SlyFox1985

SlyFox1985

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11 - 15 von 26
SlyFox1985 vor 8 Jahren 8
10
Flakon
7.5
Sillage
10
Haltbarkeit
9
Duft
Verbindet Frische mit mineralisch-herbem Purismus und Markanz mit Signaturduft-Qualitäten
Ich wollte eigentlich gerade ein Statement zu diesem schönen Duft verfassen, bis mir dann aufgefallen ist, dass meine Gedanken dazu das Fensterchen sprengen. Daher habe ich mich dann doch auf den Kommentar verlegt, denn ich finde, dieses Duftwässerchen vereint einige Besonderheiten in sich, die einer Erwähnung würdig sind. Dabei überspringe ich den wohlbeschriebenen und bekannten Duftverlauf und beschränke mich auf meine persönlichen Eindrücke.

Jean-Claude Ellena ist kein unbeschriebenes Blatt in der Parfumwelt, und der Terre d'Hermès ist sicherlich nicht seine schlechteste Kreation. Gemäß seines Konzeptes, den Himmel mit der Erde zu verbinden, sucht der Duft das Besondere im Alltäglichen. Er ist in ziemlich puristischer Schlichtheit aufgebaut, setzt aber mithilfe der wenigen wohldosierten Aromen so passende Akzente, dass er kaum jemals fehl am Platze wirkt. Er ist herb, mineralisch, erdig, aber nicht dunkel oder feucht. Er ist warm, sanft, schmeichlerisch, aber nicht zähflüssig, sondern dabei noch so luftig und frisch, dass er in jedes Büro passt. Gleichzeitig wiederum ist sein Charakter stark genug, um auch bei einem Abendessen mit Kerzenschein rundheraus zu überzeugen. Monsieur Ellena hat es hier ganz erstaunlich geschafft, den Kreis zu quadrieren, denn er verbindet Gegensätze wie kaum ein anderer. Nicht zu wenig und nicht zu viel, markant aber nicht beliebig, auffallend und dennoch elegant, warm und dennoch frisch. Ich könnte fortfahren. Ein toller Duft, der als Gesamtkunstwerk überzeugt und mehr ist als die Summe seiner Teile. Ziel gesetzt, Ziel erreicht. Chapeau, Monsieur Ellena!

Die Sillage und die Haltbarkeit sind kaum überraschend sehr passend gewählt. Die Sillage ist stark, aber nicht zu aufdringlich. Immer wieder erschnuppere ich einen warmen mineralischen Hauch. Dies fast über den ganzen Tag hinweg (8 Stunden sind für ihn locker drin), wobei der Duft seine Präsenz hält, anstatt sich innerhalb von 2 Stunden auf Hautniveau zu verkrümeln. Der Flakon ist schlicht, aber edel - passend zum Duft.

Wer ihn noch nicht kennt, bitte dringend mal einen Hauch ins Näschen lassen. So wirklich vorbei kommt man an diesem Kunstwerk nicht, und auch wer einen neuen Signaturduft sucht, sollte in jedem Fall einen Riecher riskieren.
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SlyFox1985 vor 8 Jahren 5 1
10
Flakon
7.5
Sillage
5
Haltbarkeit
8
Duft
Eau de Parfum Intensa - der perfektionierte schwarze Mann?
Ich kann die Nase einfach nicht voll bekommen von Man in Black. Diese süß-rauchige Kopfnote, die sich einer allzu genauen Beschreibung entzieht, hat mich direkt zu Beginn in ihren Bann gezogen und nicht mehr losgelassen. Mindestens 80%, hat meine Nase da noch gesagt. Und am Handgelenk geklebt. Aber leider ging es mir wie vielen anderen Testern der Version EdP: der Duft ist genau so schnell wieder weg, wie er gekommen ist. 2-3 Stunden, Übergang in eine tuberosig-honigartige Herznote (immer noch sehr schön), die aber ebenfalls schnell zum Abschied winkt, und es bleibt noch eine hautnahe, holzige, etwas beliebige, aber nicht de facto schlechte Basis übrig. Der Sprinter schlechthin.

