Schwer und holzig im Winter, leicht und zitrisch im Sommer?
Ich habe zwei große Diskrepanzen zwischen den Einschätzungen der Community beziehungsweise der Allgemeinheit und meinem Empfinden. Und darüber möchte ich mal meine Gedanken äußern.
Zum Thema Rauch und rauchige Wahrnehmung kann ich vermutlich eine ganze Reihe füllen und klammere es hier erst mal aus. Hier geht es um die Thematik, welche Kompositionen bei welchen Temperaturen als tragbar gelten.
Gemäß der Faustregel, man bräuchte drei Parfums, eins für warme Tage, eins für kalte Tage und eins für besondere Anlässe, ist es für die Allgemeinheit scheinbar so, dass zitrisch-frische oder duschgelfrische Aquaten im Sommer verortet werden, eher holzig anmutende, gourmandige oder gar ‚rauchige‘ Kompositionen in den Winter.
Ich teile Neulingen und Interessierten in meinem Bekanntenkreis zwar auch diese Faustregel mit und lasse ihr entsprechend Aufmerksamkeit zukommen, nur abstrahiere ich dabei in leichtere Kompositionen für warme Tage, schwere Kompositionen für kalte Tage und ein besonderer Duft, ohne dabei Duftnoten konkret einzuordnen. Sammlung grundsätzlich vollständig beziehungsweise zum Aufbau freigegeben.
Aber entsprechend der konventionellen Einschätzung fallen dann auch die Diagramme hier aus. Da wird dann ein Tonnerre, der meines Erachtens wunderbar auch an warme Tage passt, in den Winter abgeschoben (wo er mir dann eher zu frisch wäre), ebenso wie zum Beispiel Memos Italian Leather oder Exploud. Aber auch bei den Kassenschlagern, die man nicht kritisieren darf, liegt da für mich was im Argen. Da wird ein Interlude oder auch Black Iris nicht nur mir unverständlich als rauchig empfunden, sondern landet mit nicht mal 20% der Nutzer:innen an warmen Tagen, hingegen aber massiv in Herbst und Winter. Beides wunderbar (auch) einsetzbar von Hochsommer bis Spätherbst. Gewagt? Vielleicht.
Umgekehrt liest sich Sommer in dieser Einschätzung für mich wie Sport, Frühling wie ganzjährig, Herbst und Winter wie kältere Tage allgemein und Winter im Detail dann noch wie besondere Anlässe.
Weil mir das aber irgendwie zu umständlich und spekulativ wäre, ignoriere ich diese Einordnung gerne und bin bei mir bekannten Kompositionen oft erstaunt um die Einschätzung. Klingt verwirrend. Find ich auch ;)
Aber das hier ist kein Rant gegen die Eindrücke anderer, sondern soll als Motivation verstanden werden, auch mal zu in bestimmter Jahreszeit als unüblich verstandene Düfte zu tragen und auszuprobieren.
Ich selbst werde klar teils auch 'Opfer' meiner ersten Einschätzung und nach einem Jahr noch mal ausprobieren besitze ich aktuell tatsächlich Düfte, die ich letztes Jahr noch als untragbar einstufte. Ich möchte festgefahrene Konventionen aufbrechen sehen und eine freiere Entfaltung beobachten. Keativere Auseinandersetzungen und insgesamt doch irgendwie mehr von allem.
Und wir dürfen alle unser Empfinden und unsere Einschätzung ändern. Kritik üben auch an den beliebtesten Kompositionen, wenn sie angebracht ist und Empfehlungen auch für eher kleinere, unbekannte Marken und Künstler:innen geben.
Wir sollten auch mal unsere Lieblinge regelmäßig prüfen und auch unsere Erfahrungen gegenüberstellen.
Ist dieser in jeder Parfumerie erhältliche Duft wirklich noch, was ich bin? Ist dieser auf 10 Flakons limitierte Duft wirklich den Hype wert? Und muss man wirklich mit bestimmten Düften anfangen, bevor es in die große Duftkunstwelt geht?
Ich wäre niemals so euphorisch und leidenschaftlich in der Duftwelt, wenn ich mit Cool Water, Encre Noir oder Terre d‘Hermes angefangen hätte. Und auch wenn ich ohne Oud Wood nie wieder in einen Douglas gegangen wäre, ohne die Suche dort nach dem ‚holzigsten, schwersten Duft‘ und dem anschließenden Verweis auf eine kleine Parfumerie in der Stadt, von der ich bis dahin nichts wusste, wäre mir diese Welt mit all ihrer Kunst und diese Community verborgen geblieben.
Und jetzt bin ich jeden Tag und oft auch mehrfach hier. Manchmal frage ich mich, wieso es eine zwanzigste Variante eines Duschgelduftes braucht, manchmal stolpere ich über Batchdiskussionen, manchmal entdecke ich eine neue Marke oder neue Künstler:innen und freue mich, sie kennenzulernen. Ungeachtet der Jahreszeit. Jetzt habe ich mich gerade mit Freddie Albrighton befasst und wenn er ankündigt, einige seiner Kompositionen einzustellen, ist eben jetzt die Chance die auszuprobieren, bevor sie weg sind. Egal ob die Kompositionen nun besser in den Sommer oder den Winter passen. Und wenn niemand hier in der Community den Duft in seiner Sammlung angegeben hat, bleibt mir nur der Blindkauf (von Probe oder Flakon ist situationsabhängig). Und hiermit habe ich einen Bogen zu einem anderen Blogeintrag, den ich in Vorbereitung habe, gespannt.
Ach und an vielen Tagen erlebe ich leidenschaftliche, enthusiastische Menschen, die in diesem duften Hobby aufgehen. Und das ist, wieso ich immer wieder gern hier bin
Man liest sich ;)
"Zim Glück" kannte ich zu der Zeit noch keine Einteilung in Sommer- und Winterdüfte unf habe sie einfach getragen, weil sie mir gefielen 😊
Bisher trage ich was ich will, wann ich es will. 🤷🏼♀️
Heisst: mein Umfeld wird auch im Herbst und Winter recht häufig Sommerdüfte (weil ich grünes und zitrisches gerne mag) an mir riechen. Mein Umfeld ist allerdings nicht auf Parfumo oder ähnlichen Plattformen - heißt: die merken es garnicht... 😉😂
Aber im Ernst: trägt echt jemand einen Duft, auf den er/sie gerade Lust hat, eventuell nur nicht, weil es "die falsche" Jahreszeit ist? 😳
Für die Kunstbetrachter hier in diesem Universum sollte diese Einteilung keine Rolle mehr spielen und mich verwundert die Reibung an diesem Thema.
Ich denke, der Anlass, die Intention und das eigene Gefallen spielen eine maßgebliche Rolle, unabhängig von der Saison 😊 Ich persönlich trage auch gerne meine Düfte nach Jahreszeit, aber das ist nur meine Art, verschiedene Düfte mit ihren Eigenschaften kennenzulernen. Schlussendlich soll jeder tragen, was ihm gefällt.