Torfdoen

Torfdoen

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11 - 15 von 40
Torfdoen vor 5 Jahren 32 15
7
Sillage
8
Haltbarkeit
8
Duft
Sonderaktion
"Einmal waschen, abledern, wachsen, eincremen, ölen, draufbuttern und pudern, bitte. Haben Sie auch zartrauchige, karamellisierte Blumen?"

"Alles klar. Macht zwölfneunundneunzig. Bis zur Ampel vorfahren und Motor abstellen. Scheiben unten lassen."
15 Antworten
Torfdoen vor 5 Jahren 26 11
8
Sillage
8
Haltbarkeit
8.5
Duft
Naherholung in Esbjerg
Keine Seegurken im Wasser. Nur Natur im überwältigten Sinn. Das ist der sterilste Industriehafen, der mir je unter die Nase gekommen ist. Hier wurde chemisch aufbereitet.
Chlor. Klebstoff. Vetiver-Ersatzstoff (der nussige, kanisterweise). Mag alles funktionieren gegen Veralgung. Trotzdem schwimmt etwas Treibholz im Hafenbecken, an dem etliche Aromabäumchen (die grünen) aufgetackert sind. Und ein Strauß Rosen. Will man etwa das Hafenwasser aromatisiert in einen Gischtspender, der hier am Pier vor mir steht, abfüllen und als Geschäftsidee den vorbeistromernden Leuten aufdrücken?

Pft, pft... Eine erfrischende Idee. Im Sommer, wenn man die einsetzende Schweißbildung, direkt nach dem Duschen, bekämpfen will, verklebt man die Drüsen. Außerhalb der Peripherie der bedufteten Stelle, riecht der ganze Mensch im Laufe des Tages dann immer ungewaschener. Das ist ein schöner Kontrast, den man dank eines solch artifiziellen Parfüms mal auf die Spitze treiben kann. Die Raumwirkung ist Gott sei Dank stark, so dass der Eigenfischgeruch problemlos überdeckt wird.
Was von den Fischresten an der Oberfläche treibt, kann vom nächsten Kutter eingesammelt und entsorgt werden. Die herbeieilenden Hafenarbeiter gehen sofort mit Co2-Trockeneis-Feuerlöschern gegen die entstandenen Wasser- und Hautverunreinigungen an.

An der Bude gibt es Küstennebel. Der wärmt und lädt zur Kontemplation ein. Ein Hafen, in dem die Fische verduften. Hier in Esbjerg scheinen die Menschen das Ausbleiben der großen Containerschiffe nicht sonderlich zu bedauern.
Ich fühle mich wie eine Kaulquappe auf Landgang. Wie man sich solch einen ungenutzten Hafen leisten könne, frage ich einen der Arbeiter. Tourismus, antwortet der knapp. Mit einem Seufzer auf den Lippen, verliere ich mich in den Weiten eines übergangslosen Horizonts. Und die Nebelgischt dimmt die gnadenlos einstrahlende Sonne wieder mal aufs Erträgliche.
11 Antworten
Torfdoen vor 5 Jahren 15 10
7
Sillage
8
Haltbarkeit
8
Duft
Vorsicht, harmlos!
Es wäre Unsinn, zu sagen, 'Pure' gleiche einer Atombombe, dem schrecklichsten Kriegsinstrument, das die Menschheit sich ausgedacht hat. Weder ist der Duft schrecklich oder von monströser Strahlkraft, noch teile ich die ästhetische Überhöhung des Anblicks eines Atompilzes, obwohl das Schauspiel aus sicherer Bildschirmentfernung einer gewissen Faszination nicht entbehrt. Trotzdem möchte ich kurz darlegen, welche chemischen Prozesse vonstatten gehen bei einer Nuklearexplosion, um unabhängig davon wieder auf das eigentliche Thema, das Parfüm, zu sprechen zu kommen:

