Ttfortwo

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6 - 10 von 89
Ttfortwo vor 1 Jahr 24 24
5
Sillage
7
Haltbarkeit
8.5
Duft
Das ist schön - und ein bißchen anders
Schön und ein bißchen anders. Das freut diejenigen unter uns, die gerne mal an einem leicht gegen den Strich gebürsteten Duft schnuppern. Und ihn auch gerne tragen würden.

Gleich in der Kopfnote hat "Spring in Bome" so eine kleine Widerborstigkeit, so ein „Was ist das denn?“. Kümmel wurde bereits in der Rezension von Momo erwähnt und – ja! – ich rieche das auch, es duftet – eingebettet in eine kräftig-grüne Kopfnote (die das Künststück vollbringt, gleichzeitig leuchtend grün wie auch sanft mattiert zu sein) ein bißchen herb und ein bißchen zangelig und ein bißchen nach Medizingekräut und eben auch Kümmel. Da Kümmel nicht gelistet ist, schreibe ich diese Kante dem Estragon zu.

An dieser Stelle macht "Spring in Bome" alles richtig – für mich jedenfalls: Wäre der Duft an sich, oder auch nur dieser medizinische Aspekt etwas dichter und pastöser – einen Tacken vielleicht nur – wollte ich "Spring in Bome" womöglich nicht mehr tragen, er wäre mir wohl schon etwas zu experimentell und vielleicht auch zu gewollt.

So aber ist diese würzige Kante ein raffinierter, kleiner und matter, ja bräunlicher Gegenspieler zum heftigen Galbanum-Grün. Die Kopfnote ist vernehmbar, bleibt aber luftig und transparent – wirklich schön.

Mir kam dieser kleine Kopfnotenhaken zumindest in etwa bekannt vor. Ich habe ein wenig gerätselt, aber ich glaube, meine Dufterinnerung jetzt eingegrenzt zu haben: Es ist ein Lehmann-Duft, die ernste und schöne "Reseda" nämlich, auch die beginnt mit einem massiven grünen Sturm samt aparter Kümmelig- und Krautigkeit, wird aber später deutlich blumiger, straighter und wesentlich leichter erfassbarer als "Spring in Bome". Beide bleiben aber ernst, seriös, unaufgeregt und sehr erwachsen. Und beide haben diesen Twist.

Zurück zu "Spring in Bome": Zur Herznote hin verliert die kleine krautige Kante etwas an Anteil, statt dessen erfasse ich neben dem jetzt deutlich gedimmten und gezähmten Grün eine schwebende Schicht leiser und ernster Blüten. Die Tuberose hält sich übrigens sehr zurück. Dachte ich doch immer, ich würde jede Tuberose, in welch gezähmten Zustand auch immer, aus allem herausriechen: Hier stimmt das nicht. Ich erfasse eher die reservierte frischblütige Rosengeranie.

Zu dem von Sebastian wunderschön beschriebene Leuchten: Der Duft schwebt und hat eine überaus freundliche luftige Aura. Süß allerdings empfinde ich ihn allerdings zu keiner Zeit, auch nicht durch das Vetiver, wohl aber heiter und zugetan.

Allerdings wird der Duft auch bei mir sehr schnell leiser, fast ein bißchen zu leise (und wenn ich das sage, die den aktuellen Trend zu monströsen Duftbomben für unfassbar bizarr hält), dann, ja, dann ist wirklich es ein sehr leiser Duft.

Ob meine Umgebung die letzten Erinnerungen der Herznote, geschweige denn den Hauch Basisnote, den ich nur noch mit der Nase direkt auf meiner Haut erfassen kann, überhaupt noch wahrzunehmen in der Lage ist... ich weiß es nicht.

Soll ich Euch was sagen: Es interessiert mich auch nicht. "Spring in Bome" ist einer der intimen Schätze, die man einfach nur für sich trägt.

Vielen Dank an dieser Stelle an Sebastian, Du hast mir mit dem Testerle eine rechte Freude gemacht. Und Lust darauf, mal wieder eine Rezension zu schreiben.
24 Antworten
Ttfortwo vor 2 Jahren 29 26
5
Flakon
7
Sillage
7
Haltbarkeit
8
Duft
Teppich, fliegend. Antik. Fein.


Rêve Indien gibt es gefühlt schon immer im Fragonard-Portfolio, vermutlich wurde es auch einige Male reformuliert. Ich spreche von der aktuell verkauften Version und diese – aktuelle Versionen meine ich – gelten ja im allgemeinen als lediglich nachgelagerte Wahl. Dazu später mehr.

