18.06.2021 - 17:30 Uhr
Ponticus
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Ponticus
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Frauenabend – forever young
Prolog:
Nachdem im Umfeld des letzten geselligen Abends kritische Stimmen aufgetaucht sind und dabei ebenfalls der Begriff des „Mädels“ negativ goutiert wurde (Heidi Klums Mädels, Nazizeit), gibt es ab heute nun einen Frauenabend an dem auch unser lieber Freund Jacques, alias Jackie, teilnehmen darf, obwohl er keine Frau ist. Ansonsten treten hier auch weiterhin keine platten und hohlen Stereotypen als Lesben, Schwule oder Heteros, respektive Frauen, auf! Alle sind ganz liebenswerte und respektierte Charaktere, Leute so wie du und ich mit vielen verschiedenen und persönlich angelegten Facetten, vielleicht etwas überdreht, aber es ist ja auch eine Satire.
Von Fräulein Elisabeth, unserer Grundschullehrerin kam keine Rückmeldung an die wartsab Gruppe Frauenabend bezüglich des geplanten nächsten Treffens. Jackie machte sich als Erster begründete Sorgen und tatsächlich, nach zwei Tagen war es gewiss, Fräulein Elisabeth ist kurz vor ihrer Pensionierung einem Schlaganfall erlegen. Die Bestürzung war groß und es herschte allgemeine Traurigkeit.
Da Elisabeth, außer ihrem Bruder, der auch alle Formalitäten erledigte, keine weiteren Verwandten mehr hatte, beschloß die Frauengruppe den nächsten Abend als eine Art Erinnerung und Wertschätzung für die Verflossene zu gestalten. Um dabei nicht in Wehmut zu zerfließen wurde vereinbart, daß jede eine nette, eher aufmunternde Geschichte oder Anekdote zu Fräulein Elisabeth zum besten gibt, so sie denn eine kennt. Ebenfalls wurde abgesprochen zu diesem Treffen ihr Lieblingsparfüm, Kobako von Bourjois, zu tragen.
Kobako, ein Parfüm oft übersehen und unterschätzt, ist ein preislich sehr günstiges Parfüm im schlichten Flakon und passte perfekt zu Person und Lebensart unserer Lehrerin. Sie war sehr bescheiden, sparsam, nahm sich oft zurück, aber war innerlich voller Energie, Stärke, Tatendurst und mit einem wachem Verstand ausgestattet. Diese Kraft in dieser stillen, zurückhaltenden Person fand über ihr Parfüm Kobako einen Ausgang und rief laut und weit „hier bin ich“ und es gefällt mir hier zu sein. Auch diese Diskrepenz zwischen ihrem genügsamen Auftreten und ihrer duftigen, orientalisch-würzigen Präsenz bekräftigte ihre Einzigartigkeit. Ihre liebenswerte Nonchalance machte dabei auch noch nach Stunden, die sie begleitende cremig-warme, aber kräftig würzig-süß-holzige Aura mit der leichten, hintergründigen Strenge des Chypres, weder aufdringlich noch unangenehm!
Jackie erinnerte an ihre ersten Begegnungen beim Reha-Rückenturnen. Der zuständige Physiotherapeut war eine sehr maskuline Person, ständig in eine herbe Aftershavewolke gehüllt. Jackie fand ihn damals sehr sympathisch, traute sich aber nicht und dies blieb auch Elisabeth nicht verborgen. Im Gespräch ermunterte sie ihn den ersten Schritt zu tun und dabei roch er erstmals ihr, nach dem Turnen, frisch aufgetragenes Kobako, die cremig-warme Süße mit der dezenter Seife, die dann in den üppigen Gewürznoten aufgehen. Diese orientalischen Spezereien unter Federführung der aromatischen, etwas scharfen Gewürznelke und Extrakten von Vanille vermitteln ein intensives Wohlgefühl. Mit dem Gymnastiktyp ist es dann allerdings doch nichts geworden.
