FvSpee

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6 - 10 von 323
FvSpee vor 2 Jahren 32 25
5
Duft
Colognisten-Café: Nördliche Depressionen
1911 (vor 111 Jahren):

Das von nach Russland übergesiedelten Franzosen gegründete Dufthaus "Brocard", damals einer der Weltmarktführer, auch für Colognes, lanciert 'Severny'.

Das Wort ist Russisch und bedeutet 'Nord"/'Nördlich'. Wie bei so vielen wirklich sehr alten Düften ist heute nicht mehr festzustellen, wie das Ur-Severny duftete. In diesem Fall sind wahrscheinlich auch keine Duftproben aus den frühen Jahren mehr erhalten, und wenn ja, sind sie nicht mehr intakt. Vielleicht mag es irgendwo in Archiven noch alte Warenkataloge geben, in denen der Duft mit Worten beschrieben wird.

Ein Teil des alten Brocard-Portfolios ist heute, nach etlichen Marken- und Rechtsformwechseln, vom (Billig-) Dufthaus Novaya Zarya übernommen worden. So das wunderschöne florale Cologne, das hier kürzlich, noch zu Friedenszeiten, durchs Colognisten-Café gereicht wurde, und so auch dieses - jedenfalls in der heutigen Formulierung unbedeutende - Wässerchen.

Eine gewisse kühle Frische scheint dem Duft innezuwohnen, wobei die Frage berechtigt ist, ob man da nicht einer Autosuggestion durch den Namen aufsitzt. Der Versuch einer kritischen Analyse deutet am ehesten auf so etwas wie eine leicht scharfe Frische im Stil von Tomatenblatt- oder Geißblattaromen hin. Diese Frische ist aber alles andere als dominant. Charakterisch für den Duft ist weniger der klirrende sibirische Winter als die schlammige Tauperiode danach: olfaktorische Brauntöne, erdig und unspezifisch würzig, dazu fast stickige grüne Noten, bei denen man vielleicht kurz an die Hermès-Gärten denkt.

Insgesamt bleibt kein fester Eindruck, der Duft wirkt verwirrt und ziellos.

(...)

Ich vermute, dass 'Serverny' auch in seiner Ursprungsfassung kein Jahrhunderduft gewesen ist. Von monumentaler Bedeutung ist aber der Flakon. Der heutige Flakon präsentiert den Eisbär auf dem Eisberg in einer verballhornten, vergröberten Fassung. Die ähnliche, aber gewagtere und feinere Urversion aber stammte von niemand anderem als dem weltberühmten ukrainisch-polnischen Maler und Bildhauer, Künstler und großem Kosmopoliten Kasimir Sewerinowitsch Malewitsch, geboren in Kiew, gelebt und gewirkt in Witebsk (Belarus), Berlin und Moskau, gestorben 1935 in Leningrad.

(...)

EDIT:

Die erste und die zweite Version dieser Rezension waren länger und enthielten zeitgeschichtliche Referenzen.

Neunter Besuch im Café.
25 Antworten
FvSpee vor 2 Jahren 33 22
8
Sillage
8
Haltbarkeit
8
Duft
Im dunklen Wald der Schokobeeren
Zur (mäßig sympathischen) Marke D:SOL MMXVI und ihrer (sehr sympathischen) Parfumeurin Marie Le Fèbvre habe ich anlässlich der beiden kürzlich kommentierten anderen Düfte der Miniserie, 'Herbes' und 'Tesoro' schon genug erzählt.

Bleibt jetzt noch dieser hier: Terram. Vorab Dank an Knopfnase, nicht nur dafür, dass sie mich auf die Marke aufmerksam gemacht hat, sondern auch dafür, dass sie mir ein Pröbchen von Terram geschickt hat (nachdem das Originalpröbchen, das ich von der Firma bestellt hatte, irgendwie geflüchtet ist; bin mal gespannt, wo es sich in zehn Jahren finden wird).

Terram ist für mich als Dreieck aufgespannt: Es gibt eine (von einem sehr modernen, eleganten, komplett dehippisierten Patschuli stammende) Bitterschokoladenseite, dann eine richtig, richtig gut gelungene waldfrische Harz-Tannenbalsamseite, die so richtig schön die Nase durchbläst, und als drittes einen sehr körpervollen kräftig-farbigen Pol, der wahrscheinlich von den Blumen und dem Galbanum herrührt, mir aber subjektiv eher dunkelbeerig-fruchtig imponiert.

