Apicius

Apicius

Rezensionen
Filtern & sortieren
11 - 15 von 1106
Apicius vor 8 Jahren 15 1
8
Flakon
5
Sillage
4
Haltbarkeit
7.5
Duft
Ein Duft-Zitat
Der Bottega Veneta Herrenduft gehört für mich zu den besten Neuerscheinungen der letzten Jahre im mittelpreisigen Segment. Ganz einem puristischen Stil verpflichtet, ist der eher aromatisch als herb, dabei aber diskret und zurückhaltend. Wie nur wenige verbindet sein Konzept Attraktivität und Anziehungskraft mit Schlichtheit und Tragbarkeit. Wer ein Parfum für jeden Tag sucht, wird hier bestens bedient.

Wenn schon die nachfolgenden Flanker den ersten Duft der Serie kaum übertreffen können, so bleibt immerhin die Frage, ob sie ihm gleich kommen. Der helle Flakon des neuen Essence Aromatique signalisiert, dass es diesmal in eine frischere Richtung gehen könnte.

Der erste Geruchseindruck ist zitrisch-krautig, markant und sehr, sehr vertraut - ein Wiedersehen mit einem alten Bekannten? Ein paar Regale weiter steht er und bestätigt im Direktvergleich: der Auftakt ist Armanis Eau pour Homme!

Der Armani schlechthin hatte seine große Zeit in den 80ern und 90ern, und selbstverständlich konnte das Remake aus dem Jahr 2013 der nostalgischen Erinnerung nicht gleich kommen. Jenes Eau war ein richtiger Stinker, mit Basilikum und Zitrone, noch ganz typisch für die Zeit der Aromatic Fougères. Doch auch die heute erhältliche Version ist immer noch kräftig, so wie es für ein zeitgemäßes Parfum eben noch geht.

Im Essence Aromatique setzt Amandine Clerc-Marie diesen Akkord freilich ganz anders ein als seinerzeit Roger Pellégrino. Bei ihr ist der Ton drei Stufen leiser. Er stellt sich in der Kopfnote vor, um dann verhaltene Impulse bis in die Basis zu senden. Diese ist pudrig-holzig und meldet sich schnell zu Wort. Ihre zurückhaltende Art ist die thematische Verbindung zu den beiden anderen Düften der Reihe. Dass die Duftentwicklung schon nach zwei Stunden durch ist, hätte man in der Namensgebung berücksichtigen können, etwa durch den Zusatz "Cologne".

Amandine Clerc-Marie hat sich verdient gemacht, indem sie einen klassischen Akkord in einen ganz modernen Rahmen stellt und ihn so vielleicht einem jüngeren Publikum aufs Neue erschließt. Selber habe ich allerdings noch nie das Bedürfnis verspürt, mich mit Basilikum und Zitrone einzureiben. Armanis Eau - in welcher Form auch immer - ist daher nicht Teil meiner Sammlung.
1 Antwort
Apicius vor 8 Jahren 12 2
7
Flakon
7
Sillage
7
Haltbarkeit
7.5
Duft
Überraschend traditionell
Gut steht es der Marke Salvatore Ferragamo an, einmal Anleihen bei der klassischen italienischen Parfumerie zu nehmen. Es sind die Zagaras, von Johann Maria Farina im Gepäck nach Köln mitgenommen und von dort in alle Welt exportiert, die am Anfang der neuzeitlichen Parfumkunst überhaupt stehen. Und es ist die Note Neroli oder auch Orangenblüte, welche diese Eau de Colognes so stark bestimmt, dass sie von den einen heiß geliebt, von den anderen als Oma-Parfum geschmäht werden.

Eine solch klassische Note in einem modernen Herrenduft ist eine angenehme Überraschung. Doch hier schließt sich gleich ein großes Aber an. Die Orangenblüte in Acqua Essenziale Colonia ist nur der Steigbügelhalter für einen Duft, der sich schnell in eine ganz andere Richtung entwickelt.

Acqua Essenziale Colonia ist ein hell-würziger Duft. Im Herz und in der Basis ist er geprägt von einem Riechstoff, der sich mit Noten wie Koriandersamen, eventuell auch Muskatellersalbei umschreiben lässt. Persönlich mag ich den überhaupt nicht, daher fällt Aqua Essenziale Colonia bei mir durch.

