Vinyldates

Vinyldates

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6 - 10 von 19
Vinyldates vor 2 Jahren 25 21
5
Sillage
5
Haltbarkeit
7
Duft
Schwarzes Gold ohne Beginn
Vergilbt sind deine Grimassen, spröde und fad vom tagtäglichen Nutzen. Verkrustete Kleidung, wie in Erde gesielt und nur abgeklopft. In fettigen Schlieren umrahmen deine Haare dein Gesicht, getränkt von Bienenhonig, Talg und Staub. Wie ein Rahmen ein Bild. Nur, dass dieses Bild nicht der Realität entspricht. Du bist müde. Müde vom Lächeln, müde vom Spielen. Du bist ein Narr, wenn du denkst, es allen Recht machen zu können ohne dich selbst zu verlieren. Deine Seele ist längst gefangen in dieser kleinen bizarren Welt und du vermagst es nicht auszubrechen. Du verkommst. Deine Hülle steht nur für dein Inneres und dein Inneres steht für nichts. Du täuscht nicht die anderen, du täuscht dich selbst.
Eine Karte im Tarot.
Deine Gedanken schweifen während du die Glut schürst, leise steigen zarte Wolken von Rauch auf, spärlich nur. Mehr Asche, mehr Ruß, als Feuer. Kalt ist dir nicht, die Sonne tanzt in deinem Gesicht und lässt deine Bernsteinaugen funkeln. Kurz nur. Denn selbst sie haben einen matten Schleier. Verkommen, leer, nichtssagend. Du warst zu lange nicht du selbst. Für diese Welt. Wann tust du etwas für dich?
Der goldene Zucker knistert im Kessel, fast schwarz werdend verströmt er verbrannt süßes Aroma.
__________________
Fool von Wild Veil ist eine Kreation aus der Tarot-Reihe von Abby, die ihre Batches aus natürlichen Zutaten handfertigt. In Fool versucht sie das betörende Aroma von Amber und Labdanum zur Geltung zu bringen, welches gemeinsam mit Hölzern, Rauch und Balsam ein dunkles Universum erschaffen soll. Dies gelingt ihr, jedenfalls in der Solid-Version, meiner Erachtung weniger.
Fool startet mit einer süßlichen, leicht speckig/fettigen Harznote, gefolgt von milden Rauchanklängen, die mit der Zeit etwas zunehmen, sich aber alsbald in Honig und Zucker verlieren. Der Duft wirkt etwas vergilbt, trostlos, zerfallen, was definitiv durch die starke Talgnote entsteht, die die anderen Aromen verschlingt und in einer schrägen Basis endet.
Fool sorgt somit für eine ausgeprägte Haut-Assoziation, die durchaus spannend ist, aber mit der Zeit sehr viel wird. Sehr viel Mensch, sehr viel Fett, Haut mit Zucker und Amber ohne Gold.
Das Solid hat kaum Projektion und ist nach ca. vier Stunden verschwunden. Dabei bleibt es die ganze Zeit über hautnah.

(Mit lieben Dank an Seejungfrau)
21 Antworten
Vinyldates vor 2 Jahren 24 19
4
Sillage
5
Haltbarkeit
7.5
Duft
suchen und finden
deine ängste in traubenmostwachs konserviert,
diffuses irrwichteln durch den stummen pappelwald.
träge beine wie plumpe steine auf dem weg
ruhe. nichts als ruhe.
schreiend sind die stimmen in deinem kopf.
weiter
durch brombeerzweige streifen,
gelbgrünschwervoll
du suchst schon so lange
unwissend wonach eigentlich
sulfidschwaden über knorrigen baumkronen
verlaufen im eignen ICH
olibanumspuren folgen,
wärmende holzhütten sehen
oder illusionen
nie ankommen
seelenverlustfütterung
*

