Carpintero

Carpintero

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51 - 55 von 56
Carpintero vor 5 Jahren 23 8
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Flakon
8
Sillage
8
Haltbarkeit
10
Duft
Friends with Benefits
Wie lernt man ein Parfüm, einen Duft, eigentlich kennen? Ich meine... wie genau geht das? Bei zwischenmenschlichen Beziehungen spricht man von der Chemie, die stimmt, davon, dass es funkt, dass etwas harmoniert, man sich gegenseitig sympathisch findet, sich zueinander hingezogen fühlt.
Aber wie ist es bei Düften?
Wie lernt man einen Duft kennen, gar lieben? Geht das überhaupt — einen Duft lieben?

Was auch immer es ist, dies hier wird keine Liebesgeschichte, daher auch der Titel.

Der Duft beginnt, wie jede Freundschaft +: sehr überraschend, sehr unerwartet und sehr, sehr leidenschaftlich und mitreissend. Überraschend kommt vor allem der Geruch nach Plastik... wie der Geruch einer nagelneuen Schwimmweste auf einer modernen Speed-Yacht, die vor Prunk und Luxus nur so strotzt, die auf den ersten Blick völlig bodenlos und überheblich wirkt. Gleichzeitig riecht das Plastik auch verspielt, wie ein pinker Flamingo in einem dekadenten Pool, der zu einer noch dekadenteren Villa auf Ibiza gehört. Ibiza, weil Party, weil Spass, weil es kein Ort ist, den man mit der Partnerin, sondern mit der speziellen Freundin bereist. Die Aufmachung ist so stark und laut, dass sie förmlich schreit. Spätestens jetzt merkt jeder um dich herum, dass diese ‚gute Freundin‘, die dich begleitet, wohl mehr als nur das ist.
Der Auftakt lässt dich nicht so schnell wieder los... er bleibt, und bleibt, und bleibt. Es ist spannend, aufregend, aussergewöhnlich.

Nachdem die Freundschaft + schon ein paar Wochen (in diesem Fall ein paar Stunden, genauer gesagt etwa zwei) läuft, schleichen sich erste Gewohnheiten ein. Zweifellos, es bleibt spannend und der laute Knall vom Auftakt ist auch jetzt immer noch sehr präsent und aufregend, jedoch kommen nun schon erste Nuancen von Vertrautheit dazu: Vanille und Tonkabohne. Am Anfang noch kaum bemerkbar, jedoch minuziös immer deutlicher und irgendwann auch immer lauter. Gepaart mit dem Geruch nach nagelneuem Plastik ergibt diese Vertrautheit aber keine Langeweile, sondern bleibt nach wie vor ein spannendes Abenteuer, dass vor seinen Mitmenschen unmöglich zu verheimlichen scheint. Selbst der Versuch ist zwecklos.

Die Freundschaft + erlebt weiterhin einen Steigflug: nach ein paar weiteren Wochen (3 bis etwa 4 Stunden), als sich immer mehr Vertrautheit in die neue Leidenschaft einschleicht, beginnt es irgendwann sehr kuschelig und zärtlich zu werden... zum Plastik-Tonka-Vanille-Gemisch gesellen sich nun vor allem sehr geschmeidiges Leder, komfortabler Amber und an dieser Stelle auch eine deutlich markantere, süssere Vanille-Note, die Romantik und erste Anzeichen von Verliebtheit aufkommen lassen. Aber das wird ignoriert. Im Moment (ca. nach 4 Stunden) verfliegt der Geruch nach Plastik, ab jetzt dominiert das kuschelige Leder und die sehr, sehr süsse Vanille. Auf dem Sofa mit der Affäre kuscheln, ja, ok, wieso denn nicht? Es ist doch so schön gerade... es soll nicht aufhören. Genau so kann und soll es bleiben — noch ein leichter Hauch vom lauten Urknall des Beginns, immer noch ein wenig überrumpelt und dennoch die sich einschleichende Vertraut- und Geborgenheit. Von nichts zu viel und von nichts zu wenig. Immer noch laut, aber halt trotzdem deutlich vertrauter — und trotzdem entdeckt man ständig noch etwas Neues, etwas Unbekanntes.

