ChicoChino

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1 - 5 von 6
ChicoChino vor 10 Monaten 20 10
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Haltbarkeit
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Duft
The best way to scare a Tory is to read and get rich …
Diese Zeile stammt aus dem Song "Mother" der britischen Post-Punk Band Idles.
Was das mit Gateau Blackout zu tun hat? Nun ja, eine ganze Menge.

Aber fangen wir mal von vorne an: D.S. & Durga kommen aus New York.
Genauer gesagt aus Brooklyn. Also daher, wo alles herkommt, das gerade "cool" ist.
Mister Moltz ist Autodidakt, kein gelernter Parfumeur, seine Frau eigentlich Architektin.
Und trotzdem ist ihr Plan, eigene Düfte (Juices) zu kreieren eine Erfolgsgeschichte geworden.

Ebenfalls eine Erfolgsgeschichte ist der Aufstieg der Band Idles aus dem englischen Bristol.
Diese Band darf eigentlich gar nicht erfolgreich sein, zumindest wehrt sie sich musikalisch sehr dagegen. Manches erinnert gar an die "Genialen Dilettanten", denn wirklich sein Instrument beherrschen tut hier niemand. Oder zumindest zeigt man es nicht. Trotzdem haben die harschen Stücke inklusive Berufs-Alkoholiker-Gesang es nicht geschafft, nicht erfolgreich zu werden.

Hier tut sich die erste Parallele auf: Denn Moltz ist selbst auch Musiker – natürlich Gitarrist. Zu fast allen Düften (auch Fumes genannt) gibt es eine Playlist auf Spotify. Ob Idles auch dabei sind? Mag sein. Nachgeschaut habe ich aber nicht. Was aber hat das nun alles mit Gateau Blackout zu tun? Nun …

Mister Moltz hat in einem YouTube-Format auf eine "Perfume Quest" begeben. Die Aufgabe war es, eine Geschichte, die ihm erzählt wurde, olfaktorisch wiederzugeben. Und sein erster Gast – respektive Auftraggeber – war: Joe Talbot – Sänger der Band "Idles". Hier schließt sich also der Kreis. Ohne zu viel vorwegzunehmen: es geht um Drogen, Emotionen und einen großen Umweg im winterlichen Schwarzwald – und natürlich um eine Schwarzwälder Kirschtorte. All diese Bestandteile finden sich auch im Duft wieder und dazu die typische D.S. & Durga DNA …

Aber wie riecht denn Gateau Blackout nun? Wie eine Torte? Nach einem klebrigen, süßen Gourmand? Natürlich nicht … denn sowas kommt Moltz nicht in die Tüte bzw. auf den Teller. Stattdessen gibt es viel Tanne, Feuer, Weihrauch und eine cremige Iris. Um all diese Noten herum gruppiert sich dann die eigentliche "Gâteau": ein wenig herber Kakao, eine subtile Kirsche (weder süß, noch synthetisch), feine Vanille und etwas Moschus – der Schweiß der Freundschaft.

Wer die ganze Geschichte erfahren will und wissen will woher das "Blackout" in "Gateau Blackout" kommt, der schaue auf YouTube das entsprechende Video. Ich kann nur sagen, dass mit dieser Ausflug in den winterlichen Schwarzwald sehr gut gefällt – auch, wenn die namensgebende Torte sich eher im Hintergrund hält. Kein Wunder, liegen Moltz die natürlichen Düfte einfach mehr. Aber damit will ich nicht sagen, dass sie nicht da wäre. Ein Hauch Gourmand liegt in der Luft, wird aber vom Rauch des Feuers immer wieder überlagert bis der Schnee die letzte Glut erstickt und wieder Ruhe einkehrt. Das dauert aber seine Zeit, denn der Duft hält (gerade für D.S. & Durga Verhältnisse) wirklich lange.

Kurzum: Ein Gourmand-Duft für alle, die Gourmand-Düfte eigentlich nicht mögen.
10 Antworten
ChicoChino vor 10 Monaten 9 5
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Duft
Reich, aber sexy: Berlin mal anders.
Es wurde schon 1000 Mal gesagt: so richtig nach Leder riecht er eigentlich gar nicht.
Und dann irgendwie doch, manchmal … und sogar rauchig! Also ja: das dreckig-ledrige kann er. Aber nur, wenn keiner guckt. Ein bisschen, wie bei Schrödingers Katze.