Als Coiffeur fiel ihm noch ein, daß er unser Fräulein mit kleinen Frisörtricks mehrmals zu überzeugen versuchte, eine etwas peppigere Frisur zu probieren, vergebens. Und sie bestand auf das Fräulein, war auch nie verheiratet, lebte allein, hatte aber wohl einige Beziehungen. Melody Vögele-Schmitz, unsere alt 68erin erzählte von ulkigen Erlebnissen auf einer Klassenfahrt an der sie, unsere Lehrerin als Betreuerin unterstützend, teilgenommen hatte. Alle beschrieben Elisabeths mitunter nervende Eigenheit immer nur mit Bargeld zu zahlen in Apotheke, Kiosk, Metzger und beim Optiker. Dazu berichtete Klara Sicht auch über die neue, für sie gefertigte Lesebrille. Die mußte unbedingt in das bisher gewohnte, alte Kassengestell, bloß keine sichtbaren Veränderungen.
In diesem Zusammenhang erinnerte Klara auch an den nachhaltigen, würzig orientalischen Duft beim Anpassen von Elisabeths Lesegläsern im Optikerladen. Der Geruch weckte leicht weihnachtliche Gefühle, wenn, ja wenn da nicht das von Anfang an hintergründig präsente Eichenmoos das Parfüm, im warsten Sinne des Wortes, etwas erden würde. Dazu gesellen sich zurückhaltendes Karamell und im langen Verlauf kräftigere, balsamisch-süße, ledrig-vanillige Noten. Alles immer eingedenk der überragenden, köstlich-anregenden und immer gegenwärtigen Gewürzopulenz. Der Duft ist ein echtes Schwergewicht!
Kobako kam 1936 auf den Markt und ist damit älter als Fräulein Elisabeth es je wurde. Sie benutzte immer die heute noch für lau erhältliche Variante von 1982. Solch einen Flakon hat Fleischereifachverkäuferin Bärbel allein und in aller Stille kurz vor der Urnenbeisetzung in das kleine Grab fallen lassen und mit etwas Erde bedeckt. Als liebe Geste aller für die Ewigkeit. Als sie dies der Runde erzählte, liefen doch noch ein paar Tränen und da auch die prächtige Fruchtbowle, Elisabeths Lieblingscocktail, sich dem Ende zuneigte, ging die Gruppe für heute langsam und recht schweigsam auseinander.
Fräulein Elisabeth wird mir fehlen hier in der Frauenrunde. Danke für das respektvolle Begleiten!
Nachdem im Umfeld des letzten geselligen Abends kritische Stimmen aufgetaucht sind und dabei ebenfalls der Begriff des „Mädels“ negativ goutiert wurde (Heidi Klums Mädels, Nazizeit), gibt es ab heute nun einen Frauenabend an dem auch unser lieber Freund Jacques, alias Jackie, teilnehmen darf, obwohl er keine Frau ist. Ansonsten treten hier auch weiterhin keine platten und hohlen Stereotypen als Lesben, Schwule oder Heteros, respektive Frauen, auf! Alle sind ganz liebenswerte und respektierte Charaktere, Leute so wie du und ich mit vielen verschiedenen und persönlich angelegten Facetten, vielleicht etwas überdreht, aber es ist ja auch eine Satire.
Von Fräulein Elisabeth, unserer Grundschullehrerin kam keine Rückmeldung an die wartsab Gruppe Frauenabend bezüglich des geplanten nächsten Treffens. Jackie machte sich als Erster begründete Sorgen und tatsächlich, nach zwei Tagen war es gewiss, Fräulein Elisabeth ist kurz vor ihrer Pensionierung einem Schlaganfall erlegen. Die Bestürzung war groß und es herschte allgemeine Traurigkeit.
Da Elisabeth, außer ihrem Bruder, der auch alle Formalitäten erledigte, keine weiteren Verwandten mehr hatte, beschloß die Frauengruppe den nächsten Abend als eine Art Erinnerung und Wertschätzung für die Verflossene zu gestalten. Um dabei nicht in Wehmut zu zerfließen wurde vereinbart, daß jede eine nette, eher aufmunternde Geschichte oder Anekdote zu Fräulein Elisabeth zum besten gibt, so sie denn eine kennt. Ebenfalls wurde abgesprochen zu diesem Treffen ihr Lieblingsparfüm, Kobako von Bourjois, zu tragen.
