27.08.2018 - 15:23 Uhr
Serenissima
1086 Rezensionen
Serenissima
Geschichte Top Rezension
20
zum Zweiten: weil's so schön war!
Das dachte wohl mein Vater, als er ein Jahr, nachdem er meiner Mutti "Soir de Paris" zu Weihnachten schenkte, mit dem Gedanken spielte, auch seine Mutter damit zu beglücken.
Der Erfolg bliebt nicht aus: es krachte ganz gehörig in dieser Ehe!
Wer will schon riechen wie Schwiegermutter, besonders, wenn man das angespannte Verhältnis der beiden Frauen in einem Haus bedenkt.
Meine Mutti wurde als kleinlich hingestellt: aber Oma bekam diesen Duft nicht!
Dabei liebte sie Zeit ihres Lebens Veilchen, Flieder und Nelken.
Diese Geschichte wurde mir immer wieder erzählt und ich kann mir vorstellen, dass "Soir de Paris" in seinem kobaltblauen Flacon sicher auch optisch gut zu dem dunkelblauen Samtkleid meiner Mutti gepasst hat.
Damals hatte man noch ein "gutes Kleid" und meine Mutti hatte dieses mitternachtblaue Kleid, in dem sie geheiratet hatte, entsprechend kürzen lassen.
Ich erinnere mich noch an den zauberhaften herzförmigen Ausschnitt, der ihm eine romantische Note verlieh.
Der Inhalt dieses Flacons bezauberte schon damals mit seinem wundervollen Bouquet.
Nicht nur Veilchen und Alpenveilchen treffen sich zu Beginn; sie bringen auch noch Bergamotte und als Krönung Estragon mit.
Estragon ist wie diese beiden Blumen ein reines Frühlingskraut; ich denke dabei an meine Estragonsauce zu Spargel und neuen Kartoffeln - eine feine Sache!
Diese Kombination war für die damalige Zeit schon etwas gewagt.
Es geht auch mit Frühsommer-Blühern weiter: der berauschende Duft der Lindenblüte - ganze Straßenzüge duften noch heute im Mai und Juni danach. Gerade in den Nebenstraßen des Kurfürstendamms sind noch viele Linden zu finden; sehr zur "Freude" der dort parkenden Autofahrer! Den süßen klebrigen Blütensaft bekommen sie immer sehr schlecht wieder vom Wägelchen.
Ein großer Blumenstrauß enthält schwere Fliederdolden, Iris - edel wie immer -, die würzigen Gartennelken und wunderschöne Rosen: welch ein Duft entwickelt sich hier und verbindet sich harmonisch mit dem aromatischen Auftakt!
Maiglöckchen und Jasmin, beide im eigenen Duft ja auch in dieser Community nicht ganz unumstritten, liefern den Reiz der weiß blühenden Blumen, bevor Klee eine gewisse "grüne" Würze beifügt.
Älteren Duftbeschreibungen nach waren auch noch Pfingstrosen in der Herznote enthalten: muss das ein Schwelgen in Blütendüften gewesen sein!
Die Basisnote endlich enthält mit Styrax und Heliotrop zwei schwer Vanille-lastige Nuancen; diese passen wiederum sehr gut zur Nelke!
Ein Hauch Vetiver erdet diese Duftkomposition, bevor der würzig-harzige Höhepunkt sich entfaltet:
Benzoe und Weihrauch bereiten Ambra den Weg - opulent, rauchig und erotisch! -, bevor Moschus in einer ganz raffinierten Art und Weise dieses zauberhafte Duftgebilde vollendet!
Dem Ursprungsduft war noch ein Hauch Sandelholz beigefügt: gerade die Kombination Nelke und Sandelholz soll damals in der Tat ein Ereignis gewesen sein. (Das kann ich mir sehr gut vorstellen.)
Die Unterlagen des Hauses Bourjois geben Auskunft: gerade über diesen großen Duft, der Ende der zwanziger Jahre zuerst in Amerika auf den Markt kam.
Dieses Unternehmen hat eine originelle Geschichte. Es wurde 1863 in Paris durch Alexandre Napoleón Bourjois als Geschäft für Bühnenschminke gegründet.
Es erwarb sich schnell einen ausgezeichneten internationalen Ruf mit seinen großartigen Paletten von verschiedenen Pudern und Schminkmaterialien in Pastellfarben.