Das ist der Kern, und der ist, wie bei Marie Le Fèbvre üblich, wunderbar fein auskomponiert: Freundlich und heiter, lebensbejahend und vital.

Darum spielen noch andere Noten, einige davon zur zeitweise (generell ist Terram freilich eher linear): Eine pfeffrige Schärfe, die sich bei mir erst nach etwa einer Stunde richtig bemerkbar macht, feuchte Hölzer und dunkler Honig, und gegen Ende so etwas wie Trockenobst.

Im Ergebnis mutet mir der Duft ein wenig zu gourmandig an, obwohl er sicher nicht so 'gemeint' ist. Für mich bleibt von den dreien daher 'Herbes' der Favorit. Wer dunkle Walddüfte und Patch mag, sollte diesen hier aber als Testkandidat ernstnehmen: der Duft ist schön!

Eine zwar etwas entfernte, aber doch deutliche Verwandtschaft erkenne ich zu Elite von Floris; auch dort die originelle Symbiose von kräftigem Patschuli mit frischwaldigem Tannenbalsam. Der Brite freilich ist durch die großzügige Beigabe zitrischer Noten heller, was mir persönlich besser gefällt.
22 Antworten
FvSpee vor 2 Jahren 37 25
10
Flakon
8
Sillage
8
Haltbarkeit
8.5
Duft
Zitronat-Oboe
Das parfumistische Werk von Marc-Antoine Corticchiato ist angenehm übersichtlich strukturiert. Er ist (im Alleingang) für die beiden Marken "Parfum d'Empire" und "La Parfumerie Moderne" verantwortlich, beide quasi seine Eigenmarken. Innerhalb dieser Marken ist nie ein anderer Parfumeur tätig geworden, und außerhalb der Marken hat der korsisch-marokkoanische Meister nur zwei, drei Düfte ins Leben gerufen.

Freunden minimalistischer Aufgeräumtheit und heiter-apollinischer Gefüge geht das Herz weiter auf, wenn der Blick darauf fällt, dass beide Marken, Parfum d'Empire und La Parfumerie Moderne, durch schlichte Einheitsflakons und ruhiges Etikettendesign imponieren. Und, dass alle Eigennamen der Parfums beider Marken angenehm unverschroben sind. Sie bestehen jeweils aus ein bis drei wohlgesetzten, klassischen Worten wie 'Années Folles', 'Fougère Bengale' oder 'Le Cri' und enthalten keine wirren Buchstaben-Zahlen-Kombinationen oder Wortkettenungetümen à la 'Sexy Messy Just Rolled out of the Bed'.

Ich besitze zwei Düfte dieses (übrigens ziemlich attraktiven, soweit ich berufen bin, hier Urteile abzugeben) Parfumeurs, nämlich 'Belles Rives' (von LPM) und das preisgekrönte 'Azemour les Orangers' (von PdE). Weitere, wie 'Musc Tonkin' finde ich hochspannend, und ich kenne nicht mal alle Werke des Autors, was dafür spricht, dass mir seine charakteristische Handschrift zusagt.

'Iskander' wird auf der Internetseite des Herstellers als "Zitruschypre an der Grenze zwischen West und Ost" tituliert, womit dann auch der Name des Duftes erklärt sein dürfte. Denn der Duft wird wohl eher nicht nach der russischen Mittelstreckenrakete Iskander benannt sein, die von der Kaliningrader Oblast auf Westeuropa gerichtet ist, sondern ganz klassisch nach dem Helden des Altertums, der wir kein anderer als Grenzgänger zwischen und als (kriegerischer) Verschmelzer von Ost und West gilt, nämlich eben Iskander, der kein anderer ist als Alexander (der Große von Makedonien), dessen Name im Arabischen und anderen Sprachen des Ostens so lautet: Alexandria in Ägypten ist al-Iskandariyya, und Alexander/Iskander war zur Zeit der Kreuzzüge gemeinsamer Held der muslimischen und der christlichen Ritter.

