Turbobean

Turbobean

Rezensionen
Filtern & sortieren
11 - 15 von 98
Turbobean vor 2 Jahren 9 3
8
Haltbarkeit
8
Duft
Torino21, ganz großes Tennis?
Xerjoff war offenbar Werbepartner des ATP-Turnieres in Turin 2021. Daher auch der Name dieses Duftes.

Manchmal habe ich den Eindruck, dass wir Duftfreunde gerne auch ein bisschen an der Nase herumgeführt werden. Dieser Duft besticht dem Vernehmen nach durch die Kühle der Minze, die fruchtige Lebendigkeit der schwarzen Johannisbeere und durch die pudrige Schönheit von edlem Jasmin. Und so weiter und so fort ...

Ob der Jasmin wirklich so edel ist, oder doch nur auf synthetische Art und Weise suggeriert wird, sei einmal dahin gestellt. Ich möchte niemandem Unrecht tun, sondern schildere hier nur meine Eindrücke.

Die Grundlage dieses Duftes ist eine Komposition, die mir im Laufe der Jahrzehnte nur drei Mal begegnet ist. Um das Jahr 1990 brachte „Perfumer‘s Workshop“ eine etwas gewagte Duftserie heraus, die nie so richtig Fuß gefasst hat. „Samba“ (oder früher „Mambo“) heißt die Serie und hier roch ich zum ersten Mal diese helle, süßliche Blütenfrische.

Ich mochte den „Samba for Men“, aber etwas störte mich gleichzeitig. Die Düfte hatten etwas entspannt-fröhliches, der Gesamteindruck war ganz neuartig und interessant. Mit der Zeit aber stellte sich heraus: Die helle, süßliche Blüte nervte mich mit der Zeit.

In hunderten darauf folgenden Dufttests habe ich dann zunächst nie mehr etwas von dieser süßlich-hellen Blüte gerochen. Bis ich vor Monaten das „Supernova Cologne“ von Dua Frangrances aus dem Jahr 2020 unter der Nase hatte. Da war sie wieder, diese Blüte! Schöner als je zuvor und trotzdem nach kurzer Zeit etwas nervig. Zumindest für meine Nase. Im Vorübergehen ist der Duft jedoch ein Traum.

Etwa im selben Zeitraum hat bekanntlich auch Xerjoff seinen Torino21 herausgebracht. Mich würde interessieren, wie das so läuft in Parfumeurskreisen. Setzt man sich auf ein Gläschen zusammen und tauscht neue Entdeckungen aus? „Ich hab‘ da was von 1990. Riecht doch eigentlich ganz gut.“ „Geil, Alter! Darf ich das auch verwenden?“ „Logo, nur zu!“

Beim Erschnuppern von Torino21 erscheint vor meinem geistigen Auge ein Strauß Maiglöckchen (Lilial), vermischt mit weiteren Blüten, wahrscheinlich Jasmin (Hedional). Wie bereits in der Vergangenheit, fängt auch diese Mischung irgendwann an, mich zu nerven.

Etwas frische Minze scheint dem Ganzen allerdings sehr gut zu tun. Und Zitrus trägt dazu bei, dass alles nicht ganz so synthetisch rüberkommt.

Torino21 ist ein attraktiver Duft, der gute Laune macht und insbesondere im Vorübergehen sehr interessant rüberkommt. Die Haltbarkeit ist äußerst respektabel. Ein frischer sommerlicher Begleiter, der gepflegt und elegant gute Laune verbreitet.

Denjenigen, die nach dieser frisch-süßlichen Blüte duften möchten, empfehle ich aber das Supernova Cologne. Es ist mindestens(!) genauso gut und viel günstiger, falls man es noch bekommt.
3 Antworten
Turbobean vor 2 Jahren 14 8
7
Haltbarkeit
8
Duft
Eine Gratwanderung.
Einerseits: Im Vorübergehen sind cremige Zitrusdüfte wunderschön. Da sind neben Zitrus- auch schmeichlerische Noten, die zum Sommer passen, trotz einer gewissen Schwere. Der Klassiker dieser Kategorie ist für mich das Colonia von Acqua di Parma.

Andererseits: Wenn ich Amber, dichte Hölzer, Patchuli, Vanille & Co. (oder alles zusammen) ununterbrochen in der Nähe meines Riechkolbens habe, besonders bei Hitze, wird mir das zu viel.

Dennoch: Wenn ein Mann an mir vorüber geht, der Ambra Calabria trägt, hat er für diese Wahl meinen Respekt. Der Duft nutzt die Möglichkeiten, die Amber und Vanille bieten, bleibt aber noch innerhalb erträglicher Grenzen. Außerdem gibt es ja grünlich schimmernde Zitrusnoten, die zumindest anfangs einen erfrischenden Kontrast bieten.

