6thScent

Lange und immer wieder um den Duft herumgeschlichen. Immer wieder habe ich die Anschaffung verworfen und den Bedenken nachgegeben;
vielleicht ja zu altbacken,
vielleicht zu muffig,
vielleicht Opa,
vielleicht passt er nicht
vielleicht ist der aufgerufene Preis zum Fenster herausgeworfenes Geld
vielleicht finden Frau und Kollegen in Bäh,
vielleicht...
Nun war es dann doch soweit. Im Zuge einer waghalsigen und spontanen Proben Order wurde er mitbestellt.
Tag 1:
Freitag, morgens Früh in Deutschland.
Ein Tag im Büro ohne Duft? Näääh!
Welcher soll es sein? Einer aus dem Schatzkästchen? Oder doch das Risiko eingehen eine der Proben zu testen?
Nicht ohne Risiko. Denn ob er gefällt oder nicht. Der Duft wird, so er denn hält, 8 Stunden mit mir im Büro sitzen.
Kurzerhand die Bedenken über Bord gekippt. Was solls, es sind 2 Tage Wochenende dazwischen und im Desasterfall glätten sich die Wogen im Kollegenkreis hoffentlich ;-)
Kurz gesagt, Cravache wurde aufgetragen und was soll ich sagen?
Noch vor der zweiten Tasse Kaffee würde ich von 3 Damen im Büro positiv auf den Duft angesprochen und gefragt was das denn für ein Wässerchen sei.
Vielleicht doch eine gute Idee diese Probe zuerst zu wählen.
Gut, der Duft startet und bleibt sehr krautig. Aber vor allem frisch, eher im Sinne von klar, energetisch, vitalisierend. Doch immer dezent genug um nicht abzuschrecken, sondern heranzulocken, einzuladen.
Von mangelnder Haltbarkeit kann ebenfalls nicht die Rede sein.
Morgens um 5,30 Uhr gesprüht, war er bei mir bis ca 16.00 Uhr immer noch wahrnehmbar.
Vielleicht wandert er auf die Haben-will-Liste,
Vielleicht werden es 100ml,
Vielleicht kommt er bald,
Vielleicht...
Bestimmt!

Tja, wie fange ich es am besten an? Angefixt von diversen Kommentaren und Videoreviews habe ich mich getraut: Augen zu, Mausklick und den Shuhrah online bei N.. bestellt. Direkt am nächsten Tag geliefert, ausgepackt, mit angespannte, äußerster Vorsicht den Sprühknopf maximal 1/4 gedrückt. Bliss nicht zuviel!...
Tja, dann begann die Ratlosigkeit um sich zu greifen. Was standen nicht alles für Superlativen im Raum, Powerhouse, Beastmode, Partybuster. Ja. Leider nicht bei mir.
Nach dem ersten vorsichtigen Sprühen drang zwar ein süßlich fischer Duft mit dezenten Rauchtönen an mein Riechorgan, aber alles wie durch einen Weichzeichner, transparent und verwässert. Nach 2 Stunden war der Duft an der gesprühten Stelle nur noch sehr dezent wahrnehmbar.
Um einen bildlichen Vergleich zu bemühen:
Mann stelle sich, das Setting selbstverständlich der orientalischen Herkunft des Testprobanten angepasst, eine Szene aus Aladin und die Wunderlampe vor. Der Held hat an dem güldenen Blech gerubbelt um den Djini aus der Flasche zu beschwören. Erwartet wird ein Bild in prächtigen Farben. So ungefähr wie die filmische Umsetzung des Aladin Themas durch die Firma mit dem Nagetier im Logo ;-)
Stellt man sich diese Szene an Stelle von Technicolor in Pastellfarben vor, weiss man was hier gemeint ist.
Kurz, selbst ein im Vorbeigehen im Laden gesprühter Shot Invictus hielt sich (leider) deutlich hartnäckiger.
Ich kann nicht sagen, ob es an einer Reformulierung liegt, meiner Hautchemie oder meiner Nase. Am Schluss stehe ich hier, in der Wunderhöhle, die Wunderlampe in der Hand. Doch egal wie sehr ich rubble, der Geist ist aus der Flasche und er kehrt nicht zurück.