Erst, nachdem 1925 auch ein Geschäft in New York eröffnet wurde, wo bald die Konkurrenz für Bühnenschminke recht groß war, versuchte man sich "in Parfum".
Denn in Amerika gab es zu dieser Zeit noch keine Parfumindustrie und somit keine Konkurrenz; so lag der Gedanke nahe, den Amerikanerinnen einen typisch französischen Duft anzubieten.
Ein Parfum, das an rauschende Feste erinnert und auch einen entsprechend poetischen Namen bekam: "Evening in Paris"!
Den jetzigen Namen "Soir de Paris" bekam der Duft erst später, nämlich zu seiner Einführung auf dem französischen Markt.
Ein kobaltblauer Flacon, ein silbernes Etikett mit Sternen und Halbmond und ein romantischer Name:
mit Hilfe dieser Attribute konnte "Soir de Paris" nur ein Erfolg werden.
Ein Erfolg wurde dieser Duft nach dem Krieg dann auch für die Mittelschicht. Denn nur so konnte ihn mein Vater damals bei dem Seifenhandel über Mitarbeiter-Rabatt bestellen, der die Chemische Fabrik in Berlin-Tempelhof, bei der er beschäftigt war, belieferte.
Und auch so ist wohl diese Schnapsidee zu erklären, das Geschenk, mit dem er bei meiner Mutti gepunktet hatte, ein Jahr später für seine Mutter auch nur ins Auge zu fassen.
So wäre ganz schnell sein persönlicher Erfolg verdoppelt worden!
Aber daraus wurde bekanntlich nichts!
Durch dieses Stückchen Familiengeschichte, die mir durch eine kleine Duftprobe wieder ins Gedächtnis kam, beschäftigte ich mich auch mit der Geschichte des Unternehmens Bourjois.
Ich wusste gar nicht, was ich dort finden würde und hatte mehr oder weniger die übliche Parfumentwicklung erwartet: aber diese kleine Recherche hat sich wirklich gelohnt.
Und wer heute noch die Möglichkeit hat, einen Vintage-Flacon zu bekommen, der sollte nur zugreifen und dieses Juwel in Ehren halten: "Soir de Paris" bringt einen ganz besonderen Luxus ins Leben.
Und wer möchte schon auf ein wenig Luxus verzichten?
Der Erfolg bliebt nicht aus: es krachte ganz gehörig in dieser Ehe!
Wer will schon riechen wie Schwiegermutter, besonders, wenn man das angespannte Verhältnis der beiden Frauen in einem Haus bedenkt.
Meine Mutti wurde als kleinlich hingestellt: aber Oma bekam diesen Duft nicht!
Dabei liebte sie Zeit ihres Lebens Veilchen, Flieder und Nelken.
Diese Geschichte wurde mir immer wieder erzählt und ich kann mir vorstellen, dass "Soir de Paris" in seinem kobaltblauen Flacon sicher auch optisch gut zu dem dunkelblauen Samtkleid meiner Mutti gepasst hat.
Damals hatte man noch ein "gutes Kleid" und meine Mutti hatte dieses mitternachtblaue Kleid, in dem sie geheiratet hatte, entsprechend kürzen lassen.
Ich erinnere mich noch an den zauberhaften herzförmigen Ausschnitt, der ihm eine romantische Note verlieh.
Der Inhalt dieses Flacons bezauberte schon damals mit seinem wundervollen Bouquet.
Nicht nur Veilchen und Alpenveilchen treffen sich zu Beginn; sie bringen auch noch Bergamotte und als Krönung Estragon mit.
Estragon ist wie diese beiden Blumen ein reines Frühlingskraut; ich denke dabei an meine Estragonsauce zu Spargel und neuen Kartoffeln - eine feine Sache!
Diese Kombination war für die damalige Zeit schon etwas gewagt.
Es geht auch mit Frühsommer-Blühern weiter: der berauschende Duft der Lindenblüte - ganze Straßenzüge duften noch heute im Mai und Juni danach. Gerade in den Nebenstraßen des Kurfürstendamms sind noch viele Linden zu finden; sehr zur "Freude" der dort parkenden Autofahrer! Den süßen klebrigen Blütensaft bekommen sie immer sehr schlecht wieder vom Wägelchen.