Ich hatte vor vielen, vielen Jahren mal ein entzückendes Schächtelchen mit zehn 2-ml-Parfum-Flascherln direkt bei Fragonard in Grasse mitgenommen, das war weit vor meiner Parfumo-Zeit. Die damalige Version von Rêve Indien war enthalten, ich habe sie aber nicht verwendet, weil sie mir für mich zu süß erschien. Und irgendwann habe ich – wie dämlich kann man sein? – die nicht verwendeten Flascherln zusammen mit der entzückenden Schachtel entsorgt. Was gäbe ich jetzt darum, sie noch zu haben, fast alle Düfte sind inzwischen eingestellt und die wenigen, die es noch gibt, sind ganz sicher mehrfach auf links gewendet und aufgearbeitet.

Es fällt mir daher auch schwer, zu entscheiden, ob die damalige Version wirklich deutlich süßer war als die aktuelle, vielleicht hat sich meine Duftauffassung einfach nur geändert. Immerhin habe ich alle möglichen klassischen Orientalen getragen, von KL über den Kracher Opium bis hin zu Magie Noire, alle mit einer gewissen, wenn auch staub-furz-knochentrockenen Süße.

Zurück zur aktuellen Version. Rêve Indien wird aktuell ausschließlich in einer Eau de Toilette-Version verkauft mit atemberaubenden 200 Millilitern Inhalt für moderate 44 Euro und bewegt sich damit – preislich gesehen – auf unterstem Drogeriepreisniveau.

Zum Glück aber nur preislich gesehen. Der Duft an sich ist bestes Parfumhandwerk und ganz wunderbar. Die zitrische Eröffnung kann beinahe vernachlässigt werden, unser Teppich fliegt nur kurz an Zitronen und Bergamotten vorbei (beide winken gut gelaunt) und rauscht dann mit elegantem Schwung in die Herznote.

Jetzt hat der er richtig Tempo aufgenommen und besegelt in beschwingten Kurven einen orientalischen Markt, ich rieche Würziges (keinen Zimt übrigens und dankenswerterweise), Harziges, Knarziges, Ledriges und trockensten Irispuder – das staubt nur so. Die Blüten Rose und Jasmin vermag ich nicht einzeln zu erfassen, sie sind perfekt verknüpft im Muster des Teppichs. Das alles ist eher trocken und leicht herb, mit nur einer winzigen Süße (unklebrig, ausbalancierend), harzige Myrrhe und rauchiger Weih, dazu dunkles Patchouli , fein verarbeitet.

Ein schönes, filigranes Muster hat er, der Teppich, in weichen, geerdeten Tönen, dunkelbunt - aber nicht dunkel - und mit vielen altgolden wirkenden Akzenten.

Wie viele Eaux de Toilette zieht Rêve Indien zunächst einen wahrhaft mächtigen duftenden Schweif hinter sich her, wird aber sehr schnell moderater und verbleibt dann für einige Stunden mit sehr konvenierender Intensität. Haltbarkeit im sehr guten Mittel. P/L allerdings gigantisch.

Der Teppich ist keine Spitzenknüpfkunst. Aber gleich drunter. Kein moderner Duftteppich, er interpretiert ein sehr klassisches und etabliertes Duftschema. Aber das macht er ganz ausgezeichnet und er kann fliegen, das können bekanntlicherweise nur die aller-, allerwenigsten.

Und deshalb (und um auf meinen ersten Satz zurückzukommen) ist diese, die aktuelle Version von Rêve Indien, keine schlechte Wahl – unabhängig davon, wie ältere Versionen geduftet haben mögen. Meine Cheapy-Empfehlung für Liebhaber:innen konservativ angelegter, moderat orientalischer Düfte, trocken, harzig, ein bißchen herb, altgolden, warm, umarmend - und fast ohne Süße.

...

Nachtrag - einfach, weil Herrn Siebenkäs' Hinweis auf eine spezifische Eigenart älterer fliegender Teppiche wichtig ist und nicht unerwähnt bleiben darf (Vielen, vielen Dank dafür!):

Ältere fliegende Teppiche sind, da hat er ganz recht, manchmal ein wenig bockig. Wie wir alle wissen, steuert man fliegende Teppiche, indem man einige Fransen des vorderen Randes in die Hände nimmt und sie - und damit den Rand - entweder leicht nach oben (dann steigt der Teppich), nach unten, nach rechts oder links bewegt. Ein gut erzogener fliegender Teppich folgt diesen Bewegungen mit müheloser Anmut und Leichtigkeit. Ältere fliegende Teppiche könnten das auch. Sie wollen es aber nicht immer. Sie zeigen manchmal gerne, daß sie Charakter haben und einen eigenen Willen und Kante.

