Chnokfir

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11 - 15 von 198
Chnokfir vor 2 Jahren 15 5
5
Flakon
6
Sillage
8
Haltbarkeit
7.5
Duft
Komplett aus der Zeit gefallen
Unverhofft kommt ja bekanntlich oft. Da findet man in den Weiten des Internets in einem Shop einen liebgewonnen Duft, den man ansonsten nirgends mehr auftreiben kann, klickt diesen in den Warenkorb und stöbert dann noch ein wenig weiter, was dieser Shop sonst noch so zu bieten hat und dann wandern in der Tat noch ein paar %%%-Sale-Artikel mit in die virtuelle Einkaufstüte, um die Versandkosten zu sparen. Eine böse Falle, die bei mir aber immer wieder zuschlägt.

Der Karton kann in seinem Gelb-Beige unauffälliger nicht sein, auch das weitere Dekor und die Schrift wecken kein sonderliches Interesse, wäre da auf der Rückseite nicht dieses dezente britische Understatement: "A true gentleman's discreetly fragranced cologne." Das spricht doch ganz den seriösen und korrekten Buchhalter in mir an. Der Flakon ist ein schlichter Vierkant ohne Schnickschnack, gelb-beiges Label drauf und gut ist. Der silberne runde Knöpke ist leider auch schon aus Plastik, doch noch guter alter Tradition hat man sich auch den Sprühknopf gespart. Zeit, das Cologne wieder gekonnt in die hohle Hand zu kippen, in die zweite Hand zu verteilen und dann auf Wangen, Schläfen, Hals und Nacken aufzutragen. Ob ich das noch kann?

Für den ersten Selbstversuch tupfe ich aber erst mal vorsichtig in die Ellenbeuge. Ja, ein wahres Cologne. Da sind sofort Lavendel und Gartennelke, auch andere Blüten und Kräuter. Helle Orangenblüten sorgen für zusätzliche frische Noten, doch welken sie schnell. Statt dessen kommen grüne Farne und das weiche Sandelholz aus dem Gebüsch. So bleibt der Duft dann auch die kommenden Stunden. Irgendwann gesellt sich noch etwas kratziges Vetiver hinzu, doch im Ausklang wird das Cologne immer weicher und schmeichelnder. Die sonst so typischen seifigen Noten kommen hier bei mir nicht sehr zum Tragen, haben am Anfang nur einen untergeordneten Auftritt

Ein herrlich britischer, klassischer, männlicher Duft. Besser kann man es eigentlich gar nicht ausdrücken. Man denkt sofort an Flannel, an Tweed, an Karos in jeder erdenklichen Form und Farbe, an Paisley-Einstecktücher- und Krawatten. Und genau da passt dieses Cologne hervorragend hin. Sicherlich auch zu einem modernen Anzug. Dann aber bitte in gedeckten Farben. Und wenn dabei entblößte Fuß-Knöchel ins Spiel kommen, dann bitte nur im Einklang mit einem Kilt.

Mit den blumigen Noten hat man knappe 4-5 Stunden seine wahre, wenn auch relativ körpernahe Freude. Die kommenden 2-3 Stunden danach bleibt es krautig und holzig. Aber man kann immer mal wieder dezent nachlegen, das verzeiht dieser Duft, ohne dass die einzelnen Nuancen durcheinander geraten.

Ja, dieses Cologne scheint aus der Zeit gefallen, vermittelt viele klassische britische Bilder. Aber vielleicht ist es für manche auch ein Oldschool-Barbershop für den modernen urbanen Dandy.
5 Antworten
Chnokfir vor 2 Jahren 22 10
8
Flakon
7
Sillage
9
Haltbarkeit
7
Duft
Good turns bad
Bei Parfums de Marly bin ich schon von jeher ein wenig gespalten. Einerseits ziehen mich die Flakons, wie sie so im Geschäft im Regal stehen, auf eine fast schon magische Weise an, dass ich sie einfach nur berühren möchte. Andererseits gibt es da seit einiger Zeit einen gewissen Hype um dieses Dufthaus, dass es mir schon wieder suspekt erscheinen lässt. Denn ich bin nun mal kein Fanboy, noch nie einer gewesen. Und wenn, dann nicht in Bezug auf Sängerinnen, Filmsternchen oder Produkte, wie sie Millionen anderer Kerle auch toll finden, sondern eher deutlich abseits vom Mainstream. Und einen Pantydropper brauch ich schon gleich zweimal nicht! Hallo, ich bin ich und ich weiss was ich kann! If you know what I mean ... *zwinkersmiley* Andererseits können ja Millionen Kerle auch nicht komplett irren, was Parfums de Marly betrifft.

