Stefanu155

Stefanu155

Rezensionen
Filtern & sortieren
1 - 5 von 71
Stefanu155 vor 12 Monaten 19 6
8
Flakon
7
Sillage
6
Haltbarkeit
8
Duft
Zu schade für mich
Seit geraumer Zeit umgebe ich mich mit einer wachsenden Schar von Duftsklaven und -sklavinnen, an denen ich gnadenlos und in wechselnden Dosierungen Düfte ausprobiere, die mir das Schicksal im Laufe der Zeit in die Hände spielt und spielte. Natürlich sind sich diese bedauernswerten Geschöpfe über ihren eigentlichen Status samt und sonders im Unklaren und bringen ihre jämmerlichen Tage in dem Glauben hin, die von mir verabreichten Düfte tragen zu "dürfen" und schreiben mir als Großzügigkeit und Gönnerhaftigkeit zu, was von meiner Seite her letztlich eiskalte Berechnung ist und ein Bedürfnis nach Empirie darstellt, das zur Not über Leichen geht...
Glücklich führen also diese meine Diener und Dienerinnen Versuchsreihen aus und verkennen ihre Lage als willenlose Spielbälle meiner naso-sophischen, teilweise sogar sado-nasochistischen Launen.
Allein für die dazu nötige Logistik und psychologische Manipulation gebührte mir schon höchste Bewunderung, doch mein ungebrochener Narzissmus ist zum Glück vom Lob der Welt nicht abhängig, sondern nährt sich ganz aus sich selbst. Das aber nur am Rande.
Ich nutze den glücklichen Moment, da meine innere Sonne ihre ganze Strahlkraft entfaltet, um ein paar erhebende Worte zu diesem von mir konsequent nicht getragenen Duft fallen zu lassen. Kann man erhebende Worte fallen lassen? Letztlich unerheblich, vergessen wir das. (Das "Wir" ist natürlich ein pluralis majestatis und die Art und Weise, mit der ich am häufigsten und liebsten Dialoge mit meinem Ego führe!)
Ein Kritikpunkt gleich zu Beginn: Nachdem ich den Duft in unterschiedlichsten Konzentrationen und Mengen meinen Untergebenen appliziert habe, wobei ich gerade bei den weiblichen tendenziell zur Übertreibung und Überschreitung der gesellschaftlich akzeptierten Grenzen neige, kann ich sagen, dass er, wie manches aus dem Hause Ellena, zu kurzlebig ist, als dass man diesen Sachverhalt einfach stillschweigend übergehen könnte. Schon nach dem Ablauf einer Stunde ist eine gewisse Indezenz und Nähe am Subjekt vonnöten, um den Duft noch wahrnehmen zu können. Hautnah hält er lange, aber sehr blass... blass, aber noch immer mit einer Ahnung der sauerfrischen, anfänglichen Freundlichkeit. Doch entfaltet er gerade in seinem Beginn diese schlichte feinherbe, zitrusartige Frische, die mit einer gewissen Raffinesse lediglich kokettiert, indem sie diese mit einer wachsigen Blätternote unterlegt: Hartlaub, bei dem man mit dem Fingernagel in die Oberfläche ritzt...
