganz genehm sind.
Doch Stardust hat diese Note nur recht kurz und nicht so ausladend wie manch anderer Duft aus ihrer Hand.

Die Zitrusnoten sind deutlich wahrzunehmen, kommen mir hier etwas dunkler vor als sonst gewohnt. Sie sind auch nicht zu süß, haben aber auf jeden Fall das ihnen stets nachgesagte Vermögen, die Stimmung aufzuheitern. Die würzige Bienenwachsnote ist ebenfalls sofort präsent, überlagert aber nicht alles.
Das ist schon mal richtig schön. Der Duft entwickelt dann sehr schnell eine wunderbare köstlich-schokoladige Richtung, die von sparsam eingesetzten floralen Begleitern unterstützt wird.
Ich rieche sehr deutlich einen Dreiklang aus Kakao, Patchouli und Vanille heraus. Doch kommen diese Aromen ebenfalls nicht übermächtig süß daher. Die Vanille drängelt sich immer mal wieder ein wenig in den Vordergrund und spielt etwas mit der Schokinote herum, als wolle sie sagen "Mach mal Platz für mich!"
Diese Stardust-Vanille ist von eher dunklerer Natur, sie strahlt eine schöne Wärme aus, so wie den gesamten Duft eine wohlige und wohltuende Wärme umgibt.
Die würzigen und harzigen Noten unterstützen das Ganze zusätzlich noch, fügen sich aber ebenfalls harmonisch in das Gesamtbild ein.

Stardust ist trotz seiner gourmandigen Anklänge kein Duft, bei dem ich mich wie mit tonnenweise Zuckerguss überschüttet fühle und der nicht einfach lieb und zuckrig duftet. Hier und da hat Frau Neuffer ein paar schöne Kanten mit eingearbeitet, um den Duft nicht zu monoton wirken zu lassen und um die gourmandige Süße mit ein paar herben Untertönen zu verfeinern.
Das alles hat eine wunderbare Haltbarkeit, ich kann den Duft gut 9 Stunden wahrnehmen, und trotz einer gewissen Opulenz, die man nicht abstreiten kann, erschlägt der Duft nicht.

Ob man sich jetzt auf das Erlebnis Naturduft einlassen möchte oder lieber nicht, das darf jeder für sich selbst entscheiden. Ich finde aber, daß man diese Düfte ruhig einmal probieren sollte. Sie unterscheiden sich doch sehr vom klassischen Parfümerie-Handwerk.
Daß nicht jedem diese Machart zusagt, versteht sich auch.

Ich möchte Stardust eher in die kalte Jahreszeit einordnen, da ich mir diesen warmwürzigen Charakter im Sommer weniger gut vorstellen kann. Doch bei Schmuddelwetter und Kälte kommt dieser feine Duft genau richtig.
Schön dazu wäre noch ein Kamin, den ich leider nicht habe, eine Jumbotasse heißen Kakao, Kleidung, in der man wohnen kann, schöne Musik und ein gutes Buch. Und natürlich Stardust, damit man die Welt für eine Weile vergessen kann.
Außerdem ist der Duft völlig herrentauglich. Die Einordnung als Damenduft finde ich etwas irreführend, da der Duft auf mich völlig unisex wirkt.

Zu den Sternen kann der Duft mich zwar jetzt nicht tragen, doch die Wohlfühlatmosphäre, die er verbreitet, läßt mich auf jeden Fall wohlig schnurren. Und trübe Tage sind gleich eine ganze Ecke heller.
Während ich diese Zeilen schreibe, zieht es am Himmel auch tatsächlich schon wieder grau auf und das nächste Sturmtief rückt an. Also schnell zu Stardust greifen :-)

Ich danke unserer wunderbaren 0815abc von Herzen für das liebenswerte zur Verfügung stellen!
33 Antworten
SchatzSucher vor 4 Jahren 54 36
8
Sillage
9
Haltbarkeit
7.5
Duft
Die Biene darf gern weiterfliegen
Vor gut anderthalb Jahren, als ich mich hier neu anmeldete, kannte ich die Düfte aus dem Hause Zoologist noch gar nicht. Da war mein Dufthorizont eh noch arg eingeschränkt und den Begriff Nische hatte ich nebenbei mal so aufgeschnappt. Doch wenn man sich erst einmal hier im großen dicht verflochtenen Netz verstrickt hat, ist man rettungslos verloren und es kommen einem mitunter die unglaublichsten Düfte vor die Nase.
Vor manchen rennt man schreiend davon und andere wiederum zaubern glückselige Stimmung.

