13.11.2013 - 04:23 Uhr
Yatagan
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Yatagan
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Auf dem Boden des Kessels
Im Sommer diesen Jahres besuchte ich England. Die schönsten Erlebnisse dort sind oftmals die scheinbar unspektakulären Besuche in kleinen Geschäften, Pubs oder Inns, britische Institutionen, die es bei uns nur noch selten zu bewundern gibt, leben wir doch in einem Land, in dem billige Marken und Ketten, Protagonisten voranschreitender Globalisierung, mehr geschätzt werden als Individualität, Kundennähe und persönliche Zuwendung. Sicherlich gibt es zunächst nichts einzuwenden gegen preiswerten Konsum. Schließlich ist das für viele Menschen in diesem Land bitter notwendig. Aber wenn auch die Reichen und Wohlhabenden sich einen Sport daraus machen, die billigsten Waren im Kontext der billigsten Dienstleistung möglichst nach 20.00 Uhr einzukaufen, dann ist etwas faul in diesem Lande.
In kleinen Läden gibt es nicht nur mehr Kundennähe, mehr Zuwendung, mehr Beratung, mehr zum Stöbern, mehr zum Entdecken (ja, es gibt noch selbst produzierte Waren, Manufakturwaren oder Gerichte ohne Convenienceprodukte und Geschmacksverstärker), diese Läden riechen auch anders, ich schwöre es!
In einem winzigen Süßigkeitenladen in Lincoln in Lincolnshire in der Nähe der berühmten Kathedrale, in dem der Eigentümer seine Bonbons, Zuckerstangen, Lakritzen und Brausen noch selbst herstellt, roch es in meiner Erinnerung genau so wie Été Indien riecht. Dabei mischten sich die Gerüche aus der Bonbonherstellung in alten, traditionellen Kesseln mit dem Geruch der alten Holzbalken in dem Laden des kleinen, uralten Tudor-Hauses zu einem unvergesslichen, ganzheitlichen Erlebnis.
Dieser Duft wurde ganz offenbar so komponiert, dass trotz solcher (für mich kaum wahrnehmbarer) Komponenten wie Zitrone und Bergamotte, die doch einen frischen Auftakt versprechen sollten, die Basiskomponenten, die Düfte am Boden des Kessels, die schweren Dünste, klar dominieren: Patchouli (hier sehr angenehm eingebunden, fast dezent), Tolubalsam, Styrax, Labdanum, all die Noten, die in vergangenen Tagen verschwenderisch in Düften verwendet wurden, in den Tagen der frischen, aquatischen Sportdüfte aber aus der Mode gekommen zu sein scheinen, feiern hier ihre Wiederauferstehung in klassischer Wucht.
Mich erinnert die Gesamtkomposition ein wenig an würzigen Honig, an süßen Sirup über süßem Pudding und doch bleibt als abschließender Eindruck nicht ein „Viel-zu-viel“, sondern ein „Gerade-recht“. Da ich nicht zu den Liebhabern allzu süßer, wuchtiger Düfte gehöre, stellt sich für mich die Frage, warum ich diesen Duft letztlich doch mag, auch wenn ich ihn sicherlich nicht im Alltag tragen möchte. Eine denkbare Erklärung könnte (neben den nostalgischen Erinnerungen an meine Kindheit und den oben beschriebenen sentimentalen Erinnerungen an meinen letzten Urlaub) in der guten Balance zwischen Süße und Würze liegen, eben so wie bei einem guten, würzigen Honig.
Das, was sich da sirupartig auf dem Boden des Kessels zu Été Indien verdichtet hat, hat unbestreitbar seinen Reiz.
In kleinen Läden gibt es nicht nur mehr Kundennähe, mehr Zuwendung, mehr Beratung, mehr zum Stöbern, mehr zum Entdecken (ja, es gibt noch selbst produzierte Waren, Manufakturwaren oder Gerichte ohne Convenienceprodukte und Geschmacksverstärker), diese Läden riechen auch anders, ich schwöre es!
In einem winzigen Süßigkeitenladen in Lincoln in Lincolnshire in der Nähe der berühmten Kathedrale, in dem der Eigentümer seine Bonbons, Zuckerstangen, Lakritzen und Brausen noch selbst herstellt, roch es in meiner Erinnerung genau so wie Été Indien riecht. Dabei mischten sich die Gerüche aus der Bonbonherstellung in alten, traditionellen Kesseln mit dem Geruch der alten Holzbalken in dem Laden des kleinen, uralten Tudor-Hauses zu einem unvergesslichen, ganzheitlichen Erlebnis.
Dieser Duft wurde ganz offenbar so komponiert, dass trotz solcher (für mich kaum wahrnehmbarer) Komponenten wie Zitrone und Bergamotte, die doch einen frischen Auftakt versprechen sollten, die Basiskomponenten, die Düfte am Boden des Kessels, die schweren Dünste, klar dominieren: Patchouli (hier sehr angenehm eingebunden, fast dezent), Tolubalsam, Styrax, Labdanum, all die Noten, die in vergangenen Tagen verschwenderisch in Düften verwendet wurden, in den Tagen der frischen, aquatischen Sportdüfte aber aus der Mode gekommen zu sein scheinen, feiern hier ihre Wiederauferstehung in klassischer Wucht.
Mich erinnert die Gesamtkomposition ein wenig an würzigen Honig, an süßen Sirup über süßem Pudding und doch bleibt als abschließender Eindruck nicht ein „Viel-zu-viel“, sondern ein „Gerade-recht“. Da ich nicht zu den Liebhabern allzu süßer, wuchtiger Düfte gehöre, stellt sich für mich die Frage, warum ich diesen Duft letztlich doch mag, auch wenn ich ihn sicherlich nicht im Alltag tragen möchte. Eine denkbare Erklärung könnte (neben den nostalgischen Erinnerungen an meine Kindheit und den oben beschriebenen sentimentalen Erinnerungen an meinen letzten Urlaub) in der guten Balance zwischen Süße und Würze liegen, eben so wie bei einem guten, würzigen Honig.
Das, was sich da sirupartig auf dem Boden des Kessels zu Été Indien verdichtet hat, hat unbestreitbar seinen Reiz.
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