Mich verleitet das dazu, die mir Untergebenen und mir Hörigen immer wieder damit zu bestäuben, um sie dann in weiteren und engeren Kreisen um mich herum laufen zu lassen. Dadurch versetze ich mich in die Lage, den Duft in allen seinen Facetten auf mich einwirken lassen zu können. Hierbei sind mir starke personale und individuelle Abweichungen bei den einzelnen Lakaien aufgefallen. Da mir auch ursprüngliche Bewohner*innen des Niltales unterstehen, konnte ich es mir nicht verkneifen, den Duft auf seinen Titel hin an diesen zu testen. Dies führte jedoch zu keinen statistisch auffälligen Abweichungen vom Durchschnitt. Die allgemein kühle, erfrischende und frühlingshafte Wirkung erscheint bei allen Versuchspersonen gleichermaßen. Auch die Kombination mit bestimmten Ernährungsweisen (grüne Mango...) konnte dem Duft keine spezifischen Eigenarten entlocken, führte allerdings bei einigen Wenigen zu Verdauungsproblemen... Das ist nicht verwunderlich, denn die zum Einsatz kommenden Mangofrüchte waren in der Tat sehr grün und sauer! Wenn die Personen mich nicht zu schnell, nicht zu nah und mit nur wenig Schweißentwicklung umrunden, wird die deutliche Frische durch sehr angenehme, tatsächlich gartenhafte Bitternoten aufgefangen und abgeschwächt, bekommt dadurch aber den Hauch einer körperhaften Sinnlichkeit, die es mir schwer macht, mich ständig nur bewegungsarm auf meinem Diwan zu fläzen. Natürlich erliege ich nicht der albernen und ungehörigen Verlockung, mir selbst den Duft aufzusprühen und einen Spaziergang in meinen ausgedehnten Gärten zu machen. Ich muss es nicht wiederholen: Ich lasse tragen und ich lasse spazieren, bestenfalls tragen mich irgendwelche Blödmänner auf meiner Sänfte den Subalternen hinterher, damit ich mir meine Notizen machen kann, um den flüchtigen Eindrücken auf den Sandwegen und im Schatten des Laubes mit Worten gerecht zu werden. Gehört natürlich alles mir, das ganze Zeug. Angesichts der momentanen Allgemeinlage und einer zunehmenden Kritik an meiner Lebensführung (was mir hin- und wieder zugetragen wird) wird das auch nicht leichter. Die mir eigene Brillanz und erbliche Genialität werden selbst gelegentlich launisch und zunehmend unzuverlässig... Nun, ich will mich nicht von der Herbheit des schönen Duftes zu bitteren Gedanken verleiten lassen, sondern tauche wieder ganz in den Genuss des unwiederholbaren Augenblicks ein, immer begierig, den Reiz zu erhöhen, denn schon merke ich, wie das Arom in der Fülle der umweltbedingten Dufteinflüsse unterzugehen droht. Also zwinkere ich schelmisch und freundlich-arglos in die bewegte Runde, verteile nochmals nicht wenige Duftproben in dieselbe und harre erwartungsfroh meiner neuerlichen Erhebung.
Ferdinand, Sophie, Alina, kommt doch mal schnell her!
6 Antworten
Stefanu155 vor 3 Jahren 14 7
4
Flakon
6
Sillage
6
Haltbarkeit
8
Duft
Let's create the hype
Musste mir heute meine engen Hosen unten aufschneiden, weil in dieser doch kühlen Jahreszeit meine Füße bei mangelnder Durchblutung schnell blau werden. Die Riffelung des Stoffes erzeugt ein rotstreifiges Kurzzeittattoo, was leider bei der Dunkelheit und hier draußen niemand schätzen wird. Niere und Blase sind ein weniger bedeutender Kollateralschaden, aber gefrorene Zehen, nee, geht gar nicht. Jetzt stapft sich's geschwinder und ich übe gerade, im Dunkeln und auch bei Gegenwind im Gehen Parfümkommentare zu schreiben. Das Display beleuchtet mein Gesicht, also das, was man trotz Bart davon noch erkennen kann. Das sähe fotogen aus. Überhaupt Parfüm: Das ist materialistisch genug, um in mein nüchternes Weltbild zu passen aber gleichzeitig auch irgendwie esoterisch, also zumindest so weit off, um den nötigen Distinktionsgewinn zu generieren.
C'mon, let's create the hype. Versuchen wir's doch mal mit Trimaran.
Der ist sehr vintage, sehr old school, keiner kennt ihn (mehr) und außerdem ist er recht selten. Auch der Flakon sieht gar nicht so gut aus, richtiggehend daneben irgendwie, mit so einem dünnen schwarzblauen Plastikdeckel oben, aber eben auch irgendwie kultig. Voll.