Die kanadische Marke Zoologist mit Sitz in Toronto ist noch relativ jung, sie wurde erst 2013 von Victor Wong gegründet.
Man möchte dort mit den Düften die Eigenheiten von allen möglichen Tieren, zu Wasser, auf dem Land oder in der Luft, lebend oder ausgestorben, einfangen und zum Ausdruck bringen. Seien diese Eigenheiten nun schön, lustig oder auch gar schockierend, all das wird in den wirklich außergewöhnlichen Kreationen sehr gut widergespiegelt.
Einige Düfte habe ich inzwischen schon testen können und kann bestätigen, daß sie wirklich alles andere als alltäglich sind. Doch haben sie bei mir bisher nicht die allergrößte Begeisterung hervorgerufen.
Es scheiterte in allererster Linie an der Tragbarkeit der Düfte. Und das ist für mich ein wichtiges Kriterium.
Was nützt mir ein hochwertiger und handwerklich gut gemachter Duft, wenn ich keine Gelegenheit finde, um ihn auch zu tragen bzw. wenn ich mich mit dem Duft nicht wohlfühle? Preise und die mehr oder weniger komplizierten Beschaffungsmöglichkeiten spielen auch eine nicht zu unterschätzende Rolle. Doch darauf möchte ich jetzt nicht weiter eingehen.

Nun kam kürzlich Bee zu mir, die allerneueste Schöpfung aus dem Hause Zoologist. Der Name ließ schon auf einen eher süßen Duft mit Honig als Hauptnote schließen, ohne daß ich vorher einen Blick auf die Duftpyramide geworfen hätte.
Doch ist Bee nicht einfach nur honigsüß, da schwingen auch noch andere Noten mit, denn schlicht und einfach gibt es bei Zoologist nun mal nicht.

Ich habe hier von einer Assoziation mit Waldhonig gelesen. Das kann ich auch bestätigen. Waldhonig ist nun die Honigsorte, die ich am wenigsten mag, ist er mir doch zu herb und zu bitter. Geht höchstens mal im Tee.
Die Honignote ist von Anfang an präsent und kommt auch sehr süß daher. Doch wird die Süße relativ schnell herber und dunkler, da sich rasch würzige und harzige Noten mit einbringen und die Süße ein wenig dämpfen. Da erinnert mich der Duft dann sehr an Waldhonig.
Florale Noten bleiben im Hintergrund und spielen während des gesamten Verlaufs keine besonders große Rolle. Sie kommen mir eher wie Blütenstaub vor, weil Bee nämlich auch noch sehr trocken auf mich wirkt.
Außerdem scheint der Honig auch noch mit reichlich Bienenwachs versehen zu sein.
Die würzigen Noten erwecken bei mir ein wenig den Eindruck eines Orient- oder Hippieladens mit allerlei Räucherstäbchen und Duftölen, auch wenn dieser Eindruck nicht besonders stark ist. Das federt die Süße zusätzlich noch etwas ab.
Der Duft klingt dann auch harzig und würzig aus. Über allem schwebt auch eine deutliche Wärme mit, daher sehe ich den Duft auch am ehesten in der kalten Jahreszeit. Im Sommer könnte das dann doch zu üppig sein.
Die Haltbarkeit ist hervorragend, 10 Stunden sind locker drin. Und Bee sollte möglichst sparsam dosiert werden, er ist sehr dicht und raumgreifend. Ein Sprüher ist mir schon mehr als ausreichend.
Und das ist dann leider auch der Punkt, der dazu führt, daß Bee für mich kein Kaufkandidat wird. So toll der Duft gemacht ist und so sehr ich das Konzept auch anerkenne, ich fürchte mir würde die Biene binnen kurzer Zeit auf die Nerven gehen. Mir fehlt eine gewisse Leichtigkeit beim Duft. Er ist üppig, schwer und konzentriert, fast zum schneiden dick. Und die Biene gleicht für mich eher einer ziemlich dicken Hummel.
Alles in allem ist Bee ein wirklich sehr gut komponierter Duft und ich schätze mal auch einer der zugänglichsten Düfte von Zoologist, aber die große Glückseligkeit ist dann doch bei mir ausgeblieben, auch wenn ich nicht schreiend vor dem Duft weglaufen mußte.
Allen, die Bee großartig finden, wünsche ich natürlich ganz viel Freude mit dem Duft!
Ich lasse die Biene gern weiterfliegen.

Mein Dank geht an Pollita, die mir die Erstbegegnung mit der Biene ermöglicht hat, und an Jakobolino, durch ihn konnte ich die Bekanntschaft noch etwas vertiefen.

Mal schauen, was mir bei Gelegenheit noch andere Zoologists zu erzählen haben.
36 Antworten
SchatzSucher vor 4 Jahren 39 30
7
Sillage
8
Haltbarkeit
8.5
Duft
Mogelpackung enttarnt
Vor kurzem habe ich einige Düfte von Dali Haute Parfumerie kennengelernt. Diese Düfte werden seit 2016 als exklusive Parfumlinie vom Unternehmen Cofinluxe vertrieben.
Cofinluxe mit Sitz in Paris wurde 1976 von Jean-Pierre Grivory gegründet, zunächst unter dem Namen Cofci, der 1985 dann in Cofinluxe geändert wurde.
Dieses Unternehmen lancierte u.a. Düfte mit Namen wie Taxi oder Watt. Diese sagten mir jetzt gar nichts. Und nachdem ich mal nachgeschaut habe, scheinen sie hier auch nicht allzu bekannt zu sein.
1983 wurde dann mit "Dali" der erste Duft unter Federführung von Salvador Dali veröffentlicht, zunächst noch in limitierter Auflage. Dieser Orientkracher war dann schon ziemlich bemerkenswert. Herr Dali persönlich bestimmte noch mit über die Art und Weise, wie die Düfte zu riechen hatten und das Flakondesign mit den berühmten Dali-Lippen stammt ebenfalls von ihm.
1987 folgte dann mit "Dali pour Homme" der erste Herrenduft, ein ebenfalls herausragender und außergewöhnlicher Duft und ein Frühwerk von Thierry Wasser.
Ein ebenfalls sehr schöner Duft ist noch Laguna von 1991.
Dalis exzentrische Persönlichkeit spiegelte sich in den ersten Düften sehr gut wieder, denn seichte Werke sind diese ganz gewiß nicht.

