Meggi

Meggi

Rezensionen
Filtern & sortieren
11 - 15 von 1019
Meggi vor 4 Jahren 32 24
10
Flakon
7
Sillage
8
Haltbarkeit
8
Duft
Eher Pamina
Cierge de Lune. Ein des Nachts blühender Kaktus, deshalb auch „Königin der Nacht“ genannt. Aber nicht allein auf die Pflanze – deren Duft ich ohnehin nicht kenne - spielt der Name an, sondern ausdrücklich zudem auf die Mozart’sche Figur.

Mir scheint, das sei der Besprechung vorausgeschickt, jedoch ein Bezug etwa auf die berühmt-berüchtigte Höllen-Arie mit ihren Spitzen-Tönen völlig fehl am Platze. Von „crystalline high notes“, wie es beim Hersteller heißt, verspüre ich im Duft nichts – das Beißen des Transport-Alkohols wird wohl kaum gemeint sein. Falls wer das Stück nicht kennt: Online ist eine Vielzahl von Aufnahmen verfügbar. Die Spannbreite reicht von der spektakulär grausigen Darbietung Florence Foster-Jenkins‘ (youtube.com/watch?v=ZD-_2QEXCRk - in „erweiterten Fachkreisen“ kursiert die Platte seit Jahrzehnten, nicht erst seit dem Film) bis hin zu Weltklasse-Einspielungen, von denen jene der zur Unzeit verstorbenen Lucia Popp hervorgehoben sei (youtube.com/watch?v=Zt56hgQe1co).

Nee, nee, selbst die vergleichsweise zurückgenommene Arie „O zittre nicht, mein lieber Sohn!“ (youtube.com/watch?v=aJA1dFqr1QI) ist diesbezüglich gewagt. Wenn überhaupt Zauberflöte, dann fiele mir aus deren Personal die lyrischere Pamina ein. Die ist einfach einen Zacken entspannter, das passt besser…

…zum Duft: Zart-zahm-duftige Vanille auf einer dünnen Leder-Unterlage. Inklusive einer…staubig-steinigen Anmutung? Feuerstein, frisch zusammengedötscht? Nur ein Funken von einer Idee. Wären das besagte „high notes“, sie entstammten Mrs Foster-Jenkins‘ schütterer Kehle. Definitiv gibt’s allerdings ein bisschen was Bitteres als Ausgleicher. Das hat, um den Faden „Wild“leder auszuspintisieren, was vom sachten Muff eines Wild-Gerichts, Hirschgulasch mit Preiselbeeren vielleicht, ein Anflug von Fruchtig-Säuerlichem ist nämlich ebenfalls beteiligt.

Und Honig, bei weiteren Tests empfinde ich ihn als Klassen-Primus der ersten Stunde. Im Verein mit einer süßen Rauchigkeit, die ich vom Stil her aus 03.Apr.1968 von Rundholz kenne. Einschließlich eines gewissen „Stichs“, der dem bereits erwähnten Anflug von Frucht eine leichte Aura von Morbidität verleiht. Gut vorstellbar, dass ein Gewächs südlicherer Gefilde mit derlei nächtliche Flatterer anlockt.

Zwischenfazit: Insgesamt hatte ich mit deutlich mehr Vanille gerechnet.

Die zweite Phase des Duftes zeigt ein ganz anderes Gesicht. Im Laufe des Vormittags entwickelt er sich luftig-distanziert. Von der einstigen Süße bleibt lediglich ein Rest-Hauch, der von ferne an Backaroma erinnert. Herbe, aber keineswegs dunkle Vanille übernimmt allmählich und driftet in eine staubig-stumpfe Richtung. Ihr immanent ist gleichzeitig was Wächsernes, gar mit einer leisen Andeutung von Plastik versehen.

Am Nachmittag bildet sich auf der Haut ein Intermezzo in Form eines floralen Untertons, fast wie Fruchtbonbon-Rose. Doch bald kehren wir zurück zu unserer staubig-unsüßen Vanille, in der sich neben einer Spur Rauch meinetwegen weiterhin ledrige Aspekte entdecken lassen. Ich denke eher zunehmend an helles Holz. Bis in den Abend hinein hält der Duft, es flackern gelegentliche Honig-Reminiszenzen.