Doch der Duft ist ordentlich gemacht und das Konzept für mich schlüssig. Sehr positiv fällt mir auf, dass die Nerolinote ausschließlich den Kopf prägt. Schnell lässt sie nach, schafft es aber gleichwohl, ihren Charakter ein Stück weit dem Nachfolgenden mit zu teilen. Das spricht dafür, dass für Acqua Essenziale Colonia tatsächlich Orangenöl Verwendung gefunden haben könnte und kein ewig anhaltender Ersatzstoff. Wer weiß?

Acqua Essenziale Colonia ist ein leichter Duft, mit einer ungewöhnlichen Kombination zweier Akkorde. Aus der Beliebigkeit vieler Herrendüfte des mittleren Preissegments ragt er gerade so weit heraus, wie es der Massengeschmack vielleicht noch toleriert.
2 Antworten
Apicius vor 8 Jahren 18 5
6
Flakon
8
Sillage
8
Haltbarkeit
7.5
Duft
Grüner Rauch über dem Bosporus
Parfums aus der Türkei sind auf Parfumo schon immer auf Interesse gestoßen. Zwar kommen von dort meist preiswerte Düfte, doch manche konnten mit Assoziationen an längst eingestellte Favoriten punkten. Mit Nishane wagt sich eine Marke mit diesem Hintergrund nun in die hochpreisige Nischenparfümerie. Wird Nishane diesem Anspruch gerecht?

Mit Vetiver kriegt man mich immer, deshalb durfte „Sultan Vetiver“ auf meine Haut. Anders als manches, was diesen Namen trägt, wurde am Extrakt dieser Graswurzel hier nicht gespart. Ein ziemlich rauchiger Vetiverakkord prägt diesen Duft von Anfang bis Ende. Damit setzt sich Sultan Vetiver wie viele „moderne“ Vetivers ab vom klassisch-eleganten Stil (z.B. Guerlain), bei dem die rauhe und vielleicht auch rauchige Seite dieser Graswurzel eher überdeckt wird.

Nicht recht entscheiden konnte sich der Parfümeur bei der Gestaltung der Kopfnote. Mit Neroli lehnt sich Vetiver Sultan an die Klassiker an, in denen der Kopf meist zitrisch-frisch gestaltet ist. Doch mit der als Absinth bezeichneten Note wird eine helle, würzige Frische dargestellt (mir kam Wacholderbeere in den Sinn), wie man sie in manchen Parfums gerade als Alternative zum Zitrus-Einerlei verstehen kann. Sehr ungewöhnlich ist das, beides vereint zu finden – aber warum nicht?

Mit dem Kopf hält sich die Entwicklung nicht lange auf. Zentrales Motiv ist ein rauchiger Vetiverakkord, der mit modernen Noten aus dem holzig-ledrigen Spektrum kombiniert wird. Das dürfte vor allem die Anhänger puristischer Parfums im Gefolge von Terre d'Hermès, den Dsquared-Düften oder den Herrendüften von Ramon Monegal ansprechen.

Der Dufteindruck, der dadurch entsteht, dürfte einmalig sein. Ob er letztlich gefällt, muss jeder für sich selbst entscheiden.

Es ist immer wieder zu beobachten, dass einem an sich krautigen Duft ein orientalischer Touch durch Tonka, Vanille oder Verwandtes mit gegeben wird. Das bewirkt Volumen und führt den Duft in die Breite. Bei Sultan Vetiver ist das vor allem in der Herznote der Fall. So negativ darstellen wie meine Vorrednerrin möchte ich das zwar nicht, doch die Kartoffel-Assoziation kann ich nachvollziehen. Ich empfinde Sultan Vetiver über Teilstrecken hinweg als regelrecht mehlig.

Nach etwa zwei Stunden driftet Sultan Vetiver Richtung Basis. Ich rieche jetzt wieder mehr Vetiver in vertrauter Form. Die eine oder andere ambitionierte Note schwächelt schon deutlich. Fast wird mir der Sultan auf der letzten Wegstrecke doch noch sympathisch.