Und nun beginnt sich der Anfang vom Ende ganz leicht am Horizont abzuzeichnen: die Vanille wird immer süsser, immer kitschiger, immer aufdringlicher, verdrängt nach einigen Wochen (ca. 5 Stunden) jede Aufregung, jede Spannung, jedes Neuland.

In dieser leidenschaftlichen, obsessiven Freundschaft + habe ich mich wohl und begehrt gefühlt, jetzt, nach etwa 5 bis 6 Stunden beginnt die süsse Vanille, die Tonkabohne und das kuschelige Leder mich einzuengen. Minuziöse WhatsApp-Nachrichten, SMS und Kommentare auf Instagram, dominantes, lautes Einengen, Aussagen wie ‚wir gehören vor immer zusammen‘ — wollten wir denn nicht nur etwas sehr lauten und mitreissenden Spass? Zum Gamer-Abend mit den Kumpels klingelt sich unangekündigt an der Tür, will doch so unbedingt zu mir gehören. Nennt mich Hase, Kuschelbärchen oder Sweety — und vor allem letzteres. Mit ihrer aufdringlichen, dominierenden und kitschigen Art verdrängt sich nun alle, jeder nimmt Reissaus.

Es wird mir zu viel, wir streiten, es fliegen die Fetzen. Es wird nochmal laut. Aber nicht Plastik-Laut sondern Vanille-Laut. Liebesbekundungen und Hassaussagen gleichermassen. Es Fliessen die süssen Tränen. Sie rennt durchs Treppenhaus. Schreit. Flucht. Rennt auf die dunkle Strasse. Schreit weiter. Rennt aus dem Viertel. Immer noch schreiend. Rennt aus der Stadt. Und schreit weiter. Ein paar Wochen später (14 Stunden plus) wird es langsam leiser. Ich wage mich wieder raus. An mir deutlich sichtbar noch die Spuren dieser leidenschaftlichen und tragischen Freundschaft +.

Werde ich sie je vergessen? Nie.
Werde ich es wieder tun? Ja.

Wird aus der Freundschaft + jemals eine Liebe werden? Nein, niemals.
8 Antworten
Carpintero vor 5 Jahren 15 2
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Flakon
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Sillage
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Haltbarkeit
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Duft
König inkognito
Immer noch auf der Suche nach einem guten Oud-Duft (mein Oud Wood Drama konnten hier ja einige Verfolgen), pries mir eine Verkäuferin vor ein paar Wochen den Royal Oud aus dem Hause Creed an.

Da ich zugegebenermassen den Aventus-Hype auch nach mehreren Abfüllungen und Proben aus verschiedenen Batches absolut nicht nachvollziehen kann, war ich dem königlichen Oud gegenüber sehr, sehr skeptisch. ‚Wenn der vermeintliche Bestseller mich schon nicht überzeugen kann, wie soll das dann ein Duft können, von dem ich noch nie etwas gehört hatte?‘. Dennoch liess ich mir den Duft zuerst aufs Papier und danach auch noch schön artig auf den Unterarm sprühen. Auf dem Heimweg umgab mich diese Parfüm-Wolke mehr und mehr, doch trotz sich steigernder Intensität, konnte ich dem Duft nichts abgewinnen.

Die Dame hatte mir eine grosszügige Abfüllung mitgegeben (Danke!!), die jedoch auf der Stelle in der Abstellkammer der unliebsamen Düfte landete. Wie schon etlichen Düften zuvor sollte es dem königlichen Oud nicht besser gehen.

Nach der Shopping Tour schmiss ich Parfumo an, tippte Royal Oud ein und konnte einige negative Bewertungen sehr gut nachvollziehen. Und für sowas dann auch noch Geld ausgeben?

