Nun gelten bereits seit mehreren Jahren strenge Beschränkungen bzw. seit 2019 wegen Atranol auch ein Verbot für den Gebrauch von Eichenmoos in der (europäischen) Parfumwelt, und auch trotz der Tatsache, dass mittlerweile offenbar "gereinigte" Varianten des Stoffes existieren, die von diesen Beschränkungen nicht betroffen sein sollen, kommt er meist nicht mehr zum Einsatz. Zwar taucht "Eichenmoos" als Duftnote immer noch auf, wird aber zumeist aus Akkorden verschiedentlicher anderer Noten kreiert, denn "Evernia Prunastri" ist regelmäßig nicht in der Inhaltsstoffliste angeführt, was es bei Vorhandensein jedoch müsste.
Eichenmoos hat einen sehr eigenen, waldigen Geruch, aber vielleicht noch wichtiger für seine Beliebtheit unter den Parfümeuren waren seine hervorragenden fixierenden Eigenschaften - als sogenanntes Fixativ trägt es dazu bei, dass sich andere Duftstoffe in einer Komposition länger und intensiver auswirken können. Viele Parfums wurden hinsichtlich der Beschränkungen reformuliert, was bei einigen eine Veränderung des Duftprofils mit sich brachte, bei etlichen mehr - bei denen es lediglich in geringen Mengen vorkam, eben nur als Fixativ - jedoch eine Verschlechterung der Haltbarkeit und Sillage.
Nun ist es aber nach wie vor möglich, Eichenmoos-Extrakt separat bei verschiedenen Anbietern zu kaufen. Die Idee liegt also nahe, einigen Parfums dieses einfach selbst unterzurühren.
Gesagt, getan: Ich habe etwas Eichenmoos bestellt und bisher 5 verschiedenen Düften in kleinen Abfüllungen in einem Verhältnis von ungefähr 1 zu 10 zugegeben. Der Extrakt löste sich komplett und bleibend in diesen auf, und das Ergebnis war sehr zufriedenstellend: jedes von ihnen bleibt nun über viele Stunden merklich intensiver als zuvor. Hier mal etwas detaillierter:
Encre Noire Eau de Toilette und Encre Noire à L'Extrême: Ich mag diese beiden Düfte sehr, nur sind sie (zumindest in neuen Batches) etwas schwach auf der Brust. Die Haltbarkeit ist in Ordnung, aber intensiv sind sie nicht, sie werden schnell dezent (zumindest auf der Haut). Und da sie ohnehin waldige Düfte sind, bieten sie sich für das Experiment mit Eichenmoos perfekt an. Und es hat wirklich geklappt: auch 6 Stunden nach dem Aufsprühen auf Haut sind sie jetzt noch so deutlich wahrzunehmen, wie in der ersten Stunde. Ihr Duftprofil hat sich nicht wirklich verändert, das Waldige ist einfach intensiver, aber vielleicht würde ein höherer Anteil Eichenmoos etwas verändern.
Encre Noire Sport: Von diesem Duft der EN-Reihe bin ich hingegen kein allzu großer Fan - die Wald-DNA der anderen rieche ich beim besten Willen hier nicht heraus, und außerdem hat das Aquatische etwas von Gurke für mich. Haltbarkeit und Sillage sind auch hier nicht top. Die Zugabe von Eichenmoos hat das letztere Problem wiederum gelöst, aber viel waldiger kommt er auch jetzt nicht rüber, höchstens etwas Laub erahnbar. Vielleicht ist auch hier mehr nötig. Ich habe aber noch einen Tropfen Lavendelöl zugegeben, und dieses hat dem Aquatischen zumindest das Gurkige genommen, und bildet mit diesem stattdessen einen angenehmen Akkord, wie ich ihn ähnlich in einer Probe desselben Parfums von 2015 gerochen habe.
Cool Water Eau de Toilette: Ein Duft, bei dem ich mir recht sicher bin, dass Eichenmoos irgendwann rausformuliert wurde. Haltbarkeit und Sillage finde ich bei diesem eigentlich stimmig, aber dass auch hier die Zugabe von Eichenmoos diese verstärkt hat, macht mir nichts. Außerdem ist nun vor allem in der Eröffnung etwas Herbes, Moschusartiges, das vorher nicht so stark präsent war. Allgemein wird er intensiver, dunkler. Auch für diesen Duft also eine Empfehlung dafür, ein bisschen des guten Mooses unterzumischen.
Bottega Veneta pour Homme Eau de Toilette: Der Duft wird recht dezent, außerdem ist er waldig und hat eine Lederbasis, die auch Eichenmoos teilweise nachgesagt wird. Dementsprechend perfekter Kandidat für das Experiment? Leider wohl nicht ganz: das Moos passt irgendwie nicht so gut in diese Komposition wie erwartet, verstärkt vielleicht nicht das Richtige, er wirkt weniger komplex, fast schon irgendwie dünner. Aber Haltbarkeit und Sillage werden auch hier merklich besser.
Ich werde weiter mit dem Extrakt experimentieren, verschiedene Parfums und Konzentrationen probieren (und vielleicht auch noch andere Extrakte, denn ich habe zum Test den günstigsten gekauft, den ich finden konnte (dragonspice) - es gibt also wahrscheinlich noch deutlich bessere). Diesen Thread möchte ich nutzen, um auch andere dazu zu bewegen, dies mal auszuprobieren. Zusammen finden wir vielleicht raus, bei welchen Düften sich die Zugabe von Eichenmoos besonders lohnt, und in welchen Verhältnissen es am stimmigsten ist. Oder vielleicht habt ihr bereits Erfahrung hiermit gemacht?
Notiz: Bedenkt natürlich, dass es auch Gründe für die Beschränkungen des Materials gibt. Es kann beispielsweise allergische Reaktionen hervorrufen, also handhabt es mit entsprechender Vorsicht.