Was das spezifisch ost-westliche an diesem Duft ist, mögen andere erklären, aber er gefällt mir sehr gut. Man kann, um eine erste Idee davon zu gewinnen, als komplex, aber dennoch vollkommen ausgewogen, zum echten klassischen Parfum ausgebautes, traditionell zitrisches Cologne begreifen, aber in einer bitter-schweren Richtung.

Iskander beginnt sofort ziemlich wuchtig, fast massig und opulent. Es ist elegant und ausgewogen, aber auch ein bisschen dumpf-abgründig, kühl, aber paradoxerweise zugleich schwül, und der Kopf sagt zwar, dass die bitterherben Akkorde zitrischer Art sind, das Herz meint aber so etwas wie schwere Blumenbuketts zu ahnen.

Im weiteren Verlauf wird Iskander grüner und krautiger und zugleich heiterer (es klart auf), ohne dass sich der satt-feuchte Gesamteindruck veränderte, und ohne dass die dominierende bittere Zitrik verschwände. Mit den Vorkommentatoren wie Mörderbiene und NikEy stimme ich überein, dass in dieser Phase auch eine markante (angenehme) salzige Note zu verspüren ist, welche sich aus der Duftpyramide nicht zwanglos erklären lässt.

Auch im Drydown des Duftes bleibt die unverwüstliche (jetzt dunkel-kristalline) Zitrik präsent, die nun glühwürmchenhaft von allerlei drolligen Duftassoziationen (bei mir Vanille und süße Tabakvarietäten) umspielt wird. Die Basis enthält Tonkin-Moschus, offenbar eine präferierte Zutat Corticchiatos, nach der auch ein Duft von ihm benannt ist.

Für mich besteht eine frappante Verwandtschaft des hier rezensierten sehr schönen Duftes zu einem anderen (für mich vollkommen schönen) Werk Corticchiatos, nämlich zu Azemour les Orangers. Beide haben die herbbitere Zitrik mit unverkennbar salzigem und krautigem Einschlag gemein, denen eine unorthodoxe, künstlerisch ziemlich gewagte, aber vollkommen zwanglos passende Basis untergezogen ist; bei Iskander sind keine Blumen angegeben, man meint aber welche zu spüren; bei Azemour ist reichlich Floralität deklariert, man verspürt sie aber kaum.

Iskander kommt mir ein wenig wie der - noch mit Erde und unreinem Gestein verbundene - Rohdiamant vor, aus dem der Autor fünf Jahre später den perfekt glänzenden und leuchtenden Brillant Azemour les Orangers schliff, oder wie eine Oboen- oder Kontrabassvariation in Moll, wenn das hellere Azemour ein Klavier- oder Hornkonzert in strahlendem H-Dur auf dasselbe Thema ist.

Sowohl das zuletzt vor fast sieben Jahren hier rezensierte Parfüm, als auch der Parfümeur dahinter seien zur näheren Beschäftigung herzlich anempfohlen!
25 Antworten
FvSpee vor 2 Jahren 36 30
5
Flakon
7
Sillage
8
Haltbarkeit
7
Duft
Zorn ist zauberhaft
So, ihr Tugendbolde und armen Sünder:innen! Über diesen Duft hab ich nicht so wahnsinnig viel zu erzählen. Wer sich nur für das Riechding an sich interessiert, kann Lebenszeit sparen und gleich zum Ende vorscrollen. Hauptsächlich nehme ich Era zum Vorwand für Infotainment-Klugsch**reien.

Schon länger hatte ich den Gedanken, wenn ich jemals ein eigenes Label gründen sollte, vierzehn Programmdüfte zu lancieren und sie nach den sieben Kardinatugenden und den sieben Todsünden zu benennen. Aber, nicht neues unter der Sonne und Stanislaw-Lem'sches Pseudoplagiat, Memoize hatte die Idee gleichzeitig und hat sie vor mir umgesetzt. Muss man neidlos (!) anerkennen. Allerdings, soweit ich es sehen kann, lief die Umsetzung eher holprig. Schade. Gute Idee verbrannt.