Vor ein paar Tagen packte ich dann meine Royal Oud Abfüllung wieder aus, da mir alle anderen Düfte mal wieder zu überdrüssig geworden waren.
Bereits als ich meiner Partnerin Tschüss sagte, fragte sie mich, was ich denn heute für einen feinen Duft trage.

Den ganzen Tag über umgab mich eine Wolke aus einem frischen, sehr speziellen und trotzdem so gewöhnlichen Holzduft.

Startet der Duft bei mir recht intensiv und vorlaut mir Bergamotte-Zitrone-08/15-Duschgel-Frische, so weicht diese nach kurzer Zeit einer sehr subtilen, dominanten und dennoch unaufdringlichen Zeder-Note, die sehr viel Raum einnimmt und mich dabei trotzdem nicht einengt. Angelika, was ich bis anhin absolut nicht packen konnte, liefert darüberhinaus etwas unbekanntes, etwas, was ich bei einem Holz-Duft eher nicht erwartet hätte.

Nach einigen Stunden weichen diese Noten und zurückbleibt eine langanhaltende, sehr männliche Süsse durch Moschus. Moschus wird dabei so subtil und zurückhaltend eingesetzt, so dass es niemals zu aufdringlich oder heftig wird. Diese Note wird begleitet von Sandelholz, was dem Duft eine sehr weiche, cremige und luxuriöse Geschmeidigkeit verleiht, so dass ich am liebsten den ganzen Tag an mir selbst riechen würde.
Und nun der Oud — ich glaube, Creed ist es gelungen, einen unkonventionellen konventionellen Oud-Duft zu kreieren, der sich genau weil er so unkonventionell konventionell ist, überall einsetzten lässt und dennoch speziell und konventionell-ausgefallen bleibt.
Ich kann den Oud nicht riechen, Tatsache. Ich kann es noch so oft probieren, da kommt kein Oud raus bei mir. Aber dennoch hat dieser Duft etwas, was ihn zum Allrounder-Nischenduft macht: diese kleine, wohldosierte Menge Oud, die niemand riecht und trotzdem da ist und diesen Duft damit von sämtlichen anderen Holzdüften hervorhebt.
Ich bin überzeugt, dass es der Oud ist, der diese männliche Süsse hervorruft, dadurch, dass er sich mit Moschus vereint und das Sandelholz so wunderbar unterstreicht.
Royal Oud ist ein königlicher Gentleman, der eine überdurchschnittliche Präsenz zeigt und auf sich aufmerksam macht und dafür nie laut wird, vom Auftakt abgesehen. Müsst ich nun einen Vergleich ziehen — er ist wie ein König inkognito im Massanzug: elegant, royal, besonders und anziehend - ohne auffällige Krone, purpurnen Umhang, farbigem Königsgewandt und lauter Marschkapelle. Und trotzdem merkt man, dass er ein König ist, auch wenn er es nie herausposaunt, ausser wenn er morgens frisch geduscht, pfeffrig-zitrisch riechend den Palast verlässt.

Haltbarkeit liegt bei mir etwa bei 12 Stunden +, auf der Kleidung auch noch gut am nächsten Tag wahrnehmbar. Sillage ist ebenfalls sehr ausgeprägt, der Duft ist anfänglich ein Raumfüller, später auf Armlänge für mindestens 8 Stunden präsent und erst dann zieht er sich langsam zurück, verschwindet aber gänzlich erst nach gut 12 - 14 Stunden.

Einziger Minuspunkt, der mich bis dato vom Kauf abhält: Die Verkäuferin gab mir eine Abfüllung vom ‚alten‘ Flakon, der noch den Schriftzug ‚MILLESIME‘ trägt. Aktuell finde ich aber noch noch Flakons im neuen Design und ohne diesen Schriftzug wieder, was mich befürchten lässt, dieser Duft könnte etwa reformuliert worden sein und/oder an seiner atemberaubenden Haltbarkeit und Sillage eingebüsst haben.


