DN1982

DN1982

Rezensionen
Filtern & sortieren
11 - 15 von 75
DN1982 vor 4 Jahren 14 5
7
Flakon
5
Sillage
6
Haltbarkeit
9
Duft
Italienischer Tannenlüstling
Die einzelnen Zutaten dieser Kreation stehen alle auf meiner I Like-Liste und dennoch überrascht mich dieser Duft mit seiner sagenhaft guten Ausgewogenheit. Nadelholzextrakte aller Art werden manchmal gerne mit Omas Fichtennadelschaumbad aus der Vierliterpulle oder Franzen´s Branntwein gleichgesetzt - und mit diesen Extrakten haben wir es hier gleich dreimal zu tun. Nee, lasst das Kopfkino beiseite, wie die Oma zwei volle Verschlußkappen von dem Fichtennadelschaumbad in die Wanne kippt und nach dem Bad die morschen Knie mit Franzbranntwein einreibt.

Das hier hat Qualität. Du hast die Nadeln und das Harz in der Hand, du zerreibst es, wirfst es in die Luft, lässt die Arme kreisen und riechst an deinen Händen - Ätherik pur. BVpH gibt dir viel davon, aber er erschlägt dich nicht damit, denn er gibt dir die Frische der Bergamotte mit dazu. Salbei und Piment geben die Würze, abgerundet durch das balsamisch-liebliche Labdanum. Auch der Piment ist eher lieblich aromatisch, aber hier ist es mir sowas von egal, wer von den beiden der lieblichere Part ist, sie nehmen sich nichts, sie spielen einfach nur perfekt zusammen, was im Übrigen auch auf die Basisnoten zutrifft. Der Duft ist rund, da stört nichts, da nervt nichts, da ist keine Unruhe.

Rieche ich BVpH, dann lässt mich dieser Duft unweigerlich in die 1980er zurückreisen. Die Szenerie spielt in Italien, Frühherbst. Es ist nicht mehr drückend heiß, es ist sonnig und mild und die Luft riecht schon leicht nach Herbst. Ich sehe einen italienischen Geschäftsmann, mit etwa 1,95 Metern atypisch groß gewachsen. Sehr schlanke, hagere Gestalt, eine Art Pilotenbrille aus der Designabteilung eines deutsche Sportwagenherstellers; gekleidet in einen schwarzbraunen Anzug, selbstverständlich maßangefertigt. Der Rahmen seiner Sonnenbrille glänzt mit seinen ebenfalls maßangefertigten Schuhen um die Wette, während er seitlich an die B-Säule seines in Silberdistelmetallic lackierten W126 280 SE gelehnt mit dem Autotelefon telefoniert. Ein Gentleman. Nicht arrogant, doch irgendwie unnahbar. Ruhe und Souveränität ausstrahlend, ein Mann mit Stil und Geschmack.

Dann sehe ich, dass dieser Duft noch gar nicht so alt ist und keine 10 Lenze auf dem Buckel hat! Wie bitte? Und doch ist er so klassisch, so old schoolig elegant, dass ihn niemand ins Hier und Jetzt verorten würde. Da hat es jemand verstanden, ein duftes Statement zu setzen. Ich scheine zurück auf die richtige Spur gefunden zu haben - es gibt doch noch Gutes abseits des Mainstreams zu entdecken, das nicht vor mindestens 25 Jahren releast wurde. Nur eines scheint dem aktuellen Zeitgeist geschuldet: die mangelnde Reichweite und Haltbarkeit. Immerhin verschwindet er nicht ganz so abrupt wie Ende der 1980er ein großgewachsener hagerer Geschäftsmann aus der Nachbarschaft, der zufällig aus Südeuropa stammte, stets und immer Anzug trug, ein Faible für gute Düfte hatte, einen silberdistelmetallicfarbenen W126 fuhr, und es ganz furchtbar eilig hatte, als ihm die deutsche Steuerfahndung im Nacken saß...
5 Antworten
DN1982 vor 4 Jahren 19 7
7.5
Flakon
1
Sillage
1
Haltbarkeit
7.5
Duft
Er war einer für alles - heute kannst ihn vergessen
Der Duft fiel mir schon bei meinem vor vielen Jahren verstorbenen Großonkel äußerst positiv auf. Auch deshalb, weil ich als Kind irgendwie immer so den Gedanken hegte, dass gute Düfte eigentlich eher eine Domäne der Frauen sind.

