vor 9 Jahren
Toshkova:
Also was ich nicht so richtig verstehe.... stand dir deine Oma nahe?!
Es wäre fair gewesen, Jensemann antworten zu lassen, bevor Du ihn verurteilst. Im Übrigen kann die Beschäftung mit scheinbaren Nebensächlichkeiten durchaus helfen, in so einer Situation die Kontrolle zu bewahren und vom Schmerz nicht überwältigt zu werden. Und bedenke auch, daß jeder anders trauert.
Jensemann, auch mein Beileid zu Deinem Verlust; mit dem Duft hast Du bestimmt nichts falsch gemacht und ich hoffe, er hat Dir ein wenig den Rücken gestärkt.
Um auf Deine Eingangsfrage zurückzukommen: Wer wollte denn ein solches Verbot -auch unaufdringlicher, dezent dosierter Düfte- überhaupt aussprechen? Doch nur kategorische Parfumverweigerer mit noch dazu missionarischem Anspruch (unbehandelbare Allergiker ausgenommen). Wenn aber Parfum zum Leben gehört, spricht doch im Gegenteil alles dafür, bestimmte Ereignisse bewußt mit Düften zu verbinden und viele hier tun das doch auch. Einem geliebten Menschen ein Parfum zum Abschied zu widmen, das mich für den Rest meines Lebens an die gemeinsame Zeit erinnert, ist mir daher ganz natürlich.
Im Februar war ich auf einer größeren Beerdigung einer 77jährigen Dame, die ich schon aus Kindertagen kannte. Sie war sehr diszipliniert und resolut, hatte sich aus einfachen Verhältnissen hochgearbeitet in einer Zeit, in der das für Frauen unerhört war. Von Geburt an dunkelrot, aber durchaus mit Sinn für den diskreten Charme der Bourgeoisie, sie konnte die Internationale schmettern und "Die Füße im Feuer" deklamieren, daß uns Kindern die Haare zu Berge standen. Nach jedem 1. Mai duftete ihr ganzes Büro tagelang nach Maiglöckchen und weil sie keinen Garten hatte, bekamen alle Kollegen Balkonpflanzen nach Saison spendiert, die sie liebevoll hegte. Ich habe ein wenig "Ma Griffe" getragen, weil ich dachte, der hätte ihr gefallen. Und weil ich ihr noch einen Frühling gewünscht hätte.