Feeding Hansel erzählt Geschichten. Geschichten vom Sein, vom Suchen, vom Finden, vom eigenen Verlieren.
Hansel auf seiner schizoiden Reise durch den Wald. Hell ist es. Nur er selbst scheint sich in der Dunkelheit zu verlieren. Seelenlos streift er umher, isst Brombeeren von Sträuchern, pflückt Trauben von Träumen und sucht nach Geborgenheit und Verständnis- einem Ort zum Verweilen, eine Hütte, eine Hülle, sich selbst?
Der Duft startet gärend, wobei die Traube hier unverkennbar ist und wird mit der Zeit immer dichter, fast wachsartig. Die dazukommenden Holznoten erwecken den Eindruck eines trockenen Waldes, lichtdurchflutet. Ganz zarte Weihrauchschwaden sind über den Baumkronen sichtbar und sorgen für einen Anklang von Wärme und Geborgenheit, der aber fortwährend durch die Weintraube unterbrochen und gestört wird. Auch Brombeernoten kann man zart im Duftverlauf wahrnehmen, die ein komplexes Fruchtbild erzeugen, welches dem Duft aber die Ruhe stiehlt und ein harmonisches Ende nicht ermöglicht.
Es scheint, als würde man nicht ankommen, als würde der Weg den Hansel bestreitet ins "Nichts" führen und doch weiß man bis zum Schluss nicht einmal, ob er er diesen Weg jemals bestritten hat.
Hat er sich überhaupt im Wald verlaufen? Oder nur in seinem Kopf?
Haltbarkeit und Sillage des Solids sind gering und dennoch ist der Duft die Zeit der Wahrnehmung über, unfassbar spannend.
Hansel erzählt seine Reise, man muss nur die Augen schließen und lauschen.


(Mit ganz lieben Dank an Seejungfrau)




19 Antworten
Vinyldates vor 2 Jahren 51 36
7
Sillage
7
Haltbarkeit
7.5
Duft
Tränen des Ozeans
Der Sommerwind durchstreift ihr fettiges Haar und wirbelt die darin verflochtenen Blüten auf.
Die Blätter von Neroli und Jasmin werden davon getragen, während sie ihre langen graziösen Beine aus den dunklen Wellen bewegt. Algen kleben an ihrer von wasserbenetzten Haut und fallen langsam von ihr ab, hinterlassen aber Salzabdrücke an ihrem zarten Körper.
Sie guckt gen Himmel- Ozon küsst ihr Lächeln.
Kurz vergisst sie, dass das Meer ihre Heimat ist. Dass sie diesem nicht entkommen kann.
Ihre Liebe und Hingabe zu dieser unbekannten Welt, die sich fernab von ihr erstreckt ist riesig.
Ihr Blick verfinstert sich nun und sehnsüchtig malt sie sich die Zukunft aus, die ihr auf ewig verwehrt bleiben würde, die sie so gerne gehabt hätte und doch unerreichbar bleiben wird.
Sie kommt oft hierher, dort wo ihre Welt endet und eine neue beginnt. Hier nimmt sie sich die Zeit für den wiederkehrenden Schmerz, der sie auf ewig an ihre geliebten Verluste erinnern wird. Und auch heute wieder, glitten große Tränen ihre Wangen entlang und verschmolzen mit dem Geruch der See.
Es waren die Tränen des Meeres.