Auch wenn der Sultan meinen Geschmack nicht ganz trifft – schlecht gemacht ist er nicht. Interessant für Testwillige ist die Einmaligkeit der hier gefundenen Kombination der Duftstoffe. Den hohen Preis von ca. 160 € halte ich gerade noch für vertretbar, vor dem Hintergrund, dass hier mit Vetiverölen und Acetaten mutmaßlich nicht gespart wurde.
5 Antworten
Apicius vor 8 Jahren 29 7
Alchemistische Momente
Es scheint Themen in der Parfumkunst zu geben, an die sich die Parfümeure nur selten wagen, und dazu gehört die zurückhaltende Darstellung der Note Feigenblatt. Denn die Vorstellungen des Publikums vom Feigenblatt-Parfum scheint fest zementiert zu sein, seitdem Diptyque mit Philosykos diese allergrünste aller Noten so demonstrativ in den Vordergrund stellten. Zahlreiche Nachahmer aller Preisklassen stehen heute in den Läden, gefallen tun sie mir nicht.

Wer aber erinnert sich noch an den wunderbaren Herrenduft Salvatore Ferragamo? Dort ergab die Kombination mit rauchigem Vetiver ein meines Wissens noch nie dagewesenes Dufterlebnis voller Eleganz. Doch nach Einstellung des Parfums wurde das so gut wie gar nicht mehr aufgegriffen.

Zu den wenigen, die dieses Thema in schöpferischer Erinnerung behielten, scheint Jean Claude Astier von Micallef zu gehören. Schon vor einigen Jahren stellte er in der Micallef "Private Line" Serie ein solches Parfum her. Es hieß "Richard" nach dem Geschäftsführer von Beauty Affair in Düsseldorf; sie hatten es nach einem Besuch bei Micallef in Grasse in kleinster Auflage geordert.

Wir dürfen uns freuen, dass Micallef diese Duftrichtung nun einem größeren Publikum präsentiert. Dabei können wir Akowa als Weiterentwicklung entlang dieser Linie verstehen. Bereits "Richard" interpretierte die Kombination von Feigenblatt mit dem von mir vermuteten Vetiver zarter, transparenter und feiner als der eingestellte ehemalige Erfolgsduft aus Bella Italia. Ein wunderbarer Genuss, vor allem jetzt im Frühjahr und Sommer.

Vetiver und Feigenblatt besitzen gemeinsame, aber auch gegensätzliche Eigenschaften: beiden Noten wird die Farbe Grün zugeschrieben, doch Feigenblatt ist frisch und Vetiver rauchig-holzig. Vielleicht ist das die Voraussetzung für jenen quasi alchemistischen Moment, der im günstigen Fall etwas wunderbares Drittes entstehen lässt. Im Falle von Akowa sprechen die PR-Texte von einer geheimen Zutat. Ich verstehe das so, dass die Note Feigenblatt hier zum Teil mit einem alternativen Riechstoff dargestellt wird. Unmöglich zu sagen, was das sein könnte. Da versagt die Kunst, ein jeder entdecke das Geheimnis für sich.

Im ersten Eindruck ist eines an Akowa befremdlich. Was soll denn die Kakaonote in diesem Rahmen? Uns fällt die Vorliebe des Herrn Astier für eine gewisse orientalisch angehauchte Opulenz ein, die ja den Stil von Micallef prägt.

Der Test ergibt zunächst ein uneinheitliches Bild. Im Kopf passt noch nichts zusammen. Die Noten stehen nebeneinander da: wir erkennen schon die herbe Vetiver Basis, das frische Feigenblatt, das grüne Geheimnis und dazwischen den etwas befremdlich wirkenden Kakao. Hinzu kommt noch eine wunderbare zart-prickelnde Aromatik aus dem schwach zitrischen Bereich, welche den Duft spürbar belebt.

Man muss Akowa etwas Zeit geben, dann fügt sich alles auf der Haut zu einem einheitlichen Ganzen zusammen. Der Kakao ist dann nicht mehr isoliert zu riechen, er mag zusammen mit anderem für eine solide Grundlage in der Basis des Dufts sorgen. Feigenblatt, Vetiver und die geheime Note sind zusammengegangen. Auf einmal wirkt Akowa wie aus einem Guss, ein außergewöhnliches Dufterlebnis, dem man wohl Einzigartigkeit zusprechen muss.

Für wen ist Akowa denn gemacht? Eine hübsche Story hat man sich da ausgedacht, es geht um die mystischen Geheimnisse eines gleichnamigen afrikanischen Stamms, der vor allem sehr verschwiegen sein soll. Dass man Akowa gerne an einem großen, schwarzen Mann riechen würde, liegt da ganz nahe.

