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Stulles Blog
vor 3 Jahren - 19.04.2021
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PRADA LUNA ROSSA - Serientest

Nachdem ich vor ein paar Jahren einen großen Flakon PRADA LUNA ROSSA bis zur Neige ausgekostet habe, ihn sommers wie winters zu jedem Anlaß und jeder halbwegs erträglichen Temperatur trug (-10 bis +43 Grad) und mich schließlich bis zum heutigen Tage noch nicht daran satt gerochen habe, überkam mich große Lust, auch mal die anderen Düfte dieser Serie eingehend zu testen.

Der Name LUNA ROSSA bezieht sich bekanntermaßen auf das von PRADA gesponsorte italienische Segelteam; vom Segeln habe ich nicht die geringste Ahnung und mir als Landratte reicht es völlig, wenn aus hier nicht näher genannten Gründen öfter mal der Boden unter meinen Füßen schwankt. Ich gestehe allerdings gerne ein, dass die Videos von Rennen dieser High-Tech-Yachten überaus faszinierend anzuschauen sind (Memo an mich selbst: bei zu hoher Hirnaktivität in schlaflosen Nächten Segelregatten anschauen).

Bei PRADA denke ich sofort an den Puderton, der so etwas wie das Markenzeichen des Labels ist. Mit der Note verbinde ich eine Art gehobener Mittelklasse-Eleganz. Also nicht unbedingt die k.u.k. Eleganz des betagten Herrn im Frack mit Zylinder und weißem Schal, beim Wiener Opernball auf den Ebenholzstock mit Silberknauf sich stützend den Damen der Gesellschaft ein nasales „Küss’ die Hand, Frau Kommerzienrat“ zuraunend - für den fallen mir andere Duftwässer ein.

Nein, eher so eine, sagen wir: Volkswagen-Eleganz. Also irgendwie gut & zuverlässig, funktional, auch recht modern, angenehm im Handling, immer und überall passend - und weit entfernt von billig, banal, sollbruchstellig. Und erst recht von aufdringlich, laut, plärrend-plakativ & effektheischend. Um allerdings ehrlich zu sein: ich habe von Autos fast genauso wenig Ahnung wie vom Segeln, deshalb will ich das hier nicht weiter vertiefen. Knickknack, Sie wissen schon… Zwinkersmiley…

Die LUNA ROSSA - Düfte kommen auf jeden Fall sportiver, frischer und jünger daher als manch andere Essenz des Hauses, und auch als der werte Herr vom Opernball. Zu mir passt das wohl ganz gut, bin ich doch noch lange nicht im Rentenalter, laufe ganz gerne, bin halbwegs unseriös und tanzen mag ich auch nicht. Allerdings liebe ich Wien! 

Die Idee, einen Duft auf identischer Basis aufbauend in verschiedene Richtungen neu zu interpretieren, gefällt mir immer wieder gut und triggert meine Neugierde. Es erinnert mich etwas an das Covern von Songs im Bestreben, dem Lied andere Akzente zu geben oder um neue Farben zu erweitern. Das kann toll oder gar großartig werden (unerreicht z.B. „Hallelujah“ von Leonard Cohen in der Version von Jeff Buckley), kann manchmal spannend anders sein oder auch - leider etwas zu oft - elend daneben gehen.  Wie sich das im Falle von LUNA ROSSA ausgeht, sehen wir gleich. Nach meinem Empfinden wurde die Bandbreite der Coverversionen doch ziemlich erweitert; auf jeden Fall mehr als z.B. bei den Flankern von Guerlains L’HOMME IDEAL, die ja niemals die Nähe zum ersten Duft der Serie leugnen (wie bereits in einem anderen Blog festgestellt).

Hey, ho - let’s go:


LUNA ROSSA

Mein Favorit der Serie. Lavendel-Absolue, die nicht krautig duftet sondern eine feine Süße aufweist. Bitterorange angenehm dosiert, Minzfrische ohne Hustenbonbon-Attitude und dann eine sehr anschmiegsame Ambrette-Basis, die aber nicht ins Zuckrige kippt. Mir gefällt diese ständige Balance zwischen den beiden Polen süßlichen Lavendels und heller Minzfrische, bei der keine Seite die Oberhand gewinnt. Die Allrounderqualitäten von LR habe ich im entsprechenden Kommentar beschrieben.