Fazit: Buchstäblich zu jedem Zeitpunkt fühle ich mich bei Cierge de Lune, als hätte ich das alles schon gerochen und das nicht bloß einmal. Trotzdem ist der Duft schlichtweg gelungen und in der Ausdauer seines hochwertigen Erscheinungsbildes sicherlich ein Test-Tipp.

Ich bedanke mich bei MisterE für die Probe. Den Rest davon habe ich meinem Sohn (12) geschenkt, der liebt Vanille-Düfte und hat sich tierisch gefreut. Eines Morgens kam er noch schelmischer als sonst aus dem Bad – er hatte sich damit eingesprüht. Soll er zur Schule ja nicht... Jetzt, wo ich’s bedenke: warum eigentlich? Hat doch offenbar Geschmack, der Junge!
24 Antworten
Meggi vor 4 Jahren 44 30
8
Flakon
6
Sillage
8
Haltbarkeit
8
Duft
Horror, Terror, das Davor, das Davordavor und der Beaufort
Mein letzter Englischlehrer (Leistungskurs 1987-1990) war ein recht unkonventioneller Typ, jedenfalls an einem altehrwürdigen Humanistischen Gymnasium mit jahrhundertelanger Tradition. Ein Rocker (und Jazzer!), der sich zum Beispiel nicht daran störte, wenn wer freitagabendfeierbedingt in den ersten beiden Stunden am Samstagmorgen nicht zu gebrauchen war. Die Person wurde dann eben einfach in Ruhe gelassen.

Einmal gab Herr B. uns schon am Samstag die erst donnerstags zuvor geschriebene 4-Stunden-Klausur zurück: „Ihr glaubt gar nicht, wie viele Zigaretten mich das gekostet hat!“ Camel ohne Filter übrigens. Die eine oder andere Unschärfe bei seinen Korrekturen nahmen wir bereitwillig in Kauf, weil er grundsätzlich in dubio pro discipulis entschied und nicht mit Punkten geizte.

Eines Tages eröffnete er die Stunde mit: „Boah, am letzten Sonnabend lief ja ‚Wetten, dass..?‘ und das war wieder so schlecht, dass meine Frau vor Ärger die Wehen gekriegt und ein Kind bekommen hat.“ Anschließend verteilte er Pralinen für die Damen und Zigarren für die Herren – aber ausdrücklich wahlweise gerne auch andersherum! Es war einer jener Zufälle, wie sie sich nicht besser ausdenken lassen, dass just in diesem Moment der Oberstufenleiter den Raum betrat. Unser Oberstufenleiter war… naja, halt der Oberstufenleiter eines altehrwürdigen Humanistischen Gymnasiums mit jahrhundertelanger Tradition. Er steckte die Sache indes verblüffend locker weg – begnügte sich allerdings mit einer vorschriftsmäßigen Praline.

Herr B. hatte für unsere Beschäftigung mit Gothic Novels eine Differenzierung des Vokabulars parat, welche zwei unterschiedliche Ebenen des Gruselns benennbar machen sollte. „horror“ stand oben auf der Skala des Schreckens, „terror“ war die ins mehr oder weniger Erträgliche abgeschwächte Form. Diesen Gedanken benötigen wir nachher noch, nun erstmal zum Duft:

Teer? Allenfalls moderat, kein Vergleich zum Birkenbomber ‚Hyde‘ etwa. Pfeffer – meinetwegen… Bisschen Safran-Muff ist plausibel. Ich denke alsbald an Vetiver aus der rauchigen Ecke, rasch und auch im Fortgang flankiert von warmem, honighaftem (Weih)-rauch. Auf Wunsch lässt sich vielleicht ein Anflug von Lakritz erahnen, einen Zacken deutlicher tatsächlich eine papierne Note, vermutlich aus Vetiver gespeist.

Kyphi ist als Angabe ein Fass ohne Boden, denn es handelt sich laut Wikipedia dabei um ein alt-ägyptisches Räucherwerk, das nicht bloß die üblichen Verdächtigen, sondern bis hin zu Blumen, Obst und Honig vieles anderes enthalten kann, was hier ebenfalls gelistet ist – oder sein könnte. Kurzum: Der Begriff steht für alles Mögliche, was sich verräuchern lässt und erschlägt pyramidal eigentlich praktisch alles.