Habe ich eigentlich schon mal erwähnt, dass ich die Flakons von Parfums de Marly toll finde? Ja, dem ist so! Da stehen sie alle fröhlich in Reih und Glied, gleiche Form, einheitliche Grösse, gleichförmige Knöpkes. Und dann noch dazu diese schöne Lackierung, dass man nicht jeden Tag in Tränen ausbrechen muss, sollte sich der Flakon langsam leeren. Gut, die Hotte-Hüs hätte ich jetzt nicht zwingend gebraucht, aber irgendein Logo oder Wappen muss man sich als Brand ja wohl geben. Dafür ist diese olivgrün zum Niederknien schön, sieht man nicht alle Tage bei Flakons und wird dann auch noch vom Karton wundervoll aufgenommen. Könnte ein Prunkstück in jeder Sammlung sein. Punkt. Enough said.

Aber kommen wir zu den inneren Werten. Der Duft wird von einem sehr wertigen Zerstäuber sehr fein in einen fast schon molekularen Nebel zerlegt. So mag ich das, besonders vor dem Hintergrund, dass auch in der Nische in letzter Zeit so einige andere namhafte Dufthäuser in dieser Hinsicht empfindlich nachgelassen haben.

Mit dem ersten Schnüffler erkennt man gleich, dass es sich um einen Parfums de Marly handelt, eine unterschwellige DNA ist unverkennbar. Es kommt gleich ein ordentlicher Schwung Holzscheite daher, noch eingebremst von hellen und freundlichen Kräutern. Sie geben dem Duft etwas Vitales und Lebensbejahendes, manchmal sogar Bissiges und bleiben auch zwei bis drei Stunden am Leben. Dann setzen sich langsam etwas süssere und schwerere Noten durch, der Duft wird raumgreifender, setzt sich am Körper fest, umschliesst ihn. Können zunächst noch helle Hölzer mitspielen, wird es dann nach weiteren zwei bis drei Stunden ledriger, düsterer und auch eine Spur unfreundlicher und klingt dann irgendwann am kommenden Tag dunkel und dumpf aus.

Ja, Haltane hält an mir deutlich anderthalb Tage, was heutzutage schon beachtlich erscheint. Dabei ist die Projektion bei mir aber nie wirklich erschlagend. Haltane ist sehr präsent, ohne dabei aufdringlich zu werden. Man(n) ist da und wird deutlich wahrgenommen, ohne dabei vehement um Aufmerksamkeit zu buhlen und dabei negativ aufzufallen. Es ist wohl das, wonach die viele jungen Männer suchen. Hier habt ihr es gefunden! Understatement ist komplett anders, hier setzt man ein positives, wenn auch nicht sonderlich subtiles Statement.

Ein sehr männliches Statement, muss man neidlos anerkennen. Doch ist es leider so, dass dieser Duft mit einem sehr freundlichen Gesicht beginnt und mit dem Verlust der hellen Noten seine dumpfen, dunklen Oud-Facetten zeigt. Abends noch mit einem freundlichen Duft ins Bett gegangen und in der Früh noch immer deutlich wahrnehmbar mit einem etwas zu muffigen, unfreundlichen Duft wieder wach geworden. Selten wollte ich morgens so schnell unter die Dusche! Dann am besten gleich abends unter die Brause. Schade!

Für mich ist Haltane als Fazit ein maskuliner Duft, der für mich hervorragend beginnt und dann eine Wandlung zum Bösen vollzieht. Vielleicht muss ich mich nur an ihn gewöhnen. Vielleicht reicht es mir aber auch, wenn ich mir diesen tollen Flakon einmal leer in die Vitrine stellen kann.
10 Antworten
Chnokfir vor 2 Jahren 16 4
8
Flakon
6
Sillage
7
Haltbarkeit
6.5
Duft
Clean Kurkdjian
Ich kann manchmal nicht anders, aber ich schleiche immer wieder um die Stände von Maison Francis Kurkdjian. Ich kann noch nicht einmal genau sagen wieso. Sicherlich haben es mir diese uniformen, knubbeligen Würfel-Flakons angetan, die da alle so gleichmässig aufgereiht stehen. Ganz bestimmt ist es der grosse Name, der von manchen Parfumos nur mit Ehrfurcht genannt wird. Die Düfte sind es eher nicht, denn mit "Amyris Homme" ist erst ein Flakon bei mir heimisch geworden.

