07.03.2020 - 18:00 Uhr

FvSpee
323 Rezensionen

FvSpee
Top Rezension
26
Lavendel-Innovationen No 1: Estragon.
Lavendel ist eine Duftnote, die wir alle, mehr oder weniger zu recht, glauben, gut zu kennen. Man muss aber wohl nicht Yatagan sein (der hier auf Parfumo Enzyklopädisches zum Thema Lavendeldüfte veröffentlicht hat), um zu ahnen, dass man aus und mit Lavendel nicht nur die unterschiedlichsten Düfte komponieren kann, sondern dass auch Lavendel-Soliflore ganz unterschiedlich duften können. Ich hatte bisher drei Referenzlavendeldüfte, die sich fest als Eckpunkte in meine Duft-Landkarte eingegraben haben: Island Lavender von Caldey, ein wundervoll kristalliner, heller, transparenter Duft, der von englischen Mönchen hergestellt wird, Lavendelwasser von Harry Lehmann, das warm-krautige Gegenstück dazu (ich hab meine Flasche vor etwa einem Jahr spontan jemanden geschenkt, der den Duft mochte, nun ist das Zeug wohl irgendwelchen neuen Richtlinien zum Opfer gefallen und ich fürchte, ich bekomme es nicht mehr), und natürlich die in die Duft-Annalen eingegangene geniale Vanille-Lavendel-Komposition "Caron pour un homme", einer meiner allerersten gekauften Düfte, seit ich mich etwas vertiefter mit Parfüms befasse.
Aber Lavendel kann eben immer auch noch ganz anders sein! Das sieht man etwa an diesem - wie Apicius richtig geschrieben hat - ganz ungewöhnlichen, eingenständigen Duft (ich wüsste keinen, der annähernd ähnlich riecht) aus dem sympathischen kleinen schottischen Hause "Castle Forbes". 1445 ist sehr grün, natürlich, nicht nur farblich; und darüber hinaus ein heller, aufsteigender, klarer, präziser und distinkter Duft. Noch besser trifft vielleicht "schlank": Er ist alles andere als schwülstig und opulent, wirkt konzentriert, schnörkellos und drahtig. Als er mir vor zwei Jahren auf einem der "Berliner Duftspaziergänge" in einem Parfümerieregal erstmals begegnete und sich sofort in meine Nase, in mein Herz und auf meine Wunschliste katapultierte, empfand ich ihn, wie mein damals spontan formiliertes Statement belegt, auch als warm. Das würde ich heute nicht mehr so formulieren. Als sanft und zart in einem sehr maskulinen und unplüschigen Sinne sehe ich ihn allerdings auch heute noch, nachdem er zu Weihnachten aus der Wunschliste in meinen Duftschrank gefallen ist.
Ich meine (ohne dass es sich beweisen ließe oder darauf ankäme), dass ich den Lavendel heute auch ohne Blick in die Duftpyramide erkennen würde, und zwar sehr deutlich. Seine markante, oft als pudrig beschriebene, Visitenkarte ist nicht zu verkennen. In Kenntnis der deklarierten Zutaten würde ich die (genial einfache und klare) Grundidee der Komposition so rekonstruieren:
Das Herz des Duftes ist Lavendel, der allerdings vermählt wird mit einem Duftgefährten, der genauso markant (aber in der Parfümerie viel weniger geläufig) ist, und das ist Estragon. Diese Traumpartnerschaft ist genauso unverwechselbar wie die Lavendel-Vanille-Hochzeit von 1932 und vermittelt eine ganz unkonventionelle, fast schon verrückte, aber sehr sehr schöne Art von grüner, heller, ein wenig bitterer Kräuterfrische, von der man nicht weiß, wie und wo man sie einordnen soll, auf der Wiese, im Wald, in der Küche. Listigerweise ist Estragon ja auch kein so populäres Kraut wie Basilikum, Thymian oder Rosmarin (und wohl auch kein sooo typisch schottisches übrigens), sondern gehört wie der Kerbel zu denen, von denen man immer nicht so genau weiß, wie sie eigentlich riechen und schmecken und wo man bei den Gewürzdöschen in der Küche immer besonders gründlich aufs Verfalldatum schaut, weil man sie so selten verwendet.