Klingt, als käme vorliegend eine fürchterliche Kako-Osmie zum Einsatz. Aber mitnichten. Vielmehr bietet ‚Terror & Magnificence‘ eine homogene Mixtur, bei der es zwar trotzdem gelingt, die eine oder andere Einzelheit zu erkennen, sich jedoch keine davon in den Vordergrund spielt. Der Duft bleibt insgesamt überdies erstaunlich hautnah; kein Genörgele von meiner Frau, die auf meine Räuchermännchen-Attitüden meist sehr ungnädig reagiert.

Überschaubar auch die Duft-Entwicklung. Nachmittags würde ich den Kandidaten zunächst primär als charaktervoll-rauchigen Vetiver-(ylacetat)-Duft mit Gummi-Anwandlungen bezeichnen. Ein Klecks Süße verfeinert: Honig, vielleicht Amber, jeweils Spielarten der Rauch-Fraktion. Allmählich schieben sich die Begleiter weiter nach vorne und zitieren immer offener süße Raucher wie den unten bereits genannten ‚Sahara Noir‘ von Tom Ford. Der stillen Sillage nach zu urteilen, käme natürlich außerdem der zaghafte ‚Larmes du Désert‘ aus dem Hause Atelier des Ors als Partial-Referenz in Frage.

Eine Spur Vanilliges bilde ich mir ergänzend noch ein. Und zum guten Schluss wittere ich in den hinteren Stunden einen abrundenden Beitrag von Schoko-Patchouli, der mich ganz Ganz GANZ von Ferne an ‚Sandor 70’s‘ denken lässt. Womöglich vor allem deshalb, weil ich den so toll finde und ihn in den vergangenen Wochen oft getragen habe. Dessen ungeachtet freue ich mich, derlei zumindest im Ansatz hier zu entdecken.

Fazit: Wenn Horror das Grauen ist und Terror das Schaurige, dann beschränkt sich der sogenannte Terror aus ‚Terror & Magnificence‘ ungefähr auf ein Gefühl, als ginge es in einem in heimeliger Umgebung vorgelesenen Buch darum, dass irgendwem etwas über eine Kuschelgrusel-Geschichte erzählt wird.

Fernab der Übergriffigkeit einiger anderer Beauforts. Gleichwohl ein schöner, gelungener, durchaus kleidsamer Duft, dem es allerdings an Alleinstellungsmerkmalen fehlt.

Mein Dank geht an M3000 für sein Sharing.
30 Antworten
Meggi vor 4 Jahren 30 18
10
Flakon
6
Sillage
8
Haltbarkeit
7
Duft
Ja, Schatz! – oder: ein arg gedeihliches Miteinander
„Widersprich‘ nie einer Frau - warte, bis sie es selbst tut.“ So unterhaltsam dieser Aphorismus ist, in der täglich-praktischen Anwendung greift er natürlich zu kurz, denn für nachhaltigen Erfolg wäre entsprechende Einsicht vonnöten. Aber wie jeder weiß: „…she never gives in. She just changes her mind.“

Das allmähliche Reifen solcher Erkenntnisse während der Jahre einer Partnerschaft ist fraglos durchaus wünschenswert. Wer allerdings (und ich weiß, wovon ich rede) mit einem „Exemplar“ verheiratet ist, für das ‚dickköpfig‘ oder ‚stur‘ noch als euphemistisch gelten dürfen, wird bei buchstabengetreuer Befolgung irgendwann die ganze Veranstaltung (und sich selbst!) gleichsam sedieren. Da sind die Schlagworte ‚reinigendes Gewitter‘ und ‚Selbstachtung‘ im Kopf zu behalten: Man(n) muss es manchmal wissentlich und willentlich zum Knall kommen lassen, ja: im Einzelfall gar bewusst darauf zusteuern.

Pelargonium nun bleibt ziemlich weit vorne in diesem Gedankengang stecken. Er ließe sich als verduftizierte Versinnbildlichung eines gedeihlichen Miteinanders femininer und maskuliner Aspekte verstehen – Lippenstift-Iris und Herren-Würze. Bloß wäre ihm dann vor lauter (zunehmend einseitiger; siehe unten) Gedeihlichkeit leider eine gewisse Innenspannung abhanden gekommen. Der eine oder andere friedfertigende Begleiter der beiden Genannten tut ein Übriges dazu.