Mit "Aqua Celestia Cologne Forte" hat Maison Francis Kurkdjian erstmalig einen blauen, einen hellblauen Flakon in Portfolio. Sieht schön aus, wie er da dem strahleweissen, mit goldenen Lettern verzierten Doppelkarton entsteigt. Der schön facettierte Würfel-Flakon ist schon eine Augenweide, auch in dieser wässrig-blauen Farbe sehr ansehnlich, das Licht fängt sich schön darin. Dass man dem jetzt einen dermassen windigen Plastik-Knöpke in der allerbilligsten Ausführung aufsetzen muss, dass hat er nun echt nicht verdient. Ich will hoffen, dass wenigstens dem Chef-Controller bei LVMH ganz derbe einer abgegangen ist, weil er hier nochmal 2 Cent pro Packung einsparen konnte. Nein! Geht gar nicht! So vergrault man ganz schnell auch treue Kunden!

Der Duft startet nach einem sehr feinen Sprühnebel ganz gewohnt zitrisch. Die Bergamotte-Noten sind vertraut, vielleicht weil einem die leicht künstliche Note bereits allzu oft untergekommen ist. Schnell sind dann da aber auch helle Blüten zur Stelle und mildern ein wenig, hellen auf und lenken die Sinne ab. Weiche Moschus-Noten kommen nach einigen Stunden hinzu, werden zwar weich, aber nie aufdringlich oder gar süss. Die versprochenen fruchtigen Noten kann ich leider nicht wahrnehmen.

Ein durchaus gelungener Duft. Weil ein heimeliger Duft, ein vertrauter Duft. Ein modern interpretierter Clean-Duft. Es riecht nach einem guten, dezenten Weichspüler. Oder nach Bügelwäsche, wenn auch eher leichte Sommerblusen statt Businesshemden. Ja, dieser Duft hat für mich eine klare feminine Konnotation.

So körpernah, wie "Aqua Celestia Cologne Forte" auch ist, so leichtlebig ist er auch. Er mag einen körperumspielt einen halben Tag gut begleiten, doch dann sollte man auch wieder nachlegen. Himmlisch ist das wahrlich nicht, um dieses Wortspiel zu strapazieren, aber bei einem Cologne, welches das Wort Aqua mit sich führt und dann auf Forte hintansetzt ... aber, lassen wir das. Dem Marketing-Geschwurbel so mancher Parfumnamen sollte man schon lange nicht mehr aufsitzen oder versuchen etwas herauszulesen!

Insgesamt ist "Aqua Celestia Cologne Forte" ein guter und sehr angenehmer, wenn auch nicht sonderlich starker, femininer Clean-Duft. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.
4 Antworten
Chnokfir vor 3 Jahren 10 4
4
Flakon
6
Sillage
7
Haltbarkeit
6
Duft
Allenfalls Teilnahmeurkunde
An "Invictus" kommt man aktuell kaum vorbei. Ob man nun Kinder in der geworbenen Zielgruppe 15-25 um sich hat oder aber Kollegen, jeder zweite Azubi, Praktikant oder Werkstudent riecht nach ähnlichen Duftakkorden. Und bei Paco Rabanne reitet man natürlich diese Zeitgeist-Welle weiter, bis sie bricht ... oder der Mensch, der dies eben nun mal riechen muss. Alle Jahre wieder beglückt man uns entweder mit einer "Sammler-Edition" des triumphalen Flakons oder mit einem Flanker. Nun verspricht man uns eine besonders intensiv würzige Abwandlung des "Klassikers", der den Träger endlich den Ends... ,#pfui, den endgültigen Sieg beschert. Nachdem der Vorgänger bereits alle Panties gedroppt hat, will man nun endlich auch die Highscore an erhaltenen Komplimenten knacken.

Schwarz kommt der bekannte Karton nun um die Ecke, schwarz ist auch der Inhalt. Nix mehr von wegen Bling-Bling. Dezent schwarz erscheint der Pokal, erinnert doch mehr an einen alten, ausgebrannten Zylinderkopf. Wäre da nicht das dezente goldige "V", das allseits bekannte Zeichen des Sieges. Wer den liebgewonnen silbernen Flakon abgefeiert hat, der wird auch hier wieder seine Freude haben. Schwer ist es ja, der Pokal, da dürften die Plastik-Anbauteile um den Zerstäuber herum aber gerne auch etwas solider gearbeitet sein, dann würde der Gesamteindruck wieder stimmen.