LUNA ROSSA SPORT

Dieser Flanker ist dem Original schon recht ähnlich: er beginnt lavendelbetont mit einem hellen und würzigen Wacholderakzent, der in seiner Frische durchaus ein wenig an Ingwer erinnert. Im weiteren Verlauf tritt eine süßliche Tonkabohne in Erscheinung und rundet den Duft dergestalt ab. Sehr schön und von smarter Lieblichkeit, die mir nicht zuviel wird. Irgendwas erinnert mich auch an Nikos’ Sculpture. Den Duftzwilling Le Male kann ich nicht allzusehr nachvollziehen, aber den kenne ich auch nicht im Detail (der war mir schon in den Neunziger Jahren zu übermächtig).

LUNA ROSSA CARBON

Wie eine lavendelige Version von DIOR SAUVAGE, das ich sehr mag. Der Lavendel macht den Duft eleganter, insgesamt kommt er weicher und anschmiegsamer daher. Ich würde ihn der Dior’schen Essenz vorziehen, weil er für mich diese oben erwähnte Eleganz zeigt, wo Sauvage eventuell aufdringlich sein könnte - vielleicht hat man letzteres aber mittlerweile auch nur zu oft gerochen und ist schon ein bisschen genervt davon. Der Fluch des Erfolges.

LUNA ROSSA EXTREME

Dieser Duft fängt richtig schön lavendelig, heuig und auch etwas pfeffrig-trocken an. Da kommt Begeisterung auf - allerdings nur solange, bis er in vanillesüßwürzige Gefilde abdriftet. Dann erinnert er mich etwas an SPICEBOMB, ist mir aber zuviel. Hier hilft das Auftragen auf Kleidung statt Haut, um dieses Abdriften zu vermeiden. Testempfehlung, wenn man mit SB & Konsorten keine Probleme hat und eine feine Variante sucht.

LUNA ROSSA BLACK

Tonkabohne KANN, aber MUSS nicht zuckersüß sein - hier allerdings leider doch. Zusammen mit einem weichen Ambraton wird’s mir einfach zu schwül und drückend. Wenn die Süße allzu mächtig und unkontrastiert daher kommt, bin ich meistens raus aus dem Spiel. Am Ende ist das aber natürlich alles Geschmacksache, und für Fans von süßen Düften ist das auf jeden Fall ein Testkandidat!

LUNA ROSSA EAU SPORT

Nun konnte ich doch noch einen Flakon des Duftes auftreiben. Aus diesem schwebt mir die schöne LR-Lavendelnote entgegen, eröffnet von einer eher angedeuteten dunkelgelben und sehr sanften Zitrone. Man kann während der Duftentwicklung immer eine zarte bittere Note wahrnehmen, die ich gerne als Ingwer durchgehen lasse.
Die macht das EdTauf jeden Fall auch noch etwas tagestauglicher, wobei das Prada-Puder, das auch hier eindeutig wahrzunehmen ist, dem Träger natürlich gefallen sollte.

LUNA ROSSA OCEAN

Endlich habe ich auch mal den weiten Ocean probieren können. Er duftet nach einem aquatischen Akkord (tja) und dabei grün und krautig. Ich kann Lavendel und Salbei identifizieren, das ganze mit einer leichten hellherben Note unterlegt. Kein Süßling, und das finde ich ganz gut. Definitiv fügt er der Reihe eine neue Farbe hinzu, allein: ich weiss auch nach drei Test noch nicht so richtig, wie ich ihn finden soll.
Vielleicht ist das ja der bürokompatibelste Flanker der Reihe; ich freue mich auf Rückmeldungen aus den Großraumbüros der Republik ;)

Hier nochmal in Kürze und absteigender Präferenz:

LR - Lavendellieblich, leicht bitterorangig und immer minzig aufgefrischt.

LRES - hell aufgefrischte Version von LUNA ROSSA und genauso schön.

LRS - Lavendeltonka mit süßerem Drydown, dabei trotzdem elegant und zurückhaltend.

LRC - der schönste und unaufdringlichste Flanker von Sauvage

LRO - frisch ohne viel Süsse, wenn auch nicht sehr außergewöhnlich

LRX - wenn’s trotz allem noch etwas würzig-süßer sein darf, liegt man hier evtl. „extreme“ richtig

LRB - für süße Burschen mit einer gewissen Klasse.

Aktualisiert am 28.03.2022 - 17:06 Uhr
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