Bereits aus dem Röhrchen riecht es nicht nur nach Karotte, sondern, so bilde ich mir ein, reichlich ISO-frisch. Nach dem Auftragen wird besagte karottige Iris rasch von einer Herrenwürze begleitet, wie Muskatellersalbei und Rosengeranie sie charakterlich vergleichbar zu liefern vermögen. Der Pfeffer wird vor allem mit ein wenig Abstand von der Haut gut spürbar. Mischt sich lustig mit der unterschwellig limonadig-holzigen Frische und ist folgerichtig mehr luftig als scharf.

Überhaupt ist unsere Herren-Würze keineswegs stinkig oder muffig, im Gegenteil: Sanfte Andeutungen von warmem Gewürz und Frucht sorgen für eine heimelige Atmosphäre. Zudem ist ein sachter, moosig-schaumig-seifiger Hauch mit an Bord, der die allgemeine Zivilisiertheit und gute Ordnung („Ja, Schatz!“) unterstreicht. Ich fühle mich, als sei einem im Kern konservativen Herrenduft vermittels Lippenstift-Iris ein femininer Stempel aufgedrückt, der seinerseits durch die vermeinten Synthetik-Beigaben etwas aufgesetzt daherkommt.

Nicht unterschlagen sei, dass ich außerdem eine diffus-florale Note wittere und dass aus dem Untergrund alsbald ein wohlgeratenes Kunstholz grüßt (Cashmeran?). Beiwerk. Ein Beitrag von Vetiver ab der Mittagszeit schafft es ebenfalls nicht, nennenswerte Prägnanz zu entwickeln.

Sofern im Zentrum des Duftes tatsächlich ein Wechselspiel aus eher maskulinen und eher femininen Komponenten stehen sollte, wäre das nicht zu Ende gebracht. Obwohl nämlich (nach ungefähr gleichgewichtigem Auftakt) die Iris sukzessive die Geranie majorisiert, ein Eindruck übrigens, der sich von Testtag zu Testtag verstärkte, gelingt ihr dennoch keine originäre „Pracht-Entfaltung“ – welch eine Allegorie! Ich vermute, die Chemie hält die Dame zwar ausdauernd-frisch, raubt ihr im Gegenzug jedoch auch das Charakteristisch-Bittere. Wie viel spannender ist da der Kontrast in Iris Bleu Gris von Maître Parfumeur et Gantier. Dort fliegen praktisch die Fetzen!

Es lässt sich einwenden, dass derlei vermutlich nicht der (wie mir scheint) ätherischen Grund-Aufstellung des Hauses Aedes de Venustas entspräche. Mag sein, bloß bleibe ich hier nun irgendwie bei „bürotauglicher Frisch-Würzling“ hängen, der sich – so angenehm und fein er ist - aus meiner Sicht nicht groß hervortut. Schön ist er natürlich trotzdem, und es lässt sich einiges darin entdecken.

Drei von acht Düften aus dem Hause Aedes de Venustas kenne ich bislang, eine weitere Probe habe ich noch. Copal Azur finde ich klasse, Iris Nazarena schien mir in seiner fahlen Tönung allzu miesepetrig, mithin weniger gelungen. Pelargonium ist genau dazwischen. Ein „Immerrichtig“. Ich bin gespannt auf Cierge de Lune.

Fazit: Nein, Schatz!
18 Antworten
Meggi vor 4 Jahren 35 28
8
Flakon
5
Sillage
8
Haltbarkeit
6.5
Duft
Für kleine Königstiger?
Der russische Winter mit seinen langen, kalten Nächten ist ein trefflicher Grund zum Saufen. Und im Sommer finden sich andere. Aber es war ja Winter. Außerdem braucht eine Truppe Jugendlicher auf Russland-Reise keine Gründe, sich reichlich von der billigen einheimischen Destillat-Flora auf die Lampe zu gießen.

Mein Kumpel und ich hatten klugerweise sogar die russischen Groß-Buchstaben gelernt. Es nützt dir schließlich - betankt durch die nächtlich-verschneite Stadt eiernd - nicht viel, zu wissen, dass du im „Prospekt Tschaikowskogo“ wohnst, wenn du das Schild nicht lesen kannst, obwohl du womöglich direkt davor stehst. Und draußen zu versacken ist bei deutlich zweistelligen Minusgraden keine gute Idee.