Bei genauer Betrachtung riecht er hingegen nach Vanille und cremigen Gewürzen. Und zwar so elegant, wie kaum ein anderer Duft. Geradezu leichtfüßig vermischen sich die süßen Rauchnoten mit dem dezenten Leder-Akkord – man hätte diesen Duft durchaus "schwerer" machen können, hat man aber nicht. Auf den Festen der Bourgeoisie hätte sich der Leder 6 bestimmt wohlgefühlt.

Der Duft riecht teuer. Untypisch für das alte Berlin, typisch für das Neue. Und das passt auch irgendwie, denn einerseits ist Leder 6 kein jugendlicher Duft, aber eben auch kein Green Irish Tweed (nicht falsch verstehen, der Duft ist gut), sondern irgendwie ein junggebliebener Ur-Berliner, der schon damals mehr Geld hatte, als all die anderen. Und seine Dekadenz auch nicht verstecken will.

Oder anders gesagt: dieses Leder mag vieles gesehen haben, schweigt aber darüber. Er ist ein eleganter Begleiter, der zwar aus Berlin kommt, aber nicht nach Berlin riecht. Er ist eher 1920 als 2020 – und auch nur vom Lifestyle, nicht von seiner Komposition. Wer irgendwas mit schönen und einmaligen Düften anfangen kann, sollte den Leder 6 kennen. Und wie es sich für einen Duft mit Etikette gehört, stört er auch niemanden durch eine aufdringliche Sillage, sondern zeigt sich nur in den richtigen Momenten mit seiner ganzen Kraft.


5 Antworten
ChicoChino vor 11 Monaten 5 1
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9
Duft
Alles Leder, oder was?
Bianchi-Düfte haben eine eigene DNA. Und ja: wenn man will, dann kann man die schon aus jedem ihrer Düfte heraus riechen. Auch, wenn ich finde, dass sie gerade bei den "sommerlichen" Düften, wie z.B. The Mariner's Rhyme oder Sex and The Sea ein bisschen anders an die Kompositionen herangegangen ist. So oder so: fast überall findet sich irgendwas fettiges, schmutziges – meist die Iris, mal die Kokosnuss. Und im Falle von "The Lover's Tale" eine auf Leder gebettete dunkle Rose, die für mich fast die Haupttolle spielt. Fast.

Denn eines ist klar: der Hero ist hier das Leder. Und das riecht dank Patchouli, Moos und den Süßen Noten von Honig und Labdanum fast ein bisschen wie frisch eingecremte Stiefel. Hier ist dann der Vergleich zu Sticky Fingers nicht weit. Aber was Bianchi kann, wie kaum ein/e andere/r sind die Duft verläuft: startet dieser hier tatsächlich erstmal animalisch-ledrig, übernimmt dann eine romantische Vintage-Rose, die sich bis zum Schluss durch trägt, aber immer wieder durch andere Noten ergänzt oder leicht verändert wird. Mal sind es harzig-moosige Noten, dann kommt die Süße von Pfirsich und Honig dazu. Darunter liegt immer die Iris, die eine leichte Rauchnote mitbringt. Immer wieder kommen sogar Gewürze durch, die eigentlich gar nicht drin sind, wie z.B. Muskat oder Zimt.

Am Ende kann ich nach wie vor nicht sagen, welchen Duft von Bianchi ich am schönsten finde, aber The Lover's Tale ist ein echter Francesca-Signature: erdig-ledrig, aber dennoch tragbar, wild-romantisch und ein bisschen dreckig, ohne abstoßend zu sein. Für mich ist er absolut unisex, auch wenn er leichte "Femme Fatal" Vibes hat – inklusive Zigarettenspitze. Top!
1 Antwort
ChicoChino vor 12 Monaten 1
5
Flakon
7
Sillage
8
Haltbarkeit
5
Duft
Alles, aber kein Fougère
Vorab: ich habe den Duft bei einer Freundin getestet und ihm einen ganzen Tag Zeit auf der Haut gegeben, bevor ich mich an diese Bewertung hier gesetzt habe. Und was soll ich sagen: so richtig happy bin ich nicht.