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UPDATE:

Habe mir nun doch den grossen (100 ml) Flakon von diesem Duft gekauft - ein Batch aus dem Jahr 2018.
Eindrücke/Fazit:
Im Vergleich zur Abfüllung aus dem weitaus älteren Tester (dieser trug wie oben beschrieben noch die Aufschrift “Millesime”) ist dieser Duft aus dem Jahre 2018 im Auftakt wesentlich pfeffriger und auch dezent zitrischer, dafür im Drydown auch etwas kantiger und nicht ganz so smooth. Er ist zwar auch süsslich und cremig im Drydown, allerdings wesentlich holziger und für mich damit auch der absolute Favorit! Er hat dazu noch eine leicht rauchige Note und hinzu kommen auch immer wieder leicht seifige Akkorde, die allerdings keineswegs synthetisch wirken, sondern vermutlich einfach einer etwas stärkeren Angelika zu Grunde liegen. Die Haltbarkeit bei diesem 2018 Batch ist noch einmal um Welten länger als bei dem Tester: gestern Vormittag aufgetragen, rieche ich jetzt, 26 Stunden später den Duft immer noch. Meine Freundin meinte heute Morgen nach dem Aufstehen, ich hätte mir den Royal Oud gerade noch einmal frisch aufgetragen. So stark ist der.
Auch die Sillage überzeugt ungemein: In den ersten 3 bis 4 Stunden tatsächlich ein Raumfüller, danach bis etwa 8 Stunden auf Armlänge und anschliessend viele weitere Stunden hautnah.

Was mich aber bei diesem Duft am meisten umhaut, ist, dass er immer wieder ganz unerwartet seine Leistung rauffährt. Ich war gestern Abend einkaufen (Duft, wie schon gesagt, morgens aufgetragen): Als ich den Laden verliess wehte mir urplötzlich eine richtige Ladung Royal Oud um die Ohren, so stark und pfeffrig und holzig-cremig zugleich, dass man hätte meinen können, ich hätte mich im Supermarkt noch einmal neu einparfümiert.

Also für alle, die genau so wie ich mit sich hadern wegen der Aufschrift oder Angst vor einer Reformulierung haben: Eine Reformulierung hat es vermutlich nicht gegeben und die Inhaltsstoffe variieren von Batch zu Batch — aber bei diesem Duft ist das wirklich nur zu dessen Vorteil. Gerade dieser Batch aus dem Jahre 2018 ist die stärkste Royal Oud Dröhnung, die ich je erlebt habe!
2 Antworten
Carpintero vor 5 Jahren 7
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Flakon
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Sillage
8
Haltbarkeit
6
Duft
Hello from the other side
Nachdem ich mir einige Statements hier durchgelesen habe, die Noten des Duftes sehr, sehr ansprechend und interessant fand und ich gerne offen für Neues bin, machte ich mich heute auf dem Weg in die Parfümerie meines Vertrauens, um The Other Side Of Oud zu testen.

Auf dem Teststreifen roch es nicht sehr ansprechend, das musste einfach auf die Haut. Dort angekommen nahm ich erstmal eine ordentliche Dosis Kaffee und Schärfe wahr. Wow!
Der Kaffee war derartig ungewohnt und neu (als Parfüm) für mich, dass ich mich zugleich verliebte. Es roch aber nicht nur nach Kaffee, sondern hatte auch etwas sehr scharfes, würziges an sich. Nichts, woran man sich überschärfen könnte, wäre es ein Gericht würde ich sicher nicht sagen „Vorsicht, scharf!“, aber einen sehr üppigen Pep hatte es auf jeden Fall.