Zufällig bin ich neulich beim Stöbern über diesen Duft gestolpert. Bis dato waren mir weder der Duft noch die Marke Battistoni ein Begriff. Der Preis war heiß und 3,2,1 meins.
Schon nach 2 Tagen hat der Postmann 2x geklingelt und da war er. Die Umverpackung war schonmal nicht schlecht. Dunkelblaue leicht strukturierter Karton mit weißer Schrift. Simpel elegant. Dem schließt sich der Flakon darin an. Recht stromlinienförmig nach oben verjüngt. Mittig das gläserne Relief des römischen Kriegsgottes Mars. Schick. Weniger schick ist die billige Plastikkappe. Aber bei dem Preis....
Also ran ans Eingemachte. Zwei Sprühen und die Eindrücken wirken lassen. Hmmm. Zuerst startet Marte zitrisch frisch. Aber es ist vom Eindruck keine helle Zitrone die den Tag erhellt. Vergleicht man die Frische mit Sonnenstrahlen scheint es, als lägen vereinzelte Schatten darüber. So als säße man unter den Ästen eines Baumes der sich im Wind wiegt und die Sonnenstrahlen und der Schatten der Blätter im Wechsel hin und her wogen. Ob das vom Basilikum kommt? Nach einer Weile geht der Duft in ein Herz /Basisphase über die ich nicht trennen kann und die mich lange verwirrt hat. Irgendwann hat sich ein Bild visualisiert das dem zumindest annähernd entspricht:
Ein kleines Dorf. Irgendwo in Italien. Es liegt direkt am Meer. Touristen verirren sich nur selten hierher. Die Jungen sind in die Stadt gezogen. Der Arbeit wegen. Heute wohnen meist nur noch die Alten hier. Zu sehr sind sie mit dem Ort verwurzelt. Es gibt auch keine Hektik hier. Alles hat seinen ureigenen Rhythmus. Die Häuser sind mit Kalk geweißt und strahlen wie Reihen weißer Zähne eines Riesen in der kargen wilden Landschaft. Die Gerüche die das Meer mit sich trägt vermischt sich mit dem Geruch des Kalks, des wilden Jasmin der hier überall wächst und der knorrigen Zedern die vereinzelt wie Fingers tummeln aus der Landschaft ragen.
Als Fazit bleibt zu sagen, ein Duft der einen mit auf eine Reise nimmt. Wenn man sich die Zeit nimmt ihn zu entdecken. Bestimmt kein Mainstream. Aber auf alle Fälle besonders und eine Reise wert.

Jetzt ist es schon wieder passiert! Neugierig geworden durch Reviews und auch Youtube Videos hat wieder einmal der Bestellfinger unkontrolliert gezuckt.
Ergebnis: 2 Tage später kam ein Paket von Parfumdreams. Darin, in mehrere Schichten Nachrichten vom Vortag gewickelt, das Objekt der Begierde - Estee Lauder For Men 100ml Blindbuy.
Getreu dem Motto 'No Risk, no Fun!', aufgesprüht und die letzten Tage ausgiebig getestet.
Wahrscheinlich haben meine Kollegen im Büro schon eine aufkommende psychologische Störun diagnostiziert weil ich ständig, oft unbewusst, mit der Nase am Handrücken hing. Oder sie haben sich bereits daran gewöhnt ;-).
Tja, und wie riecht Lauder for Men nun? Einige Reviews liessen ja ein Powehouse Duft, ein 80 Jahre Wummser vermuten. Ich habe für mich festgestellt, das ist Lauder for Men nicht.
Ich empfinde ihn als frisch und würzig. Nie überfordernd und immer begleitet von einer gewissen Seidigkeit. Ja, er hat etwas von einem edlen Rasierwasser, ohne das jetzt negativ zu meinen. Er ist sophisticated! Er ist elegant! Aber ist genauso auch casual!
Selbst heute, bei ca 28 Grad empfinde ich den Duft als nicht zu schwer. Als nicht belastend. Er behält immer eine gewisse Frische.
Alles in Allem - Sehr angenehm!
Ich bin froh, das ich den Lauder bestellt habe und denke, er wird noch eine ganze Weile bei mir bleiben.
Eines ist jedoch definitiv: 'Lauder then the DJ' ist er nicht. Aber seidige Eleganz und Wohlbefinden zum Aufsprühen für den geneigten Tester. Das ist er!
Traut Euch!

Wohl unbewusst voreingenommen durch die doch recht negativen Bewertungen hier habe ich in der Vergangenheit eher einen Bogen um den "Duke" gemacht. Dazu kam das er in leicht erreichbarer Nähe auch nicht zum Test zur Verfügung stand.
Jetzt hat es sich ergeben, dass meine Bessere Hälfte neulich ein Präsent von einem Ladies Weekend mitbrachte: Duc de Vervin!
Wissend um mein Faible hatte sie sich durch die Parfumabteilung eines grossen Kaufhauses in der Landeshauptstadt getestet und ihn als Auslese mitgebracht.
Mit der Einstellung 'Einem geschenkten G... usw.' habe ich den Duft jetzt seit einigen Tagen im Dauertest und komme doch zu einem, in meinen Augen, weitaus milderem Urteil.
Klar, Duc de Vervin startet recht heftig und verhältnismäßig scharf. (Sorry, besser kann ich es nicht greifen.) Denn Drydown der daraufhin folgt und sich über viele Stunden zieht, finde ich aber umso ansprechender. Grün, moosig, waldig, Barbershop, edel, umhüllend, schmeichelnd, old but not dated, gereift, dass sind die Schlagworte die mir beim Tragen in den Sinn kommen. Müsste ich den Duft in ein Bild kleiden, wäre es ungefähr so:
Ein dunkler, tiefer Tannenwald. Hier und da ein Rascheln zwischen den Zweigen, sonst Stille. Kein Vogellaut ist zu hören. Morgennebel zieht seine dunstigen Finger über den moosigen Boden und enthüllt was zuvor noch im Dunst verborgen lag. Zwischen den Wipfeln brechen sich, wie güldner Amber erste Sonnenstrahlen Bahn um, wie kleine Inseln im Ozean, den Boden in Gold zu tupfen.
Das ist das Bild das der "Duke" erzeugt. Und dazu, finde ich, passt der Flakon ganz vortrefflich. Meine Empfehlung daher: alle denen diese Richtung liegt, unvoreingenommen testen. Nicht vom harschen Start vergraulen lassen und ihm Zeit geben. Es lohnt sich.