Ein großer Blumenstrauß enthält schwere Fliederdolden, Iris - edel wie immer -, die würzigen Gartennelken und wunderschöne Rosen: welch ein Duft entwickelt sich hier und verbindet sich harmonisch mit dem aromatischen Auftakt!
Maiglöckchen und Jasmin, beide im eigenen Duft ja auch in dieser Community nicht ganz unumstritten, liefern den Reiz der weiß blühenden Blumen, bevor Klee eine gewisse "grüne" Würze beifügt.
Älteren Duftbeschreibungen nach waren auch noch Pfingstrosen in der Herznote enthalten: muss das ein Schwelgen in Blütendüften gewesen sein!
Die Basisnote endlich enthält mit Styrax und Heliotrop zwei schwer Vanille-lastige Nuancen; diese passen wiederum sehr gut zur Nelke!
Ein Hauch Vetiver erdet diese Duftkomposition, bevor der würzig-harzige Höhepunkt sich entfaltet:
Benzoe und Weihrauch bereiten Ambra den Weg - opulent, rauchig und erotisch! -, bevor Moschus in einer ganz raffinierten Art und Weise dieses zauberhafte Duftgebilde vollendet!
Dem Ursprungsduft war noch ein Hauch Sandelholz beigefügt: gerade die Kombination Nelke und Sandelholz soll damals in der Tat ein Ereignis gewesen sein. (Das kann ich mir sehr gut vorstellen.)
Die Unterlagen des Hauses Bourjois geben Auskunft: gerade über diesen großen Duft, der Ende der zwanziger Jahre zuerst in Amerika auf den Markt kam.
Dieses Unternehmen hat eine originelle Geschichte. Es wurde 1863 in Paris durch Alexandre Napoleón Bourjois als Geschäft für Bühnenschminke gegründet.
Es erwarb sich schnell einen ausgezeichneten internationalen Ruf mit seinen großartigen Paletten von verschiedenen Pudern und Schminkmaterialien in Pastellfarben.
Erst, nachdem 1925 auch ein Geschäft in New York eröffnet wurde, wo bald die Konkurrenz für Bühnenschminke recht groß war, versuchte man sich "in Parfum".
Denn in Amerika gab es zu dieser Zeit noch keine Parfumindustrie und somit keine Konkurrenz; so lag der Gedanke nahe, den Amerikanerinnen einen typisch französischen Duft anzubieten.
Ein Parfum, das an rauschende Feste erinnert und auch einen entsprechend poetischen Namen bekam: "Evening in Paris"!
Den jetzigen Namen "Soir de Paris" bekam der Duft erst später, nämlich zu seiner Einführung auf dem französischen Markt.
Ein kobaltblauer Flacon, ein silbernes Etikett mit Sternen und Halbmond und ein romantischer Name:
mit Hilfe dieser Attribute konnte "Soir de Paris" nur ein Erfolg werden.
Ein Erfolg wurde dieser Duft nach dem Krieg dann auch für die Mittelschicht. Denn nur so konnte ihn mein Vater damals bei dem Seifenhandel über Mitarbeiter-Rabatt bestellen, der die Chemische Fabrik in Berlin-Tempelhof, bei der er beschäftigt war, belieferte.
Und auch so ist wohl diese Schnapsidee zu erklären, das Geschenk, mit dem er bei meiner Mutti gepunktet hatte, ein Jahr später für seine Mutter auch nur ins Auge zu fassen.
So wäre ganz schnell sein persönlicher Erfolg verdoppelt worden!
Aber daraus wurde bekanntlich nichts!
Durch dieses Stückchen Familiengeschichte, die mir durch eine kleine Duftprobe wieder ins Gedächtnis kam, beschäftigte ich mich auch mit der Geschichte des Unternehmens Bourjois.
Ich wusste gar nicht, was ich dort finden würde und hatte mehr oder weniger die übliche Parfumentwicklung erwartet: aber diese kleine Recherche hat sich wirklich gelohnt.
Und wer heute noch die Möglichkeit hat, einen Vintage-Flacon zu bekommen, der sollte nur zugreifen und dieses Juwel in Ehren halten: "Soir de Paris" bringt einen ganz besonderen Luxus ins Leben.
Und wer möchte schon auf ein wenig Luxus verzichten?
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