Wie auch bei diesem Duft: Der ist nicht charakterlos schön, sondern schön mit kleiner Kante, da ist das prominente Patchouli, da sind die Ledernoten, die herben Harztöne. Da raucht es auch ein bißchen. Es ist halt ein älterer Teppich.
26 Antworten
Ttfortwo vor 2 Jahren 23 23
10
Flakon
4
Sillage
8
Haltbarkeit
9
Duft
Der Tiefstapler (und eine Ergänzung)
Da kommt dieses Düftlein daher, recht nixig, der Flakon schlichtest, blässlichgräulich getönte Flüssigkeit und tut so als wäre es nichts, gar nichts, bitte nicht weiter beachten, bin ganz harmlos, eigentlich bin ich gar nicht da.

Erster Sprüher, nice, och ja, ganz nett, zart frisch, zart blumig, zart irgendwasig und dann ist der Duft eigentlich auch schon wieder weg.

Ist aber mitnichten so, dieser Duft ist ein Tiefstapler, ein kleiner Schalk, denn genau dann, wenn man ganz sicher nach nichts mehr zu duften glaubt (gefühlt also schon nach ein paar Minuten), beginnt es, das kleine Wunder: Hauchzarte, liebenswürdigste Blütenpuderwölkchen puffen auf, ich meine auch, einen Hauch süßgrasigen Vetivers zu erkennen, und diese lichten Wölkchen begleiten den Träger, und zwar Damen wie Herren in gleichem Maße, mit anmutiger Noblesse, mild, sanft, leise lächelnd und: Hartnäckig. So leise der Duft ist, so andauernd. Ich habe lange über das Wort „Anmut“ nachgedacht, das war das erste Adjektiv, das mir beim allerersten Tragen als allererstes durch den Kopf gegangen ist: Anmutig (alleine wie schön dieses Wort klingt...). Anmut ist Schönheit, Liebenswürdigkeit und Sanftheit (unter ganz vielem anderen!) und ist doch ohne Kraft, ohne Kontrolle nicht möglich. Ohne eine gehörige Portion Selbstbeherrschung. Ohne Disziplin. Da bliebe sonst nur ein fahriger, weicher Blubb. Und so stellt sich dieser zarte, liebenswürdige und leise Duft als ein überraschend zäher Bursche heraus mit sorgfältig gebändigter, kultivierter Ausdauer.

Zur langen Mitte hin zieht eine köstliche und sanft ambrierte Wärme ein, die über die nächsten Stunden auf der Haut immer leiser wird. Ach ja, der Schalk…. Stimmt, der ist ja immer noch da, grad versteckt er sich allerdings, aber Stunden später, wenn es keiner mehr erwartet, am nächsten Morgen zum Beispiel, da erwacht er. Und die Kleidung duftet, ganz herrlich nach Eichenmoos und Patchouly, ein prächtiger dunkler Orgelton, und der bleibt und bleibt und bleibt.

Wollen wir uns die Flasche ein zweites Mal ansehen? Denn die ist mitnichten nixig und schlicht, sondern elegant, reduziert sowie qualitativ einwandfrei mit gutsitzendem Verschluß und feinem Sprüher. Und die Farbe? Ein Versprechen, dieses zarte, lichte Grau, und die perfekte Farbe für den Duft.


* Ergänzung vom Dezember 22: Eine liebe Parfuma hat mir ein Testerle "Gris" von Dior zur Verfügung gestellt - vielen Dank nochmal an dieser Stelle - und ich trage ihn gerade. Ich kann die mehrfach geäußerte Nähe der beiden Düfte bestätigen. Beide duften überaus ähnlich, "Gris" wird für mich vielleicht etwas früher wärmer und etwas runder. Auch haben sie eine sehr ähnliche Charakteristik: Beide sehr transparent, schwebend, leise, luftig, sanft. Beide ähneln sich in der Duftfarbe. Ja, für mich ist "Grey" durchaus eine Alternative zu Diors "Gris"!
*
23 Antworten
Ttfortwo vor 2 Jahren 23 16
6
Flakon
7
Sillage
8
Haltbarkeit
9
Duft
"Altrove" = Woanders. Da wäre ich jetzt auch gerne!
Wir waren bümmeln in Lucca. Man muß wissen, daß „bümmeln“ und „bummeln“ in unserem Sprachgebraucht nicht ganz deckungsgleich sind. Beides bedeutet zunächst ein entspanntes Schlendern in Innenstädten, beim „bümmeln“ kommt aber die Option des Shoppens hinzu, die Erlaubnis also, einem spontanen Will-haben-Reflex nachgeben zu dürfen.