Nach etwa 5-minütigem Kaffeeorgasmus folgte dann aber die erste Ernüchterung: es trat eine massive Süsse zum Vorschein, die ich so weder erwartet noch gewollt hätte. Dieser süsse, fast schon aufdringliche Duft liess auch nur den geringsten Hauch von Würze in den Hintergrund geraten: von Zimt und Kardamom vernahm ich nichts mehr, Kaffee ebenfalls komplett weg, was blieb war aufdringliche Vanille gepaart mit irgendetwas Pseudo-Frische gefolgt von blumigen Noten. Ingwer vernahm ich noch leicht, aber nicht sehr stark. Von Oud ehrlich gesagt keine Spur, ich vermag ihn einfach nicht zu riechen.

Die Haltbarkeit ist überdurchschnittlich, definitiv. Den Duft habe ich mir vor 7 Stunden aufgesprüht und er hält auch bis jetzt massiv stark an, nur halt nicht diese tolle Kaffee-Würz-Mischung, sondern das komische süss-sportliche. Sillage ist ebenfalls hervorragend, daran gibt es nichts auszusetzen.

Und möget ihr Gnade haben mit mir und mich nicht den Löwen zum (sehr süssen) Frass vorwerfen: aber seit 7 Stunden rätselte ich, an was mich dieser Duft wohl erinnern möge... und jetzt weiss ich es: Boss In Motion. Dieser runde silberne Flakon mit orangem Strich in der Mitte. Genau an diesen Duft, nur gefühlte 10.000 mal stärker.

Die Probe habe ich mir abfüllen lassen und werde den Duft sicher auch mal zur Arbeit tragen, aber kaufen würde ich diesen Duft höchstwahrscheinlich nicht.
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Carpintero vor 5 Jahren 33 9
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Flakon
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Sillage
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Haltbarkeit
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Duft
New York im Sommer
Sommer 2006 — Mein erster Besuch in New York City. Ich war 18, Student und die Welt gehörte mir.
Genau mit dieser Attitüde war ich unterwegs in den Strassen von New York. Neben sehr vielen Museen, einem Besuch bei der UNO (ich war damals als Student mit der Uni in NY) und dem ganzen anderen Touri-Zeugs, war natürlich auch ein Besuch im Abercrombie Flagstore auf der 5th Avenue unumgänglich, so viel hätte ich von diesem Laden gehört, entsprechend hoch waren meine Erwartungen.
Wer schon mal in NY im Sommer besucht hat, weiss wie es dort auf den Strassen zum Teil riecht: die Gerüchte ballern nur so auf einen ein, es ist ein Durcheinander an Abgasen, Schweiss, Hot Dogs und Brezen, etwas salzig wenn eine Brise durch die feuchte und sonst so stehende Luft geht, dann wieder etwas süss von all den Departmentstores, plötzlich stinkt es wieder nach Abwasser und dieser Kreislauf zieht sich durch den gesamten Aufenthalt in der Stadt. Selbst wenn man auf dem Empire State Building steht oder am Exchange Place in New Jersey auf die Skyline schaut (letzteres kann ich wirklich nur jedem empfehlen, der sich NY ansieht - der Blick ist einzigartig und es ist nicht touristisch, manchmal steh ich dort allein!), meint man, den Geruch oder die Gerüche noch wahrzunehmen.

Läuft man aber die 5th Avenue auf der linken Seite aufwärts Richtung Central Park, so kommt man zwangsläufig irgendwann am Abercrombie and Fitch Flagstore vorbei. Zugegeben wirkt der Laden von aussen eher unscheinbar, aber damals, an diesem Sommertag in New York im Mai 2006, da roch ich plötzlich etwas auf der Strasse, was meine Nase noch nie zuvor gerochen hatte. Es zog mich förmlich in diesen Laden hinein. Da war ich nun, 18, jung, quasi chronisch-pleite, im Flagstore von A&F.
Ich kaufte mir ein T-Shirt, zwei Jeans und einen Hoodie — mehr gab das Budget wirklich nicht mehr her.
In Chelsea im Hostel angekommen packte ich meine Beute aus.. da war er wieder: dieser Geruch, den ich auf der Strasse wahrgenommen hatte. Eine Frische, eine Energie, ein Kick, wie ich es noch nie zuvor gerochen hatte. Sex zum anziehen, dachte ich mir.
Ich schnüffelte die ganze Zeit an meinen Klamotten, bis mich eine Kommilitonin fragte, ob ich mir Fierce gekauft hatte. Ob ich mir was gekauft habe? Fierce... dieser Duft, du weisst schon, der von Abercrombie.
Blauäugig wie ich war, dachte ich, der Laden hätte einfach solche Duftstäbchen aufgestellt oder es sei mit einem sehr einzigartigen Raumspray gesprüht worden. Aber man konnte das kaufen?

