Blaugrün

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Blaugrün vor 6 Jahren 16 5
Unwiderruflich verschwunden
Wie habe ich diesen Duft geliebt!

Vor etwas über vierzig Jahren, ich weiß es genau, weil es kurz vor meiner Hochzeit war, betrat ich eine kleine Parfumerie an meinem Studienort und verlangte gewohnheitsgemäß nach „etwas Frischem“. Die Inhaberin sah mich an und beschloss: „Das sind Sie nicht!“ Ich hatte vorher all die Eaux der berühmten Hersteller getragen, frisch, sportiv, grün. Woher die Dame wusste, dass ich Sport hasste, weiß ich nicht …
Sie sprühte etwas Eau Arpège auf mein Handgelenk und sah mich erwartungsvoll an. In der duftgeschwängerten Luft der Parfümerie roch ich nicht viel. Sie lächelte mich mütterlich an: „Gehen Sie erst mal an die frische Luft. Warten Sie. Ich bin sicher, Eau Arpège ist Ihr Duft.“
Stunden später, im warmen Zimmer, nahm ich ihn wahr: sanft, blumig, leicht holzig. Ich konnte es kaum erwarten, wieder in die Parfümerie zu kommen und meinen Eindruck zu überprüfen. Parfumkauf war damals für mich eine ernste Sache und ich überlegte immer lange. Bei Arpège war ich mir sicher: Die Suche hat ein Ende. Ich habe meinen Duft gefunden: fruchtig im Auftakt, vielleicht Pfirsich?, Aldehyde, später dann zart blumig. Präsent, aber doch zurückhaltend. Ohne Süße - oder war da doch ein ganz klein wenig Honig? Oder der Duft von Heu?
Eau Arpège blieb mein Duft bis zu seiner Reformulierung einige Jahre später.
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Blaugrün vor 6 Jahren 13 1
Ehrfurcht gebietend
Vor diesem Duft hatte ich großen Respekt.
Als Neuling nicht in der Welt der Düfte, wohl aber bei Parfumo habe ich mir die Beschreibungen der wunderbaren Guerlaindüfte durchgelesen, Düfte, die ich kannte und liebte: Parure, Nahema Chamade, L’heure bleue, Chant d’arômes, Mitsouko …
Und ich entdeckte Düfte, von denen ich nie gehört hatte, rar, schwer zu erhalten, teuer natürlich. Ich las begeisterte Statements und Kommentare und beschloss, auch diese exklusive Welt zu erkunden. Allen voran die „Kaiserliche Tonka“, wenn schon, denn schon.
Ich hatte von Weihrauch gelesen, von Hölzern, von Tonkabohnen und Tabak. Neuland für mich, die ich bis dahin fast ausschließlich mit Chypres und Blumendüften vertraut war.
Im Maison Guerlain (Schnitzler im Breidenbacher Hof) sprühte mir die Verkäuferin bereitwillig „Tonka Impériale“ auf. Dieser Duft interessierte mich vor allem, zu verlockend die mir größtenteils unbekannten Ingredienzien. Die Dame wollte mir unbedingt auch noch ihren favorisierten Duft zeigen, ich glaube, es war „Cuir Beluga“, aber ich wollte „Tonka Impériale“ unverfälscht genießen. Ich bekam noch ein Stofftüchlein mit, das sie ausgiebig beduftete und in einen kleinen Plastikbeutel packte.
Was soll ich sagen …. ich schwebte durch Düsseldorf, hatte keinen Blick mehr für das Angebot auf der KÖ. Ich war hingerissen, verzaubert. Über die Entwicklung und die Bestandteile des Duftes muss ich hier nichts mehr schreiben, das haben andere vor mir erschöpfend getan und ich könnte nichts Substantielles hinzufügen. Nur so viel: dieser Duft hat mir eine bis dahin fremde Duftwelt erschlossen, hat Maßstäbe gesetzt. Neben ihm können nicht viele Tonkadüfte bestehen.
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Blaugrün vor 6 Jahren 20 2
Magie
Ich hätte es wissen müssen. Ich hätte wenigstens darauf gefasst sein können. Wozu habe ich Proust gelesen, die "Recherche", in der sich eine vielbändige Romanhandlung aus einer Duft- und Geschmackserinnerung entwickelt?