Wir waren also bümmeln in Lucca, dieser traumhaft schönen, lebhaften, perfekt erhaltenen kleinen Stadt, wir freuten uns über die Hartnäckigkeit und den Erfolg, mit dem sich der persönliche und spezialisierte inhabergeführte Einzelhandel den großen Ketten offensichtlich noch immer zur Wehr zu setzen vermag und standen plötzlich vor eine Filiale des Hauses „Acqua dell’Elba“, prominent in der entzückenden Hauptgeschäftsstraße gelegen, in einem mit alten Apothekenschränken eingerichteten eleganten, lichten Verkaufsraum.

Eine erste Testreihe der insgesamt erfreulich geringen Anzahl von angebotenen Düfte enttäuschte mich zunächst ein wenig. Alle schienen mir sehr geradlinig, extrem klar - kristallen geradezu, wie präzise geschliffenes Glas – sehr hell, sehr blau. Viel Aquatik. Im Grunde perfekt zur Duftidee „Elba“ passend – aber gerade nicht mein bevorzugtes Duftschema.

Beim zweiten Durchgang blieb ich eigentlich nur deshalb bei der drei Düfte umfassende Untergruppe „Essenza di un’isola“ hängen, weil mir die Namensgebung irgendwie willkürlich erschien: „Acqua“ (Ja, nee, is' klar, Insel > Wasser, etwas arg trivial und abgenutzt – aber gut, das paßt), aber dann: „Smeraldo“ (Perché??? Smaragd? Was könnte gemeint sein? Das Grün der Inselpflanzen, der Wälder? Oder auch wieder Wasser, smaragdgrün diesmal?) und ganz besonders „Altrove“, also „anderswo“ oder „woanders“. Wieso das denn?

Erst da fiel mir auf, daß mir die entzückende junge Dame diesen Duft im ersten Durchgang vorenthalten hatte – weil es sich um einen Herrenduft handele übrigens. Ich bestand auf umgehender Testmöglichkeit und war auf der Stelle begeistert. Vollkommen anders, wirklich „woanders“: Warm-würzig, harzig, dunkel und weich. Weich – trotz Macchia und stacheligem Kraut! So ein schöner Duft.

Die Kopfnote besticht durch eine krautige, ätherisch-würzige Frische, zum Glück nicht aquatisch-duschgelig, auch nicht zitrisch, stattdessen durch die Impression des Duftes kühler Lorbeer-Wälder und mediterraner Nadelligkeit, dazu eine feine Bitternis und jede Menge wundervollen luftigen, staubigen Irispuders. Rund, vielschichtig und mit raffinierter kleiner Kante. Und – mi scusi! – selbstverständlich auch für Frauen geeignet.

Zur Mitte hin wird der Duft trocken, wärmer und auf eine staubige Weise süßer – auf eine völlig unklebrige und nicht eßbare Art. Die Blüten kann ich nicht eigenständig erfassen, ohne sie wäre das Bild aber sicher nicht so rund. Ich erfasse butterweiches, mittelbraunes Leder, erdige Töne und den verlockenden, zartsüßen Duft von hell fermentierten Tabakblättern. Altsilberne Weihrauchfäden steigen auf, in der Sonne erwärmtes Holz duftet trockenwürzig, man könnte fast meinen, es knisterte leise in der Sonne. Stachelige, abwehrbereite Macchiagewächse duften nach dunklem Harz und Heilgekräut. Zikaden sägen ihren monotonen Gesang in die heiße Luft.

Trotz einiger stacheliger Zitate bleibt der Duft in jeder Phase weich und abgerundet, ohne dabei ins Gefällige, ins Beliebige abzurutschen. Zum langen Ende des Duftherzens wandelt er sich immer mehr in einen leisen, weichen Haut-Duft, „your skin but better“, einen Duft, wie ich ihn in der Halskuhle des Menschen, den ich liebe, riechen möchte.

