Meggi

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6 - 10 von 1019
Meggi vor 4 Jahren 29 21
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Duft
Vielsagender Nachmittag
Cremig-holzig-süß. Zitrusfrucht rieche ich nicht. Pfeffer ist zwar moderat eingesetzt, aber recht gut spürbar. Scharf ist der Duft gleichwohl nicht, eher luftig. Die Sandelei, sie ist sofort vanille-gestützt, entwickelt vornean jenen bissig-metallischen Anflug, der grob in Richtung Black Afgano zeigt. Das erinnert mich an Arturetto Landis ‚Mythical Woods‘, entworfen für das Haus Profumi del Forte.

Rasch ist es allerdings heute milder, besagte Spitze ist binnen einer Viertelstunde verschwunden und der Duft ist sacht-cremig geworden. Eine Spur Sandel-Plastik ist dabei. Und daneben kann ich mir nun endlich einen Spritzer Grapefruit einbilden. Fruchtig – weder allzu sauer noch bissig.

Ein latenter Muff im Untergrund mag auf Weihrauch verweisen (welche Spielart auch immer…), ihn zu erkennen, muss ich mich zunächst bemühen. Mit ein wenig Abstand von der Haut ist er ohnehin nicht mehr als Muff zu bezeichnen, sondern gibt stattdessen einen verernsthaftenden, dunklen Dreh in den Duft, der mir gut gefällt. Sein Beitrag wächst über Tag an, bleibt jedoch stets hintergründig und nie wirklich rauchig oder gar kratzig. Nachvollziehbar, dass das zuweilen „pudrig“ genannt wird.

Und tatsächlich erreicht der Duft damit am frühen Nachmittag seine schönste Phase. Behutsam gesüßte Cremigkeit, rauchig-dunkel betupft, ehe im weiteren Verlauf eine stärkere Gewichtung der Vanille vielleicht einen Zacken zu viel Süße hineingibt.

„Am frühen Nachmittag seine schönste Phase“ – auf diesen Halbsatz sei noch einmal extra und lobend verwiesen. Schließlich haben wir es mit einem Duft im Bereich der vergleichsweise übersichtlichen Preise (38 Euro je 50ml) zu tun, den es zudem jeweils auch in der 10ml-Reisegröße zu EUR 9,50 gibt. Dafür schlagen die Hamburgs sich vor allem nach hinten raus bislang prima.

Ich bedanke mich bei Gerdi für die Probe.
21 Antworten
Meggi vor 4 Jahren 31 25
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7
Duft
Rathaus von außen
Dass ich weder Hamburger noch Nicht-Hamburger bin, hatte ich bereits erwähnt. Eins ist nun wieder eher typisch für einen Einheimischen: Das Hamburger Rathaus, auf das sich der Duft beruft, kenne ich nur von außen, obwohl ich seit zwanzig Jahren hier zugange bin.

Dessen ungeachtet darf das Thema zweifellos – allemal partiell – als getroffen gelten. Ein Eindruck altehrwürdigen Muffs lässt sich nämlich nachvollziehen. Knarzig-holzig, museal, firnishaft… Ich bin sicher, dass das Rathaus der Hansestadt derlei Gerüche kennt. Doch im Duft ist immer was dezent Frisches mindestens mit im Spiel, ein leichtes Lüftchen, wie es ja für Hamburg untere Grenze der Luft-Bewegung ist. Das ist ganz gut gelungen.

Aber ich sollte vorne beginnen: Der Duft startet mit der mineralischen Note aus Terre d'Hermès. Ich würde lediglich mal meinen, dass das Gestein heute weniger deutlich zitrisch flankiert ist. Der vorliegende Kandidat ist herber, bitterer, denn rasch dringt das Erdige des Patchouli durch, zumindest vorläufig. Gefällt.

Die Zitrusnote mag heute mithin aus der Ecke Rosenholz-Linalool stammen statt aus richtiger Zitrusfrucht; Orange muss ich jedenfalls mehr raten, als sie wirklich zu riechen.