Den restlichen NY Aufenthalt sparte ich so gut es ging (und wir reden hier von NY), so dass ich mir am Ende der Woche noch den 50 ml Flakon von Fierce kaufen konnte. Ich war so stolz wie Oskar, es war mein allererster Duft, mein Sex zum aufsprühen, mein Heiligtum.
Ich war so sparsam mit diesem Duft, ich muss gerade schmunzeln, wenn ich mich daran erinnere. Zum Rückflug nach München sprühte ich mir etwas von dem Duft auf. Beim Boarding wurde ich zum ersten Mal von einer Flugbegleiterin angesprochen — ‚Wow, was hast du... ich meine Sie.. was haben Sie für einen Duft?‘. Es funktionierte.

Zurück in München hagelte es an der Uni oft Komplimente bezüglich meines Duftes... er war auch unverschämt gut!
Mit ganz viel synthetischer Frische zieht dich der Duft an, mit warmen, holzigen Noten wickelt er dich um den Finger und mit einer sanften und dennoch aufdringlichen Süsse lässt er dich nie mehr gehen. Eben, wie schon gesagt, Sex zum aufsprühen.
Und mein Bonus: Selbst in München kannte fast niemand diesen Duft.

Fierce wurde mein ständiger Begleiter... an die Uni, zu meinen Studentenjobs, in die Bibliothek, ins Gym, in die Bar, in den Club, zu den Dates. Überall war Fierce dabei. Und es hagelte Komplimente aus jeder Ecke. Ich glaube der Höhepunkt war eine verheiratete Dame, die mich ansprach, ob ich ihr meinen Duft mitteilen könnte, da sie sowas an ihrem Mann riechen wolle.
Der Duft flashte mich einfach jedes Mal wenn ich ihn auftrug, es war einfach meine grosse Jugendliebe, würde ich sagen.

Doch ich wurde älter... 31, um genau zu sein!

Heute, 13 Jahre später, nach ingesamt 63 (!!!) Aufenthalten in New York, in einer langjährigen festen Beziehung (kurioserweise mit einer Flugbegleiterin) und einem sehr geerdeten Lifestyle..... liebe ich Fierce noch immer (und meine Partnerin tut es auch).
Gerade im November waren wir zu Black Friday in NY und die Ausbeute bestand aus zwei 200 ml Flakons Fierce.
Ich trage den Duft nicht mehr so oft wie früher, heute besitze ich eine viel grössere Auswahl an Düften. Aber noch immer macht der Duft etwas wundervolles mit mir: Er versetzt mich zurück in das New York von 2006, wo ein junger Student durch die Strassen von Manhattan zog, ihm die Welt gehörte und die ganze Zukunft noch offen stand. Wenn ich den Duft heute auftrage, dann fühle ich mich genau so wieder. Deshalb trage ich ihn vor allem zu wichtigen Anlässen, irgendwie pusht er mich, meine eigenen Grenzen zu erweitern, stösst mich an zu wachsen, gibt meinem Selbstbewusstsein noch so den gewissen Kick (hier in der Schweiz sagen wir ‚s Chriesi ufem Glace‘, die Kirsche auf dem Eis, oder besser: das Tüpfelchen auf dem i) und manchmal glaube ich sogar, der Duft macht was mit meiner Haltung.