„Altrove“ ist nicht sehr laut, bleibt aber im nahen Umfeld längere Zeit gut vernehmbar. Der im Auto neben mir sitzende Gatte gab noch nach einigen Stunden in unregelmäßigen Abständen Rückmeldung: „Riecht gut“. Ich selbst kann die aus meiner Kleidung aufpuffenden Duftwölkchen ebenfalls einige Stunden lang recht gut erfassen, bevor der Duft wirklich hautnah wird.

"Altrove" ist ein wohltuender Duft, er tut mir gut, er wärmt mich und besänftigt meine Seele und läßt mich daran denken, wo ich jetzt sehr gerne wäre: Woanders eben.
16 Antworten
Ttfortwo vor 3 Jahren 35 30
7
Sillage
8
Haltbarkeit
8
Duft
Osmanthus, ganz anders

Wir saßen im südfranzösischen Hochsommer im Innenhof einer Wehrburg-Ruine. Mir will übrigens beim besten Willen nicht mehr einfallen, wo das gewesen sein könnte, es tut auch nichts zur Sache, aber es duftete kopfschmerzgefährlich überwältigend aus den abertausenden winzig kleiner orangefarbener Blüten eines bildschönen Strauches mit sattgrün glänzenden Blättchen. Der Duft war überaus intensiv süß und kräftig, fruchtig, ich war hingerissen und knipste mir heimlich ein Fexerchen ab, in der Hoffnung, es vielleicht zum wurzeln bringen und auf diese Weise mit nach Hause nehmen zu können. Bis mein Mann meinte, ihn erinnere der Duft ein wenig an Klosteinchen. Bämm! Klosteinchen!

Und so bekam mein Verhältnis zum Osmanthus schon nach kürzester Zeit einen mächtigen Knacks.

Und mein nicht übermäßig leidenschaftliches, gleichwohl bislang ungetrübtes Verhältnis zu Fragonards „Ile d’Amour“, einem unspektakulären und eher in die frische Richtung gehenden Duft mit Osmanthus als Kernnote, auch. Ich habe ihn seither nicht mehr getragen.

Heute trage ich „Lost Paradise“, Marie le Febvres Hommage an die ungezügelten, hemmungslos draufballernden Düfte der 80er mit einer mächtigen Portion Osmanthus.

Es ist eine sehr le-febvreske Hommage und damit: Schlank, transparent, schwebend. Der Duft kopiert nicht, nein, der Duft beschreibt die 80er-Düfte und tut dies mit leisen, melodischen Worten. Das ist nicht der 80er-typische pastöse, kompakte Pinselstrich, statt dessen tuscht sie ein federleichtes Aquarell auf nasses Papier.

Ich muß zugeben, daß ich mir mit Düften von Frau Le Febvre manchmal etwas schwer tue. Ihre ohne jede Frage vorhandene Schönheit erschließt sich mir eher über etwas, was ich jetzt mal einen intellektuellen Zugang nennen möchte, weniger über einen sinnlich-gefühlsmäßigen. So geht es mir auch bei „Lost Paradise“.

Der Einstieg besticht durch eine ganz federleichte pfirsichsamtige Fruchtigkeit, weich, sonnig, zartsüß, weit entfernt von der anbiedernden bräsigen Kompottigkeit, die mir so viele fruchtige Düfte von vorneherein verleidet. Dazu ein klitzekleines zitrisches Funkeln und ein bißchen Kraut, das ist wunderschön luftig hingetupft und wird mit einem lose darübergeworfenen samtig-goldgelben Band (der Jasmin?) am Davonschweben gehindert.

Das muß man erst mal so hinkriegen: Eine Krawallnote wie Osmanthus so einzubinden, daß sie geradezu zerbrechlich wirkt.

Im Laufe der Zeit kommt eine zarte Wärme dazu, eine ganz weiche Würze stützt das bisher äußerst fragile glasige Gebilde behutsam von unten. Der Duft wird dadurch etwas stabiler, die Farben etwas intensiver. So verharrt der Duft längere Zeit, eiderdaunig, still, freundlich.

Und verblasst dann ganz langsam in dieser freundlichen samtpudrigen friedlichen Wärme.

Und die Klosteinchen? Ich hab sie natürlich wahrgenommen, osmanthös gesehen bin ich wohl verdorben für alle Zeit. Sie haben mich aber – und das ist ein ganz großes Kompliment an diesen sachten Duft - nicht gestört.

Das ist doch schon mal was.

Vielen Dank an FvSpee für das Pröbchen :)
30 Antworten
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