Naja, und das Dunkle, Erdige schafft eben, ein wenig Einbildungskraft sei zugestanden, eine Anmutung besagten Muffs. Mit allem Vorbehalt. Wer weiß besser als wir, was solche Ansagen vermögen. Ein paar Geh-Minuten vom Rathaus entfernt befindet sich meine Lieblings-Parfümerie, das kleine, feine Geschäft von Harald Lubner. Eine der Verkäuferinnen dort bestätigte auch aus professioneller Erfahrung: Wenn du den Leuten sagst, es rieche nach Kaffee, riechen sie Kaffee. Um Missverständnissen vorzubeugen: ‚Classic‘ riecht nicht nach Kaffee. Passen würd’s ja – Politiker und Verwaltung im Rathaus, in endlosen nächtlichen Überstunden um das Wohl des Bürgers ringend…

Apropos Einbildung: Das versprochene Leder muss ich mir wirklich denken. Vielleicht verlässt es am Nachmittag die Sphäre des Phantastischen, nachdem ich lange genug darüber gegrübelt habe. Dann scheint mir sogar ein Hauch von Cumin-Schwitzigkeit beteiligt. Verblüffend.

Insgesamt ist der Duft sehr stabil und verlässt das einmal Erreichte kaum. Dass er dicht am Ellena ist, sei ihm nachgesehen. Düfte unter solcher Überschrift müssen schließlich Bewährtes bieten.

Es kommt allerdings darauf an, wovon ich abkupfere. Neulich hatte ich zum Thema „Stadt-Duft“ ‚Aqua Wissemara‘ (Wismar) unter der Nase, das roch wie eine billige Drogerie-Brühe und ist deutlich teurer (85 Euro je 30ml!) als die Acqua-di-Hamburgs.

Also: Daumen hoch. Und vielen Dank an Gerdi für die Probe.
25 Antworten
Meggi vor 4 Jahren 32 24
7
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6
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7
Haltbarkeit
7
Duft
Erlebnisse
Seit über 20 Jahren, mein ganzes Berufsleben, arbeite ich in Hamburg und wohne fast ebenso lange im Speckgürtel. Als Einheimischer habe ich mich in der Stadt indes nie gefühlt. Natürlich auch nicht als gänzlich Auswärtiger, sondern irgendwie dazwischen. Gute Voraussetzung vielleicht, die Acqua-di-Hamburg-Reihe sachlich zu testen. Nicht minder gut ist es möglicherweise, das bereits vom werten Herrn SchatzSucher im Auftakt-Kommentar enttarnte und seither mehrfach bestätigte Vorbild ‚CK One‘ tatsächlich nicht zu kennen.

Mit der ‚Alster‘ fange ich meine kleine Testreihe an, weil mein Arbeitgeber viele Jahre in Alsterdorf residierte, in einer denkmalgeschützten Fritz-Höger-Villa von 1924 mit Blick auf den Fluss und auf ein seinerzeit etwas heruntergekommenes Backstein-Gebäude, welches heute ein Lokal namens „Braband“ beherbergt.

Was ich in jenen Jahren in der Firma alles erlebt habe, spottet jeder Beschreibung. Mein Büro etwa – um harmlos zu beginnen – befand sich zeitweise in einer ehemaligen Einlieger-Wohnung und ich musste es durch einen Wand-Schrank betreten, bis alles umgebaut war.

Unvergessen die Tage, an denen der Chef seine Harley aus der Garage holte (er wohnte nebenan) und die Belegschaft begeistert am Fenster hing, weil eine riesige Puck-die-Stubenfliege-Sonnenbrille auf einem Motorrad einfach zu herrlich aussah. Oder der Nachmittag, an dem rudelweise Polizisten durch die Gegend und über das Grundstück rannten, weil aus dem unweit gelegenen Knast „Santa Fu“ ein paar schwere Jungs ausgebüxt waren.

Ein denkwürdiger Anblick war auch der im Garten umherirrende Aufsichtsratsvorsitzende auf der Suche nach dem richtigen Eingang. Das war jedoch nichts gegen die Pinkel-Pulle: Der Buchhaltungsleiter sollte offenbar eine „kumulierte“ Urin-Probe abgeben und hatte die dazu vorgesehene Liter-Flasche hinter sich außen aufs Fensterbrett gestellt, so dass alle den allmählich steigenden Füllstand verfolgen konnten. Die ihm gegenüber unfreiwillig in der allerersten Reihe sitzende Kollegin kommentierte wunderbarer trocken: „Naja, wenigstens holt er sein Geschleuder nicht an Ort und Stelle raus…“. Und dann war da noch die Dame vom Empfang, die – selbstredend ungefragt – ihre Bluse öffnete, um sich von einer (immerhin…) Kollegin bestätigen zu lassen, was für einen tollen BH sie trage.