Kobako, ein Parfüm oft übersehen und unterschätzt, ist ein preislich sehr günstiges Parfüm im schlichten Flakon und passte perfekt zu Person und Lebensart unserer Lehrerin. Sie war sehr bescheiden, sparsam, nahm sich oft zurück, aber war innerlich voller Energie, Stärke, Tatendurst und mit einem wachem Verstand ausgestattet. Diese Kraft in dieser stillen, zurückhaltenden Person fand über ihr Parfüm Kobako einen Ausgang und rief laut und weit „hier bin ich“ und es gefällt mir hier zu sein. Auch diese Diskrepenz zwischen ihrem genügsamen Auftreten und ihrer duftigen, orientalisch-würzigen Präsenz bekräftigte ihre Einzigartigkeit. Ihre liebenswerte Nonchalance machte dabei auch noch nach Stunden, die sie begleitende cremig-warme, aber kräftig würzig-süß-holzige Aura mit der leichten, hintergründigen Strenge des Chypres, weder aufdringlich noch unangenehm!
Jackie erinnerte an ihre ersten Begegnungen beim Reha-Rückenturnen. Der zuständige Physiotherapeut war eine sehr maskuline Person, ständig in eine herbe Aftershavewolke gehüllt. Jackie fand ihn damals sehr sympathisch, traute sich aber nicht und dies blieb auch Elisabeth nicht verborgen. Im Gespräch ermunterte sie ihn den ersten Schritt zu tun und dabei roch er erstmals ihr, nach dem Turnen, frisch aufgetragenes Kobako, die cremig-warme Süße mit der dezenter Seife, die dann in den üppigen Gewürznoten aufgehen. Diese orientalischen Spezereien unter Federführung der aromatischen, etwas scharfen Gewürznelke und Extrakten von Vanille vermitteln ein intensives Wohlgefühl. Mit dem Gymnastiktyp ist es dann allerdings doch nichts geworden.
Als Coiffeur fiel ihm noch ein, daß er unser Fräulein mit kleinen Frisörtricks mehrmals zu überzeugen versuchte, eine etwas peppigere Frisur zu probieren, vergebens. Und sie bestand auf das Fräulein, war auch nie verheiratet, lebte allein, hatte aber wohl einige Beziehungen. Melody Vögele-Schmitz, unsere alt 68erin erzählte von ulkigen Erlebnissen auf einer Klassenfahrt an der sie, unsere Lehrerin als Betreuerin unterstützend, teilgenommen hatte. Alle beschrieben Elisabeths mitunter nervende Eigenheit immer nur mit Bargeld zu zahlen in Apotheke, Kiosk, Metzger und beim Optiker. Dazu berichtete Klara Sicht auch über die neue, für sie gefertigte Lesebrille. Die mußte unbedingt in das bisher gewohnte, alte Kassengestell, bloß keine sichtbaren Veränderungen.
In diesem Zusammenhang erinnerte Klara auch an den nachhaltigen, würzig orientalischen Duft beim Anpassen von Elisabeths Lesegläsern im Optikerladen. Der Geruch weckte leicht weihnachtliche Gefühle, wenn, ja wenn da nicht das von Anfang an hintergründig präsente Eichenmoos das Parfüm, im warsten Sinne des Wortes, etwas erden würde. Dazu gesellen sich zurückhaltendes Karamell und im langen Verlauf kräftigere, balsamisch-süße, ledrig-vanillige Noten. Alles immer eingedenk der überragenden, köstlich-anregenden und immer gegenwärtigen Gewürzopulenz. Der Duft ist ein echtes Schwergewicht!
Kobako kam 1936 auf den Markt und ist damit älter als Fräulein Elisabeth es je wurde. Sie benutzte immer die heute noch für lau erhältliche Variante von 1982. Solch einen Flakon hat Fleischereifachverkäuferin Bärbel allein und in aller Stille kurz vor der Urnenbeisetzung in das kleine Grab fallen lassen und mit etwas Erde bedeckt. Als liebe Geste aller für die Ewigkeit. Als sie dies der Runde erzählte, liefen doch noch ein paar Tränen und da auch die prächtige Fruchtbowle, Elisabeths Lieblingscocktail, sich dem Ende zuneigte, ging die Gruppe für heute langsam und recht schweigsam auseinander.
Fräulein Elisabeth wird mir fehlen hier in der Frauenrunde. Danke für das respektvolle Begleiten!
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