Apicius
Top Rezension
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Talent, Können und Kreativität
Hier gibt es was zu entdecken - die Marke einer italienischen Parfumeurin, die bisher auf Parfumo noch keine Erwähnung fand. In den bekannten deutschen Online Shops ist sie zur Zeit nicht vertreten, und in einer Parfumerie habe ich diese Parfums ebenfalls noch nicht gesehen. Vielleicht verrät uns Parfumo, der mir die Probe schickte, woher er sie hat. Ansonsten bleibt natürlich noch die informative Webseite http://www.lauratonatto.com zum Bestellen. Leider gibt es keine Proben, doch immerhin bekommt man - sehr ungewöhnlich - für 20 € ein als „Extract“ bzw. „Piccola Magia“ bezeichnetes parfümiertes Öl (10 ml). Überhaupt gibt es verwirrend viele Varianten - vom Raumduft über einen speziellen Kleiderduft bis zum klassischen Eau de Parfum. Das Albi Eau de Parfums liegt mit 72 € pro 100 ml noch im mittleren Preisbereich.
Albi ist ein hochinteressanter Duft, etwas, das man nicht jeden Tag findet. Profumo bezeichnete ihn mir als Chypre, doch so einfach ist die Sache nicht. Albi ist einerseits ungewöhnlich in der Kombination der Duftnoten, andererseits gibt es aber auch Bekanntes zu entdecken. Man könnte Albi genauso gut als Fougère einstufen.
Tatsächlich eröffnet Albi schön zitrisch - gefolgt von floralen Noten von rosenartiger Prägung. Lavendel ist isoliert nicht wahrnehmbar, allenfalls steuert er eine leichte Krautigkeit und den typischen von mir als „schwebend“ empfundenen Lavendelcharakter bei.
Mit Wucht macht sich im Herzen von Albi eine sehr ausgeprägte schwarze Pfeffernote breit. So intensiv hat man das selten. Die Kombination mit den zitrischen und floralen Noten empfinde ich als recht gewagt - hier werden Extreme zusammengebracht. Das Ergebnis ist demnach: ich musste erst mal schlucken und überlegen, wie ich das finde. Nun ja, derart entgegengesetzte Noten zusammen zu bringen, ist mutig. Über das Ergebnis bin ich mir aber nicht schlüssig. Es wirkt auf mich seltsam und fremd. Das ist keine Kombination, die sofort begeistert, jedenfalls mich nicht. Aber sie ist toll und bestimmt findet sie Freunde.
Unterlegt ist das ganze übrigens tatsächlich von einer chypreartigen Basis. Die ist schön bitter und dunkel. Aber sie ist nicht prägend für Albi, daher zögere ich mit diesem Etikett. Ich denke aber, eine gehörige Portion Moos spielt hier eine wichtige Rolle.
Damit wäre dann die bekannte Duftpyramide abgearbeitet, doch irgendwie kann das noch nicht alles sein. Die oben stehenden Duftnoten finden sich so auch auf Fragrantica. Die derzeit angegebenen Noten auf der Laura-Tonnato-Webseite sind etwas anders, aber nicht unbedingt glaubwürdiger:
head note: fresh, lavender
central note: spicy, black pepper India, mousse d'arbre
base note: floral, petit grain
- Petitgrain in der Basis? Bestimmt nicht! Wahrscheinlich liegt die Wahrheit irgendwo in der Mitte. Ich empfinde ansonsten noch eine gewisse anisartige und auch krautige Würze (Coumarin?), die mich an ganz klassische Fougères erinnert.
Albi ist einerseits leicht und hell, andererseits auch von einer gewissen Breite und Opulenz. Und scharf durch den Pfeffer! Überhaupt ein Duft der stimmig angeordneten Gegensätze: Zum Teil ungewöhnliche Zutaten und Kombinationen und doch irgendwo im Herzen der Tradition angesiedelt. Man muss Albi nicht mögen, doch dieses Parfum nötigt einem Respekt ab. Laura Tonnato sollte man sich merken!