Aus der Flasche riecht er sehr, naja, alt halt, aber davon sollte man sich nicht täuschen lassen. Riecht auch irgendwie gut alt, Tabak-Original-alt, Ur-Paco-Rabanne-alt, vielleicht auch noch Azzarro-alt und noch älter, Alt-Chanel-Nummer-Fünf alt, nicht wie mein Vater, der roch nach -- nach der Arbeit nach Stall, nach der Rasur nach Old Spice, später dann nach Nivea After Shave Balm oder dergl.
Seltener roch er nach meiner Mutter. Ich hab ja nichts gegen meinen Vater, immerhin zahlt der die Miete für mein 30qm Loft! Ich brauch nicht groß Groß, wie haben ja Platz in unserem Co-Working-Space. Jedenfalls, da hab ich mir so ein Brett ins Eck gemacht, nicht für Bücher oder Sachen, nur so zum Dranlehnen mit dem Laptop und so, also wenn Besuch da ist, da lehn ich mich dann immer mit dem Laptop da dran. Hat dieselbe Farbe. Sieht gut aus.
Nein, wie mein Großvater riecht der, ach, was rede ich, wie mein Urgroßvater nachgerade! Dabei ist mein Urgroßvater aber in einem schlimmen Krieg gefallen, den es bei uns mal gab, also weiß eigentlich kein Mensch mehr, wie der roch. Aber der hatte so einen Bart wie ich heute, das kann man auf den alten Fotos sehen. Aber so vielleicht riecht es direkt aus der Flasche.
Tut man sich den dann drauf, wird dieser irgendwie saure grünlich-gelbe Rennstreifen - apropos Rennstreifen - das gab's früher mal an Autos, sogar an Fahrrädern, wisst ihr - kann man einfach so auf's Auto kleben in einer Farbe , die auffallen, also sich absetzen muss. Das darf sich nicht in den Hintergrund einfügen, im Gegenteil. Das muss knallen. Da gab es mal so supersaure Zitronenkaugummis (oder waren es Dragees?), die schmeckten ganz zu Anfangs so, das ging aber ganz schnell weg, während bei Trimaran... das bleibt! Diese Zitrone ist... nein, das ist keine Zitrone, das ist ein Kontrastmittel, absolut künstlich, der Sport-, Renn- oder sonstwas- Streifen, bekennend künstlich, modern muss man schon sagen. Der kickt den Duft jetzt vom Old-Schooler ins Neo-Vintage, anders gesagt, der könnte von Jetzt sein und nur so tun, als wär er alt.
Sofort einscannen, sichert euch die letzten Flakons, im Netz gibt's noch, ich hab schon geschaut. Meinen werde ich wahrscheinlich, kurz bevor er leer geht, mit 15 ml für 50 Zacken bei Parfumo verscherbeln... Ich meine, z.B. Aventus, wie langweilig ist das denn, der roch ja noch nie so wirklich gut, gut schon, aber wirklich gut? Nein, nie und nimmer.
Bei Trimaran ist das anders, der roch nämlich mal wirklich gut, auch wenn es vielleicht schon länger her ist. Also zumindest der Rennstreifen ist Wahnsinn. Go, let's create the hype. Nachgucken kost doch nichts. Wenn der Rennstreifen in der Leuchtkraft nachlässt, kommt wieder das Alt-Gute zum Vorschein, das warme Tabak-Original-Alte, die Zitrone bitzelt sich allmählich aus.
Übrigens, seit ich mich mit Parfüms beschäftige, brauch ich eigentlich keinen Sex mehr, ich gebe meiner Partnerin jetzt komplett Wärme und Geborgenheit und wir klären alles im Gespräch, obwohl wir oder gerade weil wir uns in Freundschaft getrennt haben. Es ist alles hundertprozentig fair zwischen uns. Bin jetzt auch da, saukalt immer noch hier draußen.
Und, habt ihr schon nach Angeboten im Netz geguckt? Es gibt sie noch, die wirklich guten Dinge...

PS: Danke, liebe Weihnachtsfrau!