Wenn man will, kann man zu diesem Herz auch noch die Gewürznelke zählen und 1445 so statt als zweipoligen auch als dreipoligen Duft interpretieren. Für mich ist es aber eine Dualität, ganz so wie beim Caron: Die Gewürznelke würde ich, wenn wir sie denn nicht der Einfachheit halber ausblenden wollen, als Verlängerung und Ergänzung des Estragons begreifen: Lavendel, der altbekannte Beau und Gentleman, in einer amour fou mit der herben Schönheit, dem Mauerkräutchen aus dem Kräutergarten.
Der Rest ist schnell erzählt: Nach so einem Geniestreich ist weniger mehr und am Wenigsten ist am Meisten: Eine feine zitrische Kopfnote und eine feste Vet-Pat-Basis, die beide nicht auffallen sollen, sondern dem Bild bloß einen Rahmen geben. Perfekt. Vive l'Écosse!
Aber Lavendel kann eben immer auch noch ganz anders sein! Das sieht man etwa an diesem - wie Apicius richtig geschrieben hat - ganz ungewöhnlichen, eingenständigen Duft (ich wüsste keinen, der annähernd ähnlich riecht) aus dem sympathischen kleinen schottischen Hause "Castle Forbes". 1445 ist sehr grün, natürlich, nicht nur farblich; und darüber hinaus ein heller, aufsteigender, klarer, präziser und distinkter Duft. Noch besser trifft vielleicht "schlank": Er ist alles andere als schwülstig und opulent, wirkt konzentriert, schnörkellos und drahtig. Als er mir vor zwei Jahren auf einem der "Berliner Duftspaziergänge" in einem Parfümerieregal erstmals begegnete und sich sofort in meine Nase, in mein Herz und auf meine Wunschliste katapultierte, empfand ich ihn, wie mein damals spontan formiliertes Statement belegt, auch als warm. Das würde ich heute nicht mehr so formulieren. Als sanft und zart in einem sehr maskulinen und unplüschigen Sinne sehe ich ihn allerdings auch heute noch, nachdem er zu Weihnachten aus der Wunschliste in meinen Duftschrank gefallen ist.
Ich meine (ohne dass es sich beweisen ließe oder darauf ankäme), dass ich den Lavendel heute auch ohne Blick in die Duftpyramide erkennen würde, und zwar sehr deutlich. Seine markante, oft als pudrig beschriebene, Visitenkarte ist nicht zu verkennen. In Kenntnis der deklarierten Zutaten würde ich die (genial einfache und klare) Grundidee der Komposition so rekonstruieren:
Das Herz des Duftes ist Lavendel, der allerdings vermählt wird mit einem Duftgefährten, der genauso markant (aber in der Parfümerie viel weniger geläufig) ist, und das ist Estragon. Diese Traumpartnerschaft ist genauso unverwechselbar wie die Lavendel-Vanille-Hochzeit von 1932 und vermittelt eine ganz unkonventionelle, fast schon verrückte, aber sehr sehr schöne Art von grüner, heller, ein wenig bitterer Kräuterfrische, von der man nicht weiß, wie und wo man sie einordnen soll, auf der Wiese, im Wald, in der Küche. Listigerweise ist Estragon ja auch kein so populäres Kraut wie Basilikum, Thymian oder Rosmarin (und wohl auch kein sooo typisch schottisches übrigens), sondern gehört wie der Kerbel zu denen, von denen man immer nicht so genau weiß, wie sie eigentlich riechen und schmecken und wo man bei den Gewürzdöschen in der Küche immer besonders gründlich aufs Verfalldatum schaut, weil man sie so selten verwendet.
Wenn man will, kann man zu diesem Herz auch noch die Gewürznelke zählen und 1445 so statt als zweipoligen auch als dreipoligen Duft interpretieren. Für mich ist es aber eine Dualität, ganz so wie beim Caron: Die Gewürznelke würde ich, wenn wir sie denn nicht der Einfachheit halber ausblenden wollen, als Verlängerung und Ergänzung des Estragons begreifen: Lavendel, der altbekannte Beau und Gentleman, in einer amour fou mit der herben Schönheit, dem Mauerkräutchen aus dem Kräutergarten.
Der Rest ist schnell erzählt: Nach so einem Geniestreich ist weniger mehr und am Wenigsten ist am Meisten: Eine feine zitrische Kopfnote und eine feste Vet-Pat-Basis, die beide nicht auffallen sollen, sondern dem Bild bloß einen Rahmen geben. Perfekt. Vive l'Écosse!
15 Antworten