Ein Drücker auf den Zerstäuber und alle Erwartungen werden erfüllt. Ein bekannter maritimer Akkord aus Zitrus, Lavendel und Pfeffernoten erzeugt die gewohnte Frische, leider erneut in einer etwas künstlichen Ausbaustufe. Ein grüner Akkord - ist es Lavendel? - versucht sich in den Vordergrund zu spielen, gar nicht mal so verkehrt, kann sich aber bedauerlicherweise nicht durchsetzen. Denn nach einer knappen Stunde schieben auch schon die süsslichen Noten nach, Vanille und Tonka sind unerbittlich. Es wird süss, klebrig und das für mich auch wieder in einer synthetischen Art, wie man sie leider von günstigen Lufterfrischern aus der Drogerie und Duftbäumchen fürs Auto zur Genüge kennt. Hier kippt mir "Invictus Victory" in eine unangenehme Richtung ab, die sich über Stunden manifestiert. Nach knappen 10-12 Stunden zieht sich der Duft in die Haut zurück und wenn man dem Drydown nachschnuppert, wird man erstaunt feststellen, dass neben der abklingenden Süsse noch etwas angenehm Würziges schlummert, was vorher nicht wahrnehmbar und schon gar nicht benennbar war. Schade eigentlich, jetzt, wo es langsam anfängt spannend und schön zu werden, ist es auch schon wieder zu Ende. Auch in zwei weiteren Test-Sessions komme ich dem nicht auf die Spur. Ist es der Weihrauch-Akkord, den ich vorher nicht wahrnehmen konnte? Keine Ahnung.

Während aktuell viele Designer-Düfte mit sehr dezenter Haltbarkeit und Abstrahlung für Unmut Sorgen, ist "Invictus Victory" hier auf der Siegerstrasse. Gute 10-12 Stunden strahlt er seine Süssen Noten sehr deutlich und vehement ab und auch am kommenden Morgen sind noch fragmentarische Reste zu erschnüffeln. Das ist heutzutage schon einmal nicht zu verachten.

Maritime Frische-Noten und überbordende Süsse, das Geheimnis des Erfolges bei der aktuellen Zielgruppe. Es wird geliefert und das wird gefeiert. Dafür einen Pokal! An älteren Semestern sehe diesen Duft eher nicht. Man ist weder auf diese plakativen Duftnoten aus, noch auf einen Pokal fürs Regal. Da muss Platz sein für ganz andere Statussymbole.

Bei mir kann "Invictus Victory" erneut keinen Sieg einfahren. Auch für eine Ehrenurkunde wird es nicht ganz reichen. Aber kaum habe ich seinerzeit mein Abitur abgelegt, wurden Teilnahmeurkunden eingeführt. Ja, neben all dem Edelmetall ist für einen schwarzen Pokal eine Teilnahmeurkunde wohl OK. Auf deren Rückseite kann man dann ja eine Strichliste mit den eingeheimsten Komplimenten machen oder die Nummern der Damen notieren, wenn die einen nicht gleich in Ihre Kemenate zerren.
4 Antworten
Chnokfir vor 3 Jahren 27 11
1
Flakon
5
Sillage
8
Haltbarkeit
4.5
Duft
Kein "Domo arigato misuta Robotto"
Man kann es nicht anders sagen, ich wurde olfaktorisch durch italienische und spanische Duft-Klassiker geprägt. Einer davon ganz klar "Paco Rabanne pour Homme" - ein Duft, so alt wie ich, klassisch, grün, würzig, ein wenig Barbershop, einfach nur wundervoll. Seitdem freue ich mich über jede Neuerscheinung aus jenem Haus. Der frischere "Paco Rabanne pour Homme Eau" wurde dann auch über einige Jahre bis zu seiner Einstellung zu meinem Signaturduft. Doch je mehr Kunststoff seit dem Millennium in den einzelnen Flakons verbaut wurde, desto weniger konnte ich auch mit den jeweiligen Düften anfangen. Aber ich war mir sicher, auch Phantom muss getestet werden, jeder bekommt seine gerechte Chance.

