27.05.2022 - 17:20 Uhr
Floyd
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Floyd
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48
Café de la Gare, Arles, 1888
Mein werter Henri,
mir ist heute so sonderbar. Ich wollte wieder Sonnenblumen malen und Wolken, die wie wild am Himmel wirbeln, doch stattdessen wurde alles pastellfarben-grün, schlangen Kräuter sich wie Medizin und Zitronengräser um Lakritzeschnecken, die bitter-süß um den Fenchel züngelten über den Feldern bei Arles. Gauguin fand das unrealistisch. Ausgerechnet er. Jetzt hab ich vergessen, wo ich war.
Ach ja. Die Felder. Ich malte sie wieder ein wenig später, in Pauls Atelier, unten im Keller, dazu mischte ich Erde, Moose und Gräser, tupfte sie mit Tabak und Amber auf das Holz meiner Staffelei. Oh, sie duften ja so wunderbar weich, all die herben Kräuter schimmern so samtig, die Schlieren meines wermütigen Blickes, wie durch dünne Gläser aus grünem Honig, und doch leuchten sie sanft, wo war ich?
Ach Henri, sag Theo, ich werde nicht blind, Gauguin hat mein Ohr, es war nicht der Absinth, dessen Duft malt mir all diese Bilder, besuche mich bitte und schau sie mit mir um viertel nach Zwölf im Café de la Gare am Place Lamartine in Arles.
Dein Vincent
**
Al Manlés Melbourner Label Anka Kuş Parfüm möchte Zeitkapseln von Orten und Erinnerungen erschaffen. "Absinthe-Minded" versetzt mich gedanklich natürlich in die Kreise der Maler des ausgehenden 19. Jahrhunderts, Gauguin, van Gogh, Toulouse-Lautrec, die mit dem Getränk und seiner Wirkung in Verbindung gebracht werden, in das oben erwähnte Nachtcafé von Arles.
Doch ist nur der Auftakt ein wenig post-impressionistisch, wird hier doch der typische Absinth-Akkord in wirbelnden Pinselstrichen aus dunkler Lakritze, bitter-süßem, zitronengrasigem Wermut und herb-grünem Fenchel gemalt, bevor schon bald die darin enthaltenen Kräuter einen lieblichen Charakter bekommen, der Amber aus der Basis sie in eine tabakbraune Süße einfasst, die vom Kaschmirmoschus noch etwas wärmer und weicher gezeichnet wird. Im Herzen werden zudem die grünen Noten von leicht kellerigem Patchouly 'geerdet' und in der Basis von holzigeren sowie erdig-moosigen Farben komplettiert. Es entsteht der moderate Blick durch ein bernsteinfarbenes, holzig-erdig-harziges Glas auf das leuchtend-grüne Kräuter-Getränk, gute Sieben Stunden lang.
(Mit Dank an Gandix)
mir ist heute so sonderbar. Ich wollte wieder Sonnenblumen malen und Wolken, die wie wild am Himmel wirbeln, doch stattdessen wurde alles pastellfarben-grün, schlangen Kräuter sich wie Medizin und Zitronengräser um Lakritzeschnecken, die bitter-süß um den Fenchel züngelten über den Feldern bei Arles. Gauguin fand das unrealistisch. Ausgerechnet er. Jetzt hab ich vergessen, wo ich war.
Ach ja. Die Felder. Ich malte sie wieder ein wenig später, in Pauls Atelier, unten im Keller, dazu mischte ich Erde, Moose und Gräser, tupfte sie mit Tabak und Amber auf das Holz meiner Staffelei. Oh, sie duften ja so wunderbar weich, all die herben Kräuter schimmern so samtig, die Schlieren meines wermütigen Blickes, wie durch dünne Gläser aus grünem Honig, und doch leuchten sie sanft, wo war ich?
Ach Henri, sag Theo, ich werde nicht blind, Gauguin hat mein Ohr, es war nicht der Absinth, dessen Duft malt mir all diese Bilder, besuche mich bitte und schau sie mit mir um viertel nach Zwölf im Café de la Gare am Place Lamartine in Arles.
Dein Vincent
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Al Manlés Melbourner Label Anka Kuş Parfüm möchte Zeitkapseln von Orten und Erinnerungen erschaffen. "Absinthe-Minded" versetzt mich gedanklich natürlich in die Kreise der Maler des ausgehenden 19. Jahrhunderts, Gauguin, van Gogh, Toulouse-Lautrec, die mit dem Getränk und seiner Wirkung in Verbindung gebracht werden, in das oben erwähnte Nachtcafé von Arles.
Doch ist nur der Auftakt ein wenig post-impressionistisch, wird hier doch der typische Absinth-Akkord in wirbelnden Pinselstrichen aus dunkler Lakritze, bitter-süßem, zitronengrasigem Wermut und herb-grünem Fenchel gemalt, bevor schon bald die darin enthaltenen Kräuter einen lieblichen Charakter bekommen, der Amber aus der Basis sie in eine tabakbraune Süße einfasst, die vom Kaschmirmoschus noch etwas wärmer und weicher gezeichnet wird. Im Herzen werden zudem die grünen Noten von leicht kellerigem Patchouly 'geerdet' und in der Basis von holzigeren sowie erdig-moosigen Farben komplettiert. Es entsteht der moderate Blick durch ein bernsteinfarbenes, holzig-erdig-harziges Glas auf das leuchtend-grüne Kräuter-Getränk, gute Sieben Stunden lang.
(Mit Dank an Gandix)
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