23.01.2019 - 18:35 Uhr
FvSpee
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FvSpee
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19
Wie schön! Da wächst noch was!
Eulalia heißt "die Schönrednerin" und war in der Antike wohl ein recht gebräuchlicher Frauenname. Ich finde den Namen selbst unglaublich wohlklingend. Natürlich kann man - jedenfalls hierzulande - nicht ernsthaft ein Mädchen so nennen, aber schade ist es eigentlich. Der frommen Überlierung nach wurde eine ebenso fromme Teenagerin dieses Namens für ihre Treue zum christlichen Glauben unter dem nicht eben tiefenentspannten Kaiser Diokletian (der aber immerhin die Größe hatte, freiwillig zurückzutreten und seine Rentnerzeit im heutigen Kroatien, nämlich in Split, zu verbringen) zu Tode gefoltert. So wurde sie zur Heiligen Eulalia, und da das Ganze auf dem Gebiet des heutigen Barcelona geschehen sein soll, zur Schutzheiligen (unter anderem) dieser Stadt.
Als das 1843 gegründete barcelonesische Stoff- (und später Mode-) Geschäft der Familie Taberner im Jahre 1859 an eine Adresse umzug, die unmittelbar am Hinrichtungsort der jungen Heiligen lag, wurde es, so will es die Firmengeschichte, im Volksmund zum "Santa-Eulalia-Modegeschäft", und so heißt es auch heute noch und stellt inzwischen exklusive Herren- und Damenmode für die internationale Kundschaft her. Und weil das bei Modemarken seit langer Zeit Brauch und Sitte ist, gönnt man sich auch bei Santa Eulalia in Spanien (noch jedenfalls, also noch Spanien und nicht Katalonien, wie einige es lieber hätten) nun eine Serie an firmeneigenen Düften.
Nubes ist, dank der Großzügigkeit Anguas, der erste Duft dieser Marke, den ich testen durfte, und er hatte eigentlich das Zeug dazu, dass ich ihn mögen, wenn nicht lieben würde. Mir gefällt der Name, die interessante Geschichte, der schlichte Flakon und die Zutatenliste.
Es fing auch erstmal ganz ordentlich an: Zuerst begegnet uns eine sehr höfliche und urbane, etwas zurückhaltende Orange vor cremigem, vielleicht auch etwas würzigem Hintergrund, um nach einigen Minuten in auch andersfruchtige Regionen (zuerst dachte ich an Ananas, aber der Pfirsisch aus der Liste kommt hin) abzudrehen, wobei das Ganze sich noch immer sehr unaufdringlich präsentiert und ja, die ganze Zeit über ploppt hier und da immer mal wieder ein kleines Tässchen, vielleicht eher ein Fingerhütchen, voll grünen Tees auf.
Nach einer Stunde drehen dann die Blumen auf, die sich nach zwei Stunden zu einem Blumenteppich ausgebreitet haben, der gelegentlich (durchaus witzig) etwas pfeffrig aufgekratzt wird; insgesamt aber wirkt das alles noch immer enorm cremig gedimmt, wie unter einem Weißschleier; mir drängt sich der Eindruck "gehemmte Kraft" auf, da ist Blumenpower, ja, aber sie kommt überhaupt nicht durch durch diese diffuse milchig-cremige Masse.
Mit der Zeit wirkt diese Watte dann so klebrig und die Sicht hemmend, dass sie mich wirklich enerviert; ich werde förmlich gereizt und übellaunig und bin zu fahrig, um inmitten dieses Gewölks (das heißt "nubes" nämlich), das sich zunehmend als chemisch-synthetisches Gewölk des Grauens geriert, neben einer diffusen Süßlichkeit noch irgendwelche individuellen Duftnoten zu erspüren. Immerhin nehmen meine Riechnerven den Duft nach etwa fünf Stunden nur noch schwach wahr, wofür ich dann auch durchaus dankbar bin, wohingegen die generell feinere und wohl auch speziell für diesen Duft besonders empfindliche Nase meiner Frau Nubes auch um diese Zeit noch als schwer, raumfüllend und fast den Atem raubend empfindet und ihn selbst nach fast 18 Stunden noch in Resten wahrnimmt.
Ich habe diese Erfahrung zum Anlass genommen, mal etwas über Cashmeran zu lesen, das in diesem Duft enthalten sein soll. Dieser synthetische Duftstoff soll ja weich, fließend und geschmeidig imponieren und die anderen Duftnoten sozusagen weich einbetten und ihnen zugleich eine Basis geben; er soll daneben auch würzige und süße Aspekte haben - man kann das ja andernorts nachlesen. Für mich passt die Beschreibung zu dem, was ich hier erleben musste, und so lautet meine Verdachtsdiagnose, wobei ich bei Düften durchaus kein Ökofanatiker bin:
Überdosis Cashmeran. Oder: Havarie im Chemiewerk mit Austritt einer riesigen Lache klebrigweißen Kuschelwuschels, das biozid dafür sorgt, dass da, wo einst blühende Wiesen waren, nur ab und zu noch eine mickrige Orange, ein paar kleine Blümchen, ein Teebäumchen und eine halb abgestorbener Pfefferstrauch ihre Köpfchen durch die Masse stecken.
