Kellner

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26 - 30 von 30
Kellner vor 7 Jahren 10 3
9
Flakon
7
Sillage
8
Haltbarkeit
8
Duft
Lothlorien
Mal wieder ein Kind der 80er Jahre des letzten Jahrhunderts. Man riecht sofort die Ähnlichkeit zu Macassar, ebenfalls von Rochas und ebenfalls von Nicolas Mamounas. Dass ich ein Fan von Macassar bin, kann ich nicht verschweigen. Diesem Duft weine ich schon lange nach. Aber Globe füllt diese Lücke in meinem Herzen ein wenig aus. Globe startet kräftig, aber ein bisschen leiser, ist etwas seifiger und gefälliger. Es kündigt sich das nächste Jahrzehnt an. Globe startet mit einer grünen, leicht zitronigen Würze. Die scheinbar unvermeidliche Bergamotte ist wohl auch dabei.
Der würzige, grüne Zusammenhang wird mit der Zeit immer gefälliger. Ich empfinde das harmonisch, gut komponiert. Es entsteht ein einheitlicher Duft, ohne dass einzelne Komponente besonders hervorstechen. Mit der Zeit wird der Duft ein bisschen waldiger, holziger, ein herbstlicher, lichter deutscher Mischwald tut sich auf. Letzte warme Tag im Herbst, wenn die Blätter an den Bäumen tatsächlich golden, wie die Farbe des Parfums, scheinen. Der Duft bleibt hell, nichts ist muffig oder modrig. Mir kommt ein Lauf durch einen Buchenwald, kurz nach einem Regenguss, in den Kopf. Die Blätter an den Bäumen bilden ein goldenes Dach, durch dass die Sonne gerade wieder scheint. Auf dem Boden weben die herabgefallenen Blätter einen goldenen, feuchten Teppich. Und dazwischen steigen die durch den Regen schwarz gefärbten, glatten Stämme der Buchen auf. Ein toller Blick, soweit man sieht. Und es duftet.
Diesen Duft den ganzen Tag immer wieder zu riechen macht richtig Spaß, hellt die Stimmung auf.
Globe ist kein Hammer (wie Macassar), viel tragbarer für viele Gelegenheiten, etwas weltmännischer, passt überall und war auch schon überall. Der Name Globe passt in diese Vorstellung. Ich habe das Glück, einen silbernen Metallflakon mit geschliffenem Glaseinsatz zu besitzen. Der sieht tatsächlich sehr gut aus.
Globe hat, besonders im Start, sehr viel Ähnlichkeit mit Macassar, ist insgesamt aber weicher, gefälliger. Das macht den Duft sicher auch etwas moderner und tragbarer in unserer Zeit. Je mehr ich bewußt über diesen Duft nachdenke, desto mehr merke ich, wie gerne ich ihn um mich habe. Diesen lichten goldenen Herbstwald. So duftet es in Lothlorien.
3 Antworten
Kellner vor 7 Jahren 9 6
7
Sillage
8
Haltbarkeit
8.5
Duft
Griechische Blumenwiese
Erster Eindruck: leichte Frische, aber nicht von Bergamotte und nichts Zitroniges. Fast ein bisschen blumig, aber nicht süß, keine cremige Vanille. Man merkt schnell, das der Duft etwas Besonderes, Hochwertiges, Altes, vermutlich sogar etwas Teures ist. Vielleicht ist das ein Klassiker, aber recht jugendlich, nichts Altbackbackenes.
Es riecht ganz zart nach Anis. Ich glaube, daher kommt die Anmutung von Blumen und Frische. Im Verlauf hält sich diese Anisahnung. Aber es kommt eine würzigere Schicht zu Tage, eine Holz-Gewürz-Mischung. Mein Kopf sagt, dass es jetzt salzig riechen muss, weil ich einen aquatischen Anklang finde. Aber das ist auch nicht richtig. Schaut da vielleicht noch Zimt heraus? Zimt und Anis, dazu sagt mein Kopf: Weihnachtsbäckerei. Aber hier gibt es weit und breit keine Weihnachtsbäckerei. Ich finde einfach keine richtige Richtung. Nein, ich finde keine Schublade, in die ich den Duft packen kann. Das macht Spaß. Ich muss ständig an meinem Arm schnüffeln. Ich stehe auf einer hohen Klippe, inmitten von dunkelgelben, duftenden Blumen, und sehe hinaus auf das weite Meer. Das Bild von Sonne und Meer habe ich jetzt im Kopf und es geht nicht wieder weg. Das bedeutet für mich aber auch, dass dieser Duft eher in den Sommer passt, oder zu Gelegenheiten, die dringend der Stimmungsaufhellung bedürfen. Die Sillage ist leider nicht sehr ausgeprägt. Das ist schade, weil der Duft so schön ist.
