Yellow Lemon Tree 2023 Extrait de Parfum

Chizza
18.10.2023 - 15:21 Uhr
18
Top Rezension
8
Flakon
7
Sillage
7
Haltbarkeit
8
Duft

Einen Oud-Sommer lang

Lange habe ich eine Art sommerliches Oud gesucht, ein cologneskes Werk mit deutlichem Oud-Einschlag. Zwischenzeitlich vergass ich diesen Wunsch bis ich damals Yellow Lemon Tree kennenlernte. Leider in der damaligen Konzentration längst ausverkauft, doch nicht begeisternd. Die Marke teilte mir im Dialog mit, Yellow Lemon Tree kommt irgendwann wieder. Es fühlte sich teils wie das Warten auf Godot an, doch endlich war es soweit, allerdings mit veränderter Konzentration, nämlich als Extrait. Doch - ich nehme es vorweg - das verlieh dem Duft ein wenig mehr Ernsthaftigkeit ohne jedoch den sommerlichen Verve zu verlieren, denn weniger Leichtigkeit bedeutet hier ein gewisses Plus an Tiefe ohne jedoch komplex sein zu wollen.

Dies ist übrigens der Kritikpunkt, der mich bisher von mancher Person erreichte. Es wurde mangelnde Diversität, mangelnder Wandel in Yellow Lemon Tree proklamiert doch frage ich: wer genau hat behauptet dass das immer sein muss? Genügt es nicht, einen erfrischenden, leichten, unverdrossenen Duft olfaktorisch genießen zu dürfen? Mir schon. Hier schon, denn nichts anderes erwartete, suchte und verlangte ich.

Zweifellos beginnt es zitrisch, dank den animalischen Noten erhalten die sommerlichen Ingredienzen einen dunkleren, reiferen und tieferen Wesenszug. Der Sommer wird zum Spätsommer, vielleicht gar zum Herbst an warmen Tagen, an denen manch welkes Blatt bereits herabgesetzt worden ist und die Sonne nicht mehr gleissend grell am Firmament steht sondern Sol ihren Sonnenwagen hell, doch durchsetzt mit warmer Röte und nicht mit heißen Strahlen lenkt. Hier verhilft der moderate doch deutliche Lavendel zu ansprechenden Charakterzügen. Auch der Ingwer gibt sich konziliant, begleitet eher als im Verlauf deutlich hervorzutreten.

Allgemein werden die floralen Noten durch die Dichte, intensive Zitrik, welche sich auf eigenem Zenit zu befinden scheint, überlagert, liefern nicht mehr als verfeinernde Nuancen, ziselieren den hesperidischen Grund. Sukzessive verlagert sich die Szenerie in animalisch angehauchte Schaubilder. Cremiges Sandelholz mit typischen Dufteigenschaften, ein ledriger Hauch legt sich über die Zitrusfrüchte, ähnlich zu den bekannten Sommerleder-Kreationen. Doch hier passiert freilich mehr.

Während sich die Zitrik verabschiedet wie eine lauwarme Oktobersonne, schält sich das hier äußerst introvertierte Oud heraus. Es ist niemals monologisierender Protagonist, wird begleitet durch das bereits erwähnte Sandelholz sowie andere, eher zarte Holznoten. Weihrauch darf man sich hier nicht als rauchig vorstellen, leicht harzige Facetten werden addiert. Nicht mehr, nicht weniger.

Somit endet meine Suche nach dem Sommer-Oud; quaere et invenies. Das Parfumhaus besitzt weitere, recht vergleichbare Düfte, Rising Mysore ist hier zu nennen, die hesperidische Akzentuierung scheint mir nur leicht verändert zu sein. Dixit & Zak kann man empfehlen, die Marke bietet viele interessante Düfte auf. Lediglich die Preispolitik erscheint mir fraglich, deutliche Erhöhungen sowie zusätzlich bei höheren Konzentrationen überproportional mehr zu verlangen, das kann sich irgendwann als Fehler herausstellen. Dennoch, ganz im Sinne einer Sandwichkritik, hebe ich gen Ende den Duft für dich hervor. Der ist in meinen Augen ein klasse „Oud Cologne“. Punkt.
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