Seit ich bei Parfumo bin, habe ich viel gelernt, viel probiert, viel verglichen. Einige (viele) Abfüllungen und Proben bestellt.
Als ich also die kleine Abfüllung "Ambre narguile" öffnete, hätte ich vorbereitet sein müssen.
Ich bin wieder ein kleines Mädchen (fädchendünn, immer hungrig), das mit baumelnden Beinen am Küchentisch sitzt und höchst konzentriert säuerliche Äpfel in dünne Scheibchen schneidet. Die beste Großmutter der Welt zieht derweil einen Strudelteig über den Handrücken hauchdünn aus. „Schatzerl, der muss so dünn sein, dass man die Zeitung durch lesen könnte.“ DerTeig wird dann auf dem Strudeltuch ausgebreitet, mit den Apfelscheiben belegt, sparsamst mit Rum beträufelt und am Schluss werden Rosinen und Mandelstifte darauf verteilt. Gezuckert wird nicht. „Der darf net so arg süß sein, das Leben ist süß und sauer.“
Mit souveräner Geschicklichkeit wurde der Strudel dann aufgerollt und „ins Rohr“ verfrachtet. Während der Backzeit bereitete die beste Großmutter der Welt eine Vanillesauce zu, die dann doch noch einige Süße mitbrachte. Die kleine Wohnung duftete – nach Apfelstrudel, Vanille, nach Geborgenheit, süß und sauer, wie das Leben.
Mittlerweile bin ich selbst im fortgeschrittenen Großmutteralter. Das Strudel-Gen meiner Großmutter habe ich leider nicht geerbt, ich backe Apfelkuchen. Aber auch der Duft meines allergelungensten Apfelkuchens holt mir nicht so die vergangene Zeit zurück wie Ambre narguilé.
Ich trage den Duft ganz selten, ich tupfe ihn dann spät nachmittags oder abends, wenn die Welt kalt und grau ist, auf mein Handgelenk und sofort bin ich wieder in der Küche meiner Großmutter - geliebt, geschützt, geborgen.
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Blaugrün vor 6 Jahren 9 1
Wie schön du bist!
Kismet hat mich überwältigt.
Sanft und unwiderstehlich. Mit seiner seidenweichen Aura, mit seinen pastellfarbenen Blütennoten, mit zarter Zitrone und einer runden Vanille. Ein sehr weiblicher Duft .... Grundsätzlich bin ich der Auffassung, dass sich Düfte nicht eindeutig einem Geschlecht zuordnen lassen, aber Kismet kann ich mir an einem Mann kaum vorstellen, zu filigran ist sein Aufbau.
Eine rote Rose, die sich scheu zeigt und wieder verbirgt, ganz untypisch für eine Vertreterin dieser stolzen Art. Zitrische Noten, die jedoch keine Säure enthalten, eher an das Aroma von Zitronenzesten mit etwas Puderzucker erinnern. Ein Hauch von Patchouli. Harzige Noten verschwimmen im Hintergrund. Alles so fein verwoben. Unbunt, sämtliche Farben mit hellem Grau abgetönt.
Wie kann ein so sanfter Duft derart stark sein!
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Blaugrün vor 6 Jahren 6 2
Sommerwasser
Sommer ? - Doch, früher mal hat es Sommer gegeben.
Gluthitze schon früh morgens, dumpfe, drückende Schwüle, schwitzende Kommilitonen in überfüllten Hörsälen, drangvolle Enge in den Straßenbahnen.
Welche Wohltat war da ein Duft wie Eau de Guerlain. Er ist nicht einzigartig, Eaux dieser Machart gab es in den Siebziger Jahren viele, aber er hat doch diese unverwechselbare Klasse der alten Guerlains. Zitrisch, erfrischend, unaufdringlich, elegant. Jasmin und Rose kaum wahrnehmbar, das Moos dafür um so deutlicher. Kühl, feucht, waldig. Heute fraglos unisex, damals den Damen vorbehalten. (Ich weiß nicht, ob sich die Herren allesamt daran hielten.)
Einen Flakon Eau de Guerlain habe ich immer im Parfumschrank. Ich trage es nur selten auf - manchmal, wenn es so trüb-kalt ist, dass mir schon die duftende Erinnerung an Sommer gut tut. Und natürlich an Sommertagen, die diesen Namen verdienen.

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