Wie gerne möchte ich nach diesem wirklich anziehenden und schönen Parfum duften! Aber nicht zu lange bitte. Das ist too much. Doch jedes Mal, wenn die ambrierte Vanille neu den Zinken kreuzt, frage ich mich wieder, ob das nicht einer für mich wäre.

Die Entscheidung ist gefallen, denn ich benötige nur einen dieser Sommerschmeichler. Und der Meister dieser Klasse ist für mich halt ein anderer, den ich auch über Stunden gerne rieche und der irgendwie alles richtig macht (der einzige Roja meiner Sammlung). Ansonsten bleibe ich insgesamt lieber beim Thema ‚Frische‘.

Die Dosierung von Ambra Calabria finde ich dann außerdem noch ein bisschen tricky: Man sollte ihn dezent benutzen, sonst erschlägt er einen. Trägt man ihn aber zu sparsam auf, nimmt man ihn recht bald nicht mehr ausreichend wahr. Hier ist also Fingerspitzengefühl gefragt und gegebenenfalls der eine oder andere Nachsprüher im Laufe des Tages.

Die Einordnung als 'zitrisch-frisch' führt in die Irre. 'Zitrisch-cremig' fände ich angebrachter. Außerdem wäre ich nicht darauf gekommen, dass sowohl Nishane, als auch die Community den Duft als unisex einstufen. Ich sehe ihn eher auf der männlichen Seite. Wenn am Ende dann nur noch die üppige Ambervanille bleibt (gibt‘s die? jetzt schon.), könnte ich mir das aber durchaus auch an einer Lady vorstellen.

Eine Gratwanderung, die Nishane jedenfalls recht gut gemeistert hat.
8 Antworten
Turbobean vor 2 Jahren 16 10
7.5
Duft
Die unbekannte Zitrusfrucht.
Endlich komme ich einem Geheimnis auf die Spur, das mir lange Rätsel aufgab.

Es begann in einem Altenheim, in dem ich aufgefordert wurde, mir vor jedem Besuch die Hände zu desinfizieren. Der Flur, in dem der Spender des Desinfektionsmittels hing, duftete stets sehr angenehm. Es roch nach einer Zitrusfrucht, die herber und blumiger war, als alle Zitrusfrüchte, die ich bisher gerochen hatte. „Könnte man glatt einen schönen Duft daraus machen“ dachte ich mir.

Einige Wochen später ließ ich mir eine Abfüllung Oceania (Roja Dove) zusenden. Bing! Den kennste doch! Das war eindeutig die unbekannte Zitrusfrucht aus dem Altenheim. Die Duftpyramide von Oceania enthielt nur eine Zitrusfrucht, deren Duft nicht in meiner Erinnerung gespeichert war: Litsea Cubeba. Solche Sachen machen mich dermaßen neugierig, dass ich das Rätsel unbedingt lösen musste. Ich bestellte mir also reines Litsea Cubeba-Öl und hoffte, damit dem Geheimnis auf die Spur zu kommen.

Um es kurz zu machen: Litsea Cubeba hatte nichts mit dieser frischen Zitrusnote zu tun. Das Thema war für mich also erstmal erledigt. Irgendwann wird mir der Duft schon wieder über den Weg laufen. Und das tat er dann auch:

Nämlich, als ich Greenley zum ersten Mal aufsprühte. Ich wurde sofort an Oceania und seine brilliante Zitrus-artige Note erinnert.

Und dankenswerterweise wird hier die Zutat auch benannt: Die „Pomarose“.

Ich zitiere Wikipedia: ... Aus reiner Kuriosität an den Struktur–Geruchs-Beziehungen dieser Verbindung wurde dann aber auch 5,6,7-Trimethylocta-2,5-dien-4-on (Pomarose) synthetisiert, und erwies sich überraschend als parfümistischer Volltreffer mit strahlend fruchtiger Rosen-Note, die daneben auch an Apfelkuchen, Pflaumen und Trockenfrüchte erinnerte.

Das könnte doch hinkommen. Oder?

Jedenfalls ist Greenley ein erfrischender Schönwetterduft, der im Hintergrund auch etwas dezente Süße vorweist. Eine gelungene Komposition, die gute Laune macht. Fruchtig wie eine Schale voll mit Zitronen, Bergamotten, Quitten und grünen Äpfeln.

10 Antworten
Turbobean vor 2 Jahren 20 9
7
Sillage
7
Haltbarkeit
8
Duft
Grüner Honig aus dunkler Tanne
Der erste Sprüher: Das ist doch Tannenbalsam! Ich zweifle kurz, denn in der Pyramide wird nichts dergleichen erwähnt.