So mit zehn, elf Jahren, also 1986 oder´87, wir waren bei meinem Großonkel zu Besuch und wollten uns gerade zum Nachhausegehen fertig machen, sagte er zu mir: "Warte mal noch kurz, ich hab da was für dich."

Spiel? Spannung? Schokolade? Nun, damit war er eigentlich immer sehr sparsam. Und jetzt geht er noch ins Badezimmer. Was konnte er von dort nur mitbringen? Sein Quietscheentchen vielleicht?
Weit gefehlt. Er hielt eine kleine flache schwarze Schachtel mit dem Schriftzug Drakkar Noir in der Hand. Mit einem Lächeln im Gesicht öffnete er fingerfertig die kleine Schachtel und zog daraus ein kleines Glasfläschchen hervor. "Da hab ich was Besonderes für dich!" Er zog den Deckel von dem Fläschchen, an dem sich ein langer dünner Kunststoffstreifen befand, strich mir mit diesem Streifen hinter meinem linken Ohr entlang, tauchte ihn wieder in das Fläschchen und wiederholte das Ganze noch einmal hinter meinem rechten Ohr. Dann steckte er den Deckel wieder auf, legte das kleine Fläschchen wieder in die Schachtel zurück, verschloss sie und gab sie mir in die Hand.
"Das ist was ganz Feines, gerade richtig für so einen feinen Kerl wie dich.", sagte er mit einem milden, durch und durch ehrlichen Lächeln in den Augen.

Und schon entfaltete sich der olfaktorische Hochgenuß! Und das bei dieser geringen Dosis von vielleicht einem zehntel Milliliter - ich war baff!
Dieses Pröbchen hielt ich in Ehren, nutzte den Duft ausschließlich zu größeren Familienfeierlichkeiten.
Irgendwann war die Probe alle. Ich hielt das leere Pröbchen noch eine zeitlang in Ehren und versuchte mich in der Zwischenzeit an allerhand (Rasier)Wässerchen, von denen viele gut waren, aber bei weitem nicht das boten, wie Drakkar Noir.

Eines Tages blätterte ich in einer Illustrierten und fand dort Werbung für Drakkar Noir. Drakkar Noir? Der Name sagt dir doch was?
Was noch schöner war, es klebte auf der Werbeanzeige ein kleines Kärtchen mit einer Duftprobe.
Aufgerissen, die Nase dran, und da war es wieder, das Drachenboot. So nahm ich Geld zur Hand und zog los, mir eine Flasche von dieser Duftbombe zu holen. Da war er wieder, dieser olfaktorische Hochgenuß, der mir ein Kompliment nach dem anderen einbrachte und ich mich phasenweise kaum vor Anfragen retten konnte, was das denn für ein Parfum sei, das ich da trage. Wohlgemerkt war das Anfang der Neunziger, als Drakkar Noir angeblich in aller Nase, meistverkauftes Herren-EdT etc. war; ihn aber außer meinem Großonkel niemand trug, was mich bis heute verwundert.

Drakkar Noir passte wirklich zu jeder Gelegenheit und auch, wenn das Bessere des Guten Feind ist: Never chance a running system! Erst recht, wenn es einem von Anbeginn an perfekt liegt und nicht erst durch zigmal probieren schöngerochen werden muss. Ich habe zwar in Laufe der Jahre einige Düfte durch und auch in meinem Repertoire behalten, aber zur Stammbelegschaft gehört DN!

Letztlich war es ein Glück für alle Beteiligten, dass mein Großonkel als einer der letzten Verwundeten aus dem Stalingrader Kessel ausgeflogen werden konnte und so den Zweiten Weltkrieg in Südfrankreich überlebte, dort eine Französin kennenlernte, welche die Vorliebe für gute Düfte ja bekanntermaßen in die Wiege gelegt bekommen haben. Ich wäre sonst wohl nie bei diesem bombastischen Duft gelandet, der so prägend war. Posthum nochmals vielen lieben Dank dafür.