Schnee in Russland. Mit Sibirien kann ich diesbezüglich zwar nicht dienen, hingegen ist Schnee in russischer Großstadt (Moskau), Mittelstadt (Twer; nach unseren Maßstäben Großstadt) sowie auf dem Land Teil meiner verfügbaren Erinnerungen. Allein: Mit dem Duft kann ich rein gar nichts davon in Verbindung bringen.

Schon die Eröffnung ist cremig-süßlich-plastikhaft einerseits, säuerlich-bitter-rau andererseits. Die Frische der Minze ist allenfalls Hauch oder Ahnung, eher umweht eine das Nadelbaumhafte streifende Ätherik den Duft. Dazu gibt es Heftpflaster-Rauch und damit scheint mir der Bursche zunächst einen ähnlichen Weg einzuschlagen wie einige weitere Amerikaner, ich denke konkret an ‚Wazo‘ aus dem Hause Monsillage oder Sonomas ‚Incense Pure‘.

Doch dann: Jasmin. Vornehmlich die sinnlich-schwere Richtung, die gleichwohl einen unleugbaren Anflug von tiefergelegtem Stink pflegt, der also nicht derart pointiert zugespitzt wie andernorts bölkt, sondern im Untergrund rumort. Die Kombination Jasmin und Weihrauch wirkt übrigens nullkommanull orientalisch. Hier bleibt es rustikaler, bodenständiger.

Was sich anschließend „da unten“ zwischen Jasmin und Zibet abspielt, könnte Gegenstand anstößig erregten Geflüsters der Nachbarn werden, wäre daran nicht allzu bald eine unerfreuliche diffuse Muffigkeit beteiligt. Nach längerem Überlegen führe ich sie auf frühes Holz im Verein mit dem Rest des strengen Jasmin-Parts zurück. Das riecht wie angeschimmelt. Und auch der Fortgang gibt mir Rätsel auf. Nach einer halben Stunde kommt mir verstänkerter Amber in den Sinn, wie gewollt dumpf gehalten. Was soll das denn? Wiederum mag ein miesepetriger Jasmin mitmischen.

Lediglich eine gewisse Labdanum-Animalik nach zwei Stunden ließe sich über drei Ecken konzeptionell einsortieren. Sie ist charakterlich nicht weit entfernt etwa von den schweinigelnden Auftritten in Oud Ispahan oder Cuir Garamante. Bloß ohne Rose und Leder. Und um einiges stiller. Hm… Wenn es nach neun Monaten Dauerfrost in Sibirien endlich taut, kommen vielleicht die Hinterlassenschaften der örtlichen Tiger als Vintage-Gestank raus?

Gegen Mittag enden die Gedankenspiele. Nun ist das Holz vornean und lässt den Duft sozusagen erlahmen. Von dieser Schiene vermag sich ‚Siberian Snow‘ nämlich nicht mehr zu lösen. Und da sich mir bereits der vordere Teil recht durchwachsen präsentierte, bleibt mir nur das folgende…

…Fazit: Einer der schwächeren Durgas. Immer noch ordentlich, zumindest nicht unspannend, versteht sich. Aber im Vergleich zu seinen mir bekannten Geschwistern fällt er ab. Seltsam unentschlossen und phasenweise geradezu muffig. Schade.

Ich bedanke mich bei Jumi für die Probe.
28 Antworten
Meggi vor 4 Jahren 49 27
8
Flakon
7
Sillage
8
Haltbarkeit
8.5
Duft
Ärztlicher Rat
Die Ärztin hat mich ermahnt, auf mein Gewicht zu achten. Nie wurde derlei sorgsamer befolgt. Jüngst etwa habe ich zu Abend eine Familien-Packung Backfisch verdrückt. Vier Stücke zu je 100 Gramm à 175 Kalorien, macht 700 Kalorien. Plus dänische Remoulade. Reichlich vier Esslöffel werden es gewesen sein, also wohl locker weitere 150 Kalorien. Zum Nachtisch gab’s eine Portion Profiteroles. Ungefähr ein Viertel des Packungs-Inhalts von 450 Gramm zu 277 Kalorien je 100 Gramm habe ich gegessen, macht bummelig noch einmal gut 300 Kalorien.