Tatsächlich ist es aber die Ungewöhnlichkeit des Dufterlebnisses, welche es nicht so leicht macht, einen eigenen Zugang zu finden. Akowa hat Stil und Eleganz, transportiert aber auch ein Gefühl von Fremdheit und Unvertrautheit, das vom Träger überwunden werden muss. Nach der Afrika-Story liegt die Bezeichnung als "exotischer" Duft nahe, wäre mir aber letztlich doch zu euphemistisch.

Ich empfinde Akowa so, dass es wenig Sinn macht, ihn nur gelegentlich auf zu sprühen. Man muss ihn sich aneignen, ihn tragen und nochmals tragen, bis er Kleidung, Aura und Stil durchdringt und prägt - vielleicht ein weiterer alchemistischer Moment. Man darf auch gelegentlich nachlegen, denn die Vetiver-Basis ist vergleichsweise schnell erreicht. Du sollst keine anderen Düfte haben neben mir! Ein großartiges Testerlebnis ist aber gestattet.
7 Antworten
Apicius vor 8 Jahren 32 6
6
Flakon
8
Haltbarkeit
8
Duft
Zombie oder Wiedergeburt?
Die Zahl der für Parfum verwendeten Riechstoffe ist endlich. Das hat auch eine gute Seite: Was der eine vom Markt nimmt, bringt der nächste neu verpackt wieder heraus.

Mit grüner Flasche deckt Eau de Cèdre den Fougère-Bereich bei den Armani-Eaux ab. Das ist im Kopf angenehm krautig und weniger zitrisch als der Urvater der Serie. Die eher verhaltene Art macht beim Kennenlernen Lust, genauer hin zu schauen. Denn wirklich gelungene, moderne Interpretationen des Fougère-Themas sind so willkommen wie selten.

Schon nach wenigen Minuten stellte sich ein Gefühl von Vertrautheit ein – das Wissen, den Duft irgendwie zu kennen, ohne dass sich sofort das Geheimnis lüftete. Nach einer weiteren Weile wird es dann deutlich: Grundzutat ist hier ein Vetiver-Akkord – auch wenn es die Duftpyramide verschweigt.

Aber was für ein Vetiver genau? Wir kennen Elegantes von Guerlain, Rauchig-Intensives von Frédéric Malle und Holzig-Bitteres zum Beispiel von Chantecaille. Die Lösung naht, als sich schließlich eine eigentümlich salzige, leicht metallische und quasi aquatische Note bemerkbar macht. Fall gelöst: Das ist Vétiver von Annick Goutal!

Was war das für ein Parfum! Dunkelgrün und grau schien dieser Duft an den schottischen Küsten beheimatet zu sein – Moose und Farne, gemischt mit salziger Gischt und der Frage, ob zu viel davon seekrank machen kann. Wer ihm nachspürte, in dessen Kopf meldete sich vielleicht Mendelssohn-Bartholdys Hebriden-Ouvertüre zu Gehör. Kräftig und ausdrucksstark, war dieser Duft doch kein Rauhbein. Ganz im Sinne einer schottisch-französischen „Auld Alliance“, war seine Eleganz ein gleichermaßen präsentes und prägendes Merkmal.

Ich habe es bedauert, dass Annick Goutal den Duft vor einigen Jahren aus dem Sortiment nahm und durch ein gefälliges, verdünntes „Cologne“ ersetzte. Schön, dass nun bei Armani das Thema wieder kommt.

Freilich: kann eine Kopie je das Original ersetzen? Mir erscheint Eau de Cèdre weniger sorgfältig entwickelt im Sinne einer harmonischen Duftkomposition. Statt eines Gesamteindrucks nimmt uns Eau de Cèdre auf eine Duftreise mit – von krautigem Fougère zu aquatischem Vetiver. Auch das ist schön, halt ein anderer Ansatz. Den Kenner des Vorgängerduftes wird man um Nachsicht und Toleranz bitten müssen, alle anderen haben hier die Möglichkeit, auf einen fast einmaligen Akkord zu treffen. Ich freue mich über meinen verbliebenen Rest Vétiver von Annick Goutal und lasse die Eingangsfrage unbeantwortet.
6 Antworten
11 - 15 von 1106