Irgendwann jedoch, es muss um 2000 gewesen sein, muss dieser Klassiker das erste, wenn nicht gar schon das zweite Mal leicht geändert worden sein. Zeitgleich fand sich nicht mehr Cosmair auf der Rückseite des Flakons des begehrten Stoffes aufgedruckt, sondern LLC. Ich hatte noch den alten, und konnte beide Versionen direkt gegeneinander vergleichen bzw vergleichen lassen. Der Sprühkopf wurde ebenfalls geändert, er wurde kleiner und haut etwas weniger raus als der alte.

Der Saft wurde nicht unbedingt schlechter, er wurde etwas milder und basisnotenlastiger bzw. Herz- und Basisnote treten früher auf den Plan (was mir recht gut gefiel), jedoch mit Ausnahme der zuvor noch perfekt abgestimmten Ledernote, die heuer leider nicht mehr vorhanden ist.
Allerdings ging diese Reformulierung zulasten der Haltbarkeit! Er packt zwar immer noch seine 5-6 Stunden. Aber wer weiß, dass Drakkar Noir in der Ursprungsversion etwa das Doppelte schaffte und die Sillage ne ganze Ecke stärker war, kann schon ein wenig enttäuscht sein. Erst recht, da zwei Spritzer einstmals absolute Höchstdosierung waren, wo es jetzt das Doppelte braucht.

So um 2009 kam ich plötzlich wieder in den Genuß von Flakons mit der Aufschrift Cosmair, die laut Bekunden des Verkäufers aus laufender Produktion sein sollten und dem Original in Sachen Duft und Haltbarkeit nahekommen. Eine Anfrage bei Guy Laroche, wer nun aktuell (!) der Distributor von Drakkar Noir ist, wurde nie beantwortet. Da ich seit Jahren gut rieche und diese unangenehme Frage auch anderen Herstellern stellen musste, konnte ich sehr schnell die Feststellung machen, dass ich nie (!) eine Antwort erhielt. Warum nur, wenn die doch keinen Dreck oder IFRA am Stecken haben?

Allerdings hat mich der Verkäufer, bei dem ich 2009 eine Flasche aus Cosmairzeiten gekauft hatte, angeschwindelt! DN war alle und ich habe bei einem anderen Shop geordert. Was bekam ich? Eine von LLC aus dem Jahr 2010!!! Was sagt uns das? Frische Ware kommt nach wie vor nur noch von LLC - bis heute! Da einem alle anderen Liebhaber guter Düfte alles Alte, Unreformulierte vor der Nase wegkaufen, sind die Chancen, alte Neuware zu bekommen mittlerweile auf Null gesunken. Angebrochene Flakons oder Uralt-Minis via Ebay ausgenommen.

Nun schreiben wir das Jahr 2020. Und wieder riecht DN anders als mein letztes 2013er Badge! Der Sprühkopf wurde wieder geändert, ist nun der alte größere drauf von vor was weiß wie vielen Jahren. Klar, dass auch wieder ein wenig an der Beschriftung auf der Pulle rumdesignt wurde. Nach diversen Abgleichen kann ich mit Gewissheit sagen, dass an DN zwischen 2000 und 2020 dreimal herumoperiert wurde - noch Fragen?
Interessanterweise kommt DN nun wieder herber, vollmundiger rüber. Nicht wie das Original aus den 1980ern, aber diesem näher als das, was vor 10 Jahren auf den Markt geworfen wurde. Die scheinen da wohl tatsächlich einen adäquaten Ersatz für Eichenmoss gefunden zu haben. Auch das Null an Leder, dass DN´s Freunde ertragen mussten, ist wenigstens einem kaum vernehmbaren +0,1 an Leder gewichen.
Friede, Freude, DN? Nein! Auch wenn die Gesamtkomposition in sich wieder runder ist, haben die Macher dem guten Jungen mittlerweile jegliche Form von Reichweite genommen. Egal, wie sehr an ihn herumreformuliert wurde - ist die Pulle leer, kaufe ich nach spätestens 4 Wochen ohne DN Nachschub, weil mir sonst was fehlt. Mein aktuelles 2020er Badge (100 ml) ist nach 6 Wochen täglichem Gebrauch zur Hälfte leer, ich lege den am Tag mindestens 2 mal nach mit je mindestens 6 Sprühern. So einen immensen Verschleiß hatte ich noch nie! Kaum ist er da, ist er auch schon weg! Der Duft immer noch toll, aber wer ihn bis heute nicht kennt, sollte es bei diesem Status Quo belassen, es ist nur noch Frust! Traurig, dass ich das mal sagen muss: Nehmt den dünnen Schiss vom Markt!!!