Nun ja, man kann ja nachsprühen? Ja und nein. Bei zitrischen Sommerdüftchen á la Pour Monsieur gehört das nun mal zum Charakter des Duftes dazu und ist absolut in Ordnung, aber bei einem süßlichen, eher schwereren Allrounder erwarte ich eine längere Haltbarkeit. Ich war daher bisher nicht zum Kauf zu überreden. Meine ursprünglichen 80% schrumpften auf 70%. Aber diese traumhafte Kopfnote hat mich nicht losgelassen...

...bis ich dann erfahren habe, dass es zumindest zeitlich limitiert die Intensa-Version des Duftes auch hierzulande geben wird. Nur in der 100ml-Abfüllung - ein schön und edel dekorierter Flakon, dessen Gravierung auf Zeichnungen eines Maori-Häuptlings basieren soll, dazu erhöhte Duftstoffkonzentration. Mein Ohr horchte sofort auf. Der perfekte Mann in Schwarz?? Was mag das geben? Auf zum Test!

Ich spare mir an der Stelle weitere lange Duftbeschreibungen, denn rein vom Duftcharakter, soviel sei gleich gesagt, sind die beiden Düfte für meine Nase so gut wie identisch. Es gibt viele Vorredner, die Man in Black im entsprechenden Thread hervorragend beschrieben haben. Die Große Frage ist und bleibt die nach der Sillage und der Haltbarkeit. Das größte Manko dieses tollen Duftwässerchens.

Zu hohe Erwartungen muss und darf ich leider ausbremsen. Die Erhöhung der Duftstoffkonzentration ist minimal, rein logisch schlussfolgere ich aus den Angaben auf beiden Flakons ein Plus von 1,0 %. Dieses Prozent bewirkt die minimal reichhaltigere Sillage des Duftes sowie eine grob geschätzte Verlängerung der Haltbarkeit um ca. eine Stunde. Damit schafft es der Duft zumindest ins Mittelfeld, ein Langstreckenläufer ist er aber immer noch nicht und wird er wohl auch nie werden.

Man hat also an den Schwächen gearbeitet bei Bvlgari und sich die gehäuft negativen Rezensionen über die mangelnde Haltbarkeit zu Herzen genommen. Da der Duft an sich für die Bvlgari-Man-Reihe schon eher untypisch ist, ist man damit nochmals einen Schritt weg von der eigenen Tradition hin auf den Konsumenten zugegangen. Als Plus gibt es einen wirklich edlen und tollen Flakon dazu, bezahlen lassen sich die Italiener dafür aber auch recht gut.

Ein großes Manko wird zu einem kleineren Manko, ich entscheide mich für 80% Gesamtwertung, werde tatsächlich zum Käufer und spreche eine klare Empfehlung für Fans dieses schönen Duftes aus, die bisher mangels Haltbarkeit noch nicht zugegriffen haben. Wer Man in Black bereits besitzt, für den lohnt sich der Umstieg nicht, und der Preis ist zu hoch. Und auch für Parfumos, die eine mittlere Haltbarkeit bei einem schwereren Duft als KO-Kriterium ansehen, ist die Intensa-Version nicht der perfekte schwarze Mann geworden. Chapeau!
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SlyFox1985 vor 9 Jahren 9 1
10
Flakon
7.5
Sillage
7.5
Haltbarkeit
8
Duft
Auf den Dali gekommen: animalisch-düsterer Grenzgänger zähmt griechischen Halbgott?
Ich hatte heute das Vergnügen, nach Blindkauf diesen Duft vom geschätzten Leimbacher persönlich entgegenzunehmen. Danke auch von dieser Stelle aus!