Und: Auf meiner Fotowand versuche ich zu zeigen, dass die Gestaltung des Flakons seltsamerweise an eine romanische Kirchenfassade (z.B. Dom von Lucca etc. ) angelehnt ist...
7 Antworten
Stefanu155 vor 3 Jahren 20 5
8
Flakon
6
Sillage
7
Haltbarkeit
7.5
Duft
Der Problemlavendel
Nachdem es den altehrwürdigen Duft schon so lange gibt und er sich darüber hinaus bei einigen von mir hochgeschätzten Supernasen einer, ich möchte sagen, soliden Wertschätzung erfreut, wurde es höchste Zeit, mir den Knaben, den sich meine innere Nase schon längst und schon länger ausgemalt hat, mal vorzunehmen. (Erste Sätze sollen kurz sein - was schert es mich?)
Tatsächlich ist es so, dass ich mir diese Lavendel-Vanille-Combi recht gut vorstellen konnte, wie ich jetzt im nachhinein erfahren durfte, dann aber andrerseits Lavendel nicht zu den Stoffen gehört, die ich unbedingt ständig riechen müsste (gehört bei mir eher in die Kategorie "Gewürze", d.h. kann man auch zum Kochen verwenden...).
Desweiteren erzeugt das Adjektiv "vanillig" auch keine unmittelbare Schnupperlust in dem Sinne, dass ich das jetzt unbedingt haben wollte (siehe oben), was, langer Rede kurzer Sinn, dazu führte, dass ich von dem Teil bislang nur den Flakon kannte, ihn aber nie mechanisch betätigte.
Also erstmal "Holla! Was geht da ab?" Der herb-bittere Lavendel durchschneidet mit der Prägnanz eines Piratensäbels die umliegende Raumluft und sagt dabei "du sollst keinen anderen Gott neben mir haben." Das passiert auch nicht, denn 10 Sekunden lang bin ich durch den Lavendelschock hirnlich und affektiv eingeschränkt und nehm den Sprüher mal gleich mit an den Rechner, um nachher nicht nochmal aufstehen zu müssen (wer weiß, ob ich noch kann...) zum evtl. Nachdosieren.
Nun, 10 Sekunden gehen schnell vorbei und gaaaanz vorsichtig wagen sich die milderen Töne der grundierenden Sänft- und Süßlinge hervor, um ihrem Lavendelchef ein wenig den Bauch zu kraulen. Der ignoriert das aber nicht nur, sondern bekommt - jetzt wird er schweinisch, meine Damen und Herren - lüsterne, gerade zu schmutzige Anwandlungen.
Das macht Lavendel in gewisser Dichte und Deckkraft gerne so, aber man muss schon sagen... der hat's faustdick hinter oder unter den Ohren.
Ob man das jetzt eher als das Böckeln des (ungewaschenen) Jünglings, die Säuerlichkeit des brünftigen Weibes oder die von plötzlicher Geilheit (tja, der Lavendel!) übermannte Aura des älteren Herren wahrnimmt, tut nichts zur Sache und wäre reine Geschmacks- bzw. Geruchssache. Auch das Adjektiv "rattig" kommt mir hierzu noch in den Sinn...
Ich bin hin- und hergerissen, denn einerseits hatte ich so einem, wie ich dachte, "gediegenem" Oldschooler das gar nicht zugetraut und freue mich über die Überraschung, denn die meisten Oldschooler, die ich kenne, riechen für mich häufig wirklich nur alt, ich bin überrascht von meiner Freude... aber andrerseits - das ist schon fies!
Und nein, das ist nicht Hautchemie oder irgendsolche Mythologeme, ich habe auch keine Moleküle zerrieben (hihi) , das geht auf einem Stoffstück, auf Papier oder Kleidung genauso - genauso pieksig, ungeniert und direkt zur Sache.
