14.09.2018 - 14:56 Uhr
Meggi
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25
Asian Wedding Horse Hire
Die Hochzeit von Nahul und Sita fand im Saal „Champagne“ statt. Und sie blieb nicht die einzige...
Als Familie mit zwei Kindern buchen wir gern die Novotels, weil der Nachwuchs dort im Zimmer der Eltern für lau mit durchgeht. Derlei neigt sich pubertätsbedingt zwar allmählich dem Ende zu, unseren jüngsten London-Aufenthalt haben wir aber noch so verbracht.
Das Novotel in Hammersmith ist hinreichend groß, ganze Kongresse zu beherbergen. Und anscheinend ist es beliebt für indische Hochzeiten, bei denen es richtig krachen soll. Allein in der Woche unseres Besuchs gab es zwei solcher Feste, zu denen scharenweise Leute in teils prachtvollem Ornat anreisten.
Am Abend des 4. August blieben wir beim Ausklang auf dem Zimmer ausgerechnet in einer 3sat-Live-Übertragung vom „Wacken Open Air“ hängen und verfolgten eine Weile den Auftritt einer Truppe namens „Nightwish“, bei der abwechselnd eine verkappte Opernsängerin und ein krächzender Wikinger den Vokal-Part übernahmen. Irgendwann war genug, alles aus und ab ins Bett.
Plötzlich erzitterte das Zimmer in einem Dröhnen, als sei soeben Wacken kurzerhand ins Stockwerk darunter verlegt worden. Nur langsam schälten sich erkennbare Klänge aus dem Lärm, die eher für was Orientalisches sprachen. Die Hochzeit! Nach vielleicht einer Viertelstunde war dann praktisch von einem Moment auf den nächsten wieder Ruhe – geradezu gespenstisch.
Eines anderen Tages verließen wir das Hotel durch den Hinterausgang, durch eine Art Halb-Garage. Anstelle der üblichen Fahrzeug-Ausdünstungen roch es nach…Pferd. Und tatsächlich stand seitlich ein Hänger mit der Aufschrift „Asian Wedding Horse Hire“, neben dem sich ein geduldiger (und hoffentlich schwerhöriger; s. u.) Schimmel striegeln ließ.
Es wurde Zeit, sich zu informieren. Offenbar ist Bestandteil jeder echt indischen Hochzeit, dass der Bräutigam(!) auf einem weißen Pferd einreitet, während eine Kapelle möglichst viel Krach macht. Kopfkino: Ich stehe oben auf der Ebene der Konferenz-Räume vor dem Fahrstuhl, die Tür geht auf und mir kommt ein Pferd entgegen. Klaus & Klaus wären begeistert.
Ähm…Pferd. Zu ‚Equestrian‘: Darin soll es, wie die Sherlocks unter den Parfumos bereits erraten haben dürften, um einen Tag rund ums Pferd gehen. Und genau da beginnt das Problem. Frau Erickson hat nämlich ausweislich ihrer Online-Biographie eine entsprechende Affinität. Nun riechen die Tierchen ja durchaus…streng. Diesen Geruch können nur wahre Pferdefreunde lieben – und ihn anders nennen als „Gestank“.
Eine Portion Skepsis lag mithin über dem ersten Test. Allerdings riecht ‚Equestrian‘ verblüffend verhalten nach Pferd, ‚Habit Rouge‘ etwa finde ich diesbezüglich viel heftiger, selbst die große Londoner Garage hatte am Klaus-&-Klaus-Tag im Grunde mehr davon.
Stattdessen sollten wir unsere Aufmerksamkeit den anderen olfaktorischen Bildern zuwenden, die sehr gut gelungen sind. Sei es die Apfel-Note, die nach dem heuig-harzigen, fast terpentinigen Auftakt durchdringt und die Apfelkompott oder gar Apfelwein ähnelt. Als seien es eben die ältlich gewordenen Exemplare, die das liebe Vieh erhält.
Ein wenig Nadelbaum, kräftiges Holz, glattgewetztes Leder, eine üppig-schwere Floralität – all das passt zum Gedanken an einen Ausritt an einem goldenen Herbsttag. In der Frühe ist es schon empfindlich kühl, doch jetzt, später am Tag, vergießt sich noch wärmendes Sonnenlicht in freigiebiger Fülle. Über dem Land liegt jene überreife, dem spätherbstlichen Verfall vorausgehende Aura, die mich stets wehmütig stimmt und die ich trotzdem mag.
Und als spüre der Duft mein Empfinden, umhüllt mich ab mittags eine voluminöse Cremigkeit, die gleichwohl den Anflug der – nennen wir es beim Namen – im Allerkleinsten bereits begonnenen Fäulnis nicht zu übertünchen versucht, sondern den Lauf der Dinge annimmt, in der Gewissheit, dass nach Herbst und Winter das nächste Frühjahr kommen wird. Ich höre die Wichtelworte des Tomte Tummetott, der den Tieren auf dem winterlichen Hof beruhigend zuraunt: „Geduld nur, Geduld! Der Frühling ist nah.“
Und schließlich kehrt Stille ein. Eine herbe, reife, erwachsene, beinahe strenge Amber-Note begleitet mich bis weit in den Abend hinein und beendet die Reise mit einem Duft, der mich beeindruckt hat, den ich aber nicht tragen werde.