Zuerst einmal finde ich den Namen irreführend. Ein Fougère ist das hier nämlich nicht, dafür aber eine ganz schöne Synthie-Bombe. Der Duft eröffnet mit grellen, synthetischen Früchten und dazu ein bisschen Old-School Neroli. Die Tuberose bleibt erstmal unauffällig, was ihr ja sonst eigentlich nicht ähnlich sieht. Irgendwann zieht sich die Orangenblüte zurück und … ja, der Duft bleibt quasi stehen. Die Birne-Litschi-Kombo bleibt penetrant und knallhart. Auch nach Stunden nehme ich nichts anderes war, als eine künstliche, stechend-süße Note, die mich auch in vielen Designer-Damendüften immer abschreckt. Die Hölzer, der Moschus, die Vanille – nichts davon dringt durch, alles wird unter dem Orgelton der Birne begraben. Vielleicht hätten ein paar moosige Noten, wie in einem echten Fougère, hier gut getan, so nervt mich der Duft schon nach kurzer Zeit und ich kann mir schwer vorstellen, ihn jeden Tag (an jemandem) zu riechen.

Christian Carbonnel hat schon viele Düfte gemacht, auch viele, die ich sehr gerne mag. Das hier ist keiner davon. Dafür ist er zu eindimensional, zu künstlich und zu langanhaltend. Nichts gegen eine gute Performance, aber dann muss der Duft sie auch ausfüllen können und das tut Femme Fougere leider nicht. Wer einen schönen, sommerlichen Dameduft mit Tuberose sucht, sollte sich vielleicht mal "Casamorati - Quattro Pizzi | XerJoff" angucken. Der ist trotz einer guten Portion Synthetik viel angenehmer, denn hier sticht absolut gar nichts. Im Gegenteil: in dieser Kokos-Tuberose-Milch kann man stundenlang baden.
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ChicoChino vor 1 Jahr 2
8
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Haltbarkeit
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Duft
Ein Schuss ins Blaue …
… war dieser Duft bei mir nicht, denn dank einer Abfüllung konnte ich den Super Nova von Gritti vorab ausgiebig testen. Es ist ein frischer, synthetischer Duft, der sehr ungewöhnlich, aber wahnsinnig gut tragbar ist. Zudem verleiht er gerade bei eher heißen Temperaturen eine kühlende Eleganz. Die Mischung aus metallischen Noten und (Kunst-)Oud könnten tatsächlich der Geruch eines neuen Raumschiffs sein, mit dem man sich auf die Reise durch den eiskalten, leeren Raum macht.

Doch auch abseits solcher Bilder (die durch den Namen ja auch schon ein bisschen suggeriert werden), macht der Super Nova eine tolle Figur. Die Vergleiche zu Ganymede verstehe ich, doch hier fehlt am Ende die "Maggi"-Note … stattdessen bleibt der Super Nova die ganze Zeit über frisch und angenehm künstlich – Ozon finde ich da eine sehr passende Bezeichnung, ob's nun wirklich Schießpulver ist weiß ich nicht …

Das Oud sorgt für eine gewisse Erdung zwischen dem ganzen elektrischen Funkenflug und gibt dem Duft eine seriöse Ernsthaftigkeit. Der sonst typische orientalische Einschlag oder gar eine Animalik fehlen hier komplett – alles ist sauber, silbern und mit der Stahlbürste auf Hochglanz poliert. Im Verlauf baut sich die Oud-Note zudem mehr und mehr ab, wodurch die metallischen Noten noch mehr die Führung übernehmen.

Für mich die Entdeckung des Sommers, die einen großen Bogen um Zitrik macht und trotzdem vom Opening bis zum Drydown erfrischt. Wer also keine Angst vor Synthetik hat und auch einen "Konzept"-Duft mal im Alltag probieren will, ist hier super beraten. Was H/S angeht kann ich nicht viel sagen: je nachdem, wie viel man sprüht hält er mal länger und mal kürzer – für mich war er aber regelmäßig den Tag über gut wahrnehmbar.
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