Disclaimer: Vorsicht, es ist ein wenig ausführlicher geworden, als ursprünglich geplant!
Rittler:
Was ist schlimm daran, wenn viele es haben?! Klar hebt man(n) sich dann nicht von der Masse ab, aber dann dürfte man zum Beispiel auch keinen VW fahren, nicht zu McDoof gehen oder sich keine CDs oder DVDs kaufen, die auf den Toppisitionen der Charts sind!!!
Du ziehst hier Vergleiche zwischen Parfum, Autos und Musik. Ich bin mir zwar sicher, dass du die letzteren beiden relativ willkürlich gewählt hast, aber für mich existieren da folgende, himmelweite Unterschiede:
Beim Kauf eines Autos ist Individualität lange kein so ausschlaggebender Faktor, weil ihr hier bei weitem keine so übergeordnete Rolle zukommt. Da zählen für die Käuferschaft in erster Linie andere Dinge, wie z.B. die Motorleistung (nicht immer ganz zwingend Preis/Leistung), die Verarbeitung (die bei VW gewöhnlich nicht die allerschlechteste ist), wie gut der Wagen den eigenen Ansprüchen genügt, das Kofferraumvolumen usw. Ich könnte die Liste noch ewig fortführen...
Die Individualität existiert hier eher im Verborgenen: in der Innenraumausstattung und der Wahl der zusätzlichen Extras. Ich muss jedoch sagen, wenn ich an Lackierungen denke, habe ich mich selbst schon oft gefragt, warum alle Welt da so wenig Wert auf Individualismus legt - eine Zeit lang war fast jeder zweite Neuwagen silberfarben lackiert - schrecklich! Allerdings entscheidet da auch oftmals das Angebot - Sonderwünsche in Sachen Lackfarbe kosten, sofern angeboten, auch ihr Geld.
Dein zweites Beispiel war Musikgeschmack. Also wie du darauf kommst, weiß ich nicht. Es gibt soviel Musik sovieler verschiedener Musikrichtungen, dass da jeder seinen eigenen Mix findet. Und genau dieser Unterschied muss hier deutlich gemacht werden:
Nicht jede einzelne Band/Interpret für sich macht jemanden "individuell", sondern der
Musikgeschmack, die Kombination aller einzelnen Elemente.
Ich z.B. kann über meinen Musikgeschmack sagen, dass er im Laufe der Jahre immer breiter gefächert wurde, es kamen immer neue Sachen dazu. Ich bin kein pseudo-kommunistischer Punkrock-Fan, der nur Bands hört, die nicht-kommerziell sind und wende mich von diesen ab, sofern sich daran etwas ändern sollte, nein. Ich höre komplett einzig und allein das, was mir gefällt und schon das allein sorgt für eine recht exotische Gesamtkombination. Aus gesellschaftlichem Drang hört niemand diese oder jene Musik, sondern ausschließlich, weil sie einem gefällt. Da ist vielleicht nicht jeder einzelne so weltoffen und guckt mal über den Tellerrand hinaus, um zu sehen/hören, was es eben sonst noch so gibt. Vermutlich ist das ein Grund, weshalb soviele Leute David Guetta und die Kalkbrenner so geil finden. Ich gehöre jedenfalls nicht dazu (und ich kann hier auch nur für mich sprechen).
Ein weitaus besserer Vergleich zum Parfum wäre meiner Meinung nach Kleidung/Mode. Denn im Grunde ist Parfum auch in gewisser Weise ein Kleidungsstück, ein Accessoire, mit dem wir unser äußeres Erscheinungsbild beeinflussen/komplettieren.
Würdest du dich individuell fühlen, wenn du an jeder zweiten Straßenecke jemanden siehst, der dein Lieblingsshirt trägt? Das allein macht ja das Shirt nicht schlechter, aber es wird die empfundene Freude, die du an diesem Shirt hast, schmälern. Und genau um soetwas geht es hierbei. Das ganze Thema "individuell sein für mehr Erfolg bei der Partnersuche" erwähne ich an dieser Stelle mal nicht zusätzlich, denn im Prinzip kann man das dem eben genannten Punkt zuordnen.
Und zu McDonalds geht man doch auch nicht, weil man damit "individuell" sein will - völlig absurd. Da geh ich hin, wenn nach der Disco ansonsten nur noch der Dönerladen offen hat, der die schäbigsten Döner der ganzen Stadt macht und zu Wucherpreisen anbietet. Mehr sage ich zu diesem Vergleich gar nicht.
Rittler:
Natürlich riechen dann beispielsweise abends im Club noch mindestens drei oder vier andere Typen danach, aber wie wir alle wissen, entwickelt sich jeder Duft auf jeder Haut anders. So gesehen ist es dann zwar der selbe Duft, aber immer wieder individuell riechend!!!
Von welchem Ausmaß dieser "individuellen" Unterschiede sprechen wir hier? Wenn ein Typ in der Disco mit mehreren Sprühern Le mâle an mir auf der Tanzfläche vorbei hampelt, erkenne ich auch nicht jede einzelne Nuance und halte meine Nase auch nicht so dicht an ihn dran, um genau festzustellen, worin sich sein Hautchemie-Le-mâle-Mix jetzt von dem, des Typen an der Bar unterscheidet.
Was ich damit sagen will, ist, dass die Unterschiede bei weitem nicht ausreichen, um einen völlig anderen
flüchtigen Eindruck zu bekommen, wenn man solchen Leuten begegnet. Alles, was passiert, ist, dass man direkt erkennt, dass es sich um Le mâle handelt. Die gemeinsame Schnittmenge der (vermeintlich) unterschiedlichen Dufteindrücke ist nämlich riesig und diese kleinen Unterschiede, die du hier als "individuell" hervor hebst, spielen überhaupt keine Rolle, da sie einfach nicht groß genug sind, um einen tatsächlich anderen Eindruck zu bekommen.
Wie du schon sagst, du trägst, was dir gefällt und dagegen wird hier niemand etwas einzuwenden haben. Trag deinen Le mâle, respektiere von deiner eigenen abweichende Meinungen und die Welt ist weiterhin in Ordnung