In Summe an die 1.200 Kalorien. Straffe Leistung für einen Abend, finde ich. Die Ärztin wird sehr zufrieden sein mit meinen Bemühungen. Ich kann schließlich nichts dafür, dass das alles nichts bringt. Jedes Jahr um die Weihnachtszeit versuche ich tapfer, via Gans, Knödel, Süßigkeiten etc. einige Kilos zuzulegen, kriege aber kaum mal die 65 auf die Waage. Nicht viel auf knapp einsachtzig Länge – und binnen weniger All-Tage ist eh alles wieder weg, runter auf 60. Ich habe übrigens bis heute den ersten Gürtel in Gebrauch, den ich mir im zarten Alter von vielleicht 15 Jahren selbst gekauft hatte, Mitte der Achtziger.

Säßen wir jetzt auf einem Parfumo-Treffen, wäre ich womöglich längst erschlagen worden. Nun höre ich auch auf damit – und empfehle einfach ‚Stardust‘: den Duft zum niveauvollen Genuss ohne Kalorien.

Die Betonung liegt auf „niveauvoll“, denn Süß-Bomben gibt’s ja viele, bloß eben nicht selten mit brutaler Karies-Gefahr auf der Meta-Ebene. Der Schnick ist vorliegend die großartige Balance, die von Anfang bis Ende gewahrt bleibt, um das gleich vorwegzunehmen. Als richtiger Genuss-Duft weckt ‚Stardust‘ nur wenig Motivation, den Einzel-Aromen besonders figelinsch nachzuspüren, doch ein paar Dinge seien genannt:

Orangen-Bitterschokolade eröffnet. Köstlich fruchtig und herb. Und derart lebensecht, es ist verblüffend. Den Ausgleicher spielt ein grün-saurer Einschlag. Und um sicherzugehen, wird die Schoki rasch unterfüttert und aufgeraut, wohl von (Kakao)-Patchouli. Toller Gourmand-Akkord, der trotzdem gekonnt das allzu Süße vermeidet.

Die Vanille ist hintergründig und herb, dunkel und voluminös. Ich habe bereits anderndufts erlebt, dass sie geradezu das Rauchige streifen kann, so scheint’s auch hier. Schleichend löst sie die Schokolade ab, die Orange bleibt ein Weilchen länger und dimmt nur ganz allmählich weg. Ein wächsern-luftiger Hauch sorgt nun mit dafür, dass die Sache weder zu süß noch zu essbar wird.

Erst zum späteren Vormittag hin erfolgt die pyramidal erwartbare Verjahrmarktung, behutsam tritt eine zarte, karamellig-zuckrige Note hinzu, fein abgeschliffen von einem floral-fruchtigen Rest und unserem Wachs. Die diversen weiteren Beigaben kann ich mir mehr oder weniger gut einbilden,

Ohnehin gilt, wie meist bei Neuffer: Dass neue Teilnehmer das Spielfeld betreten, bedeutet nicht zwangsläufig, dass die schon Anwesenden es verlassen. Den ganzen Nachmittag über und bis in den Abend hinein umschweben Vanille, Kakao, Wachs, sachte Frucht-Reste einander in immer wechselnder Gewichtung. Das führt dazu, dass sich von einem Tag auf den nächsten unterschiedliche Nuancen ergeben. Etwas schwächere Dosierung lässt beispielsweise bei mir den Jahrmarkt-Part subtil werden.

Fazit: Rundweg gelungen. Dass derlei nie vollends „meins“ sein wird, tut nichts zur Sache.

Ich bedanke mich heute dreifach: Einmal bei meinem Sohn, dass ich das Pröbchen ebenfalls versuchen durfte, welches er – dies mein zweiter Dank – von der ‚Stardust‘-Schöpferin höchstselbst bekommen hat, um seiner übersichtlichen, allerdings durchaus exklusiven Vanilleduft-(zumeist Pröbchen)-Sammlung ein wahres Kleinod beizusteuern. Ihm gefällt der Duft sehr, wenngleich er einen Zacken lieber zu Guerlains ‚Spiritueuse Double Vanille‘ greift. Ich kann ihm das nicht verübeln, ein Neuffer-Duft ist für einen Zwölfjährigen fraglos eine Herausforderung.

Und drittens bedanke ich mich bei allen lieben Leuten hier und wünsche allseits eine schöne Weihnachtszeit.
27 Antworten
11 - 15 von 1019