Die Frage, die sich hier stellt, ist natürlich: hat der Herr Daltroff damals, 1934, dieses olfaktorische Zwischenspiel als "bei viel Lavendel unvermeidlich" hin- und in Kauf genommen, oder hat er gar absichtlich damit operiert und den Duft in diese Richtung "gestaltet", oder ist es ihm gar nicht in den Sinn gekommen, weil Lavendel in seiner Nase schon eine gewisse Gewöhnung und Abstumpfung erzeugte, dass er gar nicht auf solcherlei Gedanken kommen konnte?
Also, jedenfalls haben wir hier ein gewisses Lavendelproblem, einen Problemlavendel sozusagen, äh, wir haben dann einen Unterschied zwischen dem normal sich verhaltenden Lavendel, dem Schadlavendel und dem äh Problemlavendel. Und, äh, es ist ganz klar, dass, äh, dieser Lavendel, äh, ein Problemlavendel ist und es ist im Übrigen auch, im Grunde genommen, äh durchaus äh ein gewisses Glück gewesen, er hat um 1 Uhr nachts praktisch alles vollgeduftet. Und Gott sei Dank war in dem Haus, äh, war, also jedenfalls ist das nicht bemerkt worden.
Doch, von mir schon.
Und das, ich habe es schon gesagt, finde ich einerseits cool, dass der da so unerwartet Kante zeigt, andrerseits aber auch einen Tick zu viel... Jedenfalls kommt der Problemlavendel nach ca. 30 bis 45 Minuten (aber was er da womöglich schon angerichtet haben mag?) in Hausarrest, Untersuchungshaft oder Quarantäne und darf jetzt nur mit elektronischer Vanillefussfessel und Moschusmaske hinaus. Er trägt es mit Fassung und bildet damit auf lange Sicht ein sehr harmonische, ruhige und charakterstarke Einheit, die, wie es einem 86-jährigen gebührt, durch Altersmilde und menschenfreundliche Weisheit glänzt und sich nun doch, wenn auch spät, noch einmal der Menschheit als dienlich und fördernd erweist. Jetzt, das muss ich zu guter Letzt noch sagen, ist und riecht er tatsächlich so, wie ich ihn mir die ganze Zeit vorgestellt hatte. Hoffen wir, dass das Herz noch lange mitmacht.

Ihr Lieben, ich verstehe alle Grade von Bewertungen hier, eure Begeisterung und eure Kritik. Der ist wesentlich "stranger" als ich dachte, aber das finde ich auch wiederum gut. Und andrerseits... usw. usf.
5 Antworten
Stefanu155 vor 3 Jahren 13 4
6
Flakon
7
Sillage
7
Haltbarkeit
7.5
Duft
Früsch und grin
Früher, als ich das noch machte, habe ich manchmal auf meiner regelmäßigen S-Bahn-Fahrt regelmäßige Parfümkommentare verfasst. Schwierig jetzt in Covid-Zeiten, denn der Kontrollschnüffler am Handgelenk könnte mich in Schwierigkeiten bringen vor dem möglichen Kontrollschnüffler oder zumindest den Unwillen anderer Fahrgäste hervorrufen, also, das lass ich mal lieber bis ich mich ungesehen wähne.
So, also grün-frisch erstmal, nicht weiter überraschend. Ah, Maiglöckchen, ganz deutlich. Was sagt die Pyramide zu meinem Eindruck? Nix.
Nix sagt die von Maiglöckchen, Rosyfolia sagt die, das sagt aber mir nix. Ich lese nach und lerne, dass dieser Riechstoff so ähnlich wie mein Maiglöckchen riechen soll. Also schon sehr ähnlich, möchte ich hier feststellen. Ziemlich genauso, könnte man sagen. Gut, dass ich das verifizieren konnte. Ist ja auch schwierig, beim Blick aus dem Fenster müsste man ja laut Kalender November sehen, der tut zwar grad wie Anfang Oktober, aber auch das wäre keine Zeit für Maiglöckchen...
Ich muss jetzt irgendwelche metaphorische Hürden nehmen oder Kurven kratzen, um zum Parfüm zurück zu kommen.
Maiglöckchen sind giftig, wie...na? Vipern z. B.