Noch immer werde ich angesprochen, wenn ich diesen Duft trage. Nicht mehr so oft, ja, klar, jeder kennt ihn mittlerweile, aber dennoch, es kommt immer wieder mal ein nettes Wort zum Fierce. Meine Partnerin liebt den Duft, gewisse Kollegen nennen mich Mr. Abercrombie und für mich ist dieser Duft definitiv mein persönliches Flagschiff, vielleicht sogar mein Signature-Duft.

Klar, Haltbarkeit und Sillage sind lang nicht mehr so stark wie zum Beispiel bei einem Dior Sauvage EDP oder einem Ombre Leather von TF, dafür sind diese Düfte aber auch keine Zeitmaschinen, die mich in die Vergangenheit transportieren können.

Heute bin ich 31, liebe diesen Duft und wenn man den Feedbacks glauben schenkt, lieben die Leute den Duft an mir.

Danke Dir, Fierce — Du bist meine erste grosse Liebe!
9 Antworten
Carpintero vor 5 Jahren 43 9
6
Flakon
10
Sillage
9
Haltbarkeit
9.5
Duft
Der Heilige Gral?
Letzte Woche Montag beruflich in Chicago gewesen, es war heiss, richtig, richtig heiss. Ich wusste nicht, was anfangen in meiner Freizeit, also wanderte ich in eine Filiale eines sehr bekannten High-End-Kaufhauses in den USA und schnupperte mich ein wenig durch die Parfumabteilung. Eine Dame sprach mich an, ob sie mir ihren absoluten Geheimtipp zeigen dürfte. Klar, ich willigte sofort ein. Sie sprühte mir Santal 33 von Le Labo auf die Haut. Es dauerte etwa 10 Sekunden und geschah noch bevor ich den Duft hätte erschnuppern können als sich ein Mann umdrehte und völlig euphorisch rief „OMG what’s that smell?“. Er riss mir buchstäblich den Flakon aus der Hand, sprühte sich selbst den Duft auf und als er bemerkte, was er gerade getan hatte, entschuldigte er sich und ging weg.
Was mich angeht, mich überzeugte der Duft zu Beginn nur wenig: von allem einfach etwas zu viel. Zu viel Holz, zu viel Würze, zu viel Frische. Einfach von allem etwas zu viel des Guten.

Die Dame gab mir noch einen Teststreifen mit, auf dem sie den Duft aufgesprüht hatte und so mache ich mich unverrichteter Dinge auf ins Hotel.
Den Streifen legte ich irgendwo auf einen Tisch und ging duschen. Als ich aus der Dusche herauskam und noch im Badezimmer stand, da roch ich ihn: Dieser Duft, der bis vom Schreibtisch aus dem Schlafzimmer ins Badezimmer wehte — er machte mich ganz verrückt.
Ich zog mich an und eilte zurück in die Parfümerie, ich wollte diesen Duft haben, ich holte ihn mir. Es war Liebe.

Das tolle an Le Labo Düften ist, dass sie direkt vor Ort für einen gemischt und abgefüllt werden, noch mehr Frischegarantie geht wirklich nicht.

Auf dem Rückflug konnte ich nicht aufhören diesen Duft zu riechen, ich war wie in einer Santal 33 Duftwolke, die mich umgab, mich beschützte und niemand, wirklich niemand hätte diese Duftbarriere durchbrechen können.

Wenn ich lief, hätte ich das Gefühl, die Leute schauen mir nach. Und obwohl ich bis zum heutigen Tag noch kein einziges Kompliment für diesen Duft bekommen habe (abgesehen von meiner Partnerin, Zitat: Du riechst abartig gut!), habe ich das Gefühl, den heiligen Gral gefunden zu haben.