Memoize ist ein eher hippes und relativ teures (177 Pfund Sterling der 100 ml-Flakon) Londoner Label, das von Holly Hitchinson mit dem Ziel gegründet wurde, reich zu werden..., äh, Entschuldigung, mit dem Ziel, den Gedanken der Tragbarkeit und Alltagstauglichkeit mit dem Hauch der Vornehmheit, Eleganz und Einzigartigkeit zu verbinden unter strikter Beachtung der Verantwortung für unseren Planeten durch nachhaltiges... Naja, man kennt das. Die Arbeit werde von einem eigens "kuratierten Team aus hocherfahrenen britischen Parfumeuren" erledigt, deren Namen aber nicht genannt werden. Die Memoize-Düfte sind anonyme Werke.

Neben einigen Einzeldüften, die in keine der beiden Reihen passen, gibt es eine schwarze Reihe mit den sieben Todsünden und eine weiße mit den, hm, naja, irgendwie Tugenden, denn von den klassischen aristotelisch-christlichen sieben Kardinaltugenden sind nur zwei dabei: caritas (Nächstenliebe) und temperantia (Mäßigung). Prudentia, iustitia, fortitudo, spes und fides sind dagegen durch die Marke-Eigenbau-Tugenden (is auch wichtig) industria, patientia, humilitas und humanitas ersetzt worden.

Bei den sieben Todsünden (die eigentlich theologisch korrekt gar keine Todsünden sind, sondern Hauptlaster oder Wurzelsünden), hat sich die schwarze Serie hingegen an das seit Papst Gregor dem Großen (ca. 600 n. Chr.) feststehende Programm gehalten. Die Düfte heißen:

Superbia (Stolz, Arroganz)
Avaritia (Geiz, Habgier)
Luxuria (Ausschweifung, Begierde)
Ira (Zorn, Rachsucht)
Gula (Gefräßigkeit, Selbstsucht)
Invidia (Neid, Eifersucht)
Tristitia (Trübsinn).

Das ist alles gut theologisch, außer dass es bei den Klassikern statt tristitia meist acedia (Feigheit, Faulheit, Herzensträgheit) heißt. Und, was noch skurriler ist, dass bei Zorn und Rachsucht (ira), also diesem Duft hier, das Wort falsch geschrieben ist. Der Duft heißt ja Era mit E. Das wort gibt es aber nicht, außer im vorklassischen Latein, wo es "Herrin" heißt. Aus dem Werbetext geht aber hervor, dass Zorn gemeint ist. Ich persönlich vermute, Memoize hat sich die Freiheit erlaubt, weil das britische Kaufpublikum mit dem Duft sonst "Irish Republican Army" assoziiert und die Polizei gerufen statt die Kreditkarte gezückt hätte.

Ethisch etwas problematisch finde ich, dass bei den Werbesprüchen diese Laster und Sünden dann (natürlich) in etwas positives umgebogen haben, nach dem Motto "Arroganz ist astrein, Zorn ist zauberhaft, Geiz ist geil". Hier zum Wüterich-Duft heißt es zum Beispiel: "The essence of passion, provocation and power. Lose control of your emotions with this powerful fragrance...". Naja. Das hätte Rumpelstilzchen noch weniger elegant formuliert.

Den Duft selbst finde ich weder jähzornig noch provokant, sondern eher ein bisschen langweilig, obwohl er sicher nicht schlecht ist. Am Anfang muss man sich ein bisschen durch eine irritierende Haarspray-Synthetik kämpfen. Wenn die sich gelegt hat, kommt ein trockener, schlicht-oudiger Holzhammer zum Vorschein, der mit einem schmatzend-reifobstigem Weichlederwiderpart Walzer tanzt. Floyds Himbeer-Assoziationen sind nachvollziehbar, und damit (Holz, Leder, Himbeer) sind wir natürlich gleich in altbekannten, um nicht zu sagen ausgelutschten Gefilden.

Die in der Herznote angegebene Blütenpracht bemerke ich nicht; es mag aber sein, dass sie in Kombination mit dem Safran für die überweichen, fast schon glibberigen Vibes sorgen, die ich als Fruchtvelours wahrnehme. Irgendwann dann verdämmert alles in einer durchaus gefälligen, trockensüßen Allgemeinbasis.