7 Antworten
DN1982 vor 4 Jahren 6 2
2
Flakon
7
Sillage
7
Haltbarkeit
5
Duft
Auf Altherren-Safari im Friseursalon
Eigentlich würde das, was ich als Überschrift gewählt habe, schon ausreichen. Aber machen wir es hier mal ein bisschen anders:
Wo findet eine die klassische Safari statt? Irgendwo in Afrika, mit dem Landy durch Steppen, Wüsten und Savannen. Schönes Wetter, ne? Ja, aber verdammt heiß! Und wenn man denn mal die Füße zwecks Abkühlung in ein Wasserloch halten könnte, dann wimmelt es dort entweder vor Krokodilen oder aber von Abermilliarden Stechmücken.

Fassen wir zusammen: es ist verdammt heiß, man schwitzt wie Sau, stinkt schnell wie selbige und von dem Ungeziefer wird man auch noch aufgefressen. Doch dagegen gibt es ein Mittel: Safari for men. Man braucht nicht wie die Jugend nach dem Schulsport die Luft in der Umkleide mit exzessivem Gebrauch von Spraydosen zu einem atemberaubenden und explosionsgefährlichen Gemisch anzureichern. Von Ralphs gutem Stück reicht zwei drei mal auf den Sprühkopf zu drücken, um eine ähnlich erschlagende Wirkung zu erreichen - ganz ohne Explosionsgefahr. Ja, das braucht man bei einer schweißtreibenden Safari - die schiere Überdosis an Zitrus, an Grünem und damit es nicht ganz so öde ist, noch nen dicken Blumenstrauß drauf. Was auch nur im Entferntesten an Körpergeruch erinnert, muss weg - und das schafft er zweifelsohne. Nee, der Auftakt ist echt grenzwertig und war anno ´92 schon nicht mehr als zeitgemäß zu betrachten.
Gottlob wird der Bursche zur Basis hin etwas alltagstauglicher, und wandelt sich zu einem markant klassischen Herrenduft, Fachrichtung Schere, Messer, Leder. Und sagt man nicht, Zedernöl soll Stechmücken vergrämen? Dann wäre das ja doch die perfekte Wunderwaffe im afrikanischen Outback. Ich erinnere mich aber an Tests, wo das Zedernöl als untauglich gegen Stechmücken getestet wurde. Nun denn, vielleicht schützt es ja vor Wild für den Fall, dass man sein Jagdgewehr im Flieger vergessen hat.
Immerhin: es fehlt der Kümmel! Mit Kümmel würden die alten Herren in ihrem Landy nämlich nicht mehr rechtzeitig vor dem Schaufenster von Alfred´s Haarschneiderei zum Stehen kommen.

Ja, ich gebe es zu, ich benutzte den nach seinem Erscheinen ein paar mal als Jugendsünde, als die Opas von heute noch die alten Knacker von (über)morgen waren. Ok, man wollte manchmal ein bisschen reifer und älter erscheinen und was die Mädels mit Schminke hinbekamen, das machten die Jungs gerne mit markanten Düften. Aber ich hatte schon zwei, drei Jahre vorher festgestellt, dass es Düfte gibt, die einen nicht nur reifer wirken ließen, sondern auch noch Komplimente brachten. Wobei, es konnte durchaus auch ein Kompliment sein, wenn sie zu dir sagte, "Hey, den benutzt mein Papa auch sehr gerne" und dabei ein ehrliches Lächeln in ihrem Gesicht stand, man ihr etwas Vertrautes entgegenbrachte.
Ihr seht, es gibt immer unterschiedliche Sicht- und Herangehensweisen und Standpunkte und es wäre sicher langweilig, wenn dem nicht so wäre.
2 Antworten
DN1982 vor 4 Jahren 5 2
7
Flakon
7
Sillage
8
Haltbarkeit
9
Duft
Der Techniker
Wenn man sich die Mühe gemacht und den Namen dieses brillanten Duftes entfranzösisiert hat , so zeigt dieser eine eindeutige Maschrichtung an.