Man spalte eine Zitrone. Bitterpflanzlich, von unsüß cremiger Bergamotte umrahmt. Um eine Kettenreaktion auszulösen, musst Du aus anderen Atomen subatomare Teilchen, wie Neutronen, Protonen oder Alpha-Partikel herauslösen. Mitunter schwant mir was Reinigermäßiges, wenn die Zitrone (für meinen Geschmack) zu sehr auf die Spitze getrieben wird. Die 'kritische Masse' ist genau die Menge an spaltbarem Material, die Du brauchst, um die Zitronenteilchen weiter reaktionsfreudig zu halten. Würziger Wacholder, Kräutermoos und liebliche Blüten sorgen für einen spannenden Kontrast. Assoziation: Leder, leicht rosenseifig, ein klein wenig stinkig-verschmiert, aber durchaus klassisch in Szene gesetzt. Dumm nur, wenn die Reaktionsrate so schnell zunimmt, dass keine Steuerung mehr möglich ist. Dann fliegt Dir die ganze Chose um die Ohren. Die bekannte Pilzwolke entsteht. Der nun eintretenden Verschiebung der Nuancen mag man über Stunden beiwohnen. Krautiggrün, säuerlich angeledert, mit eleganter Zitrik in vielen Facetten.

Die Sillage von 'Pure' ist für mich die größte Charaktereigenschaft des Dufts und Pluspunkt. Er hat etwas Fragiles, Luftiges ans sich, man wähnt ihn bereits verflogen, da meldet er sich zurück und mag sogar an Kraft hinzugewonnen haben. Das Bild einer Nuklearexplosion scheint daher reichlich übertrieben und nicht nur grundsätzlich an den Haaren herbeigezogen. Eher ein kleiner Atompilz auf der Haut, der unaufhaltsam in die Atmosphäre aufsteigt. Der zitrische Kopfnotenfeuerball bleibt genauso zurückhaltend, wie die Kräuter und Blumen, die sich beimischen. Keine Schockwelle, die einen erschlägt. Die Halbwertzeit allerdings ist überdurchschittlich. Ich empfehle Frühlingshaftes, Wohltemperiertes. Hochsommer, warum nicht? Kein lapidarer Frischling, sondern eine klar strukturierte Edelzitrone, die moderne und klassische Elemente verbindet.

Im Übrigen ist das Herbeiführen einer Explosion durch (Zitronen-)Kernenergie ein gemeingefährlicher Straftatbestand. Im Fall von 'Pure' ist die Sache unbedenklich.
10 Antworten
Torfdoen vor 5 Jahren 27 16
9
Sillage
9
Haltbarkeit
7.5
Duft
Reise nach Afrika
Mal kurz nicht aufgepasst und schon der Biss mit dem Vetivergiftzahn. Patch schießt in die Blutbahn, Plastik prickelt auf der Zunge. Am Boden liegend, starre ich in einen Orangenblütenhimmel. Der Pfeffer im Auge verschwimmt. Kakaorauch zerfrisst Gummigewebe. Kann mal jemand das Feuer auf meiner Haut ausmachen? Die Stelle ist schwarz und verholzt. Krämpfe beginnen, ich kann nicht atmen. Sanfte Vanillelähmung. Als ich die Augen aufmache, wiegen die Orangenblätter im Wind.

Plötzlich ganz aufgeräumt im Kouros-Aftermath. Steriles Azur. Viel, viel weniger ordinäre Blütenpracht, eher ein kleines Feigenbäumchen vorm Genital. Der Biss ist verschwunden. Auch Atmen funktioniert wieder, trotz ozongeschwängerter Luft. Die Wände sind glatt und weich wie Gummi, geben giftgrünen Zitrusdunst in die Atmosphäre ab.

Ein riesiger Baum in der Mitte der Höhle. Ein Schälchen Kakaopulver. Mit einem Klappmesser schneide ich eine Limette vom Baum.

Ich zerschneide sie in einzelne Stücke.

Und jetzt alle Teile im Kakaopulver wenden. Ich nehme einen kleinen Bissen. Es ist wirklich sehr, sehr sauer, bißchen chemisch, reinigermäßig. Empfängt einen nicht unbedingt mit offenen Armen.

Der Kakao ist nett, wird im Laufe der Jahrzehnte sogar vordergründig.

Ansonsten dominiert noch ein undefinierter Grünstich, gummigrünholzig. Reine Natur.

Hinter dem großen Baum entdecke ich eine Tür hinten an der Wand. Ich erkenne eine bunt gekleidete Afrikanerin, wie sie an einem Tisch neben der Tür sitzt.

Geht es hier nach draußen?

50 cent. Sie zeigt auf einen kleinen Teller, in dem verschiedene Münzen liegen.

Ich habe kein Geld dabei, gnädige Frau.

50 cent.