Diese Viper betäubt also ihre potentiellen Opfer mit einer kleinen, aber ausreichenden Dosis Maiglöckchengift, schlängelt sich ins höhere Gras, um dort versteckt die Wirkung abzuwarten. So seift sie ihre Kandidaten ein, die raffinierte Schlange. Klar, Seifiges kommt hier auch ins Gespräch, und jetzt darüber hinaus kommt endlich meine S-Bahn und ich muss kurz in der Wirklichkeit handeln. Hinsetzen wäre angesagt. So. Weiter mit der grünen Viper. Was wollten die mit dem giftigen Titel eigentlich bezwecken? Wer was zum Titel Passendes sucht, wird enttäuscht werden, wer was anderes sucht, würde keine grüne Viper wählen. So oder so geht das nicht auf. Frisch, grün, blumenseifig riecht es hier - ich wähne mich gerade ungesehen und schnüffle schnell durch die Stoffmaske - ja, stimmt. Eine dezente Herbheit schützt vor blumenhafter Schwülstig- oder Üppigkeit und belässt das Ganze im Frühling.
Und was soll das mit der Schlange? Mir geht es wie Eva in dem komischen Garten, ich denke mir nicht viel dabei...

4 Antworten
Stefanu155 vor 6 Jahren 12 4
8
Flakon
7
Sillage
9
Haltbarkeit
8
Duft
Verchromtes Wurzelwerk
Kräuterbitterig mit einem kalten Hauch versehen beginnt er. Die Wurzeln wurden ausgegrgaben, getrocknet, geschliffen, grundiert – am Ende kommt ein metallisch schimmernder Abschluss darüber. Etwas Rauhes, unterirdisch Holziges wurde ans Tageslicht geholt und mit einer chromglänzenden Umhüllung versehen. Herbe Natur von unterhalb des Rasens trifft auf kühle Technik.
Wenn der starke Klosterbitter noch nicht bitter genug ist, kann man mit herben Harzen helfen. Frisch ist hier, wie schon gesagt, gar nichts. Aber ein Kühlschrank macht aus dem Kräuterbitter einen gekühlten Kräuterbitter. Beim Unwiderstehlichen steht dieser neben der Ginflasche.
Metallwerkstatt. Die Wurzelbehandlung findet mit Schleifgerät und Polierschwamm statt. Man riecht Maschinenöl, verschmierte lederne Arbeitshandschuhe, Stahlabrieb. Harze der Grundierungen und Versiegelungen.
Im Arbeitsprozess wird das Material trockener. Holzstaub, bittere Rindenreste mischen sich hinein. Beim Schleifen springt die Sicherung heraus und ein Geruch von ionisierter Luft, Ozon, mit ein paar Schmoraromen setzt sich fest.
Wurzelwerk heißt es auch in der Küche, wo man zb. für Suppen oder Fonds ein solches benötigt, Karotten, Sellerie, Petersilienwurzel – alles, was unterirdisch oder teilweise unterirdisch heranreift. Ja, auch etwas Lorbeer-artiges ist da, ich meine aber eher die frischeren, noch nicht getrockneten Blätter.
In der Küche wird geschnippelt, in der Werkstatt weiter poliert und geschliffen. Bestimmte kräuterige Küchendüfte wehen herein, bestimmte Werkstattgerüche, vor allem die Mischung von Öl und Metall, wird man schwer wieder los. Harze haften. Der Unwiderstehliche blickt auf die seltsamen Formen, die jetzt, vereinfacht und kompakter geworden, unter der spiegelnden Chromoberfläche kaum noch als das erkennbar sind, was sie noch heute morgen waren. Er zieht seinen verschmierten Blaumann aus und geht in die Küche. Die Werkstatt bleibt für heute unaufgeräumt.

Muss man mögen, ist aber, auch wenn meine Beschreibung sich vielleicht nicht danach anhört, absolut alltagstauglich. Unwiderstehlich? Wohl kaum. Streng? Aber ja. Geht zum Lachen doch bitte woanders hin.
(In die Werkstatt zum Beispiel...)
4 Antworten
1 - 5 von 71