Doch ist er wirklich so natürlich, so bodenständig und erdbetont? Oder verbirgt sich da noch etwas Anderes, nicht weniger Faszinierendes? Nun, der Auftakt haut schon ordentlich rein - ja das wird doch wohl nicht ein Powerhäuschen...? Ja dasss es sowas noch gibt, dass ich sowas noch erleben darf - ganz ohne eine Million tödliche Rosen!
Er ist laut, der Hermes mit seiner zitrisch-harzigen Frische, die mir gleich gefällt. Er ist auch ein bisschen ungehobelt, ja wild, also Sauvage um es linksrheinisch auszudrücken - und das nicht nur auf dem Papier! - und ich glaube, dass soll so sein und diese Unruhe stört nicht. Im Gegenteil - hier ist es eine Freude zu sehen bzw zu erriechen, wie sich die Duftnoten eine regelrechte Straßenschlacht um die Vorherrschaft liefern und keiner, aber wirklich keiner kann hier dauerhaft das Zepter in die Hand nehmen: Auch wenn das Harzige scheinbar leicht die Oberhand behält, sind da doch die Zitrusfrüchte, die dem Harz den Schneid abkaufen wollen. Der Feuerstein kann das natürlich gar nicht leiden und gibt seine brandig-herbe Note dazu, die zeitgleich wiederum vom nicht minder herben Rosengeranienblatt überpegelt werden will.

Und genau dieses Zusammenspiel dieser Vielfalt an naturbekannten Düften, die in ihrer Herkunft sehr gegenläufig sind, macht aus dem Duft etwas Anderes - etwas GANZ ANDERES: ja, da sind naturbekannte Düfte, aber die gehen in ihrer Gesamtheit in eine Richtung, die nicht natürlich ist, sondern technische Ursprünge hat. Da ist nicht nur ein Aufflammen der medizinischen Heftpflasternote, die die Urversion (!) von YSL´s M7 kennzeichnete.
Da ist noch mehr Technisches: dem Elektriker wird der Begriff Mantelleitung NYM sicher kein Fremdwort sein. Die einzelnen Leiter sind neben ihrer eigenen Isolation mit einem weichen, bröseligen Kunststoff ummantelt, der wiederum von der Außenisolation umschlossen wird. Und genau dieser weiche, bröselige Kunststoff riecht TdH sehr ähnlich.
Ein anderer Kunststoff, es müsste Polycarbonat sein - bin mir aber nicht 100% sicher - entwickelt recht starken, leicht brandigen Geruch, wenn man ihn mehrfach über seine elastische Verformbarkeit hinaus hin und her biegt - auch das hat TdH mit drin, aber deutlich weniger prägnant wie die mir in ihrer Zusammensetzung unbekannte weiche Bröselplaste in der NYM-Leitung. Also eher Stromkabellastig, der Gute.
Wem diese technischen Gerüche eher unangenehm sind, den mag ich dennoch beruhigen, denn TdH legt seine zitrische Frische darüber.
Ich gehe noch weiter: der nasse Asphalt, der Narciso Rodriguez for Him von einem Kommentator angedichtet wurde - dort aber nicht bzw nur mit größtem Nasenoptimismus zu finden ist, ist hier weit leichter auszumachen - Benzoe, Feuerstein und Rosengeranienblatt sind das Zauberwort!

Wenn er runterdimmt, dann drücken sich Vetiver und Patchouli nach vorne. Eigentlich nicht richtig, denn sie sind schon ziemlich früh mit von der Partei, ähh, Partie. Jetzt tritt das Technische, gar etwas Kühle ein wenig zurück und nun wird der Bursche seinem erdigen Hinweis gerecht. Die Zeder fiedelt dabei sehr dezent im Background und auch die beiden Pfefferchen kann ich nicht wirklich herausnasieren. Was bei den scharfen Körner aber gar nicht verkehrt ist - zu viele Düfte werden durch Pfeffer muffig, eindimensional und somit nervig und langweilig , wobei die rosane Variante immer noch die beste von allen Pfeffern ist. Hier jedoch wie bereits gesagt kaum was zu vernehmen, sondern nur als Kleber, als Füllmittel und Vehikel für die anderen Komponenten, die diesen Duft ausmachen.