Undsoweiter – von den irren Begebenheiten des eigentlichen Geschäfts mal überhaupt nicht zu sprechen.

Aber ich wollte ja sachlich sein. Also: ‚Alster‘ nun ist weder spektakulär noch lustig noch denkwürdig. Er ist frisch, einen Hauch seifig, luftig und leicht, auf eine angenehm unsüße, herbe Weise. Eher seifig als zitrisch: Die Meinetwegen-Bergamotte ist praktisch völlig entfruchtet, ohne im Gegenzug bitter-adstringierend zu sein. Als mehr als nur ein bisschen floral empfinde ich die Alster heute und tippe auf einen Tupfer Maiglöckchen(!). Schon nach rund einer Stunde fügt sich eine pilzig-cremig-saubere Moschus-Note zum Blumigen.

Im Verlauf des Vormittags bildet sich neben einem anschwellenden Beitrag der Süße aus dem Floralen heraus eine latexhaft-kondomige Note… He, das ist ‚Alster‘, nicht ‚Kiez‘! Bin gespannt, was sie aus der Richtung in ‚Kiez‘ aufbieten, vielleicht ist das Ding dann gebraucht… Nein, ein sacht talkum-bepuderter Latex-Handschuh trifft es besser, hier ist was Staubiges mit drin.

Der Nachmittag ist im Prinzip wie der Vormittag, nur mit verschobenen Gewichten. Es darf immer noch relativ frisch genannt werden, bloß eben jetzt eher auf so eine Wäsche-Art. Ergänzend liefert die Floral-Creme ihre enorm ausdauernde Beduftung.

Bei meiner Lieblingskollegin (das ist übrigens die seinerzeit nach ihrer Meinung zur Unterwäsche befragte…) fiel der Duft durch; sie ist von mir schlichtweg anderes gewöhnt. Als ich aber – und das kann als Fazit gelten – darauf verwies, dass wir dankbar sein dürften, wenn mehr Leute ‚Alster‘ statt gar keinen Duft trügen, stimmte sie zu und wir einigten uns auf...

...solide.

Ich bedanke mich bei Gerdi für die Probe.
24 Antworten
Meggi vor 4 Jahren 33 26
9
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8
Haltbarkeit
6.5
Duft
Pflaumenblau
Mir wurde berichtet, dass Herr Armani in etwas jüngeren Jahren gelegentlich samstags vor seinen Mailänder Boutiquen beim Inspizieren der Schaufenster zu beobachten war. Einen derartigen Perfektionismus glaube ich unbesehen, er wird ihm schließlich auch bei seinen Modenschauen nachgesagt. Rätselhaft ist mir, dass er zumindest für die in den letzten Jahren lancierten Privé-Düfte per saldo offenbar weniger Engagement zeigt. Dass die Dinger von L'Oréal vermarktet werden, mag ich als Einwand jedenfalls nicht gelten lassen. Dort lässt sich zweifellos Gewünschtes bestellen.

Ich rieche nämlich eine mir unbehaglich bekannte Pflaumen-Note, die einen Anflug von Unstinkig-Jasmin sofort überlagert. Erinnert mich an den nach meinem Dafürhalten unrunden ‚Ambre Eccentrico‘, wo mich ein beinhartes Vermutlich-Prunol-Gebläse ziemlich penetrant gefordert hatte.

Nun gut, ein bisschen zurückhaltender als seinerzeit ist die Dame mit dem Nerv-Potential glücklicherweise schon. Sie umgibt sich mit sachter, holziger Würze. Viel Holz, wenn ich’s recht bedenke. Das schafft gemeinsam mit dem ebenfalls abhakbaren Tabak eine Tiefe, die das Oudige streift.

Das Problem: Wahrnehmbar ist Letzteres allein direkt auf der Haut, obenauf entsteht zügig eine fruchtig-vanillige Gemengelage, an der mir gewisse, mehr oder weniger ferne Kirsch- und Waldmeister-Anflüge auf eine Beteiligung von Cumarin hinzudeuten scheinen. Unsere wackere Jasmin wächst sich zwar in der zweiten Stunde zunächst zu einer respektablen, seifigen Gegenspielerin aus, kann aber nicht durchhalten und muss schlussendlich aufgeben.