Alles in allem nehme ich diesen Duft weder als besonders sünd- noch tugendhaft wahr, mir kommt eher in den Sinn:

Bei Parfüm- und Duftesnot
bringt der Mittelweg den Tod.
30 Antworten
FvSpee vor 2 Jahren 25 21
6
Sillage
8
Haltbarkeit
7.5
Duft
Kann man so machen
"Eine Erinnerung an die goldenen und ruhmreichen Zeiten im Sollér-Tal in Mallorca. Als Orangen wie Edelsteine gehandelt wurden und das Leben kultiviert und prachtvoll war. Köstliche Hesperiden werden gegen eine raffinierte aromatische Ledernote abgewogen. Überfluss und Eleganz treffen aufeinander. Ein Duft mit dem Zauber jener Zeiten. Für unsere Zeit.".

So die Gebrauchslyrik des Berliner Labels D:SOL 2016, welches drei Parfüms mit Mallorca-Bezug lanciert hat, zu 'Tesoro' (Schatz). Ich sach ma: Jo.

Auch die Mehrheit der bisher zehn Statement-Verfasser nimmt hier eine Leder-Orangen-Kombination wahr, oder jedenfalls ein 'Leichtleder'. Das ist bei mir etwas anders.

Der Auftakt des Duftes kommt mir vor allem krautig-bitter daher. Ich muss hier eher an Wermutkraut und dergleichen denn an Orangen denken. Erst nach einigen Minuten kommen dann tatsächlich hesperidische Signale in meinem Riechzentrum an, noch immer krautig, noch immer bitter (na gut, es werden mit Grapefruit, Bitterorange und Bergamotte auch drei herbe und bittere Varietäten angegeben). Originellerweise nehme ich gleichzeitig dann bereits die erst in der Basis angegebenen Leder- und Vetivernoten wahr, Vetiver vor allem (für das ich allerdings auch eine gewisse Überempfindlichkeit habe). Der Gesamteindruck ist hier eher dunkel und hart; der Moschus zeichnet etwas weicher, ohne aufzuhellen.

Nach einer Stunde hat sich der Dufteindruck gewandelt; er ist jetzt sehr, sehr glatt, ein wenig fruchtig (wie von Johannisbeere); ich muss hier an eine minimalistische, reduzierte und dezent-fein gepfefferte Variante von Opium pour homme EdT denken (ein Duft, den ich liebe). Nach zwei Stunden ist die Glätte geblieben, aber seidenweicher geworden.

Nach drei oder vier Stunden denke ich, Tesoro würde bereits verklingen, doch an geschützten Stellen wie dem Unterarm (unterm Hemdärmel) ist auch nach sechs und acht Stunden noch eine schöne, feine, aber etwas unspezifische herbwürzige Basis mit einer leichten Süße hautnah auszumachen.

Alles in allem lässt Tesoro mich eher ratlos zurück. Alle bisherigen zehn Statements sind sich darin einig, dass das kein schlechter, aber auch kein großer Duft ist (alle Bewertungen sind zwischen 7 und 8). Dem schließe ich mich an, wie ich mir auch Yatagans Bemerkung zu eigen mache, dass es sich um eine in dieser Form ungewöhnliche Duftkomposition handelt. Sie ist mir aber, obwohl streckenweise schon sehr schön, dann doch zu verworren und richtungslos.

Auch das durchaus lohnenswerte Orange-Leder-Konzept scheint mir nicht wirklich fruchtbringend umgesetzt zu sein. Es ist im Grunde ein uraltes Konzept, wie die vielen (aber heute meist in Vergesseheit geratenen) 'Peau d'Espagne' und 'Pelle-di-Spagna'-Düfte belegen. Ich besitze einen extrem preiswerten und klassischen Vertreter dieser Tradition (Colonia Pelle di Spagna von Wally aus Italien) und eine hoch raffinierte, teure französische Neuinterpretation des Konzepts (Eau de Memo von Memo Paris), auf die "dezent hesperidisiertes Leichtleder' wirklich genau passt.

An dieser im Grunde nicht groß optimierbaren Formel wurde, obwohl ich den Duft gerade in der Mittelphase angenehm klar, fein und minimalistisch finde (die Handschrift Marie Le Fèbvres) meines Erachtens zu viel rumgefummelt. Vetiver stört mich hier eher; wer diese Duftnote mag, der ist, wie ich meine, mit Maries "Vetiver Reunion' im Zweifel deutlich besser bedient.

Auch hier ein Dank an Knopfnase dafür, mich auf die kleine Serie aufmerksam gemacht zu haben!
21 Antworten
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