Ich bedanke mich bei Jumi für die Probe.
Als Familie mit zwei Kindern buchen wir gern die Novotels, weil der Nachwuchs dort im Zimmer der Eltern für lau mit durchgeht. Derlei neigt sich pubertätsbedingt zwar allmählich dem Ende zu, unseren jüngsten London-Aufenthalt haben wir aber noch so verbracht.
Das Novotel in Hammersmith ist hinreichend groß, ganze Kongresse zu beherbergen. Und anscheinend ist es beliebt für indische Hochzeiten, bei denen es richtig krachen soll. Allein in der Woche unseres Besuchs gab es zwei solcher Feste, zu denen scharenweise Leute in teils prachtvollem Ornat anreisten.
Am Abend des 4. August blieben wir beim Ausklang auf dem Zimmer ausgerechnet in einer 3sat-Live-Übertragung vom „Wacken Open Air“ hängen und verfolgten eine Weile den Auftritt einer Truppe namens „Nightwish“, bei der abwechselnd eine verkappte Opernsängerin und ein krächzender Wikinger den Vokal-Part übernahmen. Irgendwann war genug, alles aus und ab ins Bett.
Plötzlich erzitterte das Zimmer in einem Dröhnen, als sei soeben Wacken kurzerhand ins Stockwerk darunter verlegt worden. Nur langsam schälten sich erkennbare Klänge aus dem Lärm, die eher für was Orientalisches sprachen. Die Hochzeit! Nach vielleicht einer Viertelstunde war dann praktisch von einem Moment auf den nächsten wieder Ruhe – geradezu gespenstisch.
Eines anderen Tages verließen wir das Hotel durch den Hinterausgang, durch eine Art Halb-Garage. Anstelle der üblichen Fahrzeug-Ausdünstungen roch es nach…Pferd. Und tatsächlich stand seitlich ein Hänger mit der Aufschrift „Asian Wedding Horse Hire“, neben dem sich ein geduldiger (und hoffentlich schwerhöriger; s. u.) Schimmel striegeln ließ.
Es wurde Zeit, sich zu informieren. Offenbar ist Bestandteil jeder echt indischen Hochzeit, dass der Bräutigam(!) auf einem weißen Pferd einreitet, während eine Kapelle möglichst viel Krach macht. Kopfkino: Ich stehe oben auf der Ebene der Konferenz-Räume vor dem Fahrstuhl, die Tür geht auf und mir kommt ein Pferd entgegen. Klaus & Klaus wären begeistert.
Ähm…Pferd. Zu ‚Equestrian‘: Darin soll es, wie die Sherlocks unter den Parfumos bereits erraten haben dürften, um einen Tag rund ums Pferd gehen. Und genau da beginnt das Problem. Frau Erickson hat nämlich ausweislich ihrer Online-Biographie eine entsprechende Affinität. Nun riechen die Tierchen ja durchaus…streng. Diesen Geruch können nur wahre Pferdefreunde lieben – und ihn anders nennen als „Gestank“.
Eine Portion Skepsis lag mithin über dem ersten Test. Allerdings riecht ‚Equestrian‘ verblüffend verhalten nach Pferd, ‚Habit Rouge‘ etwa finde ich diesbezüglich viel heftiger, selbst die große Londoner Garage hatte am Klaus-&-Klaus-Tag im Grunde mehr davon.
Stattdessen sollten wir unsere Aufmerksamkeit den anderen olfaktorischen Bildern zuwenden, die sehr gut gelungen sind. Sei es die Apfel-Note, die nach dem heuig-harzigen, fast terpentinigen Auftakt durchdringt und die Apfelkompott oder gar Apfelwein ähnelt. Als seien es eben die ältlich gewordenen Exemplare, die das liebe Vieh erhält.
Ein wenig Nadelbaum, kräftiges Holz, glattgewetztes Leder, eine üppig-schwere Floralität – all das passt zum Gedanken an einen Ausritt an einem goldenen Herbsttag. In der Frühe ist es schon empfindlich kühl, doch jetzt, später am Tag, vergießt sich noch wärmendes Sonnenlicht in freigiebiger Fülle. Über dem Land liegt jene überreife, dem spätherbstlichen Verfall vorausgehende Aura, die mich stets wehmütig stimmt und die ich trotzdem mag.
Und als spüre der Duft mein Empfinden, umhüllt mich ab mittags eine voluminöse Cremigkeit, die gleichwohl den Anflug der – nennen wir es beim Namen – im Allerkleinsten bereits begonnenen Fäulnis nicht zu übertünchen versucht, sondern den Lauf der Dinge annimmt, in der Gewissheit, dass nach Herbst und Winter das nächste Frühjahr kommen wird. Ich höre die Wichtelworte des Tomte Tummetott, der den Tieren auf dem winterlichen Hof beruhigend zuraunt: „Geduld nur, Geduld! Der Frühling ist nah.“
Und schließlich kehrt Stille ein. Eine herbe, reife, erwachsene, beinahe strenge Amber-Note begleitet mich bis weit in den Abend hinein und beendet die Reise mit einem Duft, der mich beeindruckt hat, den ich aber nicht tragen werde.
Ich bedanke mich bei Jumi für die Probe.
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