Zugegeben ist dieser Duft sicherlich nicht für jeden etwas, aber für mich genau das, wonach ich gesucht hatte: Ein Duft, der meine Persönlichkeit untermalt, der genau das widerspiegelt, was ich repräsentiere: Santal 33 ist stark, aber nie aufdringlich. Er ist geschmackvoll, aber nie draufgängerisch. Er ist gemütlich, aber nie durcheinander. Er ist neugierig, aber nie taktlos. Er ist extrovertiert, aber nie laut. Er ist geheimnisvoll und mystisch, aber nie gespielt und aufgesetzt. Er ist einfach mein Duft, genau perfekt.
Ich würde ihn als urban-holzig beschreiben: ein Kerl, der in der Stadt lebt, die Waldluft und die Freiheit der Wälder liebt.

Haltbarkeit und Sillage sind bei mir definitiv überdurchschnittlich, die Performance ist so stark, wie ich sie noch bei keinem anderen Duft erleben durfte.
Santal 33 verführt ohne dabei kitschig oder gar aufdringlich zu werden, ohne viel Blabla, dafür mit ganz viel Stil und Klasse.

Für mich die Duftentdeckung schlechthin, der heilige Gral, den ich glaube, gefunden zu haben!








++++ N A C H T R A G ++++ A U G U S T 2 0 1 9 ++++ U P D A T E ++++

Vor ein paar Wochen schrieb ich „Und obwohl ich bis zum heutigen Tag noch kein einziges Kompliment für diesen Duft bekommen habe (...)“ — Nach knapp 3 Wochen Santal 33 im Dauereinsatz hat es bei mir derartig viele Komplimente gehagelt wie bei keinem anderen Duft vorher! Nicht einmal One Million brachte mir so viele Komplimente ein. Dabei kommen die Reaktionen auf mein Santal 33 wirklich aus wirklich allen Richtungen, ungeachtet des Geschlechts. Neulich fragte mich eine ältere Dame, um die 65, was ich für einen tollen Duft trage, bei der Arbeit werde ich gerade mehrmals täglich auf den Duft angesprochen und vorgestern lief mir eine Dame auf dem Parkplatz hinterher und fragte, was das für ein ‚hammer‘ Parfüm sei. Die krasseste Reaktion kam vom einer Frau, die in etwa 10 (!) Metern Entfernung zu mir stand und ständig wieder zu mir rüber schaute: Irgendwann kam sie direkt auf mich zu und meinte „Bist du der Kerl, der hier so abnormal gut riecht?“.
Danke Santal 33 — Du bist hiermit offiziell mein neuer Signaturduft!!












UPDATE ENDE OKTOBER 2019:

Wann hören die Komplimente endlich auf???
Ich habe noch nie so viele Komplimente für einen Duft bekommen wie für diesen.
Zwei Begebenheiten:
Vor etwa zwei Wochen im Gym, Freitag Abend, ca 19 Uhr: den Duft hatte ich Morgenstunden etwa 6 Uhr aufgesprüht, 13 Stunden später werde ich von zwei Typen im Gym angesprochen, ob das mein Parfüm sei, dass so „nice“ rieche und was genau das sei. „Sowas krasses hab ich noch nie gerochen!“.

Heute Nacht im Flieger von Singapur nach Hause: Duft hatte ich mir etwa 4 Stunden vor Abflug im Hotel aufgetragen.
Beim Boarding fragt mich die Flugbegleiterin, welches Parfüm ich trage — sie wolle auch so gut riechen. Später sprach mich noch eine andere Flugbegleiterin an, ob das Santal 33 sei... Sie habe das vor wenigen Wochen schon mal bei einem anderen Gast an Bord gerochen und wolle sich diesen Duft nun definitiv auch kaufen.

KEIN DUFT DIESER WELT HAT MIR BISLANG SO VIELE KOMPLIMENTE EINGEHEIMST WIE DIESER!
(Und nein, ich werde nicht von Le Labo bezahlt).
9 Antworten
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