Siam 1928 erzählt mit Assan (was übersetzt Tränen des Ozeans bedeutet), die tragische Geschichte einer Meerjungfrau basierend auf den Roman "Phra-apaimanee" von SunThorn Phu, ein königlicher Dichter und Schreiber während der Rattanoskin-Periode in Thailand.
Basierend auf seinem Roman lebt eine Meerjungfrau mit ihrer Familie im Ozean, bevor diese vom Angriff einer Kreatur vernichtet wird. Die Meerjungfrau überlebt dieses Unglück, da sie vorher von Phra-apaimanee gerettet werden kann. Die beiden fliehen auf eine entfernte Insel und verlieben sich ineinander und bekommen einen gemeinsamen Sohn.
Innerhalb der Geschichte wird die Meerjungfrau von ihrem Geliebten verlassen, da dieser selbst die Welt erkunden möchte. Kurz darauf bringt sie einen menschlichen Jungen zur Welt, den sie schweren Herzens an einen Asketen gibt und diesen bittet, sich um ihr Kind zu kümmern, da es ihr selbst verwehrt bleibt, den Ozean zu verlassen.
Siam 1928 möchte mit diesem Duft die Tragik des Schicksals der Meerjungfrau zum Ausdruck bringen und soll an ihre dreifachen Verlust (Familie, Mann und Kind) erinnern.
Der Duft startet sehr zitrisch frisch und soll damit die Landschaft des Meeres ausdrücken. Ein erster leichter Salzeindruck ist durchaus vorhanden, der aber meiner Meinung nach im Verlauf des Duftes zunimmt. Mit der Zeit kommt immer mehr der Duft von Blüten auf, angegeben sind Jasmin und Orange, die ich selbst aber nicht geordnet wahrnehmen kann. Jasmin ist dem thailändischen Glauben nach, eine Blume der guten Absicht, der Liebe und Dankbarkeit und soll hier treffend die Empfindungen der Meerjungfrau für ihre Familie und ihr Kind zum Ausdruck bringen.
Ebenfalls nehme ich eine talgige Note war, die an leicht fettige Haare erinnert.
Der Duft wird zunehmend salziger und algiger, erinnert dennoch an eine schöne Hautnote, so dass die Assoziation eines Meeres durchaus gekonnt aufgegriffen wird.
Im Verlauf wandeln sich auch die Blüten etwas, der Duft wird harziger schwerer und sanfte Klänge von Weihrauch nehmen Präsenz ein, fast sehnsüchtig und schmerzlich, was hier als Basis durchaus zum Ende der Geschichte passt.
Ein durchaus schwieriger Duft, der dennoch eine wunderschöne Geschichte erzählt und berührt.

(Mit Dank an Chizza)


36 Antworten
Vinyldates vor 2 Jahren 12 10
6
Sillage
7
Haltbarkeit
7.5
Duft
Vom zarten Regen der Vergangenheit
verblasst sind die erinnerungen an dich
das liebliche lächeln deiner zarten blüten,
die sich mit feinem holz und amber vereinen
unschuldig, fast kindlich streichelst du meine haut
kitzelst sanft meine nase
und besinnst mich,
dass ich dir entwachsen bin.
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Es muss 2015 gewesen sein, als ich mit dem damaligen Freund meiner Mutter, in den L'Occitane spaziert bin. Wir waren damals oft unterwegs, Wandern im nächstgelegenen Gebirge, ein spontaner Trip zu einer Großstadt, egal Hauptsache weg von der Eintönigkeit des kleinen Dorfes in dem ich aufgewachsen war. Wir teilten uns oft auf, da weder ich, noch er, große Lust an den endlosen Abklappern der Kleidungsgeschäfte hatten, die meine Mutter besuchen wollte.
Und so zog es uns in diesen Laden. Er kannte ihn schon, hatte er ihn trotz seines Desinteresses an Parfum oft besucht, denn er liebte Badezusätze.
Ich als damaliger Teenager (wenn diese Bezeichnung für mein damaliges fünfzehnjähriges ich richtig ist), war natürlich davon nur mäßig überzeugt und widmete mich den kleinen Parfumtestern, die verteilt umher standen. Damals trug ich selten Düfte, wenn überhaupt zarte blumige Kreationen, die spätestens nach ein bis zwei Stunden verblasst waren.
Mein Blick musste auf den kleinen Flakon von Jasmin-Immortelle-Neroli gefallen sein, den ich damals ausgesprochen niedlich fand und so tupfte ich mir etwas von diesem zarten Duft auf mein Handgelenk. Ob ich damals eine andere Beschreibung außer "oh blumig" und "joa ganz nett" zustande gebracht habe, wird für immer ein Rätsel sein. Ich hielt mein Handgelenk unter die Nase meines Begleiters und auch er schien überzeugt, dass dieser doch ein netter Duft für mich sein würde und kaufte mir den kleinen Miniflakon (7,5ml). Wenn ich mich zurück erinnere habe ich diesen Duft gerne getragen, vor allem im Frühling und Sommer, auch ohne mich groß mit den Bestandteilen beschäftigt zu haben oder mich damit auseinanderzusetzen. Ich fand ihn nett, aber auch nicht überragend und so geriet er über die Jahre in Vergessenheit.
Bis heute. Da ich ein ordnungsliebender Mensch bin und gerne in einer Aktion voller Übereifer Dinge die mich stören wegräume (natürlich an Orte, wo diese eigentlich nicht hingehören), kommt es schon mal vor, dass mir kurzzeitig entfällt was ich besitze und ich mich spätestens beim erneuten Stöbern in Kisten und Schränken, an meinen Besitz erfreue. In einer alten Schmuckbox ganz unten vergraben entdeckte ich den kleinen Tupfflakon mit einem minimalen Rest Jasmin-Immortelle-Neroli und erneut, nach sehr langer Zeit, fand er den Weg zurück auf meine Haut.
Und was soll ich sagen: Der Duft startet leicht zitrisch- frisch, man erahnt sogleich die Orangeblüte und der liebliche Geruch von Jasmin ergänzt sich mit Neroli. Der Duft nimmt keinen großen Verlauf, riecht er auch nach wenigen Minuten etwas ambrieter und sehr leicht nach Hölzern, die für mich minimal feucht riechen. Es erinnert an einen Sommerregen der sanft die Blüten der Blumen und das Holz benetzt. Moschus sorgt hier für eine fluffige Lieblichkeit.
Es ist bestimmt der Nostalgie zu schulden, dass ich den Duft durchaus schön finde, auch wenn ich diesem mittlerweile entwachsen bin und andere Duftrichtungen bevorzuge.
Und auch wenn mich Jasmin-Immortelle-Neroli für ca. fünf Stunden mit auf eine Reise in die Vergangenheit nimmt, so tut er dies sanft und leise, wie ein wispern.