Ich habe keine Ahnung, was "Kolonaki" bedeutet. Aber es hört sich griechisch an, vielleicht "kleine Kolonie". Ich war noch nie in Griechenland. Aber ich kann mir diese heiße, trockene Sommerwiese mit den dunkelgelben Blumen sehr gut auf einer griechischen Insel vorstellen. Hier ist das Meer immer präsent, auch wenn man es gar nicht sieht.
Es gibt Düfte, die beweisen, dass das Ganze mehr ist als die Summe der Einzelteile. Dazu gehört Kolonaki. Es gibt Düfte, die eine eigene Sprache sprechen, die für sich stehen. Dazu gehört für mich Kolonaki auch. Ich würde mir nur mehr Sillage und Haltbarkeit wünschen. Weil Kolonaki seine eigene Sprache spricht, ist er kaum zu packen. Mein Bild im Kopf von der heißen trocken Wiese im griechischen Sonnenland passt für mich immer besser. In der flirrenden Mittagshitze hört man nur die Grillen sägen. Wenn die Mittagshitze endgültig auf dem Land lastet, dann geben auch die Grillen Ruhe. Nur der Wind ist dann zu hören, der sich seinen Weg durch das Gesträuch bahnt.

Während ich diese Zeilen schreibe, muss ich an meine beste Freundin denken. Deren Vater ist Grieche. Sie wird mir "Kolonaki" sicher übersetzen können. Sie fährt fast jedes Jahr zum Verwandtenbesuch nach Griechenland. Vor vielen, vielen Jahren hatte sie ein Buch, dass ich ihr ans Herz legte, mitgenommen und dort gelesen: "Die Grasharfe". Sie kam wieder, ergriffen von dem Buch und mit einem Foto für mich. Das Foto habe ich jetzt in der Hand: Blick auf eine griechische Wiese. Das Foto hat nun, nach einem Vierteljahrhundert, einen Duft bekommen.

Kolonaki? Noch nie gehört, dachte ich mir, als mir die Probe von Irini, einer Parfumofreundin, übersendet wurde. Vielen Dank. Ein Glück, diese Entdeckung machen zu dürfen.
Nachtrag: Vielen Dank HaraldK! Außerdem soll Kolonaki laut bester Freundin "kleine Säule" bedeuten. Und ich bekomme einen neuen Abzug des verblichenen alten Fotos, wenn sich das Negativ findet.
6 Antworten
Kellner vor 7 Jahren 9 14
7
Sillage
7
Haltbarkeit
8.5
Duft
Separates the women from the girls
Sie war schon ein wenig aufgeregt. Heute traf sie sich mit ihrem Onkel zum Shoppen. In ein paar Wochen würde er heiraten. Dafür brauchte sie ein Kleid. Als sie sich vor einigen Tagen am Telefon verabredet hatten, sagte er schon, was er sich vorstellt. Etwas Einfaches, etwas Figurbetontes, ein Etuikleid vielleicht, etwas worin Audrey Hepburn gut aussehen würde.
Jetzt waren sie schon eine Weile unterwegs. Zuerst in einem Café, zur Stärkung und um den Shopping-Schlachtplan festzulegen. Dann in einer Parfumerie. Jetzt standen sie in dieser großen Boutique, in der sie normalerweise nur mit ihren Freundinnen auftauchte. Er war auf dieser riesigen Verkaufsfläche der einzige Mann. Aber das war nicht unpassend. Er hatte sich ein paar Kleider über den Arm gelegt und stöberte die Kleiderständer mit einem Ernst durch, als würde er etwas für sich selbst aussuchen. Der Besuch in der Parfumerie war merkwürdig gewesen. Sie verstand nicht, was das sollte. Er besprühte Teststreifen mit Parfum, ließ sie mehrfach daran riechen. Sie kannte nichts von dem Zeug. Aber schließlich bat der die Bedienung um einen konkreten Duft. Und damit hat sie sich dann eingesprüht. In der ganzen Zeit haben sie sich Gedanken gemacht zu ihrem Kleid. Er wollte nicht, dass sie etwas kurzes anzieht, wie zum Abiball. "Jedes Mädchen, egal wie dünn es ist, hat in diesen kurzen Minikleidern dicke Schenkel. Diese Minis sind nicht sexy, sondern billig," hatte er gesagt. "Stell´ Dir vor, die Fotos von Deinem Abiball werden irgendwann Deine Kinder sehen. Möchtest Du dann billig aussehen? Sollen Dir die Fotos peinlich sein?" Mit solchen Sprüchen hatte sie nicht gerechnet. Da hätte sie auch gleich mit ihrer Mutter einkaufen können. "Schatzi," hatte er gesagt, "der Geschmack von kleinen Mädchen ist oft billig und sexy. Du bist auf dem Weg zur jungen Frau."