Die helle Vanille kommt spätestens im Verlauf des Vormittags unleugbar synthetisch daher, während sie in Richtung Pudding driftet. Am Nachmittag dickt sie stetig weiter ein, ich rieche eine Art Karamellen mit einem fruchtigen Spritzer (Pflaume, Kirsche – Cumarin et al.) sowie leider einem Klecks von H-Sahne. Tabak beschränkt sich auf eine Randlage, doch immerhin ist er spürbar und ich danke ihm innerlich dafür.

In der Abstrahlung ist die hartnäckige Pflaumen-Note übrigens stärker, als ich gedacht hatte. Noch am nächsten Tag hängt dieses Möchtegern-Obst nervig in meinem Büro herum.

Fazit: Ich hatte mir von den „Blauen“ mehr erwartet. ‚Bleu Lazuli‘ gefällt mir zwar besser als sein Geschwist – was allerdings keine große Leistung ist. Ich finde beide insgesamt enttäuschend schwach.

PS: Bin gespannt auf die neuen vier, die hier schon gelistet, zumindest im Alsterhaus in Hamburg aber noch nicht verfügbar sind. Dort hörte ich übrigens, dass dafür der ‘Myrrhe Imperiale’ aus dem Sortiment weichen muss. Keine gute Idee.
26 Antworten
Meggi vor 4 Jahren 40 26
6
Flakon
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Haltbarkeit
5
Duft
Unglückliches Gleichgewicht
Maritimes steht nicht sehr weit oben auf meiner Mag-ich-Liste. Doch seit mir ‚Copal Azur‘ eine gelungene Symbiose zwischen gewisser Gewässerigkeit und Rauch bot, sind ungeprüfte Vorbehalte natürlich hinfällig. Der Papier-Test am Armani-Stand im Alsterhaus verhieß für ‚Bleu Turquoise‘ eine Nähe zum Duchaufour, ein gut gefülltes Testerchen (die sind mittlerweile mit Tupf-Kopf; zu dem Thema siehe ggf. Kommi zu Musc Shamal) gab es direkt mit.

Vornean ist die Ähnlichkeit mit dem älteren Kollegen aus dem Hause Aedes de Venustas (von 2014) in der Tat verblüffend, nur dass bei Armani mit Pfeffer statt mit Nelke gewürzt wurde. Für den vorliegenden maritimen Anflug ziehe ich neben den üblichen Verdächtigen Vetiver-Salz in Erwägung.

Das Problem ist bloß, dass ich bei ‚Copal Azur‘ beim ersten Test, der ohne Kenntnis der Angaben im Laden erfolgte, überhaupt gar nicht an was Maritimes gedacht hatte. Und seither (ich besitze den Duft) zeigt sich mir dessen Beitrag erfreulich dezent.

Beim heutigen Kandidaten ist dem Parfümeur diesbezüglich leider die Hand ausgerutscht und ich finde es viel zu viel. Binnen kurzer Zeit umgibt den Duft eine brackig-muffige Anmutung, die sich ziemlich unschön mit der Vanille-Süße beißt. Eine schabig-staubig-kratzige Unterlage macht die Sache nicht besser.

Meines Erachtens hätte entweder das Salzig-Maritime Beigabe zur Süße sein sollen oder eben umgekehrt. Die Gleichgewichtung löst indes bei mir regelrecht Widerwillen aus. Ich mag den besprühten Handrücken kaum beriechen, um sorgfältiger auf die Suche nach eventuellen sonstigen Aromen zu gehen und muss insofern etwas an der Oberfläche bleiben. Weitere Testtage brachten weder Änderung noch Gewöhnung.

Mir hilft es auch nur wenig, dass sich die brackige Stimmung letztlich im Vergleich zu anderen Düften (vor allem jenen Frischlingen aus der günstigeren Ecke, die in derlei ein rasches und vollständiges Ende nehmen) in Grenzen hält und obendrein am Nachmittag ein sachtes Pritzeln hilft. Mehr als ein „Geht so“ nach hinten raus stellt sich bei mir nicht ein.

Fazit: Nichts für mich.
26 Antworten
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