Nachtrag: Denkt man sich die cremige Umklammerung weg, ähnelt der Duft außerordentlich Byredos "Bal d'Afrique". Dieser Gedanke schoss mir durch den Kopf, und er bestätigt sich bei einem Blick auf die Duftpyramide: Zitrus oben, Blümchen Mitte, Moschus-Vetiver-Amber-Holz unten. Mutet der Ball von Afrika jedoch minimalistisch und zerbrechlich an, mit sehr feinem Strich gezeichnet, oft kaum spürbar und dadurch von eigentümlicher Heiterkeit, trägt dieses Werk hier zuerst dicker auf, um die (relative) Opulenz dann aber wieder unter Schleiern zu verbergen. Mich überzeugt das nicht so recht.
Als das 1843 gegründete barcelonesische Stoff- (und später Mode-) Geschäft der Familie Taberner im Jahre 1859 an eine Adresse umzug, die unmittelbar am Hinrichtungsort der jungen Heiligen lag, wurde es, so will es die Firmengeschichte, im Volksmund zum "Santa-Eulalia-Modegeschäft", und so heißt es auch heute noch und stellt inzwischen exklusive Herren- und Damenmode für die internationale Kundschaft her. Und weil das bei Modemarken seit langer Zeit Brauch und Sitte ist, gönnt man sich auch bei Santa Eulalia in Spanien (noch jedenfalls, also noch Spanien und nicht Katalonien, wie einige es lieber hätten) nun eine Serie an firmeneigenen Düften.
Nubes ist, dank der Großzügigkeit Anguas, der erste Duft dieser Marke, den ich testen durfte, und er hatte eigentlich das Zeug dazu, dass ich ihn mögen, wenn nicht lieben würde. Mir gefällt der Name, die interessante Geschichte, der schlichte Flakon und die Zutatenliste.
Es fing auch erstmal ganz ordentlich an: Zuerst begegnet uns eine sehr höfliche und urbane, etwas zurückhaltende Orange vor cremigem, vielleicht auch etwas würzigem Hintergrund, um nach einigen Minuten in auch andersfruchtige Regionen (zuerst dachte ich an Ananas, aber der Pfirsisch aus der Liste kommt hin) abzudrehen, wobei das Ganze sich noch immer sehr unaufdringlich präsentiert und ja, die ganze Zeit über ploppt hier und da immer mal wieder ein kleines Tässchen, vielleicht eher ein Fingerhütchen, voll grünen Tees auf.
Nach einer Stunde drehen dann die Blumen auf, die sich nach zwei Stunden zu einem Blumenteppich ausgebreitet haben, der gelegentlich (durchaus witzig) etwas pfeffrig aufgekratzt wird; insgesamt aber wirkt das alles noch immer enorm cremig gedimmt, wie unter einem Weißschleier; mir drängt sich der Eindruck "gehemmte Kraft" auf, da ist Blumenpower, ja, aber sie kommt überhaupt nicht durch durch diese diffuse milchig-cremige Masse.
Mit der Zeit wirkt diese Watte dann so klebrig und die Sicht hemmend, dass sie mich wirklich enerviert; ich werde förmlich gereizt und übellaunig und bin zu fahrig, um inmitten dieses Gewölks (das heißt "nubes" nämlich), das sich zunehmend als chemisch-synthetisches Gewölk des Grauens geriert, neben einer diffusen Süßlichkeit noch irgendwelche individuellen Duftnoten zu erspüren. Immerhin nehmen meine Riechnerven den Duft nach etwa fünf Stunden nur noch schwach wahr, wofür ich dann auch durchaus dankbar bin, wohingegen die generell feinere und wohl auch speziell für diesen Duft besonders empfindliche Nase meiner Frau Nubes auch um diese Zeit noch als schwer, raumfüllend und fast den Atem raubend empfindet und ihn selbst nach fast 18 Stunden noch in Resten wahrnimmt.
Ich habe diese Erfahrung zum Anlass genommen, mal etwas über Cashmeran zu lesen, das in diesem Duft enthalten sein soll. Dieser synthetische Duftstoff soll ja weich, fließend und geschmeidig imponieren und die anderen Duftnoten sozusagen weich einbetten und ihnen zugleich eine Basis geben; er soll daneben auch würzige und süße Aspekte haben - man kann das ja andernorts nachlesen. Für mich passt die Beschreibung zu dem, was ich hier erleben musste, und so lautet meine Verdachtsdiagnose, wobei ich bei Düften durchaus kein Ökofanatiker bin:
Überdosis Cashmeran. Oder: Havarie im Chemiewerk mit Austritt einer riesigen Lache klebrigweißen Kuschelwuschels, das biozid dafür sorgt, dass da, wo einst blühende Wiesen waren, nur ab und zu noch eine mickrige Orange, ein paar kleine Blümchen, ein Teebäumchen und eine halb abgestorbener Pfefferstrauch ihre Köpfchen durch die Masse stecken.
Nachtrag: Denkt man sich die cremige Umklammerung weg, ähnelt der Duft außerordentlich Byredos "Bal d'Afrique". Dieser Gedanke schoss mir durch den Kopf, und er bestätigt sich bei einem Blick auf die Duftpyramide: Zitrus oben, Blümchen Mitte, Moschus-Vetiver-Amber-Holz unten. Mutet der Ball von Afrika jedoch minimalistisch und zerbrechlich an, mit sehr feinem Strich gezeichnet, oft kaum spürbar und dadurch von eigentümlicher Heiterkeit, trägt dieses Werk hier zuerst dicker auf, um die (relative) Opulenz dann aber wieder unter Schleiern zu verbergen. Mich überzeugt das nicht so recht.
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