Jetzt stand sie vor dem Spiegel und betrachtete sich. Sie hatte kein Kleid an. Sie trug eine Hose. Bodenlang. So lang, dass sie hohe Pumps tragen musste, damit die Hose nicht am Boden schleift. Eine Marlene-Dietrich-Hose, sollte das sein. Was immer das ist. In dunkelblau. Und dazu eine dünne elfenbeinfarbene Bluse. Das hätte sie sich nie selbst aus dem Regal genommen. Aber sie war verblüfft. Und ein verblüfftes Spiegelbild schaute ihr entgegen. Sie sah so elegant aus. Und verführerisch. Ihr BH blitzte durch den dünnen Stoff der Bluse, nur ganz wenig. Die Hosenbeine waren weit geschnitten. Der leichte weiche dunkle Stoff schwang um ihre Beine. Mit den Schuhen und der Hose sah sie wesentlich langbeiniger aus. Das war nicht sexy, das war verführerisch. Sie bewegte sich vor dem Spiegel. Das sah so gut aus. Sie ging ein bisschen auf und ab. Sie bewegte sich wie ein Topmodell auf dem Laufsteg bei Heidi Klum. Und das wirkte authentisch, nicht gestelzt. Sie ging ein Stück vom Spiegel weg und drehte sich. Da traf sie die Erkenntnis wie ein Hammer. Dieses Helioirgendwaszeug kam ihr in die Nase. Das war der Unterschied.
Es ging nicht um Girliekram. Es geht nicht darum, sich mit Freundinnen in einem Drogeriemarkt mit süßer Vanille einzusprühen und zu kichern und dabei wie ein Vanillekipferl zu riechen. Sie ist erwachsen. Und sie entscheidet, welchen Weg sie gehen will, wer sie sein möchte. Der Weg fängt mit der Entscheidung an, welche Kleider sie tragen möchte. Und der Duft ist das Statement dazu, der Duft gehört untrennbar dazu.

Vielen Dank an die liebe Irini, die mir einige Proben zum Testen gab. Ich habe mir zuerst diese herausgepickt, weil mir der Name am wenigsten sagte. Heliotrop ist für mich ein Stein. Riechen Steine? Ich war neugierig. Mein erster Eindruck von Crown Heliotrop war, dass es sich um etwas hochwertiges und klassisches handelt. Der Duft ist pudrig und irgendwie krautig, er erinnert mich entfernt an Pflanzenstängel. Nach ein paar Minuten kommt Vanille durch. Und so bleibt es. Pudrig, Vanille, aber nicht süß. Dezent und sehr elegant. Dieser Duft ist eindeutig ein Damenduft. Und er unterscheidet Mädchen von Frauen. Der Duft ist recht einfach, unaufgeregt, es gibt keine große Entwicklung. Das ist aber das Schöne daran: er ist unprätentiös und stilvoll. Ich würde mir ein bisschen mehr Sillage und längere Haltbarkeit wünschen. Andererseits ist das vielleicht genau gewollt: eine selbstbewußte Frau schleift keine Duftwolke hinter sich her. Sie duftet nur für sich.
Mich hat der Duft ganz schnell an "Pour un homme de Caron" erinnert (an die zweite Hälfte, in der sich die Vanille entwickelt). Crown Heliotrope passt gut in unseren Alltag, ein Wohlfühlduft der nichts beweisen muss.
Wieder etwas dazu gelernt: die Pflanze Heliotrop kannte ich bisher nur unter dem Namen "peruanische Vanille".
