Gengis Khan 1991 Eau de Toilette

TAAKE
25.04.2014 - 17:56 Uhr
24
Top Rezension
10
Flakon
7.5
Sillage
10
Haltbarkeit
10
Duft

„Ich bin die Strafe Gottes.

Und hättet Ihr nicht so furchtbare Sünden begangen, so hätte Gott mich nicht als Strafe über euch kommen lassen.“ (Dschingis Khan)

Jetzt, da der Sprühknopf auf Anschlag steht und ein Stoß funkelnder Magie die Luft benetzt, beginnt die olfaktorische Reise in ein fernes Land, regiert von einem omnipotenten Duft – „Gengis Khan“.

25 Jahre sind seit der Einführung dieses Duftes vergangen. Als die Produktion eingestellt wurde war dieser wie verschollen und selbst auf internationalen Auktionsplattformen so gut wie unauffindbar. Wir schreiben das Jahr 2014 und seit letztem Jahr dampfen die Kessel der französischen Parfumerie „Marc de la Morandière“ wieder. Alle hauseigenen Klassiker der 90er Jahre wurden zu neuem Leben erweckt und sind nun (teils reformuliert) ausschließlich auf der Internetseite der Pariser Duftschmiede wieder zu erwerben – einschließlich „Gengis Khan“, ein Eau de Parfum welchem die Ehre der Wiedereinführung wahrlich gebührt.

Mit lautem Kriegsgeschrei reitet die Kopfnote mit allerlei Gewürzen auf das Schlachtfeld. Angeführt von Lavendel und zitrischen Akkorden gibt es keine Hierarchie darunter, kein Bestandteil der Kopfnote riecht wirklich so wie man ihn kennt, vielmehr nehme ich eine äußerst berauschende Kombination dieser wahr. Von den Flanken kommen Nuancen von Kirschen und dunklen Beeren zum Vorschein, ähnlich wie bei Gainsboro`s „Exception“ und dennoch ganz anders. Eine kühle Brise mischt sich dazu, ein erfrischend würziger Auftakt. Drakkar Noir? Ja, in der Tat – und definitiv nein. Spritzig und markant, würzig und frisch, leicht süßlich und doch so herb - EIN UNIKAT EINER KOPFNOTE!

Mit der Herznote marschieren Rose und Jasmin auf, in einer vollendeten Kombination mit Patchouli wie ich sie von den mir heißgeliebten Klassikern „Antaeus“, „Photo“ und „Tsar“ kenne. Ein wunderbar schwerer und potenter Duftakkord liegt auf meiner Haut – maskulin und mystisch, gehaltvoll und präsent. Die Kopfnote denkt nicht daran, sich auch nur annähernd zu verflüchtigen, sie kämpft Seite an Seite mit dem Herzen, unbeirrt und bis zum letzten Mann. In all Ihrer Fülle sind die oberen zwei Drittel der Duftpyramide wie ein Glas duftender roter Wein aus Nebbiolo-Trauben, ausdrucksstark und lange gereift – EIN VOLLENDETER SÜNDHAFT-SINNLICHER GENUSS!

Mit dem Einsatz der Basisnote werden keine Gefangenen mehr gemacht. Opulente Fichtennadeln wie ich sie von „Dhofar“ kenne und liebe, gepaart mit warmen rauchigen Benzoe-Akkorden, die an „Body Kouros“ erinnern, erobern in Heerscharen das Schlachtfeld und bedecken den blutgetränkten Boden mit dunkler Asche. Eine niederstreckende Intensität an perfekt harmonierenden Duftkombinationen wie ich sie nur selten gerochen habe.

Trotz all der Opulenz, die „Gengis Khan“ in sich trägt, ist er kein Schlächter sondern vielmehr ein Stratege. Er findet seinen Platz nicht in den Reihen der Powerhouse-Düften, er tötet leiser und mit Kalkül. Die Sillage ist stark, jedoch nicht erschlagend. Die Haltbarkeit ist dem „Eau de Parfum“ angemessen sehr gut und die Erscheinung des Duftes in dessen Gänze absolut einzigartig.

Der exotisch okkulte Flakon ist aus schwarzem Glas mit dunkelroter Schrift, besitzt einen Deckel aus Hartplastik und wurde von Serge Mansau entworfen, welcher bereits u.a. für Hermes, Dior und Guerlain gearbeitet hat. Zu erwerben ist das „Eau de Parfum“ ausschließlich im 100ml-Flakon über die Homepage von Marc de la Morandière für 120 EUR zzgl. int. Versandkosten. Ich habe als Beigabe noch fünf Originalproben weiterer Düfte des Hauses gratis erhalten und bin mit der Kaufabwicklung äußerst zufrieden. Inwieweit der Duft reformuliert wurde kann ich nicht sagen, da ich leider nie in den Genuss der Erstauflage gekommen bin.

FAZIT: Wer dunkle, potente Düfte wie Chanel`s „Antaeus“ oder Guy Laroche`s „Drakkar Noir“ mag ist hier goldrichtig, wer substanzhaltige Klassiker mit starker Sillage zu seinen Vorlieben zählt muss hier testen, und wer über all die vergangenen Jahre dem verlorenen Schatz in der „schwarzen Urne“ nachgetrauert hat, der mache sich virtuell auf nach Frankreich und dezimiere die limitierte Auflage – aux armes!
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