Nach einer Schreibpause im Forum hat er mich dann auch tatsächlich dazu bewegt, doch mal wieder in die Tasten zu hauen, und soviel sei vorab gesagt: ich werde ihn NICHT in meinen Souk einstellen :)
Was mich etwas gewundert hat und vielleicht auch mit eine Motivation ist, meine Impressionen festzuhalten, ist die Tatsache, dass die für mich doch große Ähnlichkeit mit dem Chanel-Klassiker Antaeus bisher nur eine einzige Erwähnung bei meinen Vorrednern gefunden hat... für mich bietet gerade Antaeus nämlich ein gutes Grundgerüst zum Vergleich. Zumindest der heute erhältliche, denn den Vintage-Antaeus habe ich bisher leider noch nicht in die Nase bekommen. Ich kann mir aber vorstellen, dass jener dem Dali vielleicht sogar noch etwas näher kommt.

Zum Duft, wenn man sich die Duftpyramiden von Antaeus und DPH anschaut, erkennt man ziemlich direkt, dass die Ähnlichkeiten nicht von ungefähr kommen. Bergamotte, Zitrone, Basilikum, Moos, Jasmin und Patchouli bilden schon ziemliche Überschneidungen. Beide Düfte eröffnen bei mir auch mit einer diffusen, herb unterlegten Frische, die recht schnell durch animalische Noten ergänzt wird. Trotzdem hat sich ein überraschter Ausdruck in mein Gesicht geschlichen, begleitet von einem erstaunten Pfiff. Antaeus ist ein durchaus herber und tierischer Vertreter, ich schätze ihn sehr und trage ihn häufig, dezent dosiert auch im Büro. In meiner (erst zwei Monate alten) Sammlung war Antaeus bisher neben Encre Noire der düsterste und neben Egoiste der kantigste Vertreter. Das hat sich mit diesem erstaunten Pfiff geändert. In meiner Neugier habe ich den oftmals unbeliebten, aber für mich hier sehr hilfreichen nebeneinander-Test gemacht und muss feststellen: Dali pour Homme ist der Duft, neben dem Antaeus für mich tatsächlich blumig wirkt. Fast süßlich-warm durch die Rosen-Note. Der Dali bleibt daneben durchgängig düster, fleischig, tierisch, morbide. Da ist nichts mehr blumig, hier werden keine Gefangenen gemacht. Ich persönlich rieche keine Rosengeranie, dafür aber rauhe, markante, animalische Würze. Wo Antaeus etwas trockener bleibt, ist der Dali... nun ja, das Gegenteil. Was beide wiederum vereint, sind die Patchoulinoten in der Basis. Beide Düfte verändern sich auf meiner Haut nach gut zwei Stunden nicht mehr großartig. Ob der Abgang beim Dali anders ausfällt, bleibt noch abzuwarten. Falls ja, sage ich dazu morgen noch ein paar Worte...

Nebenbei sei an der Stelle erwähnt, dass ich auch im Büro sehr viele verschiedene Düfte trage. Ich habe ein Einzelbüro, zudem dosiere ich so überlegt und passgenau, dass mir bisher verärgerte Kommentare komplett erspart geblieben sind. Es gab somit nur einen einzigen Duft in meiner Sammlung, den ich als so gut wie nicht bürotauglich eingestuft habe, und das war Encre Noire. Seit heute sind es deren zwei, denn wo Antaeus, der griechische Halbgott, trotz muskelbepackter Männlichkeit mit feinem Seitenscheitel und rasierter Brust daherkommt, sehe ich den Dali mit Wuschelmähne und Fünftagebart, immer noch irgendwo gepflegt, aber durchaus hart an der Grenze. Testosteron und fleischliche Lust, in der Tat, ich muss meinen Vorrednern zustimmen. Zum Ausgehen für den selbstbewussten Mann mit Dreitagebart und zerschlissener Lederjacke klasse, fürs Büro selbst in dezenter Dosierung schwierig. Das macht mir aber gar nichts, denn auch für schöne Ausgehdüfte ist noch Platz in meiner Sammlung.