Hören Sie, ich hatte nur einen Pauschalurlaub gebucht, ich muss jetzt hier raus. Die warten auf mich. Bitte, machen Sie doch eine Ausnahme.

50 cent.

Als ich mich umdrehe, mit dem Gedanken spiele, ihr den Teller einfach vom Tisch zu fegen und mich durch die Tür hindurchzustehlen, sehe ich eine große Anzahl rheinischer Fastnachtsumzügler von hinten auf mich zumarschieren. Mir fällt nichts anderes ein, als laut: Helau! zu rufen und im Gewühl vorüberschreitender Massen unterzugehen.

Dann erwachen.

Mister, Mister! How do you feel? Die vage Ahnung des Wiederlebendigen beschleicht mich.

Wo bin ich?

Du bist fast einer schwarzen Mamba zum Opfer gefallen.

Ach herje. Und die afrikanische Frau?

Sie hat dir ihre Spezialmedizin verabreicht: Feigenblatt, Limetten und heilendes Kakaopulver.

Danke.

You're welcome.

Ein schönes Land, Afrika, stottere ich.
16 Antworten
Torfdoen vor 5 Jahren 17 9
8
Sillage
8
Haltbarkeit
8.5
Duft
Was braucht man für einen Planeten?
Oud et Bois ist ein seltsames Parfüm: Es zeigt mir erst in Bewegung seinen vollen Reichtum. Auf dem Handrücken bleibt ein stumpfer Tabakholzeindruck, der ein Echtholzmahagoniemöbel vielleicht imitiert, aber unglaublich einseitig bleibt. Auf dem Hals getragen, kommen mir plötzlich ganz andere Facetten zum Vorschein.

Da wären zum einen der Schleier moderat süßen Ambers, der ölig sich in der Duftstratosphäre ausbreitet. Der Fallschirm ist gezogen und man landet gekonnt auf schokostaubbedeckter Erde. Sehr trocken, der Untergrund, kein Tröpfchen Flüssigkeit. Ah, sobald man sich bewegt, regnet etwas Amber aus den oberen Duftschichten ab. Das erfrischt nicht unbedingt, kontrastiert aber schön zum pudrigen Schokostaubbelag, der bei jedem Schritt aufgewirbelt wird. Die Erde darunter ist patchouliweich. Ich grabe etwas darin und stoße auf ein glänzendes, mahagoniefarbenes Stück Holz. Wie eine Wurzel führt es durch die Erde. Klopfklopf. Hartholz.

Ich setze meine Erkundung fort, und entdecke silberne, graue Gebilde, die aus der Erde ragen. Vorsichtig nähere ich mich einem kleineren. Es beschreibt eine Gasfontäne mit drei Armen, aus einem Loch im Boden kommt sie empor, wie ein Wasserfall in permanenter Bewegung und gleichzeitig stillstehend. Kleinste Gaspartikel strahlen in die Umgebung. Das ist Cypriol. Ich nehme einen Mund voll. Erfrischend, wenn auch ebenfalls trocken-garstig.

Ich setze mich auf eine weiche Bodenerhöhung.
Also, was haben wir hier alles? Zusammenfassend: Seidige Amberaußenhülle, Schokoerde mit Staub bedeckt, Hartholz und erfrischendes, nicht zu starkes Cypriolrauschen. Trotzdem noch ziemlich karg, aber ich mag diese Trostlosigkeit, die sich für mich gar nicht als solche anfühlt. Veränderung ist da, aber in einem anderen Zeitmaßstab. Unfertig? Vielleicht. Aber manche Planeten sind das eben. Gerade der sanfte Amberregen und die Cypriolfontänen wissen in ihrer Schlichtheit doch zu gefallen. Schokolade sowieso, wenn nicht zu süß. Ich kann aber verstehen, wer hier nicht wohnen will. Ein bißchen Terraforming wird für den ein oder anderen schon sein müssen. Vielleicht eine dicke Zitrone am Himmel ein paar mal im Jahr. Kraut und Blumen müsste man ausprobieren. Und weg mit den ekliggrauen Gasgebilden, die killen jede Stimmung.

Ob es sich dann um die nächste Entwicklungsstufe eines Duftkörpers handelt, kann ich im benachbarten Nobile 1942-System herausfinden, wenn ich auf Patchouli Nobile meine Erkundungstour fortsetze.

Vorausgesetzt, ich werde irgendwann von hier abgeholt.
9 Antworten
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