Tannenbalsam trägt eine grüne Eleganz in sich, gleichzeitig besitzt er aber auch eine süße, honigartige Üppigkeit, die, für sich alleine gestellt, die Nase oft überfordert. Vergleichbar mit purer Orangenblüte oder purer Feige.

Tannenbalsam duftet jedoch sehr ausgewogen, wenn man ihm die richtigen Partner zur Seite stellt. Das sind offensichtlich, weil häufig praktiziert, Zitrusdüfte wie Grapefruit, Bergamotte oder Petitgrain (Bitterorange).

Mit viel Tannenbalsam bekommt ein Duft eine Honignote, die nicht jeder mag (aber manche schon).
Das deutlichste Beispiel hierfür ist der beliebte ‚L‘ von Clive Christian.
‚Royal Mayfair‘ von Creed, mit Kiefer, die heller duftet, hat neben seiner Eleganz ebenfalls etwas koniferig-Üppiges.

Thierry Wasser ist mit ‚Un Dimanche a la Campagne‘ das Kunststück gelungen, Tannenbalsam so in Szene zu setzen, dass er in keinster Weise erschlagend wirkt. Im Gegenteil:

Der Duft ist zwar süßlich, aber auch fröhlich und hell. Er inspiriert Assoziationen von einem Spätsommertag in der Natur. Und zwar ziemlich realistisch, nicht euphorisch übertrieben. Es duftet nach Wald, es duftet nach trockenen Kräuterbüschen, es duftet nach warmem Holz. Zitrusnoten mit Orangenblüte spenden Erfrischung, wie ein kühler Eistee, und Stunden später verklingt alles auf balsamische, warme, angenehme Art und Weise.

Die Haltbarkeit: Vormittags aufgetragen, spendet er eine inspirierende, freundliche, natürliche, frische Eleganz. Zum Mittagsschlaf entspannen warme, angenehme Holznoten. Am Abend kann man dann getrost einen anderen Duft auftragen. Oder nochmal den selben.

Spontan würde ich ‚Un Dimanche a la Campagne‘ in den Sommer verorten. Aber erstaunlicherweise trägt er sich auch jetzt im Winter ganz ausgezeichnet. Er findet eine gute Balance zwischen Wärme, Süße und Frische, was ihn ziemlich universell einsetzbar macht.

‚Un Dimanche a la Campagne‘ ist ein unkompliziertes Meisterwerk, das in mir Zufriedenheit erzeugt. Außerdem glaube ich, dass der Duft auf andere Menschen eine positive und anziehende Wirkung ausübt.

Allerdings haben mir meine Informanten zugetragen, dass Guerlain diesen Duft eingestellt hat, um ihn mit ‚Herbes Troublantes‘ zum fünffachen Preis in edlerem Flakon (womöglich in höherer Konzentration) wieder herauszubringen. Ich bin froh, dass ich ihn gerade noch entdeckt habe, dank der wunderschönen Rezension der Kollegin Pollita, der großzügigen Probenüberlassung durch die Kollegin Kima, sowie der kompetenten Beratung durch die Kollegin Needlesoup. Ich danke Euch sehr! Euer Turbo.
9 Antworten
Turbobean vor 2 Jahren 91 21
9.5
Duft
Neulich auf der Straße.
Laytoner: Hömma du Spacken. Hier ist unser Revier. Verpiss Dich!

Midsummer: Reden Sie mit mir?

Laytoner: Allerdings! Und es wäre besser, wenn Du zuhörst!

Midsummer: Weil?

Laytoner: Weil mein Kumpel und ich hier das Sagen haben. Best of the best! Du verstehst?

Midsummer: Ja ja.

Laytoner: Bruder, komma her!

Heroder: Wasn los?

Laytoner: Ich glaube, hier nimmt uns jemand nicht ernst!

Heroder: Alter! Sag ihm zweitausend Bewertungen. Achtkommafünf! Verstehste? Achtkommafünf!!

Midsummer: Freunde, noch einen Spruch, und ich packe die Basisnote aus. Na? Mal schnuppern?

Laytoner: Ach du Sch….!

Heroder: Komm Bruder, wir wollten eh in den Club gehen.

-----------------------------------------------------------------------------------

edit: Aufgrund zweier "Beschwerden" bin ich nochmal in mich gegangen.

Meine Rezension mag für den Layton-Fan natürlich herablassend klingen, und sie ist zudem nicht sehr informativ. Dennoch denke ich, es wird deutlich, dass ich beim Midsummer sehr viel mehr Substanz sehe, als bei den zwei anderen genannten. Und dieses Bild vom anderen Duft, der auf Dicke Hose macht, kam mir halt gleich in den Sinn. Die Rezension ist vielleicht grenzwertig, aber nach meinem Geschmack gleichzeitig auch gerechtfertigt.
21 Antworten
11 - 15 von 98