Das Unternehmen ist bis heute in Familienhänden und unabhängig von den großen Luxusgüterkonzernen wie LVMH oder Coty.
Auch nach dem Tod von Salvador Dali behielt Cofinluxe die Lizenz, weiterhin unter dem Namen Dali Düfte zu vertreiben.

Da mich nun auch weitere Düfte der relativ neu lancierten Dali Haute Parfumerie interessierten und ich die Gelegenheit hatte, bereits 4 Düfte aus der 5-teiligen Daligramme-Serie kennenzulernen, bestellte ich mir Probensets, um mich auch noch mit den anderen Düften zu befassen.
So nahm ich mir jetzt die Serie The Fabulous Collection vor, die auch aus 5 Düften besteht.
An Fabulous Bukhara blieb ich erstmal hängen und hier fiel mir relativ schnell etwas auf.
Der Duft ist einer dieser modernen opulenten Düfte mit orientalischen Anklängen, präsenter Rose, gourmandigen Noten und oudigen Tönen.
Nun ja, das Thema Rose-Oud ist für meinen Geschmack in der letzten Zeit ein wenig überstrapaziert worden und mir kamen jüngst recht viele Rose-Oud-Düfte vor die Nase. Gewisse Ermüdungserscheinungen kann ich mittlerweile nicht mehr verleugnen und ich lege gern erstmal eine Rose-Oud-Pause ein. Die darf auch länger dauern ;-)

Nun aber folgendes:

Fabulous Bukhara ist tatächlich ein lupenreiner Duftzwilling von Lancômes Ôud Bouquet. Es gibt da keinerlei Zweifel. Ich habe Ôud Bouquet in meiner Sammlung und habe beide Düfte parallel getestet. Sie sind praktisch identisch.
Alles ist vorhanden, die Gewürze, die süffige Rose, die Schoko- bzw. Pralinennote, die leichte Oudnote, der gleiche Verlauf. Ganz exakt.
Mit einem Unterschied: Der Dali ist etwas leichter, weniger intensiv und hat eine kürzere Haltbarkeit.
Aber sonst kann ich keine prägnanten Unterschiede ausmachen.
Das führt bei mir nun zu einer gewissen Ernüchterung, denn meiner Meinung nach hat man es sich hier ein wenig zu einfach gemacht. Denn der Internetauftritt verspricht etwas hochtrabend "luxuriöse Kollektionen mit dem Wissen und Anforderungen der hohen französischen Parfümerie". Doch lehnt man sich da für meine Begriffe etwas weit aus dem Fenster.
Es ist zwar gang und gäbe, daß hier und da erfolgreiche Konzepte kopiert werden und immer wieder Duftzwillinge auf den Merkt gebracht werden, aber etwas mehr Eigenständigkeit und Ideenreichtum hätte ich mir doch gewünscht. Gerade bei einer als exklusiv vermarkteten Serie denke ich, man könnte sich da gern etwas eigenes einfallen lassen, statt etwas schon Vorhandenes 1:1 zu kopieren.
Fabulous Bukhara ist auch nicht der einzige kopierte Duft. Nachdem ich mich durch die anderen 4 Düfte durchgeschnuppert habe, konnte ich feststellen, daß auch andere Düfte (u.a. von Tom Ford) kopiert wurden und mind. auch einmal bei sich selbst.
Der Duft bekommt nun von mir zwar die gleiche gute Wertung wie der Lancôme, da mir die Machart trotz Rose-Oud-Überdrüssigkeit gefällt, aber einziehen wird der Duft nicht. Er wäre zwar im Vergleich die günstigere Alternative zu Lancôme, bietet aber unterm Strich etwas weniger und zusätzlich ein Gefühl, daß man hier mit großem Selbstbewußtsein doch eher eine Mogelpackung vorgesetzt bekommt, läßt sich nicht abstreiten.
Ich habe noch 5 Düfte aus der Jewels Collection, die auf einen Test warten und schaue mal, was diese mir zu erzählen haben. Vielleicht werden da noch andere Duftzwillinge enttarnt oder es gibt große Überraschungen.
Die Probensets werden demnächst weitergereicht und ich bin gespannt auf die dann folgenden Meinungen.
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