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vor 2 Jahren - 10.09.2023
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Schwer und holzig im Winter, leicht und zitrisch im Sommer?

Ich habe zwei große Diskrepanzen zwischen den Einschätzungen der Community beziehungsweise der Allgemeinheit und meinem Empfinden. Und darüber möchte ich mal meine Gedanken äußern.

Zum Thema Rauch und rauchige Wahrnehmung kann ich vermutlich eine ganze Reihe füllen und klammere es hier erst mal aus. Hier geht es um die Thematik, welche Kompositionen bei welchen Temperaturen als tragbar gelten.

Gemäß der Faustregel, man bräuchte drei Parfums, eins für warme Tage, eins für kalte Tage und eins für besondere Anlässe, ist es für die Allgemeinheit scheinbar so, dass zitrisch-frische oder duschgelfrische Aquaten im Sommer verortet werden, eher holzig anmutende, gourmandige oder gar ‚rauchige‘ Kompositionen in den Winter.
Ich teile Neulingen und Interessierten in meinem Bekanntenkreis zwar auch diese Faustregel mit und lasse ihr entsprechend Aufmerksamkeit zukommen, nur abstrahiere ich dabei in leichtere Kompositionen für warme Tage, schwere Kompositionen für kalte Tage und ein besonderer Duft, ohne dabei Duftnoten konkret einzuordnen.  Sammlung grundsätzlich vollständig beziehungsweise zum Aufbau freigegeben.

Aber entsprechend der konventionellen Einschätzung fallen dann auch die Diagramme hier aus. Da wird dann ein Tonnerre, der meines Erachtens wunderbar auch an warme Tage passt, in den Winter abgeschoben (wo er mir dann eher zu frisch wäre), ebenso wie zum Beispiel Memos Italian Leather oder Exploud. Aber auch bei den Kassenschlagern, die man nicht kritisieren darf, liegt da für mich was im Argen. Da wird ein Interlude oder auch Black Iris nicht nur mir unverständlich als rauchig empfunden, sondern landet mit nicht mal 20% der Nutzer:innen an warmen Tagen, hingegen aber massiv in Herbst und Winter. Beides wunderbar (auch) einsetzbar von Hochsommer bis Spätherbst. Gewagt? Vielleicht. 

Umgekehrt liest sich Sommer in dieser Einschätzung für mich wie Sport, Frühling wie ganzjährig, Herbst und Winter wie kältere Tage allgemein und Winter im Detail dann noch wie besondere Anlässe.
Weil mir das aber irgendwie zu umständlich und spekulativ wäre, ignoriere ich diese Einordnung gerne und bin bei mir bekannten Kompositionen oft erstaunt um die Einschätzung. Klingt verwirrend. Find ich auch ;) 

Aber das hier ist kein Rant gegen die Eindrücke anderer, sondern soll als Motivation verstanden werden, auch mal zu in bestimmter Jahreszeit als unüblich verstandene Düfte zu tragen und auszuprobieren.
Ich selbst werde klar teils auch 'Opfer' meiner ersten Einschätzung und nach einem Jahr noch mal ausprobieren besitze ich aktuell tatsächlich Düfte, die ich letztes Jahr noch als untragbar einstufte. Ich möchte festgefahrene Konventionen aufbrechen sehen und eine freiere Entfaltung beobachten. Keativere Auseinandersetzungen und insgesamt doch irgendwie mehr von allem.

Und wir dürfen alle unser Empfinden und unsere Einschätzung ändern. Kritik üben auch an den beliebtesten Kompositionen, wenn sie angebracht ist und Empfehlungen auch für eher kleinere, unbekannte Marken und Künstler:innen geben.
Wir sollten auch mal unsere Lieblinge regelmäßig prüfen und auch unsere Erfahrungen gegenüberstellen.
Ist dieser in jeder Parfumerie erhältliche Duft wirklich noch, was ich bin? Ist dieser auf 10 Flakons limitierte Duft wirklich den Hype wert?  Und muss man wirklich mit bestimmten Düften anfangen, bevor es in die große Duftkunstwelt geht?

Ich wäre niemals so euphorisch und leidenschaftlich in der Duftwelt, wenn ich mit Cool Water, Encre Noir oder Terre d‘Hermes angefangen hätte. Und auch wenn  ich ohne Oud Wood nie wieder in einen Douglas gegangen wäre, ohne die Suche dort nach dem ‚holzigsten, schwersten Duft‘ und dem anschließenden Verweis auf eine kleine Parfumerie in der Stadt, von der ich bis dahin nichts wusste, wäre mir diese Welt mit all ihrer Kunst und diese Community verborgen geblieben.

Und jetzt bin ich jeden Tag und oft auch mehrfach hier. Manchmal frage ich mich, wieso es eine zwanzigste Variante eines Duschgelduftes braucht, manchmal stolpere ich über Batchdiskussionen, manchmal entdecke ich eine neue Marke oder neue Künstler:innen und freue mich, sie kennenzulernen. Ungeachtet der Jahreszeit. Jetzt habe ich mich gerade mit Freddie Albrighton befasst und wenn er ankündigt, einige seiner Kompositionen einzustellen, ist eben jetzt die Chance die auszuprobieren, bevor sie weg sind. Egal ob die Kompositionen nun besser in den Sommer oder den Winter passen. Und wenn niemand hier in der Community den Duft in seiner Sammlung angegeben hat, bleibt mir nur der Blindkauf (von Probe oder Flakon ist situationsabhängig). Und hiermit habe ich einen Bogen zu einem anderen Blogeintrag, den ich in Vorbereitung habe, gespannt.