Mit Dank an mein Vergangenheits-Ich
10 Antworten
Vinyldates vor 2 Jahren 10 12
7
Sillage
8
Haltbarkeit
8
Duft
Wenn Blockhütten brennen
Die Rauchschwaden fraßen sich durch die engen Baumkronen hindurch und verschleierten den Himmel, der an diesen Tagen von den kühlen Trist des Nebels bedeckt war. Man konnte den rauchigen Geruch schon weit entfernt wahrnehmen und folgte den gefräßigen Ruch bis in die Tiefe des dunklen Zedernwaldes. Man wusste, dass dort eine alte morsche Blockhütte gestanden hatte, jahrzehntelang schon und mit nassen Moos von den Strapazen der Zeit bedeckt, war sie noch immer ehrfürchtig und manifestierte die Aura, die mit diesem dunklen Wald einherging.
Niemand wusste, woher das Feuer stammen könnte, so rätselhaft war sein erscheinen und genauso rätselhaft war die Tatsache, dass es sich nicht auszubreiten schien. Die lodernden Flammen verschlangen einzig, das hölzerne Gebaut und der Duft von verbrennenden Holz und würzigen Wachholder, der an den Seiten der alten Hütte hinaufgewachsen war, sowie der verglimmenden Rosen, die einst um die Hütte bepflanzt worden waren und nun in Fetzen den Himmel empor stiegen, zog einen wie ein Aphrodisiakum an und sorgte dafür, dass jeglicher Wunsch oder Versuch, dieses Feuer bändigen zu wollen, verschwanden.

All Good Things startet mit einem krautigen Auftakt von Wachholder, der so gleich in Rauch aufzugehen scheint, ebenso wie die holzigen Nuancen von Zeder, die ebenfalls Feuer fangen und sich zu einem umwobenen Dufterlebnis vereinen. Das Zusammenspiel von Holz und Rauch ist anfänglich sehr intensiv und kokelt zahm die Nasenhaare an. Mit der Zeit wird der Duft cremiger und anschmiegsamer, wobei die Herbheit des Wachholders immer mal wieder durchblitzt. Rose kommt hier meines Erachtens nur zart durch. Die Basis bildet hier Tonkabohne, die sich ganz wunderbar mit dem verrauchten Holz vermischt, sodass der Duft nicht ins Süße abdriftet, sondern seine moderate Rauigkeit beibehält.
All Good Things projiziert hier moderat und ist gute 6-8h wahrnehmbar, je nach Dosierung.
(Mit Dank an Tute)
12 Antworten
6 - 10 von 19