28.05.2017 - 10:49 Uhr
loewenherz
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loewenherz
Sehr hilfreiche Rezension
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Mi arricci i baffi
Ich besitze ein großartiges Buch zum Italienisch-Selbststudium, das ich vor vielen Jahren auf dem Bonner Rheinauen-Flohmarkt gekauft habe - und das noch aus den 50er Jahren des letzten Jahrhunderts stammt. Zeitgenössische Lehrbücher für Fremdsprachen legen den Fokus ja auf 'schnell selbst sprechen lernen' auf Basis gebräuchlicher Alltagssituationen, also etwa: 'Hello, my name is Betty Mason.' oder 'Nicole est la sœur de Philippe.' In meinem Italienisch-Lehrbuch aus den 50ern hingegen lautet der allererste Satz: 'Mi arricci i baffi', zu deutsch etwa: 'Zwirbel mir den Schnurrbart' - prima, wenn man das dann schon mal sagen kann.
Mi arricci i baffi - wie wunderbar hört sich das an! Und ich sehe die im frühabendlichen Sonnenlicht leuchtende Piazza eines kleinen Badeortes, wo die Einheimischen sich langsam zum Aperitivo treffen. Und etwas, das man in Italien - je südlicher, um so mehr - viel häufiger sieht als hierzulande (und das dort viel mehr Grandezza hat als hier), ist - wunderbar rührend - die Figur des eitlen älteren Herrn, im weißen Anzug oder im rosa Polohemd mit dünnem Pullover um die Schultern gelegt und - wenn er kann - mit teurer, goldener Armbanduhr - wie er mit seinem besten Freund, den er seit siebzig Jahren kennt, 'bella figura' auf der Piazza macht.
Acqua di Selva hat Kraft und großväterliche Dominanz und ein wunderbar 'nicht-gegenwärtiges' (ich sage bewusst nicht 'gestriges') Gepräge, das ihn für jüngere - auch südländische - Männer vermutlich wenig interessant erscheinen lässt - selbst wenn sie denn traditionell mediterran arrangierte, nadelwaldige Kräutergeschwader mögen. Acqua di Selva ist aber wohl einer derjenigen Düfte, die ein Mann als junger Mann für sich entdecken und auswählen muss - damals in den 50ern des letzten Jahrhunderts, in einem Badeort irgendwo in Italien. Und dann werden sie gemeinsam alt, der Duft und der Mann - auf der Piazza, jeden Abend, ein ganzes Menschenleben lang.
Fazit: ich sehe den älteren Herrn von der Piazza nachmittags bei seinem Barbier - in einer kleinen Seitenstraße, schon sein Vater und Großvater kamen hierhin - vor dem an den Rändern schon blinden Spiegel sitzen und streng die bloßen Stellen auf dem Kopf betrachten. Und dann erlaubt er dem Barbier (der selber auch schon an die achtzig ist) mit einem Nicken, ein paar Spritzer Acqua di Selva aufzutragen, ehe er schließlich befiehlt: 'Mi arricci i baffi!'
Mi arricci i baffi - wie wunderbar hört sich das an! Und ich sehe die im frühabendlichen Sonnenlicht leuchtende Piazza eines kleinen Badeortes, wo die Einheimischen sich langsam zum Aperitivo treffen. Und etwas, das man in Italien - je südlicher, um so mehr - viel häufiger sieht als hierzulande (und das dort viel mehr Grandezza hat als hier), ist - wunderbar rührend - die Figur des eitlen älteren Herrn, im weißen Anzug oder im rosa Polohemd mit dünnem Pullover um die Schultern gelegt und - wenn er kann - mit teurer, goldener Armbanduhr - wie er mit seinem besten Freund, den er seit siebzig Jahren kennt, 'bella figura' auf der Piazza macht.
Acqua di Selva hat Kraft und großväterliche Dominanz und ein wunderbar 'nicht-gegenwärtiges' (ich sage bewusst nicht 'gestriges') Gepräge, das ihn für jüngere - auch südländische - Männer vermutlich wenig interessant erscheinen lässt - selbst wenn sie denn traditionell mediterran arrangierte, nadelwaldige Kräutergeschwader mögen. Acqua di Selva ist aber wohl einer derjenigen Düfte, die ein Mann als junger Mann für sich entdecken und auswählen muss - damals in den 50ern des letzten Jahrhunderts, in einem Badeort irgendwo in Italien. Und dann werden sie gemeinsam alt, der Duft und der Mann - auf der Piazza, jeden Abend, ein ganzes Menschenleben lang.
Fazit: ich sehe den älteren Herrn von der Piazza nachmittags bei seinem Barbier - in einer kleinen Seitenstraße, schon sein Vater und Großvater kamen hierhin - vor dem an den Rändern schon blinden Spiegel sitzen und streng die bloßen Stellen auf dem Kopf betrachten. Und dann erlaubt er dem Barbier (der selber auch schon an die achtzig ist) mit einem Nicken, ein paar Spritzer Acqua di Selva aufzutragen, ehe er schließlich befiehlt: 'Mi arricci i baffi!'
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