Ach und an vielen Tagen erlebe ich leidenschaftliche, enthusiastische Menschen, die in diesem duften Hobby aufgehen. Und das ist, wieso ich immer wieder gern hier bin

Man liest sich ;)

14 Antworten
FrauMiezeFrauMieze vor 2 Jahren
Natürlich kann jeder immer alles tragen auf was er/sie Lust hat, auf die Dosierung kommt es an. Düfte die einem den Atem nehmen sind bei über 30° einfach super anstrengend. Daher greifen viele auch ehr zu Duschgel/Zitrusdüften - die sind einfach leicht verdaulich und geben einem das Gefühl erfrischt zu sein.
ErgoproxyErgoproxy vor 2 Jahren
Es gibt wenig Düfte die ich im Sommer nicht tragen wollen würde und da ist meine Entscheidung persönlich und nicht maßgebend. Am Ende kommt es für mein Empfinden bei Wärme noch mehr auf die Dosierung an.
MrWhiteMrWhite vor 2 Jahren
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Finde das Thema Parfüm im Winter/Sommer typisch deutsch: man lebt nicht, sondern denkt nach.
MichaelK7MichaelK7 vor 2 Jahren
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Guter Beitrag mann sollte immer das tragen auf das man lust hat
KerstinKerkoKerstinKerko vor 2 Jahren
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Die Düfte, die mich im letzten Winter nach über 30 Jahren überhaupt wieder zurück zum Parfum gebracht haben, waren "typische" Sommerdüfte ... Aqua Allegoria Orange Soleia, Pera Granita, Mandarine Basilic...
"Zim Glück" kannte ich zu der Zeit noch keine Einteilung in Sommer- und Winterdüfte unf habe sie einfach getragen, weil sie mir gefielen 😊
Bisher trage ich was ich will, wann ich es will. 🤷🏼‍♀️
Heisst: mein Umfeld wird auch im Herbst und Winter recht häufig Sommerdüfte (weil ich grünes und zitrisches gerne mag) an mir riechen. Mein Umfeld ist allerdings nicht auf Parfumo oder ähnlichen Plattformen - heißt: die merken es garnicht... 😉😂
Aber im Ernst: trägt echt jemand einen Duft, auf den er/sie gerade Lust hat, eventuell nur nicht, weil es "die falsche" Jahreszeit ist? 😳
UnverdünntUnverdünnt vor 2 Jahren
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Wenn man sich auch noch mal außerhalb dieser Blase bewegt, kann man feststellen, dass Menschen diese Einteilung gerne zur Orientierung nutzen, ebenso wie die Unterscheidung Damen-/Herrenduft. Denn bei diesem Überangebot braucht es eine Selektion, um eine Entscheidung treffen zu können, zum Erwerb eines Gebrauchsguts.
Für die Kunstbetrachter hier in diesem Universum sollte diese Einteilung keine Rolle mehr spielen und mich verwundert die Reibung an diesem Thema.
PollitaPollita vor 2 Jahren
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Gerade der Interlude Black Iris duftet im Sommer toll mit seinen Gewürzen. Im Oman ist es ja schließlich auch heiß 😉
CaroKossCaroKoss vor 2 Jahren
Schlauer Einwand! Was ist mit Ländern, die zum Beispiel immer heiße Tage verzeichnen? Die sollten doch auch in den Genuss von unterschiedlichen Düften kommen :)
Ich denke, der Anlass, die Intention und das eigene Gefallen spielen eine maßgebliche Rolle, unabhängig von der Saison 😊 Ich persönlich trage auch gerne meine Düfte nach Jahreszeit, aber das ist nur meine Art, verschiedene Düfte mit ihren Eigenschaften kennenzulernen. Schlussendlich soll jeder tragen, was ihm gefällt.
BillyBumblerBillyBumbler vor 2 Jahren
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Ein richtig guter Anstoß, immer mal wieder die eigenen Gewohnheiten zu hinterfragen und offen zu bleiben. Herauszufinden, was man selber wirklich mag und worauf man gerade wirklich Lust hat (nicht worauf man vielleicht Lust haben sollte). Mir ist das vor allem bei Düften für die „besonderen Anlässe“ aufgefallen, da für alles andere vermeintlich zu opulent etc. Ich trage solche Düfte auch im Alltag, möchte ja öfter Freude dran haben. Ich mache einfach jeden Tag zum besonderen Anlass 😁
SplitterSplitter vor 2 Jahren
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Gefällt mir. Bleib dabei.
PistazieneisPistazieneis vor 2 Jahren
Fast bin ich geneigt, meinen liebsten Mainstream Duft zu verwetten, dass Du Lehrer:in bist. :-)
PistazieneisPistazieneis vor 2 Jahren
Eau Sauvage, Dior. Mein Erster.
SplitterSplitter vor 2 Jahren
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Erzieher. Was hab ich denn fast gewonnen?
Camey5000Camey5000 vor 2 Jahren
1
Und so denke ich bei Düften und Jahreszeiten oft an ein Chamäleon.

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