Wer es gerne harzig mag und den Sauvage leiden kann... Oder besser noch: wer es noch harziger mag und den dem Sauvage nachgemachten Extreme von La Rive noch besser leiden kann, es aber dreckiger im Sinne von erdiger, kühler und einfach technischer haben will, der sollte seine Nase mal unbedingt hier reinhalten - es könnte sich lohnen.

TdH schafft gleich mehrere Spagats. Er bietet eine Fülle an gegenläufigen Duftkomponenten natürlichen Ursprungs, die auf den ersten Blick nicht unbedingt miteinander harmonieren wollen, es aber dennoch tun. Gleichzeitig spannt diese Komposition den Bogen zu Gerüchen aus dem technischen Bereich ohne jedoch seine "Erdung" zu verlieren. Und dann hat TdH auch noch etwas Klassisches an sich. Ellena hat mit diesem Duft keine Bögen gespannt, er hat einen Kreis geschaffen mit dem Potenzial ein Klassiker zu werden - wenn er es nicht schon ist.
Ich mache mir nichts vor - TdH ist ein geiler Techniker, der das Zeug zum Signatureduft hat. Mich hat in den späten 1980ern Drakkar Noir in die Welt der Düfte geführt, meine seit frühester Kindheit bestehende Liebe zum Geruch von Leder weiter beflügelt und somit dementsprechend geprägt. In den Neunzigern wäre es Halstons Catalyst gewesen und in den 2000ern M7 in der Urversion. In den 2010ern dann O Boticarios Quasar Fire. Wobei: der hätte sich wohl ziemlich mit dem Quasar Onix aus gleichem Hause um die Vorherrschaft gedroschen, ähnlich wie es die einzelnen Duftkomponenten bei TdH tun. Und heute? Ich traue mich kaum, es zu sagen, aber es wäre TdH! Noch Fragen?
2 Antworten
DN1982 vor 4 Jahren 7 5
7
Flakon
7
Sillage
9
Haltbarkeit
6
Duft
"Möchtest du noch ein bisschen?" "Nee danke, ich hab noch."
Wer kennt das nicht, wenn man so beim Essen sitzt. Die Mahlzeit ist nicht grottenschlecht, aber einen Nachschlag möchte man dann doch nicht haben und dann kommt dieses gequälte Lächeln des Befragten und seine Ablehnung. So, oder so ähnlich geht es mir bei diesem Duft. Warum? Nun, er ist halt so ein Beliebling: über die vergangenen mindestens 10 und noch mehr Jahre in Form ähnlicher Mainstream-Belieblinge a la One Million gerochen - genau, der mit der letalen Dosis Rose - und zwar einerseits geschätzt, andererseits aber auch etwas, was man nicht jeden Tag haben möchte. So wie vor langer Zeit ein Spielzeug, das schnell langweilig würde und in der Ecke landete.
Zur Langeweile trägt hier die Eintönigkeit des Duftes bei, die Duftpyramide lässt keine Zweifel offen: hier ist es jedoch keine letale Dosis Rosen, sondern der muffige Pfeffer auf dem Rücken seines Ackergaules namens Salbei, der gerade in ein Moor aus Vanille geraten ist, langsam darin absäuft und weit und breit kein Helfer in Sicht. Dieses Schauspiel, oder auch Drama in einem Akt, dauert etwa 7-8 Stunden und lässt sich auch nicht so gut abwaschen. Darauf brate ich mir jetzt ein schönes Steak mit jeder Menge Röstzwiebeln oben drauf und frittiere mir noch ne Portion Pommes dazu in der Hoffnung, das diese gourmandigen Fremdnoten ein wenig Gras über das nur schlecht Abwaschbare wachsen lassen.

Wer dennoch auf diese Richtung steht, also unter anderem diejenigen, die sich darüber mokiert haben, warum denn ein Duft schlecht bewertet wird, nur weil er süß ist, denen lege ich, wenn sie es denn mal richtig krachen lassen wollen, einfach mal Halloween Man von Jesus Del Pozo an's Herz. Der taugt durchaus auch für Süßfreunde als Erkenntnis, dass das Bessere des Guten Feind ist. Und für irgendwas Zwischendrin lohnt auch mal ne Nase voll Wanted by Night.
5 Antworten
11 - 15 von 75