Der Flakon passt perfekt in das Kozept, das Monsieur Wasser vermutlich auch mit dem Duft verfolgt hat. Er fällt auf, ist besonders. Klasse! Die Sillage ist meiner ersten Wahrnehmung nach auch sehr ordentlich, ähnlich dem Antaeus. Da ich den Duft erst seit heute Nachmittag trage, werde ich Angaben zur Haltbarkeit morgen ergänzen.

Zu meiner eigentlichen Frage: Dali zähmt also Antaeus? Ja und nein. Was die Extravaganz, die erotisierende Wirkung, die Anziehungskraft angeht: ja, durchaus. Was die Tragbarkeit angeht: nein. Aber das ist nicht zwingend der Grund, warum ich in meiner Gesamtnote hier irgendwo zwischen 80 und 85% lande, während Antaeus 90% bekommen hat. Der Halbgott ist vielmehr mit seinen blumigen, leicht süßlich-warmen Anleihen für mich einen Ticken schöner arrangiert, die Puzzleteilchen passen im direkten Vergleich noch etwas besser zusammen und geben ein runderes Gesamtbild.

Um ein Fazit zu ziehen: Dali pour Homme ist ein toller, erotischer, düsterer Ausgehduft für den Mann. Nicht für den Jungen aus meiner Sicht. Passt zu schwarzen Klamotten und Bartwuchs, zu Leder, Rockmusik und einem wuchtigen Auftritt. Braucht den passenden Anlass, um sich zu entfalten. Konzerte, Festivals, Metal-Abende, das ist die Art Gelegenheiten wo ich genau den vermutlich tragen werde. Für feinere Anlässe wiederum hat er nicht genügend Manieren. Und bitte dezent dosieren, um einen Tierfleisch-Overkill zu vermeiden :) denn dann wird der Grenzgänger schnell auf der falschen Seite der Linie landen und sich seine eigentlich geradezu magnetische Anziehungskraft ins Gegenteil verkehren...

Ergänzung: Haltbarkeit ist sehr ordentlich, ich rieche noch Reste bis heute morgen.
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SlyFox1985 vor 9 Jahren 9 1
7.5
Flakon
7.5
Sillage
7.5
Haltbarkeit
7
Duft
Die Geschichte mit dem Goldbarren, und warum dieser Vergleich nur teilweise zutrifft...
So, genug getestet. Über drei Tage. Meinungsbildung abgeschlossen. Zeit, das ganze "zu Bildschirm" zu bringen. Um es vorweg zu nehmen, der hier ist für mich besser als sein Ruf. Danke an unseren "Duft-Tiger" für die großzügige Probe!

Kritisieren kann ich YSL an dieser Stelle dafür, dass man diesen Duft nicht als eigenständiges Produkt vermarktet, sondern sich wieder auf der L'Homme-Serie ausruht. Nicht gut. Aus meiner Sicht. Zu einfallslos, zu geizig? Denn der Duft wäre sicherlich besser angekommen und das Konzept stimmiger gewesen, wenn man ihn in neuem Flakon unter neuem Namen aufgesetzt hätte. So bleibt halt wieder alles beim Alten, zumindest was das angeht.

Wofür ich persönlich YSL NICHT kritisieren kann ist, einen süßen Herrenduft auf den Markt zu bringen. Wie jeder andere Industriekonzern muss man Geld verdienen und richtet sein Angebot an der Nachfrage aus. Offensichtlich ist die Nachfrage für diese Duftrichtung groß genug. Macht das den Duft denn "schlechter"? Hinzu kommt die Tendenz, alles, was auch nur entfernt an den Plastik-Goldbarren erinnert, mit dem Hinweis auf dessen hauptsächliche Käufer (nämlich jugendliche Machos in Feierlaune) gleich mit abzukanzeln. Oh nein, das erinnert mich an One Million, geht nicht, muss schlecht sein. Noch schlimmer finde ich es, wenn dieses Argument das einzige ist und kein weiteres mehr dafür gebracht wird, warum dieser Duft angeblich nur 10-20% verdient habe. Als hätte man panische Angst davor, durch das Tragen eines süßen Herrenduftes auch nur entfernt in Richtung des Goldbarren-Klientels gerückt zu werden. Aber hat dieser Duft das verdient? Jungs, tragt doch was euch gefällt. Man sieht und merkt euch auch so an, dass ihr die Niveaulosigkeit manches Goldbarrenträgers NICHT teilt. Schlagt nicht auf dieses schöne Parfum ein und lasst es unter dem zweifelhaften Erfolg von One Million leiden. Denn es ist qualitativ mehrere Stufen besser.