14 Antworten
Kellner vor 7 Jahren 16 4
9
Flakon
8
Sillage
9
Haltbarkeit
9.5
Duft
Ein Abend am Lagerfeuer
Gestern Abend haben wir auf der Lichtung Feuer gemacht. Es war kalt. Das Holz aus dem Wald war noch etwas feucht. Es hat eine Weile gedauert, bis das Feuer brannte. Mit dem aufkommenden Nachtwind umwehte uns der Rauch. Später haben wir Kartoffeln mit Kräutern in Alufolie gewickelt und in die Glut geworfen. Einer hatte eine Flasche billigen Bourbon dabei. Wir haben da gesessen und schweigend zugeschaut, wie das Feuer langsam herunterbrannte. Wir saßen in einem hell erleuchteten Kreis. Jenseits dieser Grenze war die Welt schwarz. Von Vorne glühte die Hitze des Feuers mein Gesicht. Und gleichzeitig krabbelte die Waldeskälte über meinen Rücken. So verbrachten wir Stunden. Als das Feuer heruntergebrannt war und keiner mehr im Wald nach Holz suchen wollte, machten wir uns durch den dunklen Wald auf den Heimweg. Die Sterne funkelten über uns durch das Blätterdach. Ich war satt und durchgewärmt vom Essen und vom Alkohol. Meine kalten Hände vergrub ich in den Taschen meiner Lederjacke.
Heute Morgen erinnern an diesen wundervollen Abend nur noch die mit altem Laub und Lehm verkrusteten Stiefel und der Duft nach Rauch und Holz und Thymian, de sich in der Lederjacke gefangen hat.

Attar al Ghutra ist ein echter Männerduft. Markant. Knarziger, echter Rauch, aber noch warm vom Feuer. Ich ertappe mich immer wieder dabei, dass ich an meinen Armen rieche. Der Duft ist spannend durch die etwas fruchtige Note, die durchschimmert. Der Duft hat keine große Entwicklung. Man kommt so nach Hause, wie man ausgegangen ist. Hier gibt es nichts Unentschiedenes. Das ist männliches, klares Selbstbewußtsein. Das ist kein Duft für einen Anzug oder Goretex.

Der Flakon besteht aus eckigem, weißem Glas und macht zusammen mit dem ebenfalls eckigen, recht schweren Metallverschluss einen ziemlich wertigen Eindruck. Das ganze steckt bombenfest in einer weißen, recht großen Schatulle mit Magnetverschluss. Und drumrum ist nochmals eine Pappschachtel, die wie der Flakon bedruckt ist. So sind die Orientalen oft verpackt. Die Farben auf dem Flakon und der Schachtel, rosa und kräftiges beflocktes rot, finde ich etwas verspielt und unpassend zum markanten Duft (aber real nicht so grell wie auf dem Foto oben). Die Schatulle dagegen glänzt durch Understatement. Anders als z. B. die Schatullen von Reyane Tradition ist hier nur eine Seite bedruckt. Das entspricht sicher eher europäschem Geschmack.
Die Gesamtbewertung spricht für sich.
Herzlichen Dank an RustCole, der mir den Duft überlassen hat und besonders an Irini, die mich überhaupt erst auf den Hammerduft aufmerksam gemacht hat.
4 Antworten
Kellner vor 8 Jahren 10 5
8
Flakon
8
Sillage
9
Haltbarkeit
8.5
Duft
Sommerabend
Hier bleibt ein Geheimtipp nicht lange geheim: Insurrection II Wild.
Wild, wie eine verwilderte Obstplantage, Blütenduft, reife schwere Früchte an den Zweigen und im hohen Gras, Honig mit ehrlichem Bienengesumme. Schön für einen warmen Sommerabend. Frisch aufgelegt erfrischt die Fruchtigkeit in der vergehenden Hitze des Tages. Mit zunehmender Dämmerung tritt eine Honignote hervor. Und wenn die Nacht sich später endgültig senkt, auch ein kühler Wind aufkommt, bleiben vom Duft die warmen Noten. Und die begleiten noch lange durch die Nacht. Ein Hauch von Orient, wo man ihn nicht erwartet. Hier muss man nicht sparsam sein.
Kein Duft zum Testen, ein Duft zum Benutzen. An einem Sommerabend auf der Dachterrasse in Köln. Und dazu empfehle ich einen kalten Tequila sunrise mit viel Orangensaft.
5 Antworten
26 - 30 von 30