Der eigens für diesen Duft aufgestellte Aufsteller war bei Douglas dann auch kaum zum übersehen. Darauf einige silberne Kartons mit dem grossen Namen und dem etwas kleineren Roboter darauf. So weit, so schlicht, alles noch annehmbar. Daneben diskutieren zwei Verkäuferinnen hektisch, eine spielt mit einem Flakon herum, besser gesagt, mit seinen Einzelteilen. Scheinbar würde dieser knuffige, kleine Spielzeugroboter aus Fernost nicht einmal die erste Stunde aufgeregten Spielens nach dem Auspacken unter einem Christbaum überleben. Abgebrochene, scharfkantige und spitze Einzelteile, eine Kollegin eilt mit einem neuen Tester herbei. Ich befingere den neuen Roboter: Ja, scheint eine dünnwandige Kunststoffkonstruktion derjenigen Sorte zu sein, die gerne und schnell einmal brechen. Obwohl der Zerstäuber einen ziemlich guten Eindruck erweckt, stelle ich mir doch die Frage, ob das ein Refill sein soll, der längere Zeit halten wird? Wer ein Faible für japanische Science-Fiction der 1950er und 1960er mit den dazugehörigen Filmen und Spielwaren hat, der wird an diesem Flakon kaum vorbei kommen und ihn in der Vitrine platzieren.

Zwei Sprüher auf den Handrücken und ich stelle mir umgehend die Frage, ob ich mich nicht besser gleich rituellen Waschungen unterziehen möchte. Wenige Minuten später auf offener Strasse will mich meine Frau mit Gewalt ins nächste Kaufhaus zerren, um diese Prozedur höchstpersönlich auf der Kundentoilette an mir auszuführen.

Mit dem ersten Schwall überkommt einem eine satte Ladung süsser Fruchtigkeit, die binnen Minuten in eine fruchtige Süsse umschlagt und von einer leichten metallischen Note von Lavendel begleitet wird. Alles halb so wild, wäre da nicht ein Akkord, nein, ein Crescendo an klebrig-süssen Akkorden, die sich zu einem Fortissimo Forte aus Patchouli, Vanille und wahrscheinlich auch Tonka aufbauen. Wäre vielleicht auch nicht so schlimm, wäre dies nicht alles auf einmal, so intensiv, in seiner Ausprägung so synthetisch vehement und vor allem durch so viele andere Designer-Düfte in dieser oder ähnlicher Zusammenstellung bereits so bekannt. Nein, dieser Duft bietet wahrlich nichts neues, auch nicht in der Kombination seiner einzelnen Noten.

Ein "Phantom" soll dieser Duft sein, also ein Trugbild, ein Gespenst. Folglich eher eine leichte Erscheinung. Doch dafür ist dieser Duft mit dem Anfangsakkord viel zu intensiv, zu laut, zu beherrschend. Da sich die Früchte jedoch sehr schnell hinter Patchouli und Vanille verstecken, schwillt der Anfangsakkord einigermassen schnell ab, die gewohnte, leicht orientalische Süsse bleibt. Sie belästigt weniger die eigene Nase, wahrscheinlich stellt sich aus Gründen des Selbstschutzes eine gewisse Gewöhnung ein. Für die Umwelt bleibt er jedoch noch länger deutlich jenseits der Armlänge ebenso deutlich süss wahrnehmbar. Ich attestiere dem Duft eine heutzutage beeindruckend überdurchschnittliche Haltbarkeit von über 12 Stunden und auch am kommenden Morgen kann man noch süsse Reste auf der Haut erschnuppern.

Nein, mir gefällt der Duft nicht. Zu süss, zu synthetisch, zu plakativ, zu nervig. Doch scheint es seit einigen Jahren genau das zu sein, was so viele vornehmliche junge Männer bei so vielen Designer-Düften suchen. Wer sich also bei "Invictus" und "1 Million" und seinen zahlreichen Flankern und Freunden zu Hause fühlt, der sollte auf jeden Fall auch "Phantom" probieren.

Ein "Domo arigato misuta Robotto" will mir bei dieses Parfum nicht über die Lippen kommen, weder für den Duft, noch für den Flakon. Aber wahrscheinlich haben die Maschinen bereits die Welt übernommen, doch an mir altem Mann ging das mal wieder komplett vorüber. Muss demnächst unbedingt "Matrix 4" schauen, rote oder blaue Pille ...
11 Antworten
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