Duftverlauf wurde hinreichend beschrieben, startet in der Tat äußerst süß, wird aber durch Pfeffer und zitrische Nuancen aus der Pappigkeit herausgezogen. Keine klebrige Süße. Das hier duftet feiner, eleganter. Im Herzen von Noten von Orange untermalt, als Rückgrat eine Kombi aus Benzoe und Zeder. Was in der Pyramide steht, das rieche ich auch. Positiv könnte man sagen, YSL ist hingegangen und hat gesagt: wir erweitern unser Portfolio um einen süßen Ausgeh-Herrenduft, zeigen unserer Kundschaft aber, dass wir diesbezüglich mehr zu bieten haben als manch anderer Hersteller. Und da man so gerne mit Paco vergleicht, andersrum wird ein Schuh draus. Dieser Duft riecht differenzierter als 1M. Dieser Duft ist ausgewogener als 1M. Mehr Maskulinität, weniger Klebrigkeit. Die Sillage ist stark, aber füllt keine Konzerthallen wie 1M. Die Haltbarkeit ist sehr gut. Der Flakon sieht um Welten schöner aus als das Plastikgebilde. Er ist wesentlich teuerer als jenes und damit für einen Großteil des 1M-Klientels unerschwinglich.
Sehen wir es mal andersrum, dieses Parfum eröffnet dem Kunden, der auf süß steht, aber eben KEIN 1M tragen möchte, die wesentlich bessere Alternative. Er durfte mich gestern Abend auf eine Runde Billard mit meinen Kumpels begleiten, und dieser warm-süße, anschmiegsame Hauch hat perfekt in das schöne Ambiente des Cafes gepasst. Und aus meiner Erfahrung heraus glaube ich auch, dass er bei den Damen der Schöpfung gut ankommen wird, was ja doch für viele Parfumkäufer ein gutes Argument sein dürfte (spielt für mich auch eine Rolle).

Wir haben hier sicher kein neues Instant de Guerlain, aber doch einen überdurchschnittlichen Herrenduft mit guter Sillage, guter Haltbarkeit, einem für kuschlige Winterabende oder durchzechte Nächte tollen Duftverlauf, süß und dennoch männlich. Abzüge gibts für das Ausruhen auf immer dergleichen Serie. Bitte lanciert endlich eine komplett neue Herrenduftserie YSL, denn langsam übertreibt ihr mit den Flankern. Definitiv. Ich denke viele hier wünschen sich das. Ich auch. Trotzdem überlege ich, mir für die Wartezeit diesen Duft hier zuzulegen. Chapeau!
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SlyFox1985 vor 9 Jahren 4 4
7.5
Flakon
5
Sillage
5
Haltbarkeit
7
Duft
Metallisch-kühler Mecha-Künstler mit Stil
Hallo zusammen!

Das Pröbchen von Azzaro Chrome hatte ich noch in der Schublade liegen und habe es längere Zeit ignoriert. Da ich aber heute wieder Lust zum Schreiben hatte, wollte ich dem polierten Wässerchen doch mal etwas mehr Zeit einräumen. Denn das Konzept wirkte auch mich doch recht interessant...

...umso ernüchternder mein erster Test auf Papier. Meine allererste Assoziation, und das völlig ohne Wert, war: Glasreiniger. Kühl, seifig, frisch, leicht metallisch, synthetisch. Zitrisch? Höchstens minimal. Besonders? Ja, auf seine Art, aber ein "Hinschnüffler"? Für mich jedenfalls nicht. Soviel zum allerersten Eindruck. Trotzdem musste natürlich ein Hauttest her.

Und siehe da, hier wirkt das doch recht kühle Wässerchen minimal wärmer, entwickelt im Verlauf nur minimal angedeutet blumige Noten, wohl durch das Hedion nehme ich an. Zitrische Andeutungen bleiben allerdings die anfängliche Ausnahme, es dominiert nach wie vor ein distanziert-seifiger, frischer, metallisch anmutender Geruch, den ich nicht wirklich weiter differenzieren kann. Er ist dafür am Ende doch zu einheitlich, zu synthetisch. Was riecht so? Mir fällt leider wieder nur der Glasreiniger ein. Auch wenn sich der Duft beim Übergang in die Basis noch etwas beruhigt, durch allerhöchstens die Andeutung von Holznoten etwas ausgewogener daherkommt, bleibt bei mir ein glatter, kühler Eindruck. Wir haben hier vielleicht ein kleines Zweiglein in einem Teich, mehr Holz gibt es nicht. Die Sillage liegt dabei im Mittelfeld, angemessen. Haltbarkeit meiner Erfahrung nach etwa 5-6 Stunden, der Duft verändert sich im weiteren Verlauf nicht mehr großartig.

Ein Kaufkandidat für mich? Klares Nein, denn ich bevorzuge zumindest etwas mehr Holz, Würze und/oder Wärme. Zumindest ein bißchen Fruchtigkeit, ein bißchen was "Organisches", "Lebendiges". Kühle Düfte können für den Sommer fantastisch sein, aber kühl ist nicht gleich kühl. Ich mag spritzig-kühl, fruchtig-kühl. Cool Water. Die Kopfnoten von Pour Monsieur oder Eau Sauvage. Dieser hier ist absolut distanziert in seiner synthetischen Aufmachung, er lässt keinerlei Nähe zu. Abgeklärt, glatt und ohne Ecken und Kanten. Aber ist er deshalb ein Flop?

Noch ein klares Nein, denn hier bekommt man, was das Behältnis verspricht. Der Herr, einmal hochglanzpoliert bitte? Sehr gerne. Ein silbern akzentuierter Flakon mit blauer Flüssigkeit, der Name ist Programm. Ich stelle mir den Gentleman im gehobenen Businessbereich vor, in Branchen, in denen absolute Professionalität gefragt ist. Und hier kann Chrome seine Stärken ausspielen. Er unterstreicht den noblen Anzug (bevorzugt grau) und den wohlgestylten Scheitel, schafft eine Atmosphäre von distanzierter, professioneller Sachlichkeit ohne jeglichen Schnörkel, eher androgyn als klassisch männlich, geradezu frostig. Bereiche, in denen keinerlei Raum für Emotionen bleibt. Möglicherweise ein Jurist oder der Geschäftsführer eines größeren Unternehmens. Nur simple Beispiele natürlich.

Freilich sind das lediglich meine Assoziationen, um aufzuzeigen, dass Azzaro Chrome als Gesamtwerk eine runde Sache ist, in dem, was man wollte, gelungen. Er ist synthetisch, weil er das sein soll. Er ist reserviert, weil das so vorgesehen ist. Er baut Distanz auf, weil er so konzeptioniert wurde. Und in dem, was er sein soll, ist dieser Duft ziemlich gut. Sicher nicht für jedermann, so sehe ich das. Aber wer auf glänzendes Metall und klinische Sauberkeit steht, wird bestens bedient und sollte in jedem Fall einen Test wagen.

Ich wende mich wieder wärmeren Gefilden zu